Monat: Juli 2021 (Seite 1 von 3)

Gastbeitrag „gelebter SSS“ von Andi

„Du lernst für‘s Leben, nicht für die Schule.“ Wer in seiner Kindheit mit diesem Mantra malträtiert wurde, weiß wovon ich spreche, wenn es um unnützes Wissen in bestimmten Fachbereichen geht, die man im Leben niemals wieder benötigen wird. Zum Beispiel Kohlenstoffverbindungen: Methan, Ethan, Butan, Propan etc. hat man mir in zarter Pubertät mit psychischen Stockschlägen hochfrequent eingebläut. Wozu muss ich wissen, wie viele Kohlenstoffatome mit welchen Wasserstoffteilchen knutschen? Ich weiß, dass in meinen Campinggasflaschen kein Methan ist, und dass Kühe kein Propan furzen. Der Rest ist mir ehrlich egal.

Im praktischen Leben nützt Einem naturwissenschaftliches Halbwissen ebenso wenig. Als vor einiger Zeit ein Kunde anrief: „Andreas, hast Du Lust eine Reportage zu schneiden? Wir haben einen Film über Bhutan gedreht.“ „Über das Gas?!?“ „Nein Du Dödel, über das Land.“ Ach, es gibt ein Land, das Bhutan heißt? Es sind brillante Momente wie dieser, die mich in der intellektuellen Hochachtung meiner Mitmenschen immer wieder weit nach vorne bringen.

Natürlich fragt sich der geneigte Leser an dieser Stelle, wie der zwangseloquente Autor die Kurve von Butan über Bhutan zum Überführungstörn der Josa bekommen will. Doch Obacht! Das Stichwort heißt SSS.

Für die Nichtsegler unter Ihnen: Hinter der Abkürzung SSS verbirgt sich der „Sportseeschifferschein“, ein Wortkonstrukt, wie es sich nur deutsche Segelverbandsoberamtsratsschimmel (ha, Touché!) ausdenken können.

Der SSS ist die zweithöchste theoretische und die höchste praktische Qualifikation, die man im deutschen Freizeitsegelsport erlangen kann. Geprüft wird einerseits angewandte Praxis wie die Trinkfestigkeit im schicken Hafenetablissement, oder unilaterale Kommandoketten, mit denen die Frau vor dem Anlegen im Hafenbecken lautstark über das Vorschiff gejagt wird, während Mann mit lässiger Eleganz am Steuerrad steht, gelangweilt am Bugstrahlruderhebel knibbelt und mit den Umstehenden durch resigniertes Schulterzucken kommuniziert: Sie kann halt nicht schneller. Und Schuld hat sie auch, wenn das Anlegen mal wieder versemmelt wird.

Auch in theoretischen Fächern wird geprüft, zum Beispiel „Klugschwätzerei und ungefragte Tipps“ (vor allem bei vorgenannten  Hafenmanövern), „Gefährliches Halbwissen in Boots- und Motorentechnik“ sowie quasi allen anderen politischen und sozialen Bereichen des Lebens, und im Fach „Schamlose Übertreibung“, wie beispielsweise aus 3-4 Beaufort schnell eine Windstärke von 7-8 wird, und wie man eine Standard Ostseewelle im Handumdrehen von einem auf vier Meter anwachsen lässt, ohne dabei vor Scham im Hafenkneipenboden zu versinken. Zusatzqualifikation im Bereich „War ich schon, kenn ich schon, hab ich auch schon erlebt.“ können ebenfalls erworben werden.

Das war natürlich nur Spaß und soll den durchschnittlichen deutschen Freizeitsegler in feschem Helly-Hansen-Poloshirt mit maritimen Applikationen keinesfalls verunglimpfen.

Tatsächlich ist die Prüfung zum SSS kein Ponyhof. Die praktische Prüfung durchläuft man zwar (mitunter erfolgreich) schon nach einer guten Woche qualifiziertem Training, die Theorie jedoch kann Monate, wenn nicht sogar Jahre der Vorbereitung einnehmen. Hier geht es um detailliertes Fachwissen in den Bereichen Seerecht, Navigation, Seemannschaft und Wetterkunde. Also lauter Gesetzestexte, navigatorische Finessen und Begrifflichkeiten, die man sich an schier endlosen Abenden mühevoll einhämmern muss, um sie sofort nach bestandener Prüfung wie seekrank wieder über die intellektuelle Reling zu speien.

Eine der typischen zu lernenden Regeln ist KVR 5 (Kollisions Verhütungs Regel), Thema Ausguck: Jedes Fahrzeug muss zu jeder Zeit durch Hören, Sehen, Tasten, Fühlen, Schmecken, Riechen […] ausreichend Ausguck halten.

Ja, genau die Regel die unser Bobbele (nein, nicht der — der andere, der Herrmann) missachtet hat und in gefühlter Führungsposition gefühlte 100 Meter vor dem Ziel gegen ein nicht gefühltes, sondern sehr reales französisches Fischerboot gedengelt ist, was ihm aber nach einer fast kompletten Einhand-Weltumsegelung niemand übelnimmt. Außer vielleicht seine Fans, seine Familie, seine Freundin, seine Sponsoren, alle ihn unterstützenden Verbände und quasi jeder Deutsche, der ein Segelboot von einer LKW-Waschanlage unterscheiden kann. Aber Bobbele ist und bleibt trotzdem unser „Sieger der Herzen“, Missachtung der KVR hin oder her.

Eine andere Regel (KVR 7c) besagt: „Schlussfolgerungen aus unzureichenden Informationen sind zu vermeiden.“ Eine Regel also, die man nicht nur auf seemännische Navigation anwenden kann, sondern getrost auch auf 90% aller deutschen Kneipendiskussionen.

Neben solch sperrigen Gesetzestexten lernt man Kinderreime („Weiß über Rot ist ein Lotsenboot, la lala la la“) und Weisheiten wie „Segel links bringt‘s“ (schreiben Sie das in der Prüfung, und Sie sind automatisch durchgefallen, auch wenn Sie in der Sache völlig Recht haben). Selbst vor nationalem Stolz macht die Gesetzgebung nicht halt, denn hier heißt es: „Das Schiffszertifikat begründet das Recht und die Pflicht, die Bundesflagge von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu führen.“ Ob man beim Setzen des Adenauers (Fachjargon) allerdings leise die Nationalhymne summen soll oder darf, darüber schweigt sich die Gesetzgebung aus.

Gekrönt wird das Prüfungssammelsorium durch die ebenso komplexe wie kleinteilige Navigationsaufgaben, kreuz und quer über und durch den Englischen Kanal, angereichert mit teilweise völlig veralteten Rechnungsweisen für Strömungen und Gezeiten. Internet? Für uns alle Neuland. Auch bei der Prüfungskommission des Deutschen Seglerverbands.

Und genau hier endet die zugegebenermaßen ausschweifende Einleitung, und wir schlittern mit quietschenden Reifen in die Kurve, um den Bogen zum eigentlichen Thema „Überführungstörn“ doch noch zu kriegen.

Mein Kumpel Johannes (Sie kennen ihn bereits — der mit dem Ungleichgewicht zwischen Lateralplan und Bordzeit) fragte neulich, ob ich nicht Lust hätte einen Törn zu machen. Freunde von ihm wollen eine Yacht von Griechenland nach Kiel überführen und suchen Mitsegler.

Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme, nahm Google Maps zur Hand und entschied mich umgehend für zwei Seegebiete, die ich unbedingt mitsegeln wollte: Den Golf von Biskaya, und den Englischen Kanal. Da es sich zeitlich sowohl für die Josa als auch für mich gut ausging, folgte ein Online-Meeting mit Sabine und Jochen, das ungefähr so verlief:

„Hallo, ich bin Andreas.“ / „Aha. Willst mit?“ / „Ja, sehr gerne, ich …“ / „Gut. Tschüss.“

Dem Jochen seine (GENITIV!!!!) typisch aufsprudelnde, plaudertaschenhafte Geschwätzigkeit.

Wir einigten uns schnell auf Porto als Einstiegsort (was übrigens nicht die Hauptstadt von Portugal ist, ein weiterer, brillanter Moment meines allumfassendes geopolitisches Halbwissens), und einen ungefähren Tag Anfang Juli, und los ging‘s.

Warum die beiden Gebiete? Genau, wegen des SSS: Die Biskaya gilt als technisch anspruchsvoll und ist allein ob ihrer Weite und der Öffnung zum Atlantik eine der wenigen Möglichkeiten, echtes Blauwassersegeln in Europa zu erleben. Und den Englischen Kanal wollte ich besegeln, weil ich unbedingt das Gebiet in real sehen wollte, wo ich schon 60 bis 80 mal mit dem Finger auf der Karte bzw. dem Bleistift am Navigationsdreieck entlang gefahren war.

Ohne den Leser mit zu vielen Details langweilen zu wollen (sind Sie eigentlich noch wach?), die in epischer Breite auch schon im Online-Logbuch stehen, beschränke ich mich nur auf die Eindrücke, die für mein „gelebtes SSS-Abenteuer“ von Belang sind.

Der erste Tag auf der Biskaya war gleichsam mein erster Ritt auf dem Atlantik, der sehr ambitioniert am Steuer hinter der Hafenausfahrt von Porto begann und todeselendig seekrank, eingeklemmt auf dem Schiffboden zwischen Schrankwand und Motorraum, endete, kurz nachdem ich mein Abendessen gerecht zwischen Atlantik, Klo und Vorschiffskoje aufgeteilt hatte. Als kleinen Tipp kann ich an dieser Stelle nur verlautbaren lassen, dass Sie auf die Frage „Sind Sie seefest?“ niemals mit „Ja!“ antworten sollten, solange Sie nicht auf dem Atlantik bei 3 Meter hoher Welle im Vorschiff geschlafen haben.

Zum Glück ging es mir bereits am nächsten Morgen deutlich besser, um nicht zu sagen, richtig gut, und ich begann die schier unendlichen Weiten der Biskaya vollends zu genießen. Bereits meine erste Nachschicht (also am zweiten Tag, am ersten Tag hat man mich aus vorgenannten Gründen nicht gelassen …) unter atemberaubendem Sternenhimmel, war unvergesslich schön. Und so ging es weiter, Tag um Tag, Nacht um Nacht.

Navigatorische Herausforderungen gab es tatsächlich wenig, aber alleine die Tatsache 5.000 Meter Wasser unter mir, und 300 Seemeilen blau-graues Nichts um mich herum zu haben, reichten aus, mich von Grund auf zu faszinieren. Als dann noch Delphine hinter uns hersprangen, und weit am Horizont sporadisch turmhohes Walgebläse auftauchten, fühlte ich mich vollends in meinem Element, neue Rechtschreibung hin oder her.

Die Gleichförmigkeit der Tage hatte sowohl etwas Beruhigendes als auch viel Meditatives. Kein Internet, kein Telefon, keine Kommunikation mit der Außenwelt. Sonnenaufgang, Sonnenuntergang (festgehalten in ebenso zahllosen wie nichtssagenden Fotos). Und Wellen. Wellen. Wellen. Ab und an mal eine verirrte Möwe und, als Highlight des Tages, ein Schiff am Horizont. Wow! Wer hat eigentlich die EM gewonnen? Keine Ahnung. Mir doch egal (Kroatien war zu dem Zeitpunkt schon ausgeschieden).

Mein persönliches Highlight war die gelebte SSS-Wetterkunde, als wir eines schönen Tages ein komplettes Tiefdrucksystem durchliefen: Aufgestanden bei Nieselregel (Warmfront), dann während des Tages aufklarendes Wetter (Warmsektor), gegen Abend mit aufziehendem Regen und Schlechtwetter am Horizont (Kaltfront) … Wetterkunde in der Petrischale. Von diesem Phänomen war ich so begeistert, dass ich gar nicht aufhören konnte, meine Mitsegler über jedes kleinste Detail zu unterrichten. Was, gelinde gesagt, auf eher verhaltenes Interesse stieß. Dieser Umstand wiederum hielt mich keineswegs davon ab, weiter über Tiefdruckgebiete zu schwafeln. Die anderen konnten ja nicht weg – mitten auf der Biskaya sind die Flucht- und Versteck-Möglichkeiten auf einer 14m-Yacht eingeschränkt.

Obwohl es nichts, aber auch gar nichts zu tun gab (außer die eine oder andere sporadische Wende, gefühlt alle zwei bis drei Tage), wurde es nicht langweilig. Voller Inbrunst malte ich kleine Positionskreuzchen mit Bleistift in die Seekarte, bis die Seekarte irgendwann zu Ende war, und fachsimpelte mit Jochen schon Tage vorher, über den 1000-Seiten starken Reeds 2021 gebeugt, wie, wann und wo welche Atlantik-Strömung herrscht, und wie es optimal in den Englischen Kanal einzufahren galt. Vermisst habe ich in den acht Tagen auf der Biskaya gar nichts … außer meine Freundin Susi. Aber jetzt reicht’s auch mit Romantik.

Der Tag kam, als wir „Ecke Brest“ abbogen, und im Ärmelkanal ankamen. Und hui! Es gab wieder Internet. Für eine gute Stunde. Aber das reichte, um ein paar Nachrichten an die Liebsten zu schreiben (Hallo. Mir geht’s gut. Tschüss.) und sich die wichtigen aber tatsächlich sehr unspektakulären Wetterinformation herunterzuladen.

Der Kanal selbst war ähnlich langweilig wie die Wetterinformationen. All die tollen Tonnen, die ich aus den SSS-Prüfungsfragen kannte, die VTGs (sowas wie Autobahnen für die Großschifffahrt), und wohlklingenden englischen und französischen Kanalinseln, die es zu umschiffen galt, haben wir weder großartig gesehen, noch haben sie uns auf unserem Weg gestört. Ganz großen Spaß hat nur der Gegenstrom gebracht, der uns auf die wanderdünenhafte Geschwindigkeit von sage und schreibe 1,5 Knoten gegenbeschleunigte. Ein Rentnerehepaar mit Rollator wäre locker an uns vorbeigezogen, und hätte dabei noch die Apotheken-Umschau lesen können.

Zugegeben, ich habe mir die Städtchen mit den wohlklingenden Namen wie Cherbourg, Cap D‘Antifer und Le Havre romantischer vorgestellt. Tatsächlich sind es keine kleinen Fischerdörfchen mit sonnengebräunten Franzosen in blau-weiß gestreiften Hemden, die ein lustig Liedchen auf den Lippen am Strand Doraden und Kabeljau aus Fischernetzen fummeln, während junge Damen im frischen Brigitte-Bardot-Look das gleichsam frische Fanggut den Gästen in offenen Körben und eben solchen Dekolletés lächelnd feilbieten, sondern es sind hässliche graue Industriekomplexe mit braunem Smog über einem Horizont voller Schornsteine. Realität? Check! Zu sagen, Cherbourg hatte in „Saving Private Ryan“ mehr Charme als heutzutage, ist natürlich nicht angebracht. Aber irgendwie zutreffend.

Trotzdem habe ich auf dieser Reise sehr, sehr viel gelernt und noch viel mehr erfahren. Zum Beispiel, dass französische Treibnetzfischer einen Scheiss (Merde!) darauf geben, das seemännisch korrekte Signal zu setzen (s. Abschnitt: Unser Bobbele), aber einen trotzdem ganz lieb anfunken, wenn man deren Steuerbordschwenkmanöver stören könnte. Seglerisch und SSS-technisch hat mich der Törn weit nach vorne gebracht. Allein das ständige Rumgedrücke auf dem schnieken, neuen B&G Plotter mit den tollen Funktionen und dem Piep! hat mir richtig Spaß gemacht. Und einen Schokoriegel hat man mir für die Nachschicht auch gegeben.

Wann hat man schon mal die Gelegenheit, mit sich, der Welt und allem Drumherum in völligem Einklang nur so dahin zu segeln, und alles das zu Erleben was man nur aus der drögen Theorie kennt?

Danke nochmal, dass ich mitfahren und dieses unvergessliche Ereignis miterleben durfte. Und ehrlich, ich scheiss auf Eure Sterne.

Kurve gekriegt?

Mast und Schotbruch auf Euren seglerischen Wegen,

Andreas

Dieser Gastbeitrag wurde größtenteils während langer Nachtschichten unter Zwangsentzug von Alkohol und Zigaretten an Bord der Josa geschrieben. Daher bittet der Autor um Verzeihung für Länge und konfusen Inhalt. Verrückt war ich schon vorher. Jetzt bin ich wahnsinnig.

Sabine: lieber Andi, vielen Dank für Deine Mitfahrt und Deinen Versuch, mich an Deinen Wetterkenntnissen teilhaben zu lassen. Ich hab mir schon einiges gemerkt :-). Vielen Dank auch für Deine tollen Bilder und Videos. Gut zu Wissen, daß wir für alles einen entsprechenden Profi an Bord hatten. Sei es Lateralplan oder Wetter……..

Tag 51 – NOK – Kiel

So, unser letzter „Fahrtag“ ist angebrochen. Heute gibt es nichts spannendes zu berichten. Wir fahren halt 100 km durch einen Kanal, was für uns relativ langweilig ist, da wir dies jetzt schon mehrfach gemacht haben. Für Erstbefahrer ist es vielleicht noch relativ interessant.

Gegen 7.15 Uhr haben wir in Brunsbüttel abgelegt, da wir ja ca. 10 Stunden für den Kanal brauchen werden. Hinzu kommt ja das Schleusen auf der Kieler Seite.

vor uns liegen 100 km Kanalfahrt

Die einzig aufregenden Begegnungen sind die, wenn uns ein Großschiff überholt oder entgegenkommt.

für heute nachmittag war Regen vorhergesagt. Und so wie es aussah, braute sich auch etwas zusammen. Doch wir hatten wie immer auf der Überfahrt Glück, und bekamen nur 3 Tropfen ab. Das Wetter zog vorbei.

spannender wurde es dann wieder vor der Schleuse Kiel-Holtenau, wo schon einige Segelboote in der Warteposition lagen. Wir wußten, daß wir noch auf das große Containerschiff warten müssen, da hinter uns im Kanal fuhr – die „Calisto“. Ein Riesenklotz! Als dieser dann in der Schleuse fest war, kam über Funk der Aufruf, daß die Sportboote einfahren sollen. Wir waren Erster!!!!

Dann hieß es nur noch – Ziel Schilksee! Festgemacht im Olympiahafen am Steg der Segelschule Sailaway.

da liegt sie friedlich

wie wir es auf unserer Überfahrt so gewohnt waren, wurden wir auch an diesem Abend wieder mit einem Feuerwerk begrüßt.  Diesmal jedoch kein künstliches, sondern vom Wettergott selbst inszeniert.

Abendglühen vor dem Gewitter
Flaggenparade, neben dem Trans-Ocean-Vereinswimpel unsere besuchten Länder in korrekter Reihenfolge

Wir sind glücklich, daß wir diese Überführung so gut gemeistert haben und alles heil in Kiel angekommen ist. Vielen Dank an alle Crewmitglieder für Eure Unterstützung und diese tollen 7 Wochen. Vielen Dank auch an alle, die uns in anderer Form unterstützt haben, sei es bei den Vorbereitungen oder die, die zu Hause auf alles aufgepasst und gepflegt haben.

Tag 50 – Norderney – Brunsbüttel

Heute war dann Start um sechs Uhr, es sollte nochmals eine lange Tagesetappe werden. Raus noch mit dem letzten ablaufenden Wasser, sprich: der Strom schiebt uns noch ein wenig an. So können wir dann draußen auf See die vollen sechs Stunden mitlaufenden Strom Richtung Norden mitnehmen. Es entwickelte sich dann auch zu einem perfekten Segeltag, die Welle nicht allzu viel und Wind mit 4 – 5 Bft schön von der Seite (Halbwind). So konnte unsere alte Lady nochmal zeigen, was in ihr steckt. Wir haben dann auch die 45 sm vom Ablegen bis zu Elbmündung in unter 6,5 Stunden zurück gelegt. Nicht schlecht, wie ich finde.

Im Elbfahrwasser ging es dann auch noch unter Segel weiter. Dachten wir noch, daß das segeln bis zum ersten richtigen Kurswechsel möglich wäre, drehte der Wind sogar mal zu unseren Gunsten und blieb uns bis Cuxhafen gewogen. Ab hier war dann Maschinenfahrt angesagt, aber hauptsächlich, weil der Wind dann nachgelassen hatte und uns der Gegenstrom von der Elbe so langsam zeigte, was er so drauf hat. Cuxhafen war ja eventuell eine Option, um in den Hafen zu gehen. Da wir aber heute so gut voran gekommen sind, hieß unser Tagesziel Brunsbüttel, also weiter geht´s.

Fahrwassertonne auf der Elbe
der macht gut Welle

So ca. eine Stunde vor Brunsbüttel (hier ist auch gleichzeitig die Schleuse zur Einfahrt in den Nord-Ostsee-Kanal, kurz NOK), haben wir dann auch schon am Funk mitgehört, was da an der Schleuse so los ist. Die letzte Stunde dahin wurde aber auch ganz schön zääähhhhh, wir hatten mittlerweile über 3 kn Gegenstrom. Eine halbe Stunde vor geplanter Ankunft sahen wir schon einen Frachter und ein paar Segelboote in Warteposition zur Schleuseneinfahrt, der Frachter setzt sich in Fahrt zum Einfahren. Dazu muss man erklären, daß die Großschifffahrt zuerst in die Schleuse einfährt und wenn diese dann fest liegt, die Sportschifffahrt folgt. Wir, das wird wohl nix mehr, daß wir das rechtzeitig schaffen. Also ran an die Funke und mal höflichst beim Schleusenwärter angefragt ob er uns denn noch mit reinnimmt. Er, „ja klar, ihr seit aber ganz schön langsam, macht mal hinne“ (wie gesagt wir hatten über 3kn Gegenstrom „kotz“). Also haben wir unserer betagte Maschine mal die Sporen gegeben, um nochmals ein bisschen mehr zu zulegen. Wir rein in die Schleuse, mit uns kam von Hamburg aus zeitgleich noch ein anderer Segler, und schon gingen die Tore zu. Glück muss man haben. Es kann hier nämlich durchaus vorkommen das man über 2 Stunden auf die Schleusung warten muss, uns auch schon selbst passiert. Einen guten Tag beim Schleusenwärter erwischt, die machen auch mal die Schleuse vor der Nase zu. Dankeschön.

Dann noch hinter der Schleuse ums Eck und in dem Hafen festmachen, Anleger trinken, Essen kochen und verspeisen, duschen und GUTE NACHT.

Es hat dann noch mal kurz getröpfelt, entsprechend hatten wir noch einen Regenbogen

Hafen Brunsbüttel, direkt an der Schleuse

Tag 49 – Norderney Hafentag

Nachdem wir gestern hier schön von der SAR Eugen an der Kaimauer „abgelegt“ wurden, ging es heute morgen für den Skipper als erstes daran, den Mangel an unserem Motor zu beheben. Nach diversen You-Tube-Filmen (da war nix passendes dabei) und schmökern in seinem kurz vor der Fahrt neu erworbenen Motorhandbuch (in Deutsch) hat er den Motor entlüftet und nach einer halben Stunde Fummelei lief unser altes Mädchen wieder. Ein toller Gerät!!! (wie der Nicht-Deutsche sagen würde)

vorne die Eugen, links unsre JOSA

Wir Mädels sind dann mal losgezogen, um zu sehen, ob wir nicht noch einen Liegeplatz in der Marina an einem Schwimmsteg bekommen. Unser Liegeplatz war halt schon etwas „unkomfortabel“ an der Kaimauer. Bei einem Tidenhub von 2 – 3 Metern müssen hier die Festmacherleinen entsprechend mit genügend Lose befestigt werden. Denn, wenn wir bei Hochwasser anlegen und unser Boot mit den normalen Längen befestigen und das Wasser sinkt dann, dann haben wir das Problem, daß unser Boot nur an den Leinen in der Luft hängt. Genauso hatte ein Nachbarlieger seine Leinen zu kurz befestigt und Jochen ist mal zu ihm runtergeklettert und hat mal angeklopft und ihn darauf hingewiesen, daß sein Bug schon auf Zug in der Luft hängt und er doch seine Leinen etwas lockern müsste.

Entsprechend müssen wir bei Niedrigwasser halt auch die Kaimauerleitern hoch- und runterkraxeln, die natürlich auch glitschig sind, weil sie die Hälfte des Tages ja unter Wasser stehen und sich hier alles Mögliche ansiedelt.

unsere Kaimauer und -leiter mit unserer „ich-zieh-mir-das-Boot-her-Hilfsleine“ an der Leiter befestigt

Der Hafenwart der Marina hatte aber keinen Platz mehr für uns, also bleiben wir halt, wo wir sind.  Wenigstens die Duschen dürfen wir gegen einen kleinen Obulus benutzen. Dann noch geschwind zum Shopping und die Vorräte aufgefüllt. Oh, lecker Zwetschen. Gut, ich backe heute einen Zwetschgenplootz (fränkisch für Zwetschenkuchen vom Blech).

Jochen hat dann noch etwas am Boot rumgewerkelt, während ich den Kuchen gebacken habe. Ein Blech haben wir dann den Jungs von der Seenot rüber getragen, die sich in ihrer überschwenglichen norddeutschen Art gefreut haben: „Jo“. Wie beim Franken: ned gmeckerd, is gelobd genuch!

Später sind wir dann auch noch mal losgezogen und haben uns etwas von Norderney angeschaut. Also von Corona ist auch hier nicht viel zu merken. Strand und Stadt proppevoll, alle Restaurants, Cafes und Kneipen bis auf den letzten Platz besetzt.

Nach unserem leckeren Abendessen sind wir früh zu Bett, weil wir morgen zeitig mit dem ablaufenden Wasser rausfahren wollen. Und das ist nun mal gegen 6 Uhr.

Tag 48 – Borkum – Norderney

Der Tag fing an, wie jeder der letzten Tage: uns wurde klar, daß wir heute wieder motoren werden müssen, da wieder mal kein Wind vorhergesagt wurde.

Wir sind gegen 10.30 Uhr gestartet, damit wir mit dem Strom aus Borkum hinausgezogen werden. Zunächst konnten wir dann auf Kurs Richtung Osten noch einmal kurz die Segel setzen, dies hielt aber nicht lange an, so daß wir aufgegeben haben und die Segel wieder runtergenommen haben.

Wir hatten keinen Wind, aber es stand noch die Dünung vom Vortag. Also hatten wir wieder eine sehr unruhige Fahrt mit ewigem Gerolle.

Vor der Einfahrt nach Norderney dann die Frage, ob wir durch das Nebenfahrwasser kommen oder ob wir um das Riff herum in das Hauptfahrwasser müssen, was uns locker 2 Stunden gekostet hätte.

Da wir vor dem Nebenfahrwasser mit Niedrigwasser ankamen, beschlossen wir, mit der einsetzenden Flut durch dieses Nebenfahrwasser zu fahren. Lt. Karten hatte dies bei Niedrigwasser (NW) einen Stand von min. 2 Meter, dazu kommt der Pegelstand bei NW von +0,3 Meter und die halbe Stunde nach NW, die wir bis dahin brauchen. So sollten wir mindestens 2,5 m Wassertiefe haben, was uns ja ausreicht. Mit der Bereits auflaufenden Flut werden es dann ja noch mehr.

Also sind wir da sehr langsam reingetuckert. Wir sind dann auch auf Sandgrund „aufgelaufen“, was aber bei unserem Kiel nicht so schlimm ist. Die Flut nimmt uns ja mit. Nur wo ist hier die angegebene Wassertiefe? Mit der Maschine zurück brachte keinen Erfolg, da die Strömung zu stark war. So beschlossen wir noch kurz zu verweilen bis die Flut hoch genug steht und wir wieder frei kommen. Nur dummerweise kamen dann, bei einem gewissen Pegelstand, die Wellen. Die haben uns dann so sehr gekrängt (Schräglage), und hat wohl dazu geführt, daß unser Motor Luft gezogen hat und ausging. Er lies sich leider nicht mehr starten. Jetzt waren wir natürlich ruderlos, ohne Motor keine Ruderwirkung. Entsprechend wurden wir dann von den Wellen dahin gedrückt, wo wir nicht hinwollten – auf flacheres Wasser. Wir hatten Krängung, Welle und die Schläge am Kiel, wenn wir kurz von der Welle angehoben wurden und wieder auf Grund aufkamen.

Der Skipper hat daraufhin dann die Seenotrettung per Funk angerufen. Diese haben zugesagt, in 15 Minuten da zu sein. In dieser Zeit haben andere Schiffe, die in der Nähe waren, gewarten, ob akut Hilfe notwendig wäre. Jochen ist dann an Deck und hat noch den Anker geworfen, damit wir nicht noch mehr auf das Flachwasser gedrückt werden. Christine war am Ruder und hat das betreut und ich saß vor dem Funkgerät und habe mit dem Seenotrettungskreuzer „Eugen“ den Kontakt gehalten.

an dieser Tonne S 6 hingen wir fest
Christine bewacht das Ruder – wieder lachend im Schlepp

Bis diese dann vor Ort waren, hatten wir wieder 6 Meter Wasser unter dem Kiel, wir waren quasi „freigehoppelt“. Der Motor lies sich jedoch nicht mehr starten und die Eugen nahm uns dann ins Schlepptau mit dem Ziel Norderney. In der Hafeneinfahrt wurden wir längsseits genommen und an die Kaimauer herangefahren. Nachdem wir dort fest waren, hat die Eugen uns wieder frei gelassen und hat Feierabend gemacht.

Die Jungs von der Eugen haben uns dann gesagt, daß wir die Tonne an der falschen Seite hätten passieren müssen, da sich die Sandbank verschoben hätte und das tiefere Wasser jetzt auf der anderen Seite der Tonne wäre….Tja, das ist halt das Wattenmeer.

Vielen herzlichen Dank an die Jungs von der DGzRS – das hat super funktioniert!!!

Christine hat glückerlicherweise einige Bilder gemacht, so daß wir hier das auch zeigen können, wie das abläuft:

glücklich im Hafen vor „unserer“ EUGEN

Wie schon in dem Bericht bei den Orkaangriffen erwähnt, ist es gut zu Wissen, daß es die Seenotretter gibt und diese schnell zur Hilfe eilen. Nur hätte keiner von uns gedacht, daß wir die Hilfe der „Jungs“ so schnell auch einmal selbst benötigen.

DANKE nochmals.

Fest am Kai, alle Gesund und Munter, sind wir dann noch zum Essen gegangen. Das ganze sacken lassen und verdaut.

Tag 47 – Borkum Hafentag

Heute hieß es wieder erst einmal richtig ausschlafen!!! Christine war dann beim Bäcker und hat uns erstmals seit fast 7 Wochen mit deutschem Backwerk versorgt. Was ein Unterschied!!!

Beim Reinigen des Bootes – ja, wir sind wieder in Deutschland „Den Wasserschlauch könnt Ihr aber nicht nehmen, der hängt auf unserer Wasseruhr, das müsstet ihr aber bezahlen“ – ohne Worte…das haben wir wirklich nicht vermisst unterwegs; die Brötchen schon.

Heute nachmittag haben wir uns dann mal zu einer geführten Wattwanderung angemeldet. Wie uns die Dame vom Hafen bestätigt, habe ich uns den richtigen Wattführer ausgesucht, ein Borkumer Urgewächs namens Albertus Akkermann.

Und was soll ich sagen? Die Wattwanderung war echt toll. Wir haben auf sehr lustige und unterhaltsame Art und Weise sehr viel erfahren und gesehen und selbst gemacht. Der einzige Minuspunkt: es war eine sehr große Gruppe. Aber das zeugt wieder vom guten Ruf des Führers; in einer anderen Gruppe waren gerade mal 6 Personen, wir waren bestimmt 40.

Bertus hat verschiedene Muschelarten und Wurmarten ausgebuddelt und anschaulich präsentiert, wie sich diese fortbewegen und z.T. auch beissen.

Aber das wichtigste, was wir gelernt haben: „Gehe im Watt niemals da, wo keine Wurmhäufchen sind!“ Das ist Schlick, in dem man bis zur Brust versinkt.

Hier einige Impressionen von den vielen tollen Bildern, die wir gemacht haben:

Wir haben gelernt, daß Herzmuscheln „laufen“ können:

Tag 46 – Terschelling – Borkum

Wir sind heute morgen überpünktlich um 6.30 Uhr aus dem Hafen von Terschelling West herausgefahren, da wir ja wieder eine große Etappe zu meistern hatten. Das Frühstück haben wir erst unterwegs eingenommen, da ja wieder mal ein Wind- und Wellenloser Tag gemeldet war und so das Frühstücken kein wackelndes Problem darstellt.

Wie vorhergesehen mussten wir den ganzen Tag wieder unser Dieselross laufenlassen, gegen Nachmittag konnten wir wenigstens unser Vorsegel noch etwas zur Unterstützung mit einsetzen. Zunächst ging es etwas zäh vorwärts, da wir ja am Vormittag noch gegen den Strom anfuhren. Wenn das so weitergeht, wird es 22 Uhr, bis wir Borkum anlaufen.

Fahrwassertonne bei Borkum, schon auf deutschem Boden (ääh Wasser)
Borkum Anfahrt

Aber auch dieser Strom hat irgendwann gekippt und wir sind wieder ordentlich mit angeschoben worden, so daß wir gegen 19 Uhr im Borkumer Schutzhafen festgemacht haben. Auf unserem Seemeilenzähler standen dann letzendlich 80 sm.

Ja, wir sind wieder in Deutschland…..“nö, Papiere brauche ich nicht, nur den Impfausweis oder den PCR-Test, sonst dürft Ihr hier nicht festmachen“. Dieser krasse Gegensatz wieder zu allen anderen Ländern!!! (OK, außer Malta – die sind noch schlimmer)

unsre Nachbarlieger gegenüber, wir sind schon ganz schön klein 

Tag 45 – Ijmuiden – Terschelling

Nachdem uns die Vorbesitzer unserer JOSA gestern noch besucht hatten, verbrachten wir einen geselligen Abend an Bord, bei dem wir noch das ein oder andere über unser Schiff erfahren haben.

Danke nochmals an Gerda und Fred für ihren Besuch, es hat uns sehr gefreut, sie zu sehen. Leider haben wir in der ganzen Freude vergessen, ein gemeinsames Foto zu machen 😦

Nogmaals bedankt aan Gerda en Fred voor je bezoek, wij waren erg blij om je te zien. Vriendelijke groeten, en wij hopen je nog die eene of andere keer te zien.

So ging es dann heute früh um 6:50 Uhr aus der Hafenausfahrt hinaus. Unser nächstes Ziel ist die holländische Insel Terschelling, ca. 65 sm Wegstrecke liegen vor uns. Der Wind, das himmlische Kind, soll lauf Vorhersage sogar aus der passenden Richtung für uns kommen. Leider aber so schwach, daß wohl jeglicher Versuch, das Ziel heute noch unter Segel zu erreichen, scheitern wird. Man könnte auch fast behaupten, es wäre Flaute; die See ist auf jeden Fall im Moment spiegelglatt.

Leider mussten wir den ganzen Tag unter Motor fahren, hatten aber das Glück, daß uns der Strom ordentlich angeschoben hat und wir dann doch zwischenzeitlich mit 7 – 8 Knoten vorwärts gekommen sind, s0 daß es nicht so spät mit der Hafeneinfahrt wurde, wie befürchtet. Wir sind heute auf der Tiefenlinie entlang gefahren, die auf der Karte die Wassertiefe von < 10 Metern anzeigt. Dort an dieser Kante waren die ganzen Fischer unterwegs und hatten ihre Netze im Wasser. Da wundert es nicht, daß unsere Meere ziemlich leer sind. Es schaut aber schon gut aus, hier einige Bilder vom arbeitenden Fischervolk:

Gegen 18 Uhr haben wir dann in dem übervollen Hafen in „3. Reihe“ an einem anderen Schiff festgemacht und Christine hat als erste Tat nach dem Anlagen (ja, vor dem Anlegerbier) einen Tisch im „Hexenkessel“ bestellt.

der proppevolle Hafen – eine Gasse zum Durchfahren ist ja noch vorhanden 🙂

Zum Glück war das die erste Tat, es war nämlich der letzte freie Tisch. Ich muss sagen, es war sehr lecker, auch wenn die holländische Zusammenstellung des Essens doch manchmal etwas ungewöhnlich ist. Als Beilagen wurden lt. Karte grundsätzlich Gemüse gereicht, dazu Frites, Kartoffeln oder Reis. Als Gemüse kam dann ein Chicoree-Gemüse, was relativ herb war und dazu ein süßes Rhabarber-Kompott (!!). Kann man essen, würde ich aber so nicht servieren.

Im Hafen lagen auch sehr viele große Traditionsschiffe, die Plattbodenschiffe. Das sieht man bei uns so leider nicht mehr, da die Auflagen für das Führen von Traditionsschiffen doch erheblich sind – Deutschland und seine Vorschriften. Vor der Kaimauer waren auch etliche Relikte aufgebaut, die hier aus dem Wasser gezogen wurden.

Mehr gibt es zu heute nicht zu erzählen, es geht bald ins Bett, morgen müssen wir wieder früh los, weil…..kein Wind und wieder 65 Seemeilen auf der Karte bis Borkum.

Tag 44 – Ijmuiden

Durch die Nacht ging es vorbei an den großen Seehäfen wie Rotterdam mit den davor gelagerten Reeden. Im Dunkeln fährt man hier definitiv nicht, so hell erleuchtet sind die ganzen Schiffe, die hier vor Anker warten, bis sie ihren Termin zum Be- und Entladen im Hafen haben.

Da heißt es: „gut Ausguck halten“ und ja niemanden zu nahe kommen. Den zwischen den ganzen ankernden Schiffen kann auch einmal eines dabei sein, daß sich bewegt…

Zum Wachwechsel um 6 Uhr dann ein kleines Highlight, die erste Sichtung einer Robbe, die keine 100m neben dem Boot aus dem Wasser schaut, um neugierig zu erkunden, wer den da so vorbei fährt. Gegen  7 Uhr sind wir dann endlich in IJmuiden angekommen und machen hier in der Marina fest. Zunächst fährt man einfach auf einen Industriehafen zu, der kein schöner Anblick ist. Geht man jedoch in die andere Richtung über die Düne ist man am kilometerlangen Sandstrand mit feinstem Sand und und etlichen Restaurants und Bars. Doch schon auch schön!

Heute morgen hat uns dann gleich Andi verlassen, um wieder nach Hause zurück zu kehren. Danke, schön, daß Du dabei warst.

Zum Abschluss des Tages werden wir restlichen verbliebenen 3 noch einmal gemütlich an den Strand zum Essen gehen. Danach erwarten wir dann Besuch von den vorherigen Bootsbesitzern Fred und Gerda, die sich so nochmals von „Ihrem“ Schiff verabschieden können.

Tag 43 – nach IJmuiden Tag 3

Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben. Nachdem sich dann gestern noch eine üble Welle gebildet hat, wurde die Reparatur der Toilette verlegt auf ruhigere See. Dies war dann heute der Fall. Einmal komplett zerlegt und wieder montiert, mit diversen Nacharbeiten (Details werden erspart), funktioniert dieses stille Örtchen der Gemütlichkeit wieder.

Nachdem wir schon seit gestern Früh um 8 Uhr unter Maschine laufen, wird sich das voraussichtlich bis zum nächsten Hafen nicht ändern. Bis gestern spät am Abend war der eigentliche Grund nur der, voran zu kommen. Wir hatten von der Windstärke her eigentlich perfekte Bedingungen, nur wieder mal die Richtung. Genau von vorne hätten wir weiter kreuzen müssen. Zum einen ließ das unser Zeitplan nicht zu und zum anderen wären wir dann noch in den Bereich der engsten Stelle am englischen Kanal gekommen, zwischen Dover und Calais. Hier zu kreuzen hätte ich mal eben meiner Crew einiges abverlangt. Die Maschine tut hier ihren Dienst klaglos. So ab Mitternacht war dann der Wind soweit eingeschlafen, dasß dies ohnehin nötig gewesen wäre.

Meine Nachtwache von 0 – 3 Uhr war dann auch wieder sehr abwechslungsreich, genau auf der Höhe von Calais. Sehr viele Lichter und Verkehr. So sind mir innerhalb von 1 Stunde gleich 3 Fähren keine 300 m vor dem Bug gequert, natürlich ohne jegliche Absprache über Funk. Da fragt man sich, soviel Platz auf dem Wasser. Muss das sein?

Das es auch anders funktioniert, stellten wir dann heute Mittag fest. Die Pilotcontrol (sie koordinieren die Schiffsbewegungen vor Hafeneinfahrten) sprechen sich kurz mit uns ab, da sich ein Frachter der noch eben in unserer Nähe geankert hat, sich in Bewegung setzt. Kurze Zeit später noch ein Fischerboot vor uns der uns seine „gleich stattfindende Kursänderung“ mitteilt. Vorbildlich.

(Sabine): ich habe ja die Wache von Jochen um 3 Uhr übernommen, bei mir war dann leider alles schon durch. Ich hatte noch eine Boje zu passieren und das war es dann – kein Schiffsverkehr, null und nix. Bin halt geradeaus gefahren, OK in den beginnenden Sonnenaufgang hinein. Den hatte aber dann Andi in seiner Anschlußwache.

Ja da ist dann auch unser leidiges Thema Zeitplan. Bei so einer Tour, wie wir sie gerade absolvieren ein Graus. Zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten zu sein, auch wenn man ein „paar Tage“ Karenz hat, nicht unbedingt förderlich. Da fährt man an traumhaften Destinationen vorbei, die für viele Segler Traumziele sind und lässt sie einfach links liegen. Oder man muss eben die Wind- und Wettergegebenheiten nehmen wie sie sind. Mal einfach eine oder sogar mehrere Wochen im Hafen oder Bucht liegen bleiben, um sich das ein oder andere anzuschauen oder das passende Wetterfenster abzuwarten, Fehlanzeige. SCHADE.

Entgegen der Prognosen der Wetterkarten und Jochen konnten wir gegen 14 Uhr doch tatsächlich die Segel setzen und konnten gemütlich vor uns hin dümpeln. Jetzt gegen frühen Abend dreht der Wind doch leider wieder in die falsche Richtung, was uns sicherlich dazu veranlassen wird, später noch den Motor anzuwerfen.

Alles in allem war heute ein sonniger, warmer, ruhiger Segeltag mit keinerlei großartiger Wellenbewegung. So konnten wir alle in der Sonne chillen, lesen oder einfach nur dasitzen und dumm gucken. Endlich mal etwas zum Entspannen – so soll es sein.

Gegen 22 Uhr haben wir dann heute den Motor angeworfen – wer hätte gedacht, daß uns der Wind so lange erhalten bleibt.

« Ältere Beiträge

© 2024 SY JOSA

Theme von Anders NorénHoch ↑