Wir haben ein Wetterfenster gefunden!!!
Wir brauchen gut 3 Tage vernünftige Bedingungen, um unser Erlebnis Kap Horn starten zu können. Diese haben wir nun. Unser Plan:
Am Vortag fahren wir los, um zunächst bis Puerto Toro auf der Ostseite der Isla Navarino zu kommen, das sind ca. 25 Seemeilen, die die Anreise verkürzen. An Tag 1 soll es mit ca. 50 sm bis zur Isla Herschel gehen, von wo aus es an Tag 2 nur noch ein Katzensprung rüber zum Kap ist. Dann wieder zurück und schauen, wie sich das Wetter entwickelt, wo wir unterschlüpfen können und schließlich am 3. Tag zurück nach Puerto Williams. So der Plan!
Und es funktioniert!!! Der Wettergott und Neptun sind uns wirklich wohl gesonnen. Los geht es am Sonntag gegen 15 Uhr unter großem Abschiedsschmerz von den gewonnenen Freunden im Hafen von Puerto Williams. Einige werden nicht mehr da sein, wenn wir wieder zurückkommen.
Es fängt aber im Beagle wieder an wie immer….mit doofer Welle, aber Rückenwind. So kommen wir gut voran und erreichen am frühen Abend Puerto Toro, die südlichste Siedlung der Welt mit etwa 20 Einwohnern. Dort können wir am Holzpier festmachen. Nach der Anmeldung beim Offiziellen stelle ich dann die kurze Frage, ob denn jemand am Steg zum Helfen ist. – keine Antwort ist auch eine Antwort. Also fahren wir längsseits an die Pier, ich werfe die Heckleine über den Poller und schon driften wir im Wind weg. Jochen fährt rückwärts mit dem Heck auf die Pier zu – bedacht, hier stehen überall große Schrauben der nicht mehr vorhandenen Holzpfähle über. Jochen fährt bis auf wenige Centimeter an das Pier heran, ich schaffe es irgendwie, auf die Pier zu kommen und ziehe das Boot über die Mittelklampe an die Pier heran. So, erst mal grob fest – da kommt auch schon Ulf und wirft mir seine Leine zu.
Kein schönes Pier für Segelboote. Ein fester Holzsteg mit großen LKW-Reifen als Fender. Diese hinterlassen aber böse schwarze Streifen auf Booten, also schauen, daß wir da unsere Fender irgendwie dazwischen kriegen. Langt so für eine Nacht.
Da es schon nach 8 Uhr abends ist, marschieren wir noch schnell mal in den „Ort“ um diesen zu besichtigen. Es gibt eine kleine Kapelle, einen gaanz kleinen Laden und einige Häuschen. Alle Gehwege sind als Holzstege angelegt, hier ist wohl auch eine Schule, denn am nächsten Morgen kommt die kleine Fähre und es steigen einige Schulkinder aus. Schnell ein paar schöne Fotos machen und ab aufs Boot, essen machen und ins Bettchen gehen. Morgen geht es früh raus. Wir wollen ja 50 sm schaffen.
Auch dieser Tag passt. Wir kommen gut voran anfangs noch unter Segel, die meiste Zeit aber doch unter Motor, da der Wind nachlässt und dann auch genau gegenan ist. Dafür haben wir am Anfang aber noch eine unangenehme Welle stehen, die uns etwas durchschüttelt. – wobei es uns besser geht als Ulf, der sein deutlich kleineres Boot alleine durch die Wellen steuern muß. Diesmal erreichen wir gegen 19 Uhr die ausgesuchte Ankerbucht auf der Isla Herschel und liegen hier schön ruhig bei inzwischen spiegelglatter See und null Wind. So haben wir das bestellt für Kap Horn!


Nach kurzer Beratschlagung legen wir fest, am nächsten Morgen zeitig um 7 Uhr loszusegeln. Wir wollen Kap Horn machen und wieder komplett zurücksegeln bis zur Isla Lennox, da am darauffolgenden Tag Wind aus Nord angesagt ist, was bedeuten würde, daß wir komplett gegen den Wind fahren/ motoren müssten. Also schauen, so weit nördlich zu kommen wie es geht und dann „nur“ noch den Beagle-Kanal im Halbwind befahren.
Um kurz vor 6 Uhr klingelt der Wecker, nichts wie raus – Kap Horn ruft. Und wenn Engel reisen – wie bestellt. Wir haben keinen Wind und spiegelglatte See und fahren unter Motor zum berüchtigten Felsen. Auf dem Weg dahin sehen wir auch immer wieder Walblas um uns herum, in Bootsnähe kommt leider keiner. Dann ist auch die Insel schon zu sehen, ein kurzer Funkruf an den „Alcamar Hornos“ und er bestätigt uns: „Ankern ist möglich, für das Anlanden sind beste Bedingungen, das Wetter ist beständig“ „Bienvenidos“.

So haben wir den Anker in der Bucht auf 20 mtr Wassertiefe geworfen und sind mit unserem Dinghi zu Dritt an Land gerudert! Neben uns ist noch ein weiteres Segelboot angekommen; diese sind aber direkt aus der Antarktis gekommen und nutzen auch das tolle Wetter, um Kap Horn einen Besuch abzustatten. Wie oft hörten wir „ist ja auch nur ein Fels/ Insel“. – Das ist korrekt. Aber was für ein Fels!

Zunächst geht es zum Monumento de Hornos – dem Albatros aus Stahlteilen dargestellt. Mit einem tollen Rundumblick über die Insel bei strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und angenehmer Temperatur. Dann auf zum Leuchtturm. Hier wurden wir gleich freundlich von der Frau des Wärters begrüßt. Natürlich tragen wir uns in das Gästebuch ein (wir haben vorsorglich unseren Bootsstempel mitgebracht und hinterlassen unsere Schildkröte) und sich selbst die Kap-Horn-Stempel in den Reisepass und das Logbuch geben lassen. Wir kaufen ja grundsätzlich keine Souvenirs, aber hier lassen wir es uns nicht nehmen, auch ein Andenken mitzunehmen.
Wir haben es geschafft und noch viel besser: es war gerade auch kein Kreuzfahrtschiff da, daß die Insel mit Touris überschwemmt. Der Leuchtturmwärter hat uns dann auf Jochens Nachfrage mitgeteilt, daß so ein Tag wie heute vielleicht 10 mal im Jahr vorkommt. Wie viele Segler haben schon versucht, hierherzukommen und mußten nach mehrtägigem Ausharren in einer Ankerbucht wieder unverrichteter Dinge umdrehen, weil Ihre zur Verfügung stehende Zeit ablief oder die Bedingungen sich dermaßen verschlechterten. Wir hatten das Glück, innerhalb kürzester Zeit ein wirklich geniales Wetterfenster zu erwischen.
Eine Umrundung des Kaps haben wir zeitlich leider nicht mehr geschafft, wir wollen bis heute Abend noch zur Isla Lennox zurücksein, bevor das Wetter umschlägt. Aber wir sind dennoch die zwei Seemeilen bis auf den 56. Breitengrad gefahen, haben dort unseren Schluck Whiskey genommen und natürlich auch Neptun als Dank etwas gegönnt. Wir sind dankbar und glücklich diesen Ort, an dem der Atlantik und der Pazifik zusammentreffen und um den es viele Geschichten, Tragödien, Sagen und Mythen gibt; unter solch guten Bedingungen besucht zu haben. Nicht alle hatten solches Glück, hier sollen um die 800 Schiffswracks auf dem Meeresgrund liegen.
Den Weg zur Isla Lennox können wir dann bei schönstem Segelwetter und einem gemütlichen Halbwind segelnd zurücklegen und dabei ganz entspannt diese Zeilen schreiben. Das hätten wir so im Südatlantik nie erwartet. Auch hatten wir heute das große Vergnügen zunächst springende Seelöwen neben dem Boot zu haben und später dann auch noch Delfine. Was für ein Tag!!!!!
Auch auf der Insel Lennox liegen wir gut geschützt in einer Bucht. Lediglich gegen morgen fängt das Boot im auflaufenden Schwell an, hin und her zu rollen. Gegen 9 Uhr heben wir die Anker und machen uns auf Richtung PW. Leider ging das fast den ganzen Tag nur unter Motor, da der Wind leider nicht aus dem günstigen Winkel kam, wie vorhergesagt sondern fast meist von vorne. Mehrfach haben wir die Genua aus- und wieder eingerollt und versucht, unter Segel vorwärts zu kommen. Lediglich die letzten 5 Seemeilen vor PW kam der Wind ordentlich auf und ließ ein Segeln zu. Dafür hatten wir im Beagle wieder eine große Delfinschule um das Boot herum und auch ein Wal hat seinen Blas gezeigt.
Und mehrfach wurden wir von der Navy und den Funkstellen angerufen und abgefragt, wo wir hinwollen und wieviele Personen an Bord sind und was die ETA, die Ankunftszeit ist. Das ist in Chile aber so üblich, daß jede Funkstelle seinen Bereich monitort und die Boote anfunkt und abfragt. Auch sollen wir täglich um 20 Uhr unsere aktuelle Position an die nächstgelegene Funkstelle mitteilen. Diese kommunizieren miteinander und so wissen die Zielhäfen bzw. „Ankerbereiche“ schon, daß da ein Boot kommen sollte. Der Leuchtturmwärter auf Kap Horn hatte uns dies auch gefragt und gesagt, wenn wir dann wegsegeln, schreibt er das nach PW, damit die dort Bescheid wissen. Wenn man dann die Ankunftzeit überschreitet, wird man gerne man angefunkt, wo man denn sei. Dies dient hier aber alles unserer Sicherheit und wir finden es auch gut so.
Gegen 16 Uhr sind wir dann wieder wohlbehalten in PW an der Micalvi angekommen und liegen fest und unser Abenteuer Kap Horn – Haken dran.
Nun schlafen wir erst einmal aus, verproviantieren uns und sehen, daß wir in den nächsten Tagen mit passendem Wind Richtung Westen starten können.