Patagonien – Ende unseres ersten Abenteuers

…doch der Reihe nach…

Nachdem wir einen weiteren Tag in Dalcahue verbracht haben und noch etwas durch die Stadt gestromert sind, sind wir am folgenden Tag 19 Seemeilen weiter in die Caleta Anihue auf der Isla Mechuque (sprich meschugge 🙂 ) übergesetzt. Hier haben wir uns auch unseren Fred geschnappt und sind an Land gefahren, um uns das kleine Örtchen einmal anzuschauen. Leider ist halt Nebensaison und daher alles ziemlich leer. Wir konnten diverse geschlossene Restaurants sehen, eine kleine Kirche betreten, in der gerade eine Totenwache abgehalten wurde und sind etwas an der „Strandpromenade“ entlanggelaufen. Die berühmten Stelzenhäuser hier sind teilweise schon toll anzusehen, wenn halt nicht jedes zweite dem Verfall überlassen werden würde. Auch gab es hier ein historische Museum, dessen Gebäude auch verfällt. Hier konnten wir nur durch die Scheiben einen Blick hineinwerfen und wir konnten ein Sammelsurium an nautischen Objekten erkennen. Bei genauerer Betrachtung sah es eigentlich nicht so aus, als würde das schon lange so vor sich „hingammeln“, keine dicken Staubschichten. Aber das Gebäude lässt von außen nicht vermuten, daß das Museum noch aktiv betrieben wird.

Weiter ging es am nächsten Tag in das Örtchen Quemchi, wo wir uns frech an eine freie Fischerboje gehängt haben, da es auch hier so eng zugeht. Dies ist auch ein quirliges Touristenörtchen, in dem wir zwei Nächte geblieben sind. Laut unseren Informationen solle man unbedingt die Isla Aucar besuchen, was wir natürlich auch gemacht haben und losmarschiert sind. Der einfache Fußweg etwa 6 km. O-Ton Ulf „ist ja flach“. Wir konnten die Insel ja von unserem Liegeplatz aus sehen und müssten nur am Ufer um die Bucht herum. Nur die Straße/Weg geht nicht am Ufer entlang….An der ersten Steigung hat Ulf seine Aussage revidiert. Und als was stellte sich die Insel heraus? Ein Friedhof mit dem klingenden Namen „Isla d las almas navegantes“ – Insel der navigierenden Seelen (oder der Seelen der Seefahrer) mit einer kleinen Kapelle, die natürlich wieder verschlossen war. Die Insel soll laut der Beschreibung ein Ort der Natur und Spiritualität sein. Naja, ich bin da nicht so dabei. Es war ein schöner Tag mit einem Spaziergang und die Insel war nett angelegt. Hätte ich aber vorher gewußt, daß es ein weiterer Friedhof ist, wäre ich wahrscheinlich nicht mehr mitgelaufen.

So richtig nett wurde es dann hinterher. Auf der Festlandseite des Steges befanden sich einige Verkaufsstände, bei denen wir mal zum „schauen“ hinmarschiert sind. Hatten wir doch schon etwas Hunger, der Spaziergang wurde spontan erst in der Stadt entschieden, also hatten wir außer Wasser keinerlei Verpflegung dabei. Wir haben dann bei einer netten Dame jeder eine Empanada mit Apfelfüllung – auf deutsch eine große Apfeltasche – verköstigt, die wirklich lecker war. Sie hat allerlei leckere Dinge verkauft, die sie alle selber herstellt. Einige Dinge hat sie mir dann erklärt und hat sich sichtlich über unseren Besuch gefreut. So viele Ausländer kommen hier nicht an. Für den Rückweg kam dann die Entscheidung, daß wir evtl. einen Bus nehmen, wenn einer vorbeifährt. Diese wurde uns aber abgenommen, als ein Auto neben uns angehalten hat und uns eingeladen hat, mitzufahren. Nicht ganz uneigennützig 🙂 Die Dame am Steuer ist ein Tourguide und fragt auch gleich, wann wir denn abreisen. Aber sie war sehr nett, hat uns noch von einigen Highlights in der Ecke erzählt, von denen wir bisher nichts wussten – die wir jetzt aber auch nicht mehr sehen werden, da wir morgen weiterfahren werden.

Für den nächsten Tag galt es, den Golfo de Ancud nach Norden zu überqueren, um wieder ans Festland zu gelangen. Dies ist unser letzter Ankerplatz vor Puerto Montt und soll uns zwei Tage lang Schutz bieten, da ein starker Nordwind vorhergesagt wurde. Wirklich gut geschützte Buchten waren in unserer blauen Bibel nicht zu finden (für unser Empfinden) und so haben wir uns auf eine Aussage aus der Noforeignland-App verlassen und beim Betrachten der Gegebenheiten für Gut empfunden. Wir hatten an diesem Tag einen sehr guten Wind und konnten fast die gesamte Strecke schön segeln. Der Ankerplatz befindet sich in einer sehr großen Bucht zwischen einer Muschelfarm und dem Strand. Bei der Anfahrt darauf dachte ich noch „Gott, da ist doch kein Platz zum Ankern“ – aber getäuscht. Was immer so eng aussieht, ist in Wahrheit viel Platz zum Schwojen und so lagen wir dann an einem flach abfallenden Strand direkt hinter Muschelfarmen, die ja auch hereinlaufenden Schwell etwas abbremsen. In der Zufahrt zur Bucht wurden wir von total übermütigen Delfinen begleitet, was uns natürlich sehr gefreut hat. Endlich hatten wir einmal springende und Drehung machende Exemplare am Boot.

Wir sind am Freitag dort angekommen, der Starkwind war für Sonntag vorhergesagt. Folglich konnten wir am Samstag was? Natürlich – Landgang. Mit Fred ans Ufer gefahren – mei, war das weit weg und am Kieselstrand entlang zu der kleinen Siedlung an der Südspitze gelaufen. Die obligatorische Kirche wieder verschlossen, freilaufende Rinder, Hühner und Schweine. Hunde sowieso. Und endlich mal ein klarer Blick auf das Andenpanorama mit seinen weißen Gipfeln. Keine spektakulären Entdeckungen, aber zumindest die Beine wieder ordentlich vertreten, so daß der Sonntag dann im Boot ausgesessen werden konnte.

Am Montag hieß es dann „Anker auf“ für die letzte Etappe in Patagonien. Heute laufen wir in Puerto Montt ein, wo wir in der Marina Club Nautico Reloncavi unseren Liegeplatz gebucht haben. Die Überfahrt verlief problemlos mit ordentlich Schiffsverkehr außenrum und so konnten wir 3 Stunden später unsere Ankunft über Funk mitteilen. Am Steg wurden wir von Jorge, dem Hafenmeister des Clubs begrüßt, der uns beim Festmachen half.

fest am Steg im Club Nautico Reloncavi

Nun sind wir endgültig wieder in der Zivilisation angekommen mit seinen Menschen, Lärm und Verkehr. Aber auch seinen Cafes, Restaurants und Supermärkten. Und am wichtigsten: eine richtig heiße Dusche mit Endlos-Warmwasser dank Durchlauferhitzer, einer Waschmaschine und einem Wäschetrockner. Gott, welch ein Luxus, in dem wir hier schwelgen!!!!!

Was ist nun unser Fazit von Patagonien???

Die Natur in den unberührten und unbewohnten Kanälen ist überwältigend. Wir sehen vom Wasser aus Gegenden, in die man sonst nicht kommt. Andersherum kommen wir halt dafür nicht so einfach dahin, wo der „Landurlauber“ hinkommt. Die Tierwelt hatten wir uns ja so vorgestellt, darüber informiert man sich ja. Aber daß auch die Pflanzenwelt so artenreich ist, hätte ich nicht erwartet. Vor allem, wenn man bedenkt, unter welchen Bedingungen sich hier so ein kleines Pflänzchen behaupten muß. Ständig starke Winde, ständiger Regen, der Boden ein einziger Sumpf. Eisig kalte Winde aus dem Süden. Wer will da schon wachsen? Und dennoch blüht es in den unterschiedlichsten Farben, es gibt Brombeeren und viele andere Früchte. (Gut, die probierten Beeren waren jetzt nicht wirklich süß – fehlt halt doch etwas Sonne). Die Gletscher – beeindruckend gigantisch.

Was haben wir uns anders vorgestellt? Nun ja, uns war klar – es wird kalt. Ganz so schlimm war es jetzt nicht, ich hätte mehr Frost erwartet. Dafür war uns überhaupt nicht klar, daß es hier so viel regnet. Wir konnten dem dank unserer Kuchenbude gut trotzen und immer relativ trocken sitzen, auch beim Segeln. Aber es zehrt schon an den Neven, wenn es Tagein, Tagaus aufs Dach prasselt oder tropft.

Man liest sich ja immer ein, wann ist die beste Zeit um wo rumzufahren. Für uns hieß das Januar / Februar unten rum. Jetzt im Nachhinein würde ich sagen: nein, lieber früher da sein und die Zeit Januar/Februar schon in den Kanälen sein. Wir waren am 03. Januar das erste Mal in Puerto Williams, am 21. Januar an Kap Hoorn und sind letztendlich erst am 17. Februar in Puerto Williams in Richtung Kanäle losgefahren. Also tendiere ich dazu zu sagen, schon im November in Puerto Williams zu sein und dann ein Fenster für Kap Horn zu suchen, um im Dezember Richtung Kanäle loszukommen uns somit spätestens im Februar mitten in den Kanälen westlich von Puntas Arenas zu sein. Dann hat man genug Zeit im „Sommer“. Durch unsere Motorenprobleme wurden wir leider hier im Zeitplan etwas durchgereicht und wir sind schon sehr in den Herbst hineingekommen.

Beim nächsten Mal dann machen wir das besser…..

Nun stehen wir in Puerto Montt und genießen die guten Versorgungsmöglichkeiten, können das erste mal seit Buenos Aires wieder mit dem Bus in die Stadt fahren und nach Herzenslust einkaufen. Leider bietet die Stadt auf den ersten Blick nicht wirklich viel Sehenswertes, mal schauen, vielleicht findet sich ja noch was. Und siehe da, das erste mal seit unserer Abreise überhaupt, sind wir richtig Krank geworden. So musste der zweite Termin zur Begutachtung von unserem Motor durch einen Mechaniker verschoben werden, der Nächste, 4 Tage später, hat dann die Erkenntnis gebracht. Am ersten Termin hat er die Injektoren nochmal mitgenommen um diese zu Überprüfen. Beim Zweiten wurden dann noch die Kompression der einzelnen Zylinder überprüft. Letztendlich war dann doch ein Injektor nicht ganz perfekt und dieser wurde getauscht. Die Kompressionsprüfung ergab, daß alle Zylinder schön ordentlich Druck aufbauen. Das „Worst-Case-Szenario“, daß die Maschine aus dem Schiff muss, bleibt somit aus. Bleibt also nur noch die Einspritzpumpe übrig, die wohl nicht mehr ganz zur richtigen Zeit das Richtige tut. Eine kurze Schraubereinlage, um die Einspritzzeiten durch das Verdrehen der ganzen Pumpe in der Aufnahme zu verändern zeigt schon einen guten Erfolg. Also: Pumpe komplett ausbauen und auf dem Prüfstand fein säuberlich einstellen. Durch die Arbeiten am Motor mussten wir auch gleich unseren Krantermin stornieren: wir brauchen die Wasserkühlung für die Testläufe, die an Land nicht gegeben ist. So muss erstmal der Motor fertig gestellt werden, bevor es mit der Dicken aufs Trockene geht, um da dann den Unterwasseranstrich nochmals zu erneuern. Langweilig wird es wohl nicht werden die nächsten Tage.

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