7 Sonntag: Der Tag hat eigentlich angefangen, da hatte der letzte noch nicht aufgehört. Um dreiviertel Zwölf (viertel vor Zwölf für alle nicht Bayern), war der Start zum Durchqueren einer Regenfront. Das volle Programm folgte mir Starkwind, Winddrehern und natürlich Regen. Eben mal das Schiff weiter in den Wind drehen, um sicher vor einer Patenthalse zu sein, Genua bergen und der Spaß konnte beginnen. Ich glaube das war so die erste richtige, natürliche Süßwasserspülung unseres Bootes seit Hamburg, unglaublich. Gegen 3 Uhr (wir reden hier übrigens immer von unserer Bootszeit die wir auf UTC-Time festgelegt haben, um jegliche Verwirrungen mit Zeitumstellung aus dem Weg zu gehen) war der Spuk dann vorbei. Zurück geblieben sind die Wellen und ein zu schwacher Wind, der die Segel bei dem Geschaukel richtig füllt. Das schlagen der Segel gibt wieder mal den Takt an. Ich mach mich dann mal in die Koje und Sabine übernimmt die Wache. Diese war dann irgendwann so angenervt, daß sie die Genua wieder geborgen hat, bei stärker aufkommenden Wind wieder raus geholt, geborgen bei wenig Wind, und ….. Zum Morgengrauen hat sich dann wieder mal zur Abwechslung ein kleiner Schauer ergeben. Bei 29,5 Grad Wassertemperatur (Luft wahrscheinlich noch etwas mehr) und hoher Luftfeuchte dampfen wir so vor uns hin und gegen 9 Uhr kommt dann Final die Genua wieder einmal raus, schließlich wollen wir ja auch möglichst zügig vorankommen, auch wenn uns aktuell ein leichter Gegenstrom von 1,2 kn etwas ausbremst. Und da im Moment kein Seegras zu sehen ist, darf die Angel auch wieder mal ihr Glück probieren.

8 Montag: Der Wind dreht auf Ost und wir können endlich mal von Raumschot- auf Halbwindkurs ändern. Das ewige Gerolle lässt damit nach, auch die Welle wir weniger, da sich der Wind so bei 4 Bft einpendelt. Hier in der Konvergenzzone, wo der Nordostpassat und der Südostpassat aufeinandertreffen ist es aber auch so ein Glücksspiel mit den Winden. Fährt man zu weit östlich durch diese Zone, kann es passieren das man durch ein sehr großes Flautenloch kommt, durch das der Motor zur Hilfe genommen werden muss. Je weiter westlich wird diese „Gefahr“ geringer, auszuschließen ist es aber trotzdem nicht. Bei uns ist es aktuell so, daß der Südostpassat, nachdem er zum Teil komplett eingeschlafen war, noch nicht richtig wieder in Gang gekommen ist. Wir haben hier momentan eine Windstärke von 3 Bft, in Böen mal die vier, die er normalerweise recht Konstant mit sich bringt. Wollen wir uns aber mal nicht beklagen, immerhin können wir segeln. So wie sich der Tag gegeben hat, konnte sich aber keiner der Winde so recht entscheiden, wer jetzt das Sagen hat, mal der Eine, mal der Andere. So gleich unsere Kurslinie heute der Spur eines Betrunkenen, immer schön eine Schlangenlinie gleichkommend. Hinzu kommt noch in der Zone das es vermehrt zu sogenannten „Squals“ kommt. Kleine Regenfelder mit ordentlich Wind und Regen, davon sind wir aber bisher verschont worden, wir hatten eigentlich nur eine komplette Regenzone mit gelegentlichen Schauern. Ansonsten war der Tag recht ereignislos, wir dachten schon, daß es hier auch keine Tierwelt gibt. Meiden die das Gebiet?! Hatten wir doch die letzten Tage ständig fliegende Fische gesehen, heute keinen einzigen. Unsere Angelköder geniest scheinbar auch nur das Bad im 29 Grad warmen Wasser, kein Fisch interessiert sich für diesen, als uns zumindest am späten Nachmittag doch noch eine Delphinschule besuchen kommt.
9 Dienstag: Im Laufe der Nacht hat sich dann auch der Südostpassat durchgesetzt. Die Windstärke hat sich, bis auf ein paar Schwächephasen, auf 4 Bft eingependelt. Bei der uns gut gewogenen Atlantikwelle ein schönes Segeln. So sitzen wir im leicht schaukelnden Cockpit, schwitzen vor uns hin und nehmen zwischenrein mal eine kühle Dusche an Deck. Am Nachmittag schläft dann der Wind wirklich noch ein. Wir haben nur noch zwischen 6 und 8 kn Wind (2-3 Bft, ist gerade so die Grenze). Wir entschließen uns einfach weiter zu segeln, nicht schnell, aber immerhin. Die kaum noch vorhandene Welle und Wind von der Seite machen es möglich, daß die Segel nicht am Schlagen sind und so kann man es aushalten. So wird die geplante Äquatorüberquerung von Mitternacht eben auf den Morgen verschoben. Das Erreichen unseres Ziels wird es auch nach hinten verschieben. Aber wir werden sehen, laut Wetterbericht… aber lassen wir das, wieso hole ich mir überhaupt noch welchen? Sie stimmen ja nicht wirklich. Heute war es wieder einmal an der Zeit eben diese Daten neu zu holen. Da ich sowieso Online war, habe ich mich auch nochmal mit unserem Stromausfall beschäftigt. Hier kommuniziere ich mit Jens aus unserer Vereinsgruppe, der sich hier für uns voll reinkniet, vielen Dank an dieser Stelle nochmal. So werden Daten ausgetauscht, dies und das ausprobiert und eingestellt, und schon sind wieder 5 Stunden rum, die Zeit vergeht wie im Fluge. Angelerfolg bleibt leider auch aus, so gibt es heute nur einen leckeren frischen Salat, ohne Beilagen halt.


An dieser Stelle muß ich (Sabine) mal etwas über Karlchen erzählen. Wer ist denn jetzt wieder Karlchen? Der aufmerksame Leser hat vielleicht schon mitbekommen, daß Karlchen unser Windrad ist. Leider ist Karlchen nicht so effektiv wie gewünscht (ähnlich seinem Kompagnon zu Hause auf dem Dach), aber er bemüht sich. Zu Karlchen gesellt sich nun Möwi. Möwi ist eine Möwe, die uns schon mehrere Tage begleitet und regelmäßig unser Schiff umrundet. Ich bin ja der Meinung, daß Möwi ein Männchen ist und sich unsterblich in Karlchen verliebt hat. Skipper Jochen hatte schon Angst, daß Möwi Karlchen zu Nahe kommt und dann nicht nur Möwenfetzen, sondern auch Flügelfetzen unserer Rotoren fliegen. Tja, heute Nacht war es leider soweit. In meiner Schicht hat sich Möwi erst mal von hinten an Karlchen herangetastet. Nachdem das erfolglos blieb, meinte er, er müßte mal seitlich auf Tuchfühlung gehen. Was soll ich sagen, wie das ausging? Es gab ein kurzes Flap, dann sah ich einen Schatten abstürzen, der noch gekrächzt hat. Tja, Möwi ist nun wohl Geschichte und Haifischfutter. Aber Karlchen geht es gut und er hat keine Blessuren davongetragen.

10 Mittwoch: Heute war „DAS BERGFEST“ eines jeden Seglers, wir haben den Äquator überquert. Um 07:26:23 UTC (08:26 MEZ, 05:26 Ortszeit), auf dem Längengrad von 31° 38,622W war es soweit. Zurückgelegt haben wir bis jetzt ca. 4950sm (seit Kappeln wo das Boot ins Wasser gekommen ist), der nördlichste Breitengrad den wir hatten waren 54° 50,88N in der Nähe von Flensburg. Den südlichsten der auf dem Plan steht, ist ca. 56°S, Luftlinie von hier 3800sm. Seitdem sind wir 228 Tage mehr oder weniger unterwegs. Bei aktuellen 29,3° Wassertemperatur, 30° im Schiff bei 81% Luftfeuchte zur Mittagszeit, schwitzen wir, was die Poren so hergeben. Wenn man die Bilder aus der Heimat sieht, wo momentan Schnee und Eis das Sagen haben, wünschten wir uns schon einmal eine kurze Abkühlung. Ab jetzt heißt es: Im Osten geht die Sonne auf, im Norden ist ihr Mittagslauf, im Westen wird sie untergehen, im Süden ist sie nicht zu sehen“. Komische Vorstellung, aber wir haben ja etwas Zeit um uns daran zu gewöhnen. Denn die Sonne steht hier zu Mittag nur oben und unten ist sie nicht zu sehen, und Tageslicht hat man das ganze Jahr hindurch, 12 Stunden hier.
11 Donnerstag: Zu Berichten gibt es eigentlich nicht viel. Dem Südostpassat ist eingefallen, daß er ja auch noch da ist und so sind wir seit den Morgenstunden bei 15kn/ 4Bft unterwegs und unsere Dicke kann bei Halbwind wieder mal zeigen, was sie kann. So fahren wir mit 6,5 bis 7,5 kn Fahrt unserem Ziel entgegen. Das, wie soll es auch anders sein, wir mitten in der Nacht erreichen werden. Am Nachmittag schlägt auch unsere Angel endlich wieder mal an. So gibt es heute zum Abend unseren ersten, kleinen aber feinen, Thunfisch in Form von Sushi. Genau die richtige Größe für Zwei zum Essen für den Abend.

12 Freitag: Kurz vor 2 Uhr UTC erreichen wir die Insel „Ilha de Fernado de Noronha“. Eine Fahrt unter Motor durch das Anker- und Bojenfeld der Boote zeigt, daß es keinen Sinn macht, hier in der Nacht vor Anker zu gehen. Wir entscheiden uns vor allen Booten, Richtung See, zu ankern. Dieser fällt dann bei 25m Wassertiefe. Die Nacht wir sehr unruhig, der Ankerplatz ist schon als sehr „rollig“ beschrieben, aber hier, weit draußen… Am Morgen schauen wir uns das Ganze dann mal bei Tageslicht an. Wir versuchen Abzuwägen wie es weiter geht. Eigentlich wollten wir hier für ein paar Tage bleiben, aber bei so einem Ankerplatz und den sehr hohen „Naturschutzabgaben“ fällt die Entscheidung nicht sooo schwer. Die Insel ist wohl wunder schön, aber die Vernunft siegt letztendlich. Wir werden dann gleich weiter segeln Richtung Festland. So war dann um 15 Uhr, Anker auf und weiter geht´s. Schau´ mer mal, was so ein „Urlaub“ auf der Insel kostet, wenn wir auf dem Festland sind, schließlich machen hier sehr viele Brasilianer Urlaub. Vielleicht kommen wir nochmal zurück, dann aber mit einem anderen Fortbewegungsmittel.


13 Samstag: Wir sind zu schnell! Zudem mittlerweile sehr beständigen Südostpassat gesellt sich noch ein Strom von 1kn dazu, der uns anschiebt. Hatten wir gestern Abend schon darüber gegrübelt, musste heute gehandelt werden. So war nach meiner Freiwache dann ein kurzes Abwägen und Vergleichen der verschiedenen Optionen auf dem Plan gestanden. So muss das einlaufen nach Cabedelo/ Jacaré mit den Gezeiten abgestimmt werden. Die Einfahrt ist eigentlich ein Flusslauf, so ist es besser, oder ratsam, mit auflaufendem Wasser einzufahren. Macht man das nicht, kommt zur Flussströmung noch die Tidenströmung dazu. Mit auflaufendem Wasser verringert sich die Strömung entsprechend und ein er schwach motorisierter Segler tut sich da etwas leichter. Hinzu kommt, daß man nur bei Tageslicht einfahren sollte, da die Einfahrt nicht ganz so breit ist und auch noch Querströmungen vorhanden sind…. ganz schön viel auf einmal zu beachten. Hochwasser ist ca. um 08:30 und 20:30 Uhr, hell ist es soweit auch um diese Zeit. Da man spätestens so 2 Stunden vor Hochwasser einfahren soll, fällt das frühe Hochwasser schon mal aus, da man in der Dunkelheit starten müsste. So bleibt nur das Abendhochwasser. Das heißt auf jeden Fall, vor der Küste nochmal ankern oder auf und ab fahren oder treiben lassen. So reffen wir unsere Segel, um zumindest bei Tageslicht die Küste zu erreichen, sonst würden wir diese wieder einmal mitten in der Nacht erreichen. So langsam macht sich bei mir auch ein mulmiges Gefühl breit. Das erst mal wieder „Festland“ nach all dem Inselhopping. Wir waren das letzte mal in Lissabon auf jenem, das wir am 03.10. verlassen haben, fast vier Monate her. Dazu kommt noch ein neues Land/ Kontinent, Kultur, Klimazonen, Vegetation, Tierwelt … Man liest in der Seekarte schon was von Mangroven, wie schaut die Küste überhaupt aus? Und dann gleich noch so ein riesiges Land wie Brasilien, es ist fast 24x größer als D, fast so groß wie ganz Europa! In der Vorbereitung für unsere Reise war ursprünglich Brasilien nur ein „durchlaufender Posten“, jetzt wollen wir das Land doch etwas näher kennenlernen. Es wird die nächsten Tage an Land dann so einiges zu erledigen sein, um an Infos zu kommen, was wir uns alles anschauen werden. Wie sind Verkehrsmittel vorhanden, was kann erreicht werden in der Zeit, die wir haben? Das Visum für BRA zählt nur für 90 Tage, dann musst du wieder draußen sein, für mindestens wieder 90 Tage. Also müssen wir auch entsprechend eine Weiterfahrt planen, um rechtzeitig in Uruguay zu sein. Langweilig wird es nicht.
14 Sonntag: Kaum hatte ich die Zeilen gestern geschrieben, lies auch der Wind nach und hat seinen Beitrag zur Geschwindigkeitsreduzierung beigesteuert. Als in der Nacht dann eine Regenzelle auftauchte, wurde die „gewonnene“ Zeit aber wieder zu Nichte gemacht, auch wenn wir trocken geblieben sind, war der Wind erheblich. So sind wir dann doch letztendlich kurz vor Hochwasser vor der Einfahrt gestanden. Laut Empfehlung waren wir schon zu spät dran. Die Wellen an der Küste waren aber, trotz des nur leicht ansteigenden Meeresboden, erheblich, ankern hier und jetzt? Ein Blick nochmals in die Seekarte zeigt einen Ankerplatz auf halber Strecke in der Einfahrt. Also weiter, den sollten wir auf jeden Fall erreichen. Als wir dort waren, waren die Bedingungen an Gegenstrom noch sehr gut bzw. noch nicht vorhanden. Da wir jetzt auch die örtlichen Gegebenheiten sehen konnten, entschieden wir uns auch hier weiter zu fahren, zur Not können wir auch wieder umdrehen und eben dort ankern. So haben wir es dann auch bis zur Marina geschafft ohne Probleme. Als wir gerade vor der Anlage den Anker schmeißen wollten, kam uns schon ein Angestellter mit dem Boot besuchen und er unterstützte uns, an einer Boje fest zu machen. Im Anschluß hat er uns auch gleich mit zum Steg genommen, um uns im Büro anzumelden. Nach der Anmeldung und einem kurzen Hallo mit bekannten Booten wurden wir von der SY Margna (mit Cordula, Andreas, Felix) noch gleich zum Frühstück eingeladen. Anschließend brachte uns auch der Angestellte wieder zum Bot zurück, was für ein Service. Im Büro wurde uns von Nicolai ein Termin zum Festmachen am Steg für 11 Uhr vereinbart da hier die Strömungsbedingungen am besten wären. So konnten wir bis dahin noch das Boot vorbereiten, bevor wir dann um 11:30 Ortszeit Leinen fest hatten. Das Ende der Atlantiküberquerung war somit geschafft, nach 1622sm.