Bisher haben wir noch nichts über Puerto Montt erzählt. Ich muß ehrlich sagen – so viel gibt es auch nicht, was man unbedingt loswerden muß.
Die Gegend um Puerto Montt ist atemberaubend – wie der Rest von Chile. In dieser Stadt kann man sich gut mit Allem versorgen und auch sehr gut Essen gehen. Die Stadt selber ist halt leider nicht sehr schön und bietet wenig Sehenswertes, eine typische Industriestadt. Wir haben einen schönen Spaziergang auf der Isla Tenglo (gegenüber unserer Marina) gemacht und sind auch mehrfach durch die Stadt marschiert. In der Marina fühlen wir uns wohl, diese ist gut organisiert und die Mitarbeiter sind alle sehr hilfsbereit und freundlich.
Nachdem wir ja unsere Einspritzpumpe und Injektoren am Motor ausgebaut und zur Überholung weggegeben hatten, wurde uns eine prompte Bearbeitung zugesagt. Diese kamen natürlich wieder auf den letzten Drücker zurück – 2 Stunden bevor wir mit der Dicken ausgekrant werden sollten. Daher haben wir es gerade noch geschafft, diese wieder einzubauen und ganz kurz zu testen. Es schien alles soweit in Ordnung zu sein. Dann auf zum Kran, die Jungs warten schon.
Das hat auch alles reibungslos geklappt und unsere Dicke stand an Land und wurde von einem Mitarbeiter der Marina mit dem Hochdruckreiniger behandelt. Das ist hier Pflicht und muß gemacht werden. Daher gehen wir in dieser Zeit mal schnell zum Mittagessen. Als wir fertig sind, steht unsere Dicke immer noch am Becken und nicht an ihrem zugewiesenen Parkplatz. Also wieder warten – endlich wird sie spazierengefahren und wir können wieder an Bord. Hier dürfen wir, im Gegensatz zu Uruguay oder Argentinien in der Zeit, in der das Boot an Land steht, auch auf dem Boot leben. Allerdings können wir nicht schalten und walten, wie wir wollen. Zum Toilettengang müssen wir natürlich die Sanitärräume aufsuchen. Das heißt: jedesmal erst in die warme Kleidung springen, denn es ist ja kalt draußen. Dann zu den Sanitarios laufen, die natürlich auch nicht beheizt sind. Geschäft erledigen und wieder zurück. Das kostet schon Überwindung, wenn man mal muß – vor allem nachts. Aber auch diese Zeit ging rum und wir sind erst mal in Urlaub gefahren, wie Ihr ja schon lesen konntet :-).
Wir konnten unseren Unterwasseranstrich erneuern und noch ein paar andere Kleinigkeiten erledigen. Nachdem wir wieder aus Argentinien zurück waren, haben wir auch gleich wieder einen Krantermin für das Wassern ausgemacht. Nun ging es Schlag auf Schlag. Gleich für den nächsten Tag hatten wir den Termin erhalten. Da man hier extrem auf die Tide achten muß, da wir ja einen Tidenhub von bis zu 6 Metern haben, kann das Boot nur bei Hochwasser gekrant werden, da sonst nicht genug Tiefgang am Kran ist. Also war unser Termin gegen 17 Uhr am Abend.
Beim Checken des Wetters ist uns dann auch gleich aufgefallen, daß ein passendes Wetter für die Weiterfahrt nach Valdivia ja eigentlich schon am Mittwoch bis Samstag wäre. Das jetzt auch noch, das wird ja stressig….
So war unser Dienstag vollgepackt mit „To-Do’s“ – von wegen, erst mal wieder ankommen. Erst nochmals die Wäsche waschen und trocknen. Gegen 12 Uhr das Auto zurückgeben, dann das Boot vorbereiten für die Kranung. Das Boot soll schon am Mittag in den Kran gehängt werden, damit wir noch die Stellen streichen können, an denen die Stützen standen. Daher bleibt Jochen am Boot und wartet auf die Liftjungs, während ich mit Ulf in die Stadt fahre, um uns noch den nötigen Proviant zu besorgen. Als wir zurückkommen ist Jochen mit der Streicharbeit schon fertig und teilt uns mit, daß der Hafenmeister meinte, wir bräuchten doch eine neue Zarpe für die Fahrt nach Valdivia, weil unsere ja eigentlich schon datumsmäßig überschritten ist. Wir sollten eine neue machen; d.h. wir müssen nochmals Richtung Stadt zur Armada, diese sind 24 Stunden rund um die Uhr da. Also räume ich die Lebensmittel ein und ziehe mich an, um nochmals die Sanitärräume aufzusuchen. Plötzlich Motorenlärm und Bewegung im Schiff. Fangen die Jungs doch tatsächlich an, unser Boot zum Kranplatz zu fahren. Ohne nachzufragen, ob wir soweit sind. Naja – wir sind ja im Boot, was soll da schon sein???
Nun sind wir also wieder im Wasser. Eigentlich wollte Jochen noch eine Runde fahren, um den Motor final zu testen. Da es hier aber schon dunkel wird, lassen wir das sein, machen an der Pier fest und entscheiden, jetzt sofort noch zur Armada zu gehen. Was erledigt ist, ist erledigt und wir müssen morgen früh nicht nochmals losziehen. Nachdem wir auch das geschafft haben, gönnen wir uns noch eine Abschiedspizza in der Stadt und somit ist das Thema Puerto Montt für uns auch erledigt. Das ging jetzt doch schneller, als von uns erwartet.
Am nächsten Morgen, dem Mittwoch noch in Ruhe frühstücken, unsere Rechnung bezahlen und von den Mitarbeiterinnen im Büro verabschieden und schon werden gegen Mittag die Leinen gelöst. Unser erster Stopp heißt Isla Abtao, etwa 30 Seemeilen entfernt. Den Weg hierher konnten wir mit Nordwind gut segeln, da wir ja jetzt wieder einmal erst nach Süden fahren müssen. Dieser Ankerplatz eignet sich gut für die Boote, die durch den Canal Chacao müssen. Dieser Kanal ist auch berühmt-berüchtigt. Ein Kanal zwischen dem Festland und der Insel Chiloe, an seiner schmalsten Stelle gerade mal 1,2 Seemeilen breit. Und hier drängt sich das ganze Wasser durch und es können Gezeitenströme bis zu 9 Knoten entstehen. Daher ist hier gute Planung und Beobachtung von Nöten und die Wartezeit kann eben am obigem Ankerplatz abgesessen werden. Wir haben uns von den Bürodamen die Gezeitentabellen für den Kanal geben lassen und wußten, daß wir am Donnerstag um 7 Uhr den Anker aufgehen lassen müssen.
Auch für diese Fahrt sollten wir noch Nordwind haben, also einen guten Halbwind für die Fahrt gen Westen. Und es hat gepasst. Für die ebenfalls fast 30 Semeilen haben wir knapp 4 Stunden gebraucht und die Gezeit hat uns ordentlich geschoben. Wir hatten teilweise 10 Knoten Fahrt auf der Logge stehen. Als wir dann durch die Engstelle durch waren, kam dann auch irgendwann die unangenehme Welle – eine Kreuzsee hervorgerufen durch die auflaufende Dünung aus dem Westen, die nach Westen gehende Ebbströmung und den aus Nord stehenden Wind. Drei verschiedene Richtungen, die die Welle sehr unangenehm machen. Aber unsere Dicke hat uns da schön durchgebracht und wir wußten ja, daß das bald ein Ende haben wird. Kaum sind wir im Windschatten der Halbinsel Lacui auf Chiloe, hört die Welle auch schon auf und es ist einfach, das Segel einzuholen und das Boot auf das Ankern vorzubereiten. Hier ankern wir auf 5 Metern in einer flachen Lagune namens Puerto Ingles, die sehr geschützt ist und in der man auch Wartezeit absitzen kann – um in den Kanal, Richtung Osten, einzufahren oder so wie wir – um auf den Pazifik hinauszufahren.
Hier legen wir uns gleich nach dem Ankern nochmals schlafen, da wir noch am Abend in Richtung Norden aufbrechen werden. Gegen Abend soll der Wind auf Süd drehen und uns schön nach Norden schieben. Ja – so der Plan. Um 20 Uhr hieß es Anker auf und los geht es. Der Südwind lässt noch auf sich warten, also fahren wir zunächst unter Motor. Nach 2,5 Stunden kann auch der abgestellt werden und wir können segeln. Doch diese Ruhe ist nicht von langer Dauer. Leider muß ich in meiner Schicht schon nach 3 Stunden segeln die Genua wieder einholen und den Motor anwerfen. Unserer Dicken langen 1 – 2 bft Wind von hinten leider nicht für einen Vortrieb. Als dann Jochen seine Schicht übernimmt, nehmen wir auch gleich das Großsegel herunter, da dieses in der bestehenden Welle nur hin- und herschlägt. Ohne das stützende Segel sind wir in den Wellen etwas „wackeliger“ unterwegs, aber die Nerven werden geschont und das Segel auch. Einmal haben wir noch eine kurze Phase, in der wir das Segel wieder setzen können, aber auch diese dauert nicht lange an. So sind wir fast die gesamte Strecke nach Valdivia unter Motor unterwegs.
Wenigstens werden wir auf dem Pazifik mit Sonne und blauem Himmel belohnt. So sitzen wir in unserem Cockpit in der Kuchenbude und können uns aufwärmen. Die Strömung meint es auch gut mit uns und schiebt uns die meiste Zeit, die Welle läßt nach und wir fahren gemütlich vor uns hin (halt mit Motorengebrummel und Gebrummel des Wassermachers, der dann auch gleich angeworfen wird).

So nähern wir uns der Bucht von Valdivia an und kurz vor dem Leuchtturm ein Hauch von Wind – 7 Knoten, so daß Jochen schon Scherze macht „oh, wir könnten ja nochmals segeln“….. Ich kann noch entgegnen, daß ich jetzt kein Segel mehr auspacke, als es schon über uns kommt. Plötzlich stehen 27 Knoten in der Windanzeige und es wird ruppig. Jochen kann unsere Gute genau gegen den Wind drehen, damit wir nicht den Wind auf die Seite bekommen und es noch unangenehmer wird. So kämpfen wir uns langsam in die Bucht und die geplante Ankunftszeit verschiebt sich… Statt mit 5 – 6 Knoten Fahrt sind wir nun glücklich, wenn es über 3 Knoten sind. Aber je weiter wir in die Bucht vordringen, umso mehr beruhigt sich der Wind und wir sind um 21 Uhr fest vor Anker in der Bahia Corral.
Auf dieser letzten Etappe wollte und Patagonien nochmal zeigen, was in ihm steckt, um uns zu verabschieden. Wetterberichte, die so gar nicht gestimmt haben. Von unangenehmer Wellen bis zu spiegelglatter See. Wind von Flaute bis fast stürmisch – und das innerhalb von Sekunden. Sonne, Regen eben alles was in den letzten Monaten unser täglich Brot war.

Als wir das am nächsten Tag Raul erzählen, meinte er nur, daß dieses Eck wohl öfter mit solchen Winden aufwartet. Diesen hatten wir am Abend gleich noch angeschrieben, daß wir jetzt in der Bucht vor Anker sind und am nächsten Tag zu ihm in die Marina kommen. Er hatte uns ja im Vorfeld schon mitgeteilt, daß er uns entgegenkommen würde und uns bis zu seiner Marina den Fluß hinauf eskortiert. So haben wir ausgemacht, daß wir gegen 9.30 Uhr starten und er uns entgegenkommt.
Am nächsten Morgen gehen wir Anker auf und machen uns auf den Weg Richtung Fluß. Kaum im Fluß eingefahren, kommt uns schon ein Segelboot entgegen – was, Raul ist schon da? Wir wurden mit Getröte und „Bienvenido“ empfangen. Das war aber gar nicht Raul, sondern Mauricio, ein anderer chilenische Segler, der auch bei Raul in der Marina liegt, wie wir später erfahren werden. Dieser hat netterweise gleich ein Video gedreht und uns zukommen lassen. So sind die Segler hier – sie freuen sich, ausländische Segler zu begrüßen; es kommen ja nicht ganz so viele. Kurze Zeit später kam dann der Funkruf von Raul „Seht ihr mich, wir warten hier auf Euch“. Und er kam nicht alleine! Es haben sich noch 4 Nachbarn zu ihm gesellt, die uns mit ihm begrüßen kommen wollten. Toll!!! Und so sind wir gemütlich hinter Raul den Fluß hinaufgefahren, ohne uns um die Untiefen kümmern zu müssen. Er kennt seinen Fluß halt und wir konnten schauen und staunen. Eine tolle Flußlandschaft und eine wunderschön gelegene kleine Marina, die uns mit einem Leuchtturm begrüßt. Wir sind angekommen in Valdivia und fühlen uns sehr Willkommen. Der Liegeplatz ist traumhaft. Tief in der Flußlandschaft, gut geschützt durch hohe Bäume vor dem Nordwind, keinerlei Bewegung im Schiff und Natur pur. Raul hat hier ein kleines Paradies geschaffen und wir sind froh, daß wir uns für seine Marina entschieden haben und seine Gastfreundschaft genießen können. Wir haben ihm auch sein Kelp-Eisen zurückgebracht, das uns große Hilfe geleistet hat, wenn wir Kelp am Anker hängen hatten. Dieses Gerät hatten Hacko und Nora von der Anixi von ihm mitbekommen, als sie von hier aus in den Süden gestartet sind und wir haben es von Ihnen in Puerto Williams übernommen, um es wieder zurückzubringen. Dieses Kelp-Eisen hat die Fahrt von Valdivia bis Puerto Williams und zurück schon mehrfach zurückgelegt. Laut Raul müssen wir noch eine offizielle Übergabezeremonie bei einem Barbecue machen – wir freuen uns darauf.
Über unsere Zeit hier in Valdivia und die Aufbruchsstimmung in Richtung Westen berichten wir dann in unserem nächsten Artikel.