Monat: November 2024

Immer weiter Kurs Süd

Nachdem wir San Blas mit dem nächsten Wetterfenster verlassen haben, heißt unser nächstes Ziel Golfo Nuevo bei Puerto Madryn. Eine kleine beschauliche Bucht von 50 bis 60 km Durchmessern und einer Einfahrtsbreite von ca. 10 km und einer Wassertiefe um die 30 m, während die Bucht so um die 150 m Tiefe hat. Wieso ich das Euch erzähle? Bei einem Tidenhub von 5 m kann man sich schnell mal ausrechnen, welche Wassermassen da viermal täglich durch das kleine Nadelöhr fließen, um den Wasserstand auszugleichen. Die zu erwartende Gezeitenströmung in der Einfahrt soll hier beachtet werden, sonst kann das Ganze schon etwas länger dauern, bis man drin ist. Auch der wesentlich größere Golfo San Matias, an dem wir vorbeifahren, verheißt auf der Strömungskarte nichts Gutes. Die aktuelle Vollmondphase verstärkt das alles noch. Die starken Strömungen, die auch gleich mit der Ausfahrt von San Blas zu spüren sind, können wir planen und zu unserem Gunsten nutzen, der Rest wird sich zeigen, wie wir vorwärts kommen.

Die Ausfahrt aus dem Kanal zeigt sich auf jeden Fall schon etwas angenehmer als die Tage zuvor die Einfahrt. Bei strahlend blauem Himmel kommen wir trotz des schwachen Windes gut voran. Die Aussichten für die Strecke sollen auch so bleiben. Was wir aber Schlussendlich hier erleben, ist eine Fortsetzung von der letzten Fahrt. Kaum ein Logbucheintrag ohne daß sich die Windrichtung nicht mindestens um neunzig Grad geändert hat; das hält uns ganz schön auf Trab. Dazu muss man sagen, daß wir spätestens nach 4 Stunden einen Eintrag machen, wenn sich in der Zwischenzeit nicht etwas ändert. Nach viel Gejammer und Gefluche auf die Windküche, die uns hier auf dem Wegstück widerfahren ist und den halbwegs zu unseren Gunsten ausgenutzten Strömungsbedingungen, sind wir dann 2 Stunden vor dem nächsten vorhergesagten Starkwindfeld vor Anker gegangen. Alles nach Plan gelaufen. Trotz der großen Tiefenunterschieden in der Bucht hält der Ankerplatz für uns eine flach ansteigende Küste mit gutem Ankergrund bereit. Perfekt also auch hier, und für den angekündigten Westwind ausreichend Schutz. Nachdem wir am Boot soweit alles aufklariert haben, bleibt noch genug Zeit um sich nochmal aufs Ohr zu legen um etwas von dem fehlenden Schlaf nachzuholen, bevor es los geht. Als wir dann vom aufkommenden Wind geweckt werden, kontrollieren wir unsere Ankerposition nochmals. Bei Windstärken bis 35 kn hält unser Anker gut und zuverlässig. Bis zu Nachtruhe beruhig sich der Wind wieder so allmählich und wir können getrost unseren verdienten Schlaf antreten.

Zu dem Golfo Nuevo sei noch erklärt, daß es sich um eine „Walbucht“ handelt. So sollen sich hier um diese Jahreszeit etliche der majestätischen Tiere aufhalten, in einem Bereich im Norden der Bucht. Boote sind hier natürlich nicht gerne gesehen, es sei denn, es sind die, die diese Waltouren kommerziell anbieten. Wir dürften hier nur hin, wenn es die Wettersituation es nicht anders zulässt, also bei starken Nordwinden; verkehrte Welt. Aber da wir die Einstellung haben, daß wir das Ganze, wenn dann, von unserem Boot aus erleben wollen, werden wir diesem Kommerz nichts beitragen.

Abendstimmung im Golfo Nuevo

Mit dieser Einstellung und dem Betrachten der weiteren Vorhersagen, sehen wir schon für den nächsten Tag ein Wetterfenster, das wir nutzen wollen, nichts was uns hier zum längeren Verweilen veranlassen würde. Die entsprechenden Fenster wollen gut genutzt sein, auch wenn sie nicht immer Ideal sind, bei der hier vorherrschenden Windrichtung aus Süd. Wer weiß, wann sich das nächste auftut. Bei der routinemäßigen Kontrolle im Motorraum entdecke ich eine nicht unerhebliche Menge an Wasser in der Bilge, oh Schreck, was ist jetzt los, müssen wir den Aufenthalt doch verlängern und eventuell ans Ende der Bucht in der Stadt verlegen? Nach einem gründlichen Check aller Verbindungen am Abend und weiter Ursachenforschung am Morgen, ist die Ursache in unserer Stopfbuchse zu finden. Das Bauteil dichtet unsere Antriebswelle, die zum Propeller führt ab. Die hatte ich erst bei unserem Werftaufenthalt in Juan Lacaze komplett ausgebaut und gewartet. Vermutlich hat sich erst jetzt gezeigt, bei der etwas längeren Belastung bei der Einfahrt in die Bucht, daß das Dichtungspaket noch etwas nachgestellt werden muss. Soweit erst einmal Entwarnung, der Fehler schnell behoben. Weitere, intensive, Beobachtungen werden folgen, der Weiterfahrt sollte somit nichts im Wege stehen. Gegen 12 Uhr heißt es dann Anker auf.

Nachdem wir die Ausfahrt der Bucht passiert haben, wird es sehr ungemütlich, ein wilder Ritt über die Wellen; ja wenn in den Seekarten schon entsprechendes verzeichnet ist – wir sind vorbereitet. Bei den eher schwachen Windverhältnissen, die bei ruhiger See ein entspanntes Segeln versprechen würden, ist jetzt nicht zu denken, die Segel würden ohne Unterlass schlagen. So sind die ersten Stunden nur unter Maschine zurück zu legen, bis sich das Wellenbild beruhigt. Die Wellen sind zwar nicht all zu hoch, aber die Abstände von jener recht kurz. Wenn man sich so Vorhersagen anschaut, schauen wir uns auch immer die vorhergesagten Wellen mit an, bei einem Verhältniss unter 3 zu 1 (Periode/Zeit zu Wellenhöhe) wird es richtig unangenehm, so wie gerade eben halt. Nichts destotrotz ist auch das bald überstanden und als kleiner Nebeneffekt gleich ein Test ob im Maschinenraum jetzt alles dicht ist. Nach mehrmaliger Kontrolle kann ich auch hier wieder einen Haken setzten, der Verdacht der Stopfbuchse hat sich bestätigt und alles ist wieder in Ordnung.

Ausfahrt aus dem Golfo Nuevo, schon in einer ruhigeren Phase 😉

Unser nächstes Ziel heißt Caleta Hornos, ein kleiner „Flusslauf“ in der Küstenlinie, nichts außer Natur drum rum und unser erster Stopp, an dem wir mit Landleinen arbeiten müssen, dazu später mehr. Unterwegs merken wir, daß unser Speed doch etwas langsamer ist, wie veranschlagt und entscheiden uns, noch einen Zwischenstopp in einer Bucht auf dem Weg einzulegen, ansonsten würden wir erst in der Nacht ankommen, das wollten wir tunlichst vermeiden. So haben wir unseren Kurs Richtung Küste geändert und haben den neuen Ankerplatz direkt angesteuert. Auch hier wieder an der Küste sind in den Seekarten etwas unruhige See eingetragen, das sich trotz der ruhigen Bedingungen bewahrheitet. Kaum am Eingang der Bucht und schon ist wieder Ruhe im Schiff und wir können in aller Gemütlichkeit unsere Segel bergen. Der Anker ist schnell geschmissen und hält auch zuverlässig. Das Windfeld, das für die Nacht gemeldet war, war dann auch nicht so stark wie gemeldet, wir hatten eine erholsame Nacht. Am nächsten Tag dann der Start zur Caleta Hornos; auf die wir uns ja schon eine Zeitlang freuen. Wieder etwas unruhige See bei der Ausfahrt, aber dann ein schöner Segeltag hoch am Wind. Am Cabo dos Bahias, ca. 10 sm vor unserem Ziel, heißt es dann WAL IN SICHT. Unser erster Wal an der argentinischen Küste zeigt sich gleich bilderbuchmäßig. Erst ein großer Walblas, dann sein großer runder Rücken und schlussendlich hebt er seine Schwanzflosse aus dem Wasser als er vor unseren Augen abtaucht. Ein grandioser Anblick, leider ohne Fotobeweis. Der weitere Ausblick lässt aber weiter nichts mehr erspähen, die können halt auch verdammt lange unter Wasser bleiben 😉. Eine halbe Stunde später dann die nächste Sichtung. Zwei dieser Giganten schwimmen querab von uns in entgegengesetzter Richtung vorbei, wir sehen mehrfach ihren Blas und einen kleinen Teil von deren Rücken. Nach dem Schauspiel heißt es dann auch, vorbereiten für die Einfahrt in die Caleta. Da die Bedingungen entspannt ruhig sind, beschließen wir unser Dinghy erst in der Caleta zu Wasser zu lassen, Leinen sind soweit schon alle griffbereit. Die Einfahrt alleine ist schon beeindruckend, sieht man doch erst im letzten Augenblick wenn man ums Eck kommt, daß da noch ein Einschnitt in der Küste ist. Wir tasten uns langsam unter Maschine voran, da das Kartenmaterial nicht ganz so Präzise sein soll. Schließlich haben wir eine leichte Grundberührung am Ende im weichen Untergrund, wir fahren uns wieder frei, war wohl etwas zu weit rein. Ein Stück retour und der Anker fällt. Schnell das Dinghy zu Wasser und Sabine macht sich auf den Weg, die Landleinen am Ufer zu befestigen, zieht sich natürlich alles ein wenig. Mit dem Dinghy ans Ufer paddeln, Ausstieg an den schroffen Felsen, Fred sichern und dann noch eine Stelle suchen, um die Leine sicher zu befestigen. Während ich versuche das Schiff auf Position zu halten und ich die erste Leine dichtholen kann, sind wir zwar schon ein wenig abgetrieben, aber jetzt sind wir dann mal sicher soweit. Drei weitere Leinen wollen jetzt noch ausgebracht werden und der Wind frischt auch langsam auf, gutes Timing.

>Landleinen: In Patagonien ist es üblich das Schiff zusätzlich zum Anker mit eben solchen noch zu verspannen. Die Caletas, Buchten oder die Unterwasserlandschaft lassen oft kein Raum zum schwojen (Drehkreis um den Anker wenn sich Wind oder Strömung ändern) um den Anker, weshalb man das Schiff eben fest fixiert um dies zu verhindern<

Nachdem das geschafft ist, gibt es erst einmal das wohlverdiente Anlegegetränk, alles hat soweit funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Das ein oder andere hat noch etwas Verbesserungspotenzial, aber Möglichkeiten zum Üben kommen jetzt noch genug. So haben wir die Nachmittagsstunden noch im Cockpit genossen bis hin zum Abendessen. Währenddessen war dann auch der höchste Stand der Flut, die Tide beträgt hier in etwa 5m. Ich fange an zu recherchieren und zu rechnen, komme aber zu dem Ergebnis, daß uns etwas Wasser unter dem Schiff fehlt, wenn wir Ebbe haben. Um kein Risiko einzugehen, beschließen wir nach kurzer Beratschlagung, uns wieder aus der Caleta zu manövrieren und am Eingang von dieser, an der Küste vor Anker zu gehen. Bei den mittlerweile kräftigen Wind wäre die Gefahr zu groß in der schmalen Caleta zu manövrieren und einen geeigneteren Platz zu finden. Natürlich ist es jetzt schon fast dunkel. Wir befestigen noch unseren Außenbordmotor an Fred und los geht´s. Ich in Fred und in passender Reihenfolge alle Leinen von Land wieder einholen, bis wir nur noch am Anker hängen, gut das wir dessen Position so gewählt haben das wir bei dem angesagtem Wind auch frei an diesem hängen und nirgends anschlagen. Zuletzt noch Anker auf und im Stockdunkeln raus an die Küste, hier schmeißen wir unser Eisen dann in ausreichender Tiefe ins Wasser. Jetzt liegen wir erst einmal sicher hier, die Anspannung fällt langsam wieder ab. Am nächsten Morgen heißt es dann nochmal alles bei Tageslicht zu beurteilen, aber auch hier gibt es grünes Licht und der Starkwind der die nächsten 24 Stunden über uns wegzieht, kann kommen.

Fazit: 1. Angelerfolg hatten wir gleich zu Anfang: 2 Fische und im weiteren Verlauf noch 3 Möwen in unterschiedlicher Größe. 2. Die Wetterfenster in dem Bereich, in dem wir uns aktuell bewegen, wollen gut genutzt werden, auch wenn sie nicht optimal sind. Wir bewegen uns schließlich entgegen der hauptsächlichen Windrichtung. 3. Ja – und die Lernkurve in den letzten Wochen steigt wieder steil nach oben.

so langsam kommt auch hier Routine auf, befreien von Möwen

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Das Abenteuer „PATAGONIEN“ beginnt

So, nun geht es los. Aber der Reihe nach:

Nachdem wir in Mar del Plata angekommen waren, haben wir uns wie üblich erst einmal orientiert, wo wir was bekommen können, um uns noch mit den restlichen frischen Lebensmitteln und sonstigem einzudecken.

Wir hatten ja berichtet, daß wir gleich am Steg von einem einheimischen Segler begrüßt wurden, der uns anbot, uns behilflich zu sein und uns auch mit dem Auto fahren würde, wenn wir etwas benötigen würden. Tja, wir haben Marcelo dann gleich zwei halbe Tage beschäftigt 😊

Zunächst sind wir einige Werkstätten und Läden angefahren, wo wir eventuelle Ersatzteile für das Boot bekommen könnten. Wie z.B. neue Opferanoden für unsere Welle und unseren Rumpf. Die Argentinier haben hier eher große Platten (aus der Fischerei), die sie dann passend zuschneiden für ihre Yacht und irgendwie am Rumpf befestigen. Wir haben ja vorgefertigte Vertiefungen für unsere runden Anoden. Diese haben wir leider nicht bekommen, aber wenigstens für die Welle konnten wir eine (teuer) erstehen. Und noch ein paar andere „Kleinigkeiten“, die der Skipper gerne als Ersatz dabei hat. Denn es soll ja lange nichts mehr kommen, wo wir etwas kaufen könnten. Marcelo hat uns hier sehr geholfen, da er sich als Einheimischer gut durchgefragt hat und uns kreuz und quer durch die Stadt kutschiert hat.

Dann waren wir noch in einem Großmarkt für Gemüse und Obst, da wir ja gerne einige Grundmittel wie Kartoffeln, Zwiebeln, Äpfel und Orangen in größeren Mengen kaufen wollten. Und…. Ja, der Großmarkt war klasse und die Preise auch entsprechend unschlagbar günstig. Marcelo meinte nur, daß es ein paar Touristen braucht, damit er auch einmal in dieses „Wunderland“ geht. Er war hier noch gar nicht.

Nach einigen Tagen traf dann noch die SALTO ein und auch Ulf mit seiner FARVEL tauchte zwei Tage später hier auf. Die Marina war nun fest in deutscher Hand!!!

Viel von Mar del Plata haben wir leider nicht gesehen, da wir so beschäftigt waren mit Wäsche waschen, Einkaufen, Boot vorbereiten, Einkochen uva. Die Zeit vergeht so rasend schnell. Wir haben es dennoch geschafft, einer Eisdiele mehrfach einen Besuch abzustatten – es war ja auch ziemlich warm einige Tage und die Eisdiele fußläufig in 10 Minuten zu erreichen. Nutze den Tag!!!

Und wie es kommen sollte, es tat sich schnell ein Wetterfenster von 2 – 3 Tagen auf, das wir nutzen könnten, um relativ angenehm weiter in den Süden zu kommen. Also stand fest: „wir fahren am Donnerstag“ ab. Die SALTO entschied, daß sie noch nicht abfahren werden, da sie mit den Vorbereitungen noch nicht ganz fertig sind. Wir haben uns jedoch entsprechend eingerichtet und sind bereits am Mittwoch vormittag zur Prefektura marschiert, um uns abzumelden. Dies wollten wir zeitnah erledigt haben, da es hieß, daß in Mar del Plata das Boot inspiziert werden würde, ob denn alle von Argentinien vorgeschriebenen Sicherheitsausrüstungen vorhanden sind. (Hierzu gibt es eine „kleine“ Liste, mit ach so wichtigen Dingen). Zur Inspektion kam natürlich niemand, aber: wir waren wenigstens vorbereitet.

Donnerstag früh, wir wollten gegen 9 Uhr los. Das haben wir natürlich nicht geschafft, irgendwie sind wir nicht fertig geworden. Marcelo wollte uns eigentlich mit seinem Boot ein Stück begleiten, da er jeden Tag zum Segeln rausfährt. Wir waren ihm aber dann doch zu langsam und er fuhr ohne uns los. Wir haben ihn dann später leider nur noch aus der Ferne gesehen.

Beim Ablegen bekamen wir dann Dinghi-Unterstützung von der Marina. Diese haben unser Boot rückwarts aus dem Liegeplatz rausgezogen, da wir einen ordentlichen Seitenwind hatten, der uns auf den Steg gedrückt hatte und wir so aus eigener Kraft sicherlich nicht unseren Liegeplatz ohne Probleme verlassen hätten können. Denn vor uns lag Längsseits die FARVEL und hinter uns ein großes Motorboot. Es ging alles super und wir konnten gegen 11 Uhr aus der Hafenanlage ausfahren.

Es war ja ein Wind von 4 bft mit Böen von 5 bis 6 bft angekündigt und eine Welle von zunächst etwa 1,6 Metern. Also war zu erwarten, daß es etwas wackelig wird – aber so kommen wir wenigstens mit gutem Segelwind vorwärts. Und so war es auch. Wir haben direkt im Hafenbecken unser Großsegel gesetzt, damit wir noch auf ruhigem Wasser am Mast rumturnen (also der Skipper – ich bin da am Ruder). Und kaum aus dem Hafenbecken draußen, ging das Rodeo auch schon los. Prinzipiell ist eine Welle von 1,6 Metern nichts Schlimmes. Wichtig ist dabei immer der Zeitintervall zwischen den Wellen, in welchem Abstand die also ankommen. Und der war halt unangenehm kurz. So war es gleich zu Beginn ein wildes Geschaukel (gut, das Wasser war auch noch sehr flach), so daß wir gleich mal beide eine Tablette gegen Seekrankheit eingeworfen haben. Hatten wir doch schon durch die langen Landaufenthalte wieder Landbeine und müssen uns wieder an das Segeln gewöhnen, sicher ist sicher.

Es lief aber alles gut, der Wind blies beständig mit 4 bis 5 bft, so daß wir gut Fahrt machen konnten und um die 7 kn liefen. Wenn das so bleibt, sind wir nach 2 Tagen da, wo wir hinwollten. Lediglich das Schlafen bei dem Gewackel – ihr wisst, wie gut ich das kann ☹ Aber zwei Tage kriegt man rum.

Wir sind dann auch erst ostwärts Richtung offenes Meer gefahren, um den Untiefen und dem seichten Gewässer direkt an der Küste genug Raum zu lassen. Kurz nachdem wir dann Kurs Richtung Süd eingeschlagen hatten, kam schon der Funkspruch von Ulf von der FARVEL, daß er inzwischen auch losgefahren ist und uns auf Backbord sieht. Wir fahren also im Päckchen!

Irgendwann in der Nacht beim Wachwechsel haben wir dann den Kurs korrigiert, da der Wind (wie angekündigt) gedreht hatte und unsere Windsteueranlage ja nach der Windrichtung fährt. D.h. wären wir so weiter gefahren, wie wir die Windfahne eingestellt hatten, wären wir direkt Kurs Antarktis gefahren. Also Kurs ändern, Segel entsprechend setzen und Windfahne neu justieren. So, das passt jetzt bis zum Ziel.

Ab da haben wir dann die FARVEL aus den Augen verloren, da Ulf wohl später den Kurs korrigiert hatte als wir und daher einige Zeit in eine andere Richtung gefahren ist.

Die erste Nacht war seeehr kalt und so haben wir die meiste Zeit unter Deck verbracht. Die zweite Nacht war dann schon viel angenehmer, da der Wind aus Nord auch entsprechende Temperatur mitgebracht hat. Während der Überfahrt hatten wir wieder einmal Delfine, Pinguine und Möwen ohne Ende. Daher haben wir uns auch gar nicht getraut, unseren Angelhaken auszuwerfen. Nicht bloß wieder Möwen am Haken haben und schon gar nicht einen Pinguin!!! (Abgesehend davon, daß ich bei dieser Welle am Heck auch keinen Fisch einholen und filetieren möchte)

Die zweite Nacht wartete dann mit Überraschungen auf. Ich sah am Himmel vor uns Wolken, die für mich hießen: „ich glaub, da kommt was“. Und so war es auch. Es war zwar nichts gemeldet, aber Jochen durfte dann zwischen zwei Gewitterzellen hindurchfahren. Und wie das so ist: erst hat man Wind mit 20 bis 25 Knoten, der fällt dann komplett weg, um dann wieder richtig aufzudrehen um das versäumte wieder aufzuholen. Das ist typisch Gewitterzelle. Das heißt für uns Segler: erst mal Segeln verkleinern bis wegpacken, kurze Zeit den Motor anwerfen, damit wir steuerfähig bleiben und durchfahren können und dann die Segel wieder auspacken. Nachdem das durch war, blieb es für die Nacht „ruhig“: gewohnter Wind und Welle mit ordentlich Fahrt. Wachwechsel morgens gegen 5.30 Uhr. Der Skipper übernimmt, ich lege mich in die Pantry, da ich in unserem Bett kaum ein Auge zu mache.

Gewitterzelle auf den Instrumenten, links die Windrichtung, rechts die Stärke. Erst fällt der Wind komplett zusammen und dreht sich dabei, bevor er wieder Fahrt aufnimmt und noch nicht so recht weiß, was er machen will. Bis sich wieder alles langsam stabilisiert.

Nach einer Stunde dann wurde ich geweckt: „Wir müssen das Großsegel bergen, da kommt was“. Also raus, Großsegel runterholen und der Skipper steuert sich wieder – diesmal mitten durch – durch die Gewitterzelle. Nach einer halben Stunde bei Windstärke 8 mit 9er Böen, ist auch das alles ausgestanden. Später, nachdem dem der Wind wieder deutlich nachgelassen hat, haben wir dann den Motor angeworfen, um wieder etwas Trinkwasser zu produzieren. Im Anschluss sind wir dann nur noch mit Genua unterwegs da der Wind wieder zugelegt hat und genug Fahrt da war. Passt doch alles. Wenn man die Gefahr rechtzeitig sieht, so wie jetzt, bleibt alles entspannt und das Vertrauen in Schiff und dem eigenen Tun wird dabei auch noch gestärkt.

Es war auch angekündigt, daß zum Ende unserer Fahrt ein Flautenloch kommen sollte. Das hätte uns auch gut gepasst, da wir nach San Blas fahren wollten und hierzu durch ein Flachwasserstück in eine Art Lagune einfahren wollten. Ja denkste! Vor der Einfahrt Wind in Stärke 5 – 6 bft und wilde Welle, weil flaches Wasser. So sind wir dann vor der Einfahrt erst einmal Hin- und hergekreuzt, um uns die Einfahrt „zurechtzulegen“ und um die Motorzeit in der Welle möglichst kurz zu halten. Kurz vorher Segel rein, Motor an und einfahren. Da der Wind genau aus dem Kanal gekommen ist und somit ein Befahren unter Segel so nicht möglich ist. Just in diesem Moment sehen wir unseren ersten Orca, der hier im Flachwasser unterwegs ist. Wir erspähen ein paar Mal die imposante Rückenflosse auftauchen und wie er anschließend noch einige mal mit der Schwanzflosse aufs Wasser schlägt. Das ganze zwar in einiger Entfernung, aber immerhin. Ein Stück eingefahren und der wilde Ritt hört auch sogleich auf, der Wind legt sich etwas und wir konnten den Anker vor der Ortschaft San Blas auf etwa 18 mtr werfen. Etwas tief für unseren Geschmack, aber flacher war leider nicht zu haben, da dort überall Fischerboote an Bojen lagen und die Küste steil aufsteigt, was uns keinen Platz zum schwojen lässt (das rumkreisen am und um den Anker, wenn Wind und Gezeit das Boot bewegen). Wir benötigen da schon einen Radius von 40- 50 Metern.

Kaum den Anker unten, will ich uns bei der Prefektura anmelden. Wir sind da ja ordentlich. Es geht keiner ran!!! Klar, er war mit einem Fischerboot schon bei uns anklopfen gekommen 😉 Kurz hallo gesagt, wie lange wir bleiben, wo wir hinwollen – ja, er kommt in einer Stunde nochmal vorbei wegen der Papiere.

Wir sind fertig mit unserem Ankergetränk (nach dem Anlegen oder Ankern wird zur Feier erst einmal ein Getränk zu sich genommen – bei den Männer meist Bier; bei meinem Skipper natürlich etwas anderes – Preisfrage: wer weiß, welches Getränk ich meine?), da sehe ich auch schon einen Mast auf uns zufahren. Ulf ist da! Kurzer Funkruf und etwas gequatscht.

Tja, ich würde mich ja gerne etwas hinlegen, aber die Prefektura wollte ja noch mal kommen. Da warten wir halt. Natürlich kam er dann, als ich das Kochen anfing. Wieder sehr nett und doch auch aufgeregt. Ich denke, so oft haben sie hier nicht mit Booten zu tun. In der Aufregung hat er seinen Stempel vergessen und nimmt unsere Papiere mit, macht sie im Büro fertig und wir sollen dann vorbeikommen, wenn wir an Land sind. Anschließend noch kurz auf dem Boot die Sicherheitsausrüstung checken, weil das ja in Mar del Plata nicht gemacht wurde. Was hat er denn nun geprüft? Tatsächlich nur, ob der (einer, nicht alle) Feuerlöscher noch aktuell ist und ob wir ausreichen und noch gültige Signalmittel haben wie Leuchtraketen und Rauchtöpfe. Mehr nicht, das war es. Und wir haben im Vorfeld noch extra fehlende Dinge gekauft wie eine Axt, um unsere Innenrichtung kurz und klein zu schlagen oder das Flaggen-ABC, das eh keiner setzt.

So ging dieser Tag schnell zu Ende und wir sind frühzeitig zu Bett gegangen – es war doch einiges an Schlaf nachzuholen.

spektakulärer Abendhimmel vor Anker zur Begrüßung

Nun sind wir hier in San Blas, haben ordentlich Strömung unter dem Boot beim Gezeitenwechsel und warten darauf, daß sich wieder ein Wetterfenster für die Weiterfahrt öffnet.

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letzte Tage in Uruguay

Nachdem wir wieder auf unser Boot umgezogen waren, haben wir erst einmal zwei Tage verschnauft und es wieder genossen, auszuschlafen. Dann ging es auch schon los, das Wetter zu beobachten, um ein entsprechendes Fenster für die Überfahrt nach Piriapolis zu finden.

Es stand zunächst die Frage im Raum, ob wir direkt nach Mar del Plata in Argentinien aufbrechen oder noch einmal in Piriapolis einen Halt einlegen. Entfernungsmäßig wäre der direkte Weg nach Mar del Plata einiges kürzer, ohne den Haken über Piriapolis zu nehmen. Jedoch: für den direkten Weg würden wir zwei verschiedene Windrichtungen benötigen – und dies in einem entsprechenden Fenster – eher unwahrscheinlich. Und: wenn wir in Lacaze das Land verlassen, müssen wir wieder nach Colonia zur Immigration fahren. In Piriapolis ist das alles direkt am Hafen zu erledigen. Also haben wir uns für Piriapolis entschieden. (Außerdem treffen wir da die SALTO-Crew wieder)

Wir haben am Samstag bei der Prefectura „ausgecheckt“ und sind am Sonntag früh zeitig gestartet für die 130 sm bis Piriapolis, damit wir dort möglichst am nächsten Tag bei Tageslicht ankommen. (mit ausreichend Puffer für Flaute gerechnet). Und der Wettergott war uns wieder einmal freundlich gesonnen und wir konnten gut durchsegeln. Leider hatten wir vor Montevideo wieder diese blöde „Hackwelle“ des Mar del Plata. Keine hohe Welle, aber in so kurzer Folge und von allen Richtungen, daß es wieder ordentlich gewackelt hat. Zur Erklärung: hier treffen 3 Wellensysteme aufeinander, Strom vom Fluß, Dünung aus dem Atlantik und der Wind schafft auch nochmal eine, natürlich alles aus verschiedenen Richtungen. Aber für ein paar Stunden kann man das gut aushalten. Und ziemlich genau 24 Stunden später haben wir in Piriapolis neben unseren Freunden von der SALTO festgemacht.

Hier wieder geschwind die Anmeldung bei der Prefectura erledigt und wir sind zum letzten Mal in einem Hafen Uruguay’s angekommen.

In Piriapolis haben wir noch ein paar Kleinigkeiten am Boot gerichtet, der Skipper war noch mal im Mast und hat alles gecheckt, damit wir beim nächsten Wetterfenster Richtung Süden aufbrechen können.

Für die kommenden Tage war wieder Starkwind angekündigt, also haben wir unser Boot ordentlich an den Muringbojen und am Steg verzurrt, damit da auch wirklich nichts irgendwo passieren kann.

Der Wind war dann zwar auch da, aber: nicht an dem Tag, an dem er so stark sein sollte. Für unser Empfinden war der Tag vor dem angekündigten Starkwind der stärkere Wind und der danach hat auch nochmal ordentlich was zu bieten gehabt . Ja, so ist das mit den Vorhersagen…..

Es ergab sich dann zum Glück recht schnell ein passendes Wetterfenster von 2 Tagen für die Überfahrt nach Mar del Plata. Direkt auf den obigen Starkwind aus Süd, sollte der Wind auf Ost und später auf Nord drehen in der passenden Stärke natürlich. Es könnte lediglich sein, daß noch eine kleine Restwelle steht, die es etwas unangenehm machen könnte. Aber nachdem diverse Wettervorhersagen nur von einer Welle von 1 Meter gesprochen haben, war klar: am Sonntag gegen Mittag geht es los.

Am Samstag früh haben wir dann nochmals zum Abschied den Markt besucht, uns dort von der deutschen Bäckersfamilien verabschiedet (natürlich noch ein Brot gekauft) und letztes Obst und Gemüse eingekauft.

Anschließend sind wir dann im Office vorbei, haben dort bezahlt (man muß die Quittung der Prefectura vorlegen, damit diese die Abreise genehmigen – man darf keine Schulden beim Staat haben), sind zur Immigration wegen der Ausreise und letztendlich zur Prefectura. Dort wurde uns erklärt, daß der Hafen heute geschlossen sei und wir keine Abfahrtserlaubnis bekommen würden. Wir müssten morgen früh nochmal kommen und dann würden wir sehen. Auf die Frage warum der Hafen denn geschlossen sei, kam die Antwort „wegen des Wetters“. ??? Heute war strahlender Sonnenschein, ein laues Lüftchen und nur ein bisschen Restwelle des gestrigen Windes. Also eigentlich nichts, was einen Segler nur im entferntesten abschrecken könnte.

Ein anderer Segler sagte uns dann, daß die hier seeeehr vorsichtig seien, wenn schlechtes Wetter gewesen war und sie daher gerne den Hafen schließen.

OK, dann halt am Sonntag früh nochmal vorbeimarschiert und die Genehmigung abgeholt. Zum Glück sind die Wege in Piriapolis sehr kurz.

Wir rechnen ja für Überfahrten immer mit einem Schnitt von 5 Knoten, also 5 Seemeilen in der Stunde. Somit sollten wir ziemlich genau 2 Tage bis Mar del Plata brauchen. Die Wetter-APP rechnete uns 50 Stunden vor. OK – sollte so passen.

Sonntag Mittag 12 Uhr, wir verlassen Piriapolis und können sofort die Segel bei angenehmen 3 Beaufort und nur 0,5 Meter Welle setzen und direkten Kurs setzen. Der Wind hat dann noch etwas zugelegt, so daß wir sofort mit 7 bis 8 Knoten durchs Wasser gleiten. Ja, wenn das so ist, sind wir ja vieeel zu schnell und kommen mitten in der Nacht an. So sind schon unsere Gedanken nach den ersten Stunden.

Und wirklich, wir können sehr lange sehr schnell fahren. Zwischenzeitlich wirft der Skipper noch den Motor mit an. Nicht, weil wir ihn unbedingt brauchen würden ; nein, weil wir unbedingt Trinkwasser produzieren müssen. Wir waren jetzt fast 4 Monate im dreckigen Süßwasser gelegen und konnten kein eigenes Wasser für uns produzieren, da ansonsten in Windeseile unsere Filter verstopfen würden. Und um Trinkwasser zu produzieren, auch auf Grund der Größe der Anlage, benötigen wir ordentlich Strom. Das geben die Batterien ohne Nachschub leider nicht her, bzw. wären restlos leer. Also: Motor an, in einer Zeit als der Wind etwas abflaute, und Wasser marsch. Wir hatten auch wieder einmal Angelerfolg, so daß es einmal unterwegs frischen Fisch gab.

Und es kam, wie wir vorausgesehen hatten: nach nur knapp 39 Stunden sind wir mitten in der Nacht in den Hafen von Mar del Plata eingelaufen. Wir hatten in den ersten 24 Stunden ein Etmal (zurückgelegte Strecke innerhalb von 24 Std.) von 152 sm, ein Spitzenwert für uns. Für die restlichen 80 sm wurde es dann etwas langsamer, wobei wir die letzten 15 sm sogar unter Maschine zurück gelegt haben weil der Wind dann eingeschlafen ist, auch der wird mal müde um diese Uhrzeit ;-). An dieser Stelle auch mal ein Lob auf die Vorhersagen, alles wie gemeldet, war und ist ja nicht immer so. Stolz darauf, daß der Skipper wieder das Wetter richtig interpretiert hat und unsere Dicke auch entsprechend gelaufen ist, wir glauben sie hat sich genauso gefreut, wieder unterwegs zu sein, wie wir. Um 3 Uhr hieß es: fest an der Boje!!!

Am Funk wurden erste Angaben übermittelt und uns mitgeteilt, daß die „Authorities“ am nächsten Morgen an Bord kommen würden. Hier in Mar del Plata kommen alle Behörden direkt auf das Boot. Daher dürfen wir auch nicht vorher in die Marina einfahren oder anderweitig anlegen, sondern müssen im Hafenbecken vor Anker oder an die Boje. Also, schnell ins Bettchen, wer weiß, wann die Morgen früh hier anklopfen.

Später haben wir uns dann nach dem Frühstück in der Marina gemeldet, daß wir jetzt da wären und an der Boje liegen. Der Hafenmeister klärte dann mit den Behörden, daß diese um 10 Uhr auf das Boot kommen würden.

Und ja, sie kamen. So vielen Menschen hatten wir gleichzeitig noch nicht auf dem Boot: 2 Personen Immigration und Zoll, 2 Personen Gesundheitsamt, 1 Mann Prefectura. Und alle Zettel per Hand in 5-facher Ausfertigung ausfüllen. Aber, alles easy. Nachdem dann die ersten wieder vom Boot gegangen sind, kam dann noch ein weiterer Mann der Prefectura nebst Drogenspürhund an Bord. Die Süße ging einmal quer durch das Boot und schon war alles erledigt. Super freundlich, super nett.

Dann wieder kurze Meldung in der Marina, daß wir fertig sind für die Einfahrt und schon wurden wir mit dem Dinghi abgeholt und zu unserem Liegeplatz begleitet. Auch hier gleich wieder ein freundlicher Empfang durch einen einheimischen Segler: ob er uns helfen könnte, wir sind doch sicherlich todmüde. Nein, danke. Alles schon fertig, wir sind ja schon seit heute Nacht hier. Und schon wieder jemanden kennengelernt, den wir jederzeit fragen sollen, wenn wir etwas benötigen oder er uns irgendwohin fahren kann.

Nun sind wir wieder in Argentinien und unser Abenteuer Patagonien beginnt nun so langsam.

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