Wir haben Buenos Aires am 29.09.24 mit der Öffnung der Brücke um 20 Uhr verlassen, nachdem wir am Mittag die Behördengänge zum Ausklarieren erledigt hatten und uns zur Belohnung noch ein Abschiedseis gegönnt haben. Es fiel uns doch schon etwas schwer, aus dem sich inzwischen eingeschlichenen Trott aus lange ausschlafen, gemütlich frühstücken, irgendetwas zu erledigen oder anzuschauen und spät ins Bett gehen, auszubrechen. Man darf eigentlich nicht länger als zwei Wochen an einem Ort bleiben, sonst wird man wieder sesshaft und gemütlich.
Nun ja, wir haben’s geschafft, uns aufzuraffen und all den lieben Menschen hier Lebewohl zu sagen.
Die Nachtfahrt war nicht unsere erste Wahl, da wir uns ja in einem flachen Gewässer mit schmalen Schifffahrtsstraßen und mit unzähligen Wracks gespickt bewegen. Aber der vorhergesagte Wind ist nun mal der Chef im Ring und nach dem wird sich gerichtet. So erreichen wir wenigstens bei Tageslicht den nächsten fremden Hafen.
Nach einer Stunde unter Motor konnten wir diesen dann auch abstellen und die Nacht durch mit Windstärken von 3 – 4 am Wind segeln. Wir haben uns so gut es ging in den Schiffahrtsstraßen aufgehalten, um eventuellen nicht verzeichneten Wracks aus dem Weg zu gehen. Denn hier bleibt alles da so liegen, wie es absäuft…
Und so sind wir dann auch morgens um 7 Uhr in den Hafen von Juan Lacaze in Uruguay eingelaufen. Auf unser Anfunken hat leider wieder einmal niemand reagiert, so daß wir beschlossen haben, einfach mal reinzufahren und bevorzugt nach einer Boje zum Festmachen Ausschau zu halten.
Plötzlich wurden wir doch angefunkt und ein Mann stand am Steg und wies uns einen Platz zu. Also schnell die Fender klarmachen und die Leinen entsprechend ausrichten, damit wir doch am Steg voraus anlegen konnten. Das war wieder einmal etwas holprig, da wir ja immer Vorwärts einparken, um unsere Windfahnensteuerung am Heck nicht zu beschädigen. Ich will Euch mal kurz anhand unseres Fotos erklären, wie ihr Euch das vorstellen müsst:

Wir fahren mit dem Boot vorwärts an den Steg. Beim ranfahren an den Steg muß natürlich rechtzeitig das Boot aufgestoppt werden (durch einlegen des Rückwärtsganges, gibt ja keine Bremse), damit wir nicht den Steg und das Boot beschädigen. Dafür sage ich am Bug stehend dem Skipper an, wie viele Meter wir noch vom Steg weg sind, damit er rechtzeitig aufstoppt und werfe dann die Leine über an die Person die, hoffentlich und meistens, am Steg steht. Die Leinen werden dann an den jeweiligen Festmachern an Land belegt, so daß das Boot erst mal fixiert ist. Wenn keine Person an Land ist…tja, dann muß man schauen, wie man klar kommt. Bei größerer Crew springt halt einer von Bord. Wir würden in diesem Falle nicht am Steg anlegen, sondern eher (wie obenstehend geplant) an eine Muringboje gehen oder den Anker werfen, bis Hilfe kommt. Das Manöver alleine ohne Risiko zu machen geht nur bei ganz ruhigen Bedingungen, kein Wind und Strömung.
Jetzt muß das Boot natürlich noch am Heck fixiert werden, denn wir könnten ja jederzeit nach vorne auf den Steg gedrückt werden. Dafür müssen die Heckleinen durch einen Öse an der Boje geführt werden und am Boot fixiert werden – und das ist unser Problem.
Unser Boot hat ja keine Badeplattform am Heck, so daß wir alles von Deck aus machen müssen, was sehr hoch über das Wasseroberfläche ist. Jetzt müssen wir an eine Boje ran, die gerade mal 20 cm über der Wasseroberfläche rumschwimmt. In Europa kommen da gerne Marineros mit dem Schlauchboot und helfen einem. Hier jedoch nicht. Hier muß man sich selbst helfen.
Also mit dem Rückwärtsgang langsam rückwärts ziehen, bis man an der Boje ist. Hierzu müssen aber die Bugleinen auch wieder mitgelockert werden, damit sich das Boot auch wieder vom Steg wegbewegt. Dann muß einer am Heck rumturnen und irgendwie schauen, die Leine durch die Öse zu bekommen. In unserem Falle muß da der Skipper mit seinen längeren Armen mithelfen, da ich mit meinem Stummelärmchen da einfach nicht rankomme.
Bei Booten mit einer Badeplattform ist das relativ einfach, denn da kann man direkt hinlangen und schwupps – fest.
Wenn dann alle Leinen erst einmal fixiert sind, wird das Ganze noch feinjustiert in der Entfernung zum Steg, man will ja auch vom Boot runterkommen. Das heißt bei uns: über den Bugkorb und den Anker hinweg auf den Steg zu gelangen. Auf der anderen Seite muss noch genug Platz vorhanden sein damit sich das Boot etwas bewegen kann, wenn Wind, Welle und Gezeiten zuschlagen.
Wenn zu solchen Aktionen dann auch noch Wind hinzukommt, ist ganz schön Stress angesagt. Denn der Wind drückt das Boot ganz schön in eine Richtung und man muß höllisch aufpassen, nicht beim Nachbarboot einzuschlagen und natürlich treibt man mit dem Heck auch von der Boje weg, die man dann erst mal wieder einfangen muß.
Bei Null Wind und entsprechenden Hilfen an Land und Schlauchboot ist das ein Kinderspiel. Aber das gibt es hier in Südamerika so nicht, es sei den man hat nette Bootsnachbarn die die Situation erkennen und schnell zur Hand und im Schlauchboot sind.
Aber wir haben es hier geschafft und sind sicher angekommen in einem kleinen Städtchen mit noch kleinerer, aber sehr netter Marina.

Und wie immer: erst mal Behördengänge. Obwohl wir todmüde sind und schlafen wollen. Hier im Ort ist nur die Prefektura, zur Immigration müssen wir mit dem Bus nach Colonia fahren (ca. 1 Stunde). Das wollen wir am nächsten Tag erledigen. In der Prefektura bekommen wir aber mitgeteilt, daß wir heute noch zur Immigration müssten. Bis spätestens 18 Uhr. Der Bus würde um 14.25 Uhr fahren.
OK, der Stress geht ja schon los. Also erst mal aufs Ohr legen, schnell eine Runde schlafen und dann gleich auf zur Suche nach einer Telefonkarte fürs Internet (Google Maps ganz wichtig!) und dann zum Bus.
Es hat sich dann so ergeben, daß sich gleich Ricardo bei uns gemeldet hat. Ricardo ist hier der Mann für alles und hat uns schon geholfen, unsere Farbe für den Anstrich zu kaufen. Er hat einen Bootsservice und arbeitet an so ziemlich jedem Boot hier, das auf dem Gelände steht. Was ihm noch zu Gute kommt: er spricht aufgrund seiner deutschen Ehefrau unsere Sprache und ist somit unser persönlicher Translator 😊, wenn es holpert. Ricardo hat sich dann angeboten, uns nach Colonia zu fahren, da das mit dem Bus „doch total umständlich“ ist. Das haben wir natürlich gerne angenommen. Er wußte sofort, wo er hin muß, hat alles kommunikative erledigt (Immigration und Zoll) und nach 20 Minuten waren wir wieder auf dem Rückweg.
Und wir waren wieder einmal überrascht von der Bürokratie. Als wir damals in Punta del Este angekommen sind, mußten wir ja erst zur Immigration, dann zum Zoll und dann zur Prefektura. Diese bestanden ja auf ein Zolldokument. Als wir hier bei der Prefektura waren, hieß es: nein, zum Zoll müsst ihr nicht. Auch im Hafenoffice bekamen wir diese Aussage. Wir sind dann doch in Colonia zum Zoll, da das Büro genau neben der Immigration war und dort bekamen wir die Aussage: „er macht uns gerne das Papier fertig, aber es geht eigentlich keiner zum Zoll hier. Da wird nicht danach gefragt“.
Egal, sicher ist sicher. Wenn wir wieder aus Uruguay wegfahren und jemand fragt nach einem Zolldokument, so können wir es vorlegen. Wenn keiner fragt, egal.
So haben wir am ersten Tag gleich alles erledigt an Papierkram und können einen Haken dahinter setzen. Auch für die Kranung unseres Bootes an Land bedurfte es einer Genehmigung durch die Prefektura. Wenn man hier Arbeiten durchführen will, müssen diese genehmigt werden und bei sicherheitsrelevanten Reparaturen müssen diese sogar von einem Gutachter abgenommen werden, ehe das Boot wieder ins Wasser darf. Bei entsprechender Bezahlung natürlich. Daher – immer nur schön „reinigen + malern“ angeben.
Wir haben uns dann für einen Tag ein Auto gemietet und sind nach Piriapolis zu unseren Freunden von der „SALTO“ gefahren, die uns ja einige Ersatzteile aus ihrem Heimaturlaub in Deutschland mitgebracht haben. Und so der Zufall will, waren an diesem Tag auch Andi und Cordula von der „MARGNA“ zu Besuch, die ihr Boot in Jacare, Brasilien stehen lassen haben und seitdem wir uns dort getrennt haben, mit einem Wohnmobil durch Südamerika fahren. Auch sie haben sich einige Ersatzteile für ihr WoMo mitbringen lassen, die hier schlichtweg nicht zu bekommen waren. Das war ein schönes Wiedersehen mit der 6er-Truppe aus Jacare.
Am Donnerstag sollte gegen Mittag unser Krantermin sein. Wir haben alles vorbereitet und haben dann auch gehört, daß der Travellift läuft. Also losgemacht und in die Box zum Kranen gefahren. Leider ist unsere Dicke etwas zu lang für den Travellift, so daß wir nicht weit genug hineinfahren konnten, da die Traverse des Liftes an unserem Vorstag anschlug. Also mußte geschwind unser Vorsegel geborgen und das Vorstag abmontiert werden. Aber auch das ging rasch durch die Hilfe von Ricardo und Felipe. Beim losfahren von unserem Steg hat unser Motor leider wieder einmal Probleme gemacht und ist erst nach etwas zureden angesprungen. Also werden wir (also eher der Skipper) auch hier noch mal auf Fehlersuche gehen müssen. So können wir nicht in den Süden losfahren!
Inzwischen ist eine Woche vergangen und wir haben die Arbeiten an der JOSA soweit fertiggestellt. Sie wurde zunächst mit dem Hochdruckreiniger gewaschen, „obenrum“ poliert und gewachst. Der alte Unterwasseranstrich wurde ebenfalls angeschliffen und neu aufgetragen. Jetzt glänzt unser Mädchen wieder in strahlendem weiß, war sie zuletzt doch schon sehr vergilbt. Dann noch ein paar so Kleinigkeiten wie Impellerwechsel, Seeventilaustausch. Der Skipper war seeehr fleißig und spürt inzwischen jeden Muskel, schließlich macht er die ganze Arbeit beim Schleifen und Polieren. Ich bin hier nur Handlanger bzw. mache Nebenarbeiten wie den Propeller per Hand polieren.
Während der Zeit, in der das Boot an Land steht, dürfen wir nicht auf unserem Schiff wohnen, sondern müssen so gegen 18 Uhr das Gelände verlassen. Wir haben für diese Zeit hier in einer Posada ein kleines Zimmerchen, wo wir auch ein Frühstück bekommen. In Lacaze gibt es leider nicht die Auswahl an Unterkünften; lediglich ein weiteres „Hotel“ ist hier zu verzeichnen. Ebenso ist unter der Woche auch lediglich ein Restaurant geöffnet, nur am Wochenende gibt es noch eine kleine Auswahl. Daher freuen wir uns schon, wenn unser Schiff wieder im Wasser ist und wir wie gewohnt schlafen, leben und vor allem essen können.
Aber da wir in den letzten Zügen sind, wird das auch nicht mehr allzu lange dauern, bis wir wieder hier einziehen können.
Die Tage haben wir leider die traurige Nachricht aus Deutschland bekommen, daß eine liebe Freundin von uns verstorben ist. Nun sind wir erstmals mit dieser Situation konfrontiert worden, von der wir doch im Voraus wußten, daß so etwas geschehen kann; aber doch gehofft hatten, daß so etwas nicht eintritt. Wir sind in Gedanken zu Hause.
So, die Arbeiten sind erledigt und das zu Wasser lassen muss wieder organisiert werden. Dazu den Krantermin kurz mit dem Büro absprechen, zur Prefektura gehen und eine Genehmigung einholen, Liegeplatz aussuchen und die neuen Bootsnachbarn, die wir auch schon bei der Ankunft kennengelernt haben, informieren und um Hilfe beim anlegen bitten. Einen weiteren Bootsnachbarn bitten, mit dem Dinghy bei den Muringleinen zu helfen, FERTIG. Zum Krantermin wird dann das Boot vorbereitet: Vorstag wieder abbauen, vorsichtshalber alle Seeventile schließen und noch die Farbe/ Utensilien für den restlichen Unterwasseranstrich zurechtlegen. Als der Travellift unser Boot wieder angehoben hat, können wir dann die Stellen, auf denen das Boot stand und abgestützt war, noch mit Farbe versorgen, bevor sie wieder in ihr Element abgesetzt wird. Kurzer Check im Inneren ob alles dicht ist und es geht zum Liegeplatz am Steg, wo schon die fleißigen Helfer warten. Alles geht entspannt und zügig von statten. Noch eben das Vorstag wieder anschlagen, bevor es mit den neuen Nachbarn und Helfern ein Anlegergetränk gibt. Im Anschluß wird das Segel noch angeschlagen und ein paar arbeiten im Mast erledigt und der Tag neigt sich dem Ende.
Wir sind wieder auf dem Wasser, unser Boot schaut wieder nach Wohnraum aus und jetzt heißt es: erst mal erholen von 10 arbeitsreichen und langen Tagen.
