Überfahrt zu den Gambier Inseln

Nachdem Fred und der Außenborder schließlich verstaut sind und soweit alles vorbereitet ist, heißt es endlich gegen 19 Uhr Anker auf. Doch hier der erste Schreckmoment, unsere Ankerkette hat sich wohl irgendwo am Grund um einen Felsen verschlungen. Mit ordentlich Zug auf der Kette und dem leichten auf und ab in der Dünung vom Boot kommt sie schließlich frei, Glück gehabt. Hätte das nicht funktioniert, hätte sich die Abfahrt wohl um einen Tag verschoben. Bei 20 m Wassertiefe hätte es eine Tauchausrüstung benötigt, um die Kette wieder frei zu bekommen. Unsere ist gut um Schiff verstaut und sich an eine der örtlichen Tauchschulen zu wenden, hätte alles noch einiges an Zeit gekostet. Bis es soweit gewesen wäre, wäre es schon so dunkel, daß daran nicht mehr zu denken gewesen wäre ins Wasser zu gehen, Tauchlampen haben wir leider keine dabei. Es hätte auf den nächsten Tag verschoben werden müssen. Aber wie gesagt, Glück gehabt.

So können wir schnell die Segel setzen, bei der Behörde noch schnell unsere Abfahrt durchfunken und los geht´s. Kaum aus der Landabdeckung draußen ist der Wind auch so kräftig, daß wir die Segel gleich noch etwas weiter reffen müssen als eh schon gemacht. Dann passt alles und so geht es die nächsten 2 Tage ohne weiteres Zutun dahin. Der Wind dreht schließlich immer weiter, nimmt auch noch etwas zu und wir fahren nun hoch am Wind unserem Ziel entgegen. Eine sehr zermürbende Fahrt, sowohl für´s Gemüt als auch für´s Material.

Dazu will ich euch mal ein wenig in die Grundlagen vom Segeln entführen. Der Einfachheit werde ich die Werte etwas runden, damit es verständlicher wird, der Profi wird mir verzeihen. Zuerst mal die Windgeschwindigkeiten die bei uns oft in Beaufort, kurz Bft, angegeben sind. Hier handelt es sich um eine Windscala die besagter Herr Beaufort entwickelt hat. 1 Bft entsprechen einer Windzunahme von ca. 5 kn, das sind ca. 10km/h. So entsprechen 5 Bft um die 20 kn Wind. Beim Segeln sprechen wir noch von einem wahren Wind und dem scheinbaren Wind. Der wahre Wind ist der Wind, den ihr spürt wenn ihr an einem festen Ort steht, Richtung und Stärke entsprechen den Angaben. Der scheinbare Wind ist der Wind den ihr in Bewegung spürt. Als Beispiel nenne ich mal das Fahrradfahren. Wenn ihr bei 20 km/h Wind dem Wind genau entgegenfahrt mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h (mit E-Bike schafft das jeder😉), so spürt ihr den Wind mit 40 km/h. Fahrt ihr mit den gleichen Werten genau mit dem Wind von hinten, so fühlt es sich an als wäre Windstille. Das ist der scheinbare Wind mit dem wir auf unserem Boot unterwegs sind. Kommt der Wind noch etwas von der Seite, ändert sich auch mit der Boots- bzw. Fahrradgeschwindigkeit der Einfallswinkel vom Wind. Auf dem Boot fahren wir auf Am-Wind-Kurs = Wind von vorne, Halb-Wind-Kurs = Wind von der Seite, Raumschot-Kurs = Wind von hinten. Jetzt fahren wir auf Am-Wind-Kurs bei besagten 5 Bft ca. mit 8 kn durch das Wasser, das fühlt sich dann schon an wie 6-7 Bft Wind, das ist schon nicht ohne. Fahren wir mit den gleichen Werten nun Raumschot, sind es nur noch 3-4 Bft Wind die wir auf dem Boot spüren und auch zur Verfügung haben, um vorwärts zu kommen. Jetzt kommt noch der Faktor Welle/ Dünung mit ins Spiel, auf dem Fahrradweg oder der Straße bleiben die Bedingungen ja gleich. Die Dünung ist in der Regel eine er langgezogene Welle die von einem weit entfernten Windsystem kommt. Hier im Südpazifik kommt jene meist aus südwestlicher Richtung und entstehen tut sie südlich des 40ten Breitengrades in den Stürmen, die da unten gang und gäbe sind. Die Welle kommt, der Einfachheit wieder gesagt, aus der Richtung, aus der der Wind kommt und wird auch von jenem erzeugt den man vor Ort hat. Fährt man nun auf Am-Wind-Kurs, kommen einem die Wellen mit ihrer etwas steileren Seite entgegen, das Schiff kämpft gegen die Wellen an. Ein ständiges Stampfen ist die Folge, viel Gischt und Wasser kommen über das Deck. Fahren wir Raumschot kommt die etwas flachere Seite der Welle von hinten, hebt das Schiff sanft an und geht mit der Welle auch wieder sanft nach unten. Wie in einen Fahrstuhl ein auf und ab, aber alles entspannt. Auf Halbwindkurs ist das Ganze eine Mischung aus den beiden, Windstärke ist wie angesagt und die Welle von der Seite. Ich hoffe es soweit verständlich geschrieben zu haben, ansonsten könnt ich über den Kommentar gerne nachfragen.

Bei der letzten Überfahrt zu der Osterinsel waren wir auf der Nordseite von einem Hochdruckgebiet, hatten somit auf der Südhalbkugel den Wind von hinten (die Wettersysteme drehen auf der Südseite entgegengesetzt wie auf der Nordseite) und die Fahrt mit 8 Bft war weitestgehend entspannt. Bei der Überfahrt die wir jetzt haben, sind wir auf der Nordseite eines Tiefdrucksystems, also Wind von vorne. Waren zuvor 8 Bft entspannt, ist es jetzt bei 6 Bft schon etwas übel. Da wir ja nicht genau gegen den Wind segeln können, kommt der Wind leicht schräg von vorne. Durch den Wind in den Segeln haben wir schon eine Grundkrängung (Krängung = Schräglage) im Schiff. Unsere Josa kämpft sich wacker durch die Wellen, nur die Wellen die dabei ständig auf die Bordwand prallen, sind lautstark und bringen das Boot immer wieder stark ins Schwanken. Kommen dann die etwas größeren Wellen an, spritzt die Gischt über das ganze Boot und etliche Kubikmeter Salzwasser werden über das Deck gespült. Die Belastungen für das Boot sind enorm und das eigene Gemüt leidet auch stark. Nach eineinhalb Tagen langt es uns, wir drehen etwas ab und sind nun mit Halbwind unterwegs, die Wellen von der Seite und etwas weniger scheinbarer Wind, lässt das Ganz schon viel erträglicher werden. Von dem Plan die Pitcairn Insel (bekannt von der Bounty, deren Meuterer sich hier niedergelassen haben und deren Nachfahren noch heute hier leben) zu besuchen, können wir uns in diesem Moment verabschieden. Was mich am meisten dabei stört: wir verpassen noch ein kleines Atoll, das auf dem Weg dahin liegt, Ducie Island. Eines der abgelegensten Atolle der Welt, kaum jemand kommt hier vorbei. Alles unberührte Natur, hier mal den Kopf Unterwasser zu stecken, mit Sicherheit traumhaft schön und interessant. Aber so ist das Seglerleben: es gibt Pläne, um sie zu ändern. So fahren wir anfangs einen Nordkurs. Später, als die Bedingungen etwas besser werden, einen Nordwestkurs um einem größeren Flautengebiet, das im Anmarsch ist, möglichst aus dem Weg zu gehen; ganz werden wir es wohl nicht schaffen. Der ursprüngliche Plan während der Flaute die Zeit am Atoll zu verbringen, hätte auch nicht funktioniert, der Weg wäre doch noch zu weit gewesen, um rechtzeitig dorthin zu kommen. Da wir am Rand von einem Tiefdruckgebiet unterwegs sind, sind die Tage und Nächte weitestgehend bewölkt, die Sonne zeigt sich nur spärlich. Nach zwei weiteren Tagen steht wieder mal der Wechsel zwischen zwei Windsystemen auf dem Programm. Wie bei der letzten Überfahrt hält mich das Ganze wieder über viele Stunden auf Trab, natürlich auch wieder in der Nacht, was sonst. An Schlaf ist so gut wie gar nicht zu denken. Als sich der Wind schließlich eingependelt hat ist es schon taghell und ich kann mich auch endlich mal auf´s Ohr legen. Den Rest vom Tag verbringe ich meist in der horizontalen, um den Schlaf nachzuholen. Mit dem neuen System sind wir jetzt auch in einem Hochdruckgebiet, die Sonne begleitet uns und ein Blick in den Mondkalender verspricht Neumond, sprich kein Mond zu sehen. Die nächste Nacht lässt somit einen fast ungetrübten Blick auf den Sternenhimmel zu, nur ein paar Wolken sind zu sehen, einfach traumhaft dieser Anblick. Letztendlich kommen wir auch in das Flautengebiet wie angekündigt, wir haben aber Glück und sind wirklich bis an den Rand gekommen. Wir haben immer gerade noch soviel Wind, daß wir unter Segel fahren können, zwar sehr langsam – aber immerhin; und ob wir ein oder zwei Tage später auf den Gambier´s ankommen ist nicht so wichtig, Zeit haben wir ja.

Vielen Dank an Ulf der uns die Bilder zur Verfügung gestellt hat, wir können mit unseren Mitteln leider keine Sternenbilder fotografieren. Die Bilder zeigen den Sternenhimmel von dem ich immer so schwärme noch viel deutlicher, sie sind in der Atacamawüste aufgenommen, keine Lichtverschmutzung und noch weniger Staub in der Luft.

Als der Wind wieder einsetzt, setzen wir doch wieder Kurs auf Ducie Island, wir sind gerade mal 170 sm davon entfernt, wir wären in spätestens 30 Stunden dort. Der Wind würde gut passen, um dorthin zu kommen. Ich checke nochmals alle Für und Wider der Vorhersage, die für die weiteren Tage gemeldet sind und nochmal und nochmal. Schweren Herzens fällt doch der Entschluss, wieder direkten Kurs auf das Gambier Archipel zu nehmen. Zu einem haben wir noch mäßigen Wind, wenn wir an dem Atoll ankommen würden, die Ankerverhältnisse sind völlig unklar, im Zweifel müssten wir trotzdem weiterfahren. Auch für den weiteren Verlauf danach schaut es nicht gut aus. Das nächste Eiland ist Henderson 200 sm weiter, auch hier die Ankerverhältnisse völlig unklar. Um dorthin zu kommen müssten wir auch wieder ein Flautenloch überbrücken. Danach dann wieder kräftiger Wind, vor dem wir uns irgendwo Schutz suchen müssten. Das wäre dann die Pitcairn Insel nochmals weitere 100 sm entfernt, Ankerplatz sehr rollig und ein anlanden an Land nur bei ruhigen Verhältnissen möglich. Alles Dinge, die letztendlich entschieden haben, daß wir diese interessanten Inseln nicht anlaufen werden. Nach zwei Tagen, auf denen wir Raumschot und mit guten Windverhältnissen unterwegs sind macht sich so langsam die uns bevorstehende Flaute bemerkbar, der Wind nimmt langsam aber stetig ab. Gerade am raumen Kurs, wenn der Wind zu wenig wird, rollt das Schiff immer mehr von der einen Seite auf die andere, da der Winddruck in den Segeln fehlt. Durch diese Rollbewegung fangen die Segel immer mehr das Schlagen an. Wenn man bedenkt, daß sich die Mastspitze immer 5 Meter von der einen zur anderen Seite bewegt – und das innerhalb kürzester Zeit – erzeugt das schon beachtliche Beschleunigungen in den Segeln, die das Ganze verursachen. Die nächsten beiden Tage werden die Nerven wieder auf eine harte Probe gestellt. Wir passen den Kurs und die Segel immer wieder an, um es zumindest etwas abzumildern. Die zweite Nacht lässt die Überlegung schon aufkommen unter Maschine weiter zu fahren. Aber die nächsten drei Tage noch unter Maschine bis zum Ziel? Nein Danke, wir halten durch. Am Morgen ergibt sich dann ein ganz neues Bild, der Wind hat kräftig gedreht und die Welle sich auf ein Minimum reduziert. Ich setzte beide Segel, das Großsegel war zuletzt zur Pause verdammt worden und die Genua nur zu 80% gesetzt, alles dem Schlagen geschuldet. Nun kommen wir auf einem Amwindkurs, trotz der er schwachen Windverhältnisse, gut voran und durch die wenige Welle gleiten wir jetzt gemächlich über das weite Blau des Pazifiks. Die Sonne lacht vom Himmel und das Meer hat seine tausenden Spiegel ausgepackt, die im steten Wechsel die Wasseroberfläche in einem silbernen Glanz erscheinen lässt, Seglerherz was willst du mehr. Dieser uns wohl gesonnene Zustand hält natürlich nicht ewig an, am nächsten Tag ist es dann so weit. Das Segel hängt fast wie ein nasser Sack am Vorstag, wir bergen es. Aber bevor wir die Maschine starten gibt es noch ein erfrischendes Bad im Pazifik, welche Wohltat. Ich schwimme eine Runde um das Boot in einem unglaublichen Blau, in diesem Bereich ca. 3200 m tief. Wer kann schon von sich behaupten in so einem tiefen Gewässer mal geschwommen zu sein? Schreibt uns gerne.

Dann geht´s schließlich unter Motor weiter, zum Glück aber nur 3 Stunden lang, bevor der Wind wieder einsetzt. Kleiner Nebeneffekt, die Batterien sind auch wieder voll geladen. Wir setzten nur die Genua für die weitere Wegstrecke, aber schon schnell wird der Wind immer kräftiger, ich fang das reffen an. Kurz darauf taucht am Horizont auch noch ein Wolkenband auf, das ein Anzeichen für weitere Windzunahme ist. Als es immer Näher kommt, wird weiter gerefft, viel steht nicht mehr vom Tuch. Aber genau zur richtigen Zeit und in der richtigen Dimensionierung sind wir gut gewappnet für das, was kommt. Es ist wesentlich entspannter so etwas am Tag zu erleben, man sieht was kommt und kann entsprechend reagieren. Schließlich dreht der Wind und wir sind in unserem neuen Wettergebiet angekommen. Es ist Zeit, die ersten Berechnungen für unsere Ankunft zu tätigen. Der Wind sollte uns bis zu den Gambier´s gewogen sein. Aktuell kommt er als Halbwind daher und soll etwas auf Raumschot drehen. Perfekt, so kann ich nur unter der Genua segelnd gut die Geschwindigkeit kontrollieren, indem ich die Segelfläche anpasse. Ich rechne aus, wie schnell wir fahren müssen und dürfen, um bei Tageslicht unser Ziel zu erreichen. Zwar soll das Atoll gut betonnt sein und somit auch eine Einfahrt bei Nacht möglich sein, aber schöner und sicherer ist es doch bei Tageslicht. Mittlerweile, aber schon wieder im Dunkeln, fängt ein wilder Tanz an, keine 12 Stunden nach meiner Schwimmeinlage wird es immer heftiger. Das Ausmaß ist dann erst in der Morgendämmerung zu erkennen, Wellenberge kreuz und quer sind zu sehen. So wilde Wellenberge hatten wir auch noch nicht. Nach gut 2 Stunden übelster Schaukelei scheint der Höhepunkt erreicht zu sein, die Wellen nehmen langsam eine einheitliche Richtung an, was auch auf dem Boot deutlich zu spüren ist. Es bleibt aber weiterhin alles andere als angenehm, aber mit der Aussicht am nächsten Tag anzukommen, erträglich. So ist mit der ersten Morgendämmerung dann auch Land in Sicht. Während ich mich über das Erreichen von unserem ersten Ziel in der Südsee freue, kommt von Sabine nur, „endlich hört das Geschaukel auf“. So unterschiedlich sind die Gedanken. Wir kommen mittig in der gewünschten Zeitspanne zu unserem Wegpunkt an, bei dem wir die Ansteuerung zur Passeinfahrt starten. Die einzelnen Inseln (Motu’s), die in dem Atoll über der Wasseroberfläche zu sehen sind, werden immer deutlich in ihrem Aussehen, die höchsten Berge sind hier etwas über 400 m hoch. Unser Tiefenmesser, der bis 300 m Tiefe anzeigt, macht sich erst wenige Meter vor dem Pass das erste mal bemerkbar, so steil ist auch die Unterwasserlandschaft. Insgesamt ein steiler Berg, mitten im nirgendwo, die See ist um das Atoll herum noch 3 bis 4-tausend Meter tief. Wenn man bedenkt, daß Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze 2962 m hat, Garmisch auf 708 Meter liegt, so hat man noch ungefähr 2200m reinen Berg. Dieser Berg hier steigt vom Meeresgrund empor und ist damit fast doppelt so hoch wie unsere Zugspitze, unglaublich. Die Durchfahrt hat dann eine maximale Tiefe von 12 m, links und rechts noch deutlich weniger, ist aber dank der genauen Seekarten leicht zu passieren. Danach fällt der Grund auch wieder auf bis zu 40 m ab, die See ist deutlich ruhiger geworden. Das Innere eines Atoll´s ist immer mit zahlreichen Untiefen bestückt, eine genau angegebene Kurslinie muss eingehalten werden, um diese Gefahrlos zu passieren. An diesem Atoll gibt es drei verschiedene Zufahrten, wir haben uns für die aus Südwest entschieden. Hier sind die ersten Seemeilen innerhalb nicht mit Fahrwassertonnen bestückt, aber durch die Beschreibung in der Seekarte ohne weitere Probleme zu meistern. Bis wir das Hauptfahrwasser erreichen, in dem dann die Tonnen das Fahrwasser markieren, sind die ersten 10 sm noch unter Segel zurückgelegt, der Wind steht dafür gut. Für die weiteren 10 sm muss dann auf die Maschine zurückgegriffen werden, bis wir den Hauptort Rikitea das erstmal sehen. Durch die große Weite vom Atoll, dem kräftigen Wind geschuldet, ist trotz alledem einiges an Wellengang. Die letzte Seemeile führt nun durch eine schmale Durchfahrt eines breiten Riffgürtels, das unseren anvisierten Ankerplatz vor dem Ort sehr gut schützt. Eine kleine Runde vor dem Ort und unser Anker fällt auf 15m Tiefe in den Sand, willkommen in der Südsee, unserem zweiten Traumziel nach Patagonien.

1653 sm nach 13 Tagen und 20 Stunden macht einen durchschnittlichen Etmal von 120 sm, insgesamt 4100 sm vom chilenischen Festland zurück gelegt.

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Rapa Nui

Nun sind wir angekommen – die Osterinsel. Gefühlt am Ende der Welt, und doch noch immer in Chile. Unser erster Ankerplatz liegt im Südosten der Insel, da in den nächsten Tagen ein starker Nordwind kommen soll und wir dann vor Hanga Roa, der Stadt auf der Insel, nicht gut liegen würden. Dies scheint uns windtechnisch momentan die beste Option. Leider steht bei unserer Ankunft hier aber noch die Welle vom starken Wind aus Süd, mit dem wir hierher gefahren sind. Das ist ein ordentliches Rollen vor Anker. Über Funk haben wir uns angemeldet und mitgeteilt, daß wir hier vor Anker gehen und erst einmal bleiben. Irgendwann kommt dann der Anruf, daß die Offiziellen am Strand stehen würden, um den Papierkram zu machen. Nein – tut uns leid. Wir können bei dieser Welle unser Dinghi nicht sicher von Bord lassen, vor allem da wir auch unseren schweren Motor mit über 30 kg runterwuchten müssten. Das ist uns viel zu gefährlich im Moment. Ok, das verstehen sie. Wir sollen halt Bescheid geben, wenn für uns die Bedingungen passen, dann würden sie nochmals kommen.

Am nächsten Tag haben wir dann wieder Kontakt aufgenommen. Da leider am Funk immer niemand zu erwischen ist, der Englisch kann und ich diesen spanischen Kauderwelsch nicht klar verstehe, dauert es etwas und irgendwann kann ich dann mit einem jungen Mann von der Armada via WhatsApp kommunizieren. Er kann Englisch, aber schriftlich kann ich mithilfe von Google Translator auch ordentliches spanisch rüberbringen. Er wollte dann erst, daß wir zur Armada in Hanga Roa kommen. Nein sorry, wir sind in Hanga Hotuiti und das sind 12 Seemeilen. Das können wir nicht, die Behörden wollten doch wieder zu uns kommen. Ach so, er klärt ab und teilt mit, daß die Behörden kommen würden, aber erst am Nachmittag so zwischen 14 und 15 Uhr. Er gibt mir nochmals Bescheid, wann genau. Nachdem wir um 16 Uhr immer noch nichts gehört hatten, habe ich dann versucht, ihn anzuschreiben und auch anzurufen. Auf den Anruf hin hat er dann reagiert und schriftlich mitgeteilt, daß er jetzt kommt und wir in 30 Minuten an Land stehen sollen. Schließlich war er dann gegen 17 Uhr da (ganz alleine) und hat unsere Ankunft dokumentiert. Auf meine Frage nach der PDI (Immigration) und der SAG (Landwirtschaftsbehörde) teilt er mir mit, daß ich die beiden nicht brauchen würde. Erst bei Abreise…. Häh???? Wir müssen doch offiziell einreisen und die SAG prüft, ob wir unerlaubte Lebensmittel einführen…. Naja, klären wir morgen, wenn wir nach Hanga Roa verlegt haben.

Da wir schon mal an Land waren, haben wir uns dann gleich die Moai angesehen, die hier in dieser Bucht stehen. 15 Stück an der Zahl in der Reihe – die größte Ansammlung (Ahu Tongariki) auf der Insel. Jochen hat sich dann gleich noch mit zwei Männern unterhalten, die vor diesem Ahu im Auto saßen, ihren Joint rauchten und Bierchen getrunken haben. Diese haben ihm dann spontan eine Kiste aus dem Kofferraum geholt und geschenkt – voll mit Süßkartoffeln, Maniok und etwas getrocknetem Fleisch. Als wir dann in das Ahu gehen wollten, hielt uns ein Guide von einer Reisegruppe auf, wo denn unser Guide sei – wir dürften hier nur mit Guide rein. Es war kurz vor Torschluss. Ja einen Guide haben wir nicht, wir sind gerade von dem Boot da an Land gegangen. Wir wollten doch nur mal ganz kurz gucken. Nein, das geht nicht. Da vorne im Auto sind die Ranger, die schließen jetzt ab. Ach, Jochen Kumpels?! Kurz nochmals hin und gefragt, ob wir 5 Minuten mal rein dürfen. „Ja, klar. Geht nur“

Leider ist das hier auf der Insel so, daß man um etwas anzuschauen, grundsätzlich ein Ticket für den Nationalpark kaufen muss. Dieses Ticket gilt für 10 Tage und kostet pro Nase 80 Euro. Dann darf man aber auch nicht überall hin, wie bei obigem Ahu. In die meisten Sehenswürdigkeiten darf man nur mit Guide – die machen dann so Tagestouren und klappern alle Sehenswürdigkeiten ab. Das wären nochmals 60 Euro pro Nase. Also Entschuldigung!!! Für uns beide insgesamt fast 300 Euro, um ein paar Steine anzuschauen??? Sorry, das ist es uns nicht wert. Wir wollten uns hier eigentlich die Gegend erlaufen und dabei mal das ein oder andere anschauen. So gucken wir jetzt halt immer von außen und nur die Dinge an, an die wir kostenlos kommen.

Die Welle hier in der Bucht hat sich schließlich auch beruhigt, nachdem ja jetzt der Wind aus Nord bläst und sich hier nichts mehr aufbaut und es war eigentlich ein angenehmes Liegen. Aber wir wollten ja auch mal offiziell einreisen und in Hanga Roa an Land gehen. Also haben wir am nächsten Tag nach Hanga Roa verlegt, am zugewiesenen Ankerplatz den Anker geworfen und wieder per Funk versucht zu klären, was denn jetzt mit der Einreise und der SAG ist. Es ging wieder etwas hin und her mit Spenglisch. Irgendwann wurde ich von einem Mann namens Ednson angeschrieben, der von der maritimen Verwaltung war und er hat für mich alles abgeklärt. Inzwischen hatte ich via WhatsApp auch Kontakt mit dem hiesigen Carabinero, der den Zoll hier vertritt. Ihm habe ich dann unser Zollpapier vom Boot aus Puerto Williams geschickt, somit ist das auch erledigt. (Hier hat auch Raul aus Valdivia etwas mitgeholfen, da ich das Amtsspanisch mal wieder nicht klar verstanden habe. Die reden so gerne außenrum und ich brauche einfache, kurze und klare Sätze…)

Als wir dann schon in der Stadt waren, nachdem Ednson geschrieben hatte, es wäre alles klar und wir dürften an Land, kam dann wieder eine WhatsApp von einer Dame der PDI. Sie macht unsere Einreise gerade online, sie bräuchte nur unsere Dokumente geschickt, dann wäre alles klar und wir können uns gerne frei bewegen. Von der SAG haben wir nie was gehört – stört uns aber auch nicht. Wichtig ist, daß wir offiziell eingereist sind. Wir haben diesmal zwar keinen Stempel im Pass, aber ich habe es schriftlich.

Jetzt bin ich inzwischen im Besitz von 4 WhatsApp-Nummern von Mitarbeitern der Behörden von Rapa Nui – Toll!!!

Ja, unser erster Besuch in Hanga Roa war spannend. Wir wussten ja im Vorfeld, daß die Einfahrt in den Minihafen interessant werden würde, da man hier mit der Welle „reinsurfen“ muß. Als wir uns mit dem Dinghi genähert haben, haben wir erst einmal versucht, zu erkennen, wo man denn eigentlich reinfahren muß. Als wir da so rumgekringelt sind, haben wir schon Pfiffe gehört und es kam dann auch ein Fischerboot herausgefahren, das uns gewunken hat. Auch fuhr gerade ein Tauchschulboot hinein und uns wurde zugewunken, in dieser „Spur“ zu fahren. Jetzt wussten wir, wo es lang geht und wir konnten gut mit der Welle reinfahren. Rein geht ja – aber wie wird das mit raus?

Ja, das hat dann auch geklappt. Da muß man wirklich warten und dem Motor dann die Sporen geben, wenn es von der Welle her passt. Es kommen immer ein paar dicke Dinger hintereinander und dann ist etwas Luft. Dann Gas geben und schauen, daß man über die einlaufenden Wellenberge drüber “hüpft“, bevor die sich brechen und dann wieder Gas bis zum nächsten Wellenberg. Als wir das erste Mal raus gefahren sind, haben sich auch gleich wieder ein paar von den Fischern auf die Mole gestellt und uns zugerufen, wann wir starten sollten – aber das hatten wir dann schon selbst herausgefunden und Jochen hat uns da sehr gut rein- und wieder rausgebracht.

Hanga Roa ist ein nettes Örtchen – voll touristisch natürlich. Unser erster Stopp war auch direkt die Eisdiele am Hafen. Gott, war das köstlich. Sonne, warm und ein Eis. Was gibt es besseres?

Wir haben uns auch gleich mit jemanden aus der örtlichen Tauchschule unterhalten, der uns auf einige Dinge hingewiesen hat wie Essen, Supermarkt, etc. Heute ist ja das Versorgungsschiff da und wird abgeladen, was wir ja von unserem Boot aus schon beobachtet haben. Daher sind jetzt wieder alle Vorräte in den Lagern aufgefüllt und eine gute Zeit, um einkaufen zu gehen, wenn man etwas benötigt. Das Schiff kommt nur einmal im Monat vorbei.

Der Liegeplatz hier in Hanga Roa – naja. Der Anker hält super auf 20 Metern. Aber was für ein Gerolle und Geschaukel. Wir befinden uns ja jetzt auf der Westseite der Insel und da kommt halt die Pazifikwelle an, die sich über laaange Zeit aufbauen kann und hier aufläuft. Wenn dann noch der Wind aus einer anderen Richtung weht und das Schiff daher quer zur Welle steht, ist das sehr unangenehm. Ich habe da bevorzugt wieder einmal am Boden vor unserem Motorraum geschlafen – der tiefste und ruhigste Punkt im Boot.

Wir haben uns dann auch einen Tag einen Leihwagen genommen. Die Idee war eigentlich ein Motorrad, aber das kleinste Auto (4×4) war nur 5 Euro teurer, als ein Motorrad das verfügbar ist. Ja, da nehmen wir doch gleich das bequemere Vehikel; haben so unsere Wäsche in die Wäscherei gefahren und sind einmal komplett um die Insel gefahren und alle Sehenswürdigkeiten (von außen) angesehen.

Am nächsten Tag wollten wir am Morgen noch eine kleine Wanderung zum Vulkankrater in Hanga Roa unternehmen und am Nachmittag auf die Nordseite der Insel verlegen, da am Wochenende starker Südwind ansteht und der Platz hier richtig ungemütlich wird. Leider war an ein Anlanden mit dem Dinghi heute nicht zu denken. Nachdem wir es endlich ins Wasser gebracht hatten – was eine enorme Anstrengung bei den Bedingungen ist – und Richtung Zufahrt gefahren sind, war uns die Brandung dann doch zu heikel. Ich habe mich da verweigert! Reinsurfen wäre ja vielleicht noch gegangen, vielleicht!!!; aber wieder rausfahren? Keine Chance. Also zurück ans Boot, Dinghi hinten anbinden, zum Aufholen viel zu wellig, nix wie Anker hoch und losfahren, um aus diesem Wellenchaos weg zu kommen.

Ich habe dann per Funk mitgeteilt, daß wir verlegen und gerne nach Anakena mit seinem schönen Sandstrand in einer geschützten Bucht im Norden möchten. Nicht möglich! Anakena ist nicht mehr erlaubt. Es gibt neben Hanga Roa nur noch 3 weitere Buchten, in die wir dürfen. Das sind die beiden im Süden und noch La Perouse, eine kleine Fischeransammlung im Nordosten. Also fahren wir nach La Perouse und uns gefällt es hier ausgesprochen gut. Wesentlich ruhigeres Liegen als in Hanga Roa und sehr nette Menschen.

Wir sind ja gleich mal an Land gegangen und haben uns umgeschaut. Im Hafen gleich direkt einem knurrigen Fischer in die Arme gelaufen, der eigentlich sehr nett ist, wie sich später noch herausstellte. (ich verstehe ihn nur leider wieder gar nicht bei seinem Slang). An einem Garten unterhalten wir uns kurz mit Haki und Hannah, die gerade Ihr Feld mit Mais in reiner Handarbeit bestellen. Von Haki bekommen wir dann auch gleich eine kleine Staude Bananen geschenkt. Uns gefällt es hier!!

Am nächsten Tag machen wir uns morgens auf den Weg, wir wollen heute einmal auf den Vulkan im Osten hochlaufen. Zunächst geht es noch die Straße entlang und dann biegen wir ab auf einen Feldweg und querfeldein den Berg hoch. Eine atemberaubende Aussicht von dort oben über die Insel und die Buchten. Auch unsere Dicke ist noch auszumachen in der Entfernung. Rapa Nui ist ja eine sehr öde Insel mit nur wenigen Bäumen und eher niederer Vegetation. Auf dem Weg nach oben finden wir eine Baumgruppe und ich würde gerne eine kurze Rast im Schatten machen. Tja, leider belegt von einer Kuhherde, die uns argwöhnisch beäugen. Die leben hier ja eher wild und sind Menschen nicht gewohnt. Also halten wir uns nicht lange auf und der Weg geht weiter nach oben.

Als wir wieder zurück in La Perouse sind, sitzen dort ein paar Einheimische und trinken ihr Bier und Wein. Wir werden spontan dazu eingeladen und wir setzen uns dazu. Als mir Wein angeboten wird und ich sage, ich müsste erst einmal etwas essen bevor ich mit Wein anfange, kommt Juliana gleich darauf mit einem Teller mit leckerem Thuna-Ceviche, Reis und Salat. Jochen bekommt auch gleich wieder „Medizin“ angeboten, in Form eines Joints, die er dankend ablehnt. So sitzen wir mit den einheimischen Fischern, verstehen nicht viel, da Rapa-Nui-Spanisch schwer zu verstehen ist, haben aber trotzdem Spaß und einen netten Abschluß für diesen Sonntag. So nun kennen wir den knurrigen, netten Arturo auch mit Namen 😊

Inzwischen sind wir auch nicht mehr das einzige Boot hier. Auch das Kriegsschiff und das Versorgungsschiff aus Hanga Roa haben hierher verlegt. Also verkriechen die sich auch vor dem unangenehmen Wetter.

Am nächsten Tag bleiben wir mal schön auf dem Boot, harren des Südwindes, ruhen uns aus und nehmen den Wäschewechsel in Angriff. Wäschewechsel??? Ja, unsere ganzen dicken Winterklamotten können wir ja jetzt endlich aus dem Schrank schaffen und nur noch die leichten Sommersachen herausholen. Da wir die Wäsche, die wir nicht brauchen, in Vakuumbeutel verpacken, räumen wir heute um. Dicke Bekleidung rein in die Beutel, Staubsauger dran und weg in die tiefsten Ecken des Schiffes. Nun ist auch wieder etwas mehr Platz im Kleiderschrank, wenn da nicht so viele dicken Pullover drin sind. Und auch die Daunenjacken sind jetzt aus dem Salon und von den Kleiderhaken verbannt. Ich will jetzt lange, lange Zeit nichts mehr davon brauchen.

Tags darauf wollen wir zum Strand nach Anakena laufen. Einen Teil der Strecke fahren wir als Anhalter auf einem Pick-up mit und laufen dann die Küste entlang, vorbei an einem anderen kleinen Strand, hoch über die Klippen bis rüber nach Anakena. Dort auch ein kurzer Small-Talk mit einer Tauchschule, die dort ins Wasser geht. Ja, normalerweise tauchen sie ja in Hanga Roa – aber da ist jetzt so eine starke Welle, drum sind sie hier. Ach?!?! Jaja, das verstehen wir 😊

an diesen netten Strand auf dem Weg nach Anakena sind wir einen Tag später nochmals mit dem Dinghi gefahren

Der Strand ist heute gut besucht, es sind definitiv mehr Leute da als vor ein paar Tagen, als wir mit dem Auto hier waren. Aber er ist auch toll. Feinster Sand, glasklares Wasser und einem Aussichtspunkt, der den Namen „Mirador Veleros“, also Aussichtspunkt Segelboote heißt…Nur Segelboote gucken darf man hier nicht mehr, es darf ja keines mehr ankern😉

Zum Mittagessen gönnen wir uns einen Restaurantbesuch hier, das haben wir uns jetzt aber mal verdient. Nicht günstig, aber sein Geld definitiv wert. Sehr große Portionen mit sehr gutem Geschmack. Ich hatte ein Thunasteak mit Maracujasauce und rustikalem Kartoffelpüree (Püree mit Zwiebeln u.a. drin) – so was von lecker.

Danach geht es nochmals etwas an den Strand, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen. Diesmal die Straße entlang und es dauert auch nicht lange, bis uns ein Auto mitnimmt und in La Perouse absetzt.

An der Straße nach La Perouse ist einmal eine „Anlage“, in die man ohne irgendetwas reinkommt. Wir waren aber auch die Einzigen dort. Pedroglyphen – in Fels geritzte Bilder

Die nächsten Tage verbringen wir auf dem Boot, erst ist es recht windig, dann nur den ganzen Tag bewölkt. Wir erledigen ein paar Kleinigkeiten am Schiff, ansonsten genießen wir das nichts tun. Eines Morgens klopft es am Boot, einer der Fischer ist zu uns gekommen und schenkt uns einen Teil von seinem Fang. Drei Barracudas und ein Stück vom Lachs sind jetzt unser eigen, Muchas Gracias. Wir machen uns im Anschluss darüber schlau wie es hier mit der Ciguatera aussieht. Das ist ein Gift, das die Fische in sich tragen, für jene ungefährlich, für uns kann es weitreichende Folgen haben, mit der man sehr lange zu kämpfen hat. Aber Rapa Nui ist wohl noch von dem Gift verschont. Es wird eigentlich von den Fischen über die Korallen aufgenommen und ist bei denen am Ende der Nahrungskette in konzentrierter Form enthalten, sprich der Barracuda ist da ein sehr heißer Kandidat, der das Gift enthalten kann. Ja und wenn die Einheimischen den verzehren, können wir das eigentlich auch bedenkenlos tun, ein guter Indikator. Schließlich stellt sich ein Wetterfenster in Aussicht, das uns ermöglicht weiter zu ziehen. Am Samstag fahren wir mit Fred nochmal in den kleinen Fischerhafen mit etwas Proviant im Gepäck, mal schauen ob unsere Fischer anzutreffen sind um sich von jenen zu verabschieden. Sie sitzen schon einträglich beieinander und genießen ihr Wochenende, wir setzen uns dazu und feiern etwas mit. Am späten Nachmittag kommt dann der Abschied und wir ziehen uns auf das Boot zurück. Da die letzten 2 Tage Flaute war, könne wir uns wieder nach Hanga Roa verlegen, die Welle die sich auf der Südseite aufgebaut hatte, von der wir hier überhaupt nichts merken, sollte sich wieder gelegt haben. Wir müssen die ersten Vorbereitungen treffen und die Abfahrt organisieren. So wird schließlich mit den Behörden ein Termin vereinbart, denn die wollen nochmal auf´s Boot kommen um es zu inspizieren. Bis wir dann den Anker auf unserer alten Position fallen lassen ist es Sonntag Mittag, genau richtig um das Endspiel um die Basketball- Europameisterschaft zu schauen. Wir fiebern eifrig mit und bejubeln schließlich unsere deutsche Mannschaft als neue Europameister. Im Anschluss geht es nochmal auf Landgang um den Einkauf im Supermarkt zu erledigen, was gemacht ist, ist gemacht. Am Montag früh dann nochmals an Land für den örtlichen Markt, hier versorgen wir uns dann mit Obst und Gemüse. Kaum zurück am Boot macht sich Jochen auch gleich auf, um die Behörden im Hafen abzuholen, ihr Boot funktioniert im Moment nicht. Der Papierkram wird noch an Land erledigt, bevor es mit drei weiteren Personen zurück zur Josa geht. Mit insgesamt vier erwachsenen Personen kommt Fred natürlich nicht ins Gleiten, die Überfahrt dauert dann halt etwas länger, aber da die Bedingungen ruhig sind, ist das auch kein Problem. Einem der drei ist das übersteigen wohl nicht ganz geheuer, er bleibt im Beiboot sitzen. Mit einem der anderen beiden unterhält sich Jochen im Cockpit sitzend über unsere Reise, der Dritte ist mit mir unter Deck und checkt eigentlich nur unsere Medikamente, die wir dabeihaben, das wars. Wahrscheinlich wollten sie nur mal wieder aus dem Büro raus. Dann bringt Jochen die Jungs wieder zurück an Land und holt mich anschließend ab, wir wollen nochmal an Land und uns die Beine vertreten, bevor wir wieder ans Boot gefesselt sind. Wir beschließen noch unser letztes Bargeld in ein Stück Kuchen zum Mittag und für den Nachmittag in einem Restaurant umzusetzen. Gegen 18 bis 20 Uhr soll dann der Wind einsetzen, mit dem wir dann unsere Reise fortsetzen wollen. Als wir gegen 17 Uhr unseren Tisch verlassen sind auch schon die ersten Anzeichen zu spüren – das ist Timing. Zurück am Boot muss „nur noch“ der Außenborder und Fred seefest verstaut werden, immer wieder eine aufwendige Aktion. Und so verlassen wir nun endgültig Chile!

Adios Chile, Adios Rapa Nui

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Pazifik: Überfahrt nach Rapa Nui- Osterinsel

Nachdem wir auf der Robinsoninsel ja noch ein kleines Wetter abwarten, entwickelt sich unser Bojenplatz zu einem kleinen Rodeoritt. Obwohl wir auf der windgeschützten Seite der Insel liegen, kommen vom Berg einige Fallwinde, die uns treffen und der Pazifikschwell scheint auch um die Insel in die Bucht zu laufen; einer der rolligsten Plätze, die wir auf unserer bisherigen Reise hatten. Um dem Besuch noch etwas Gutes zu geben: seit der Ankunft ist das Thema mit Kondenswasser durch. Die Wassertemperatur liegt mittlerweile bei 15° und die Luft ist auch entsprechend wärmer. Unser täglicher Kampf in den letzten 9 Monate hat sich jetzt wieder zum Positiven gewendet. Am Montag zur Mittagszeit schmeißen wir die Leine mit dem Ziel Rapa Nui los, noch ein kleiner Schwenk an Ulf´s Farvel vorbei, ein letzter Gruß und unsere Wege trennen sich nach über 6 Monaten zusammen unterwegs sein wieder. Ulf fährt zurück zur Küste und dann nordwärts nach Panama.

ein letzter Blick zurück auf die Robinsoninsel

Der Start war dann auch recht gut, aus dem Windschatten der Insel raus und wir konnten die Segel setzen, wobei es war nur eines war, die Genua. Für die Nacht sollte der Wind erst einmal wieder nachlassen und unser Motor müsste die Arbeit übernehmen, so ist es dann auch gekommen. Ab dem nächsten Morgen ging es dann schließlich unter Kraft des Windes voran. Dann meldet sich auch wieder mal unsere Angel, Fischalarm. Seit langer Zeit haben wir mal wieder einen am Haken und es ist zugleich unser größter Fang bisher, ein weißer Thun. Der wird dann auch gleich filetiert und ab in die Kühlung damit, ein erster Happen wird spontan zum Abendessen serviert. Ab Tag drei sollten uns die Ausläufer von einem Starkwindfeld treffen, bei der Wetterkontrolle stellt sich dann heraus, daß dieses seine Zugbahn ändert, zu unseren Ungunsten. Das werden wohl ein bisschen mehr als nur Ausläufer werden, das Zentrum erreicht uns dann wohl aber doch nicht. Die Aussichten: 40 Knoten Wind und Wellen bis 6 m bei nur 11 Sekunden Periode, keine schönen Daten. Der Wind macht uns da keine Sorgen, das kann man gut händeln, aber die Welle. Das wird wohl das Ungemütlichste seit unserem Start in Deutschland. Die Vorbereitungen dazu starten dann auch. Sabine kocht schon mal was zum Essen vor, an und unter Deck wird noch alles verstaut und verzurrt was geht. Vorsorglich setzten wir auch unser Kutterstag mit seinem Sturmsegel, besser haben als nicht. Bis dahin ist der Wind recht wechselhaft und eher schwach, wir dümpeln so vor uns hin und den angedachten Kurs können wir auch nicht halten, da kommt genau der Wind her. So fahren wir statt einen Nordwestkurs, einen Nordkurs. Erst einmal nicht so schlimm, aber um dem Windfeld wenigstens ein bisschen zu entfliehen, kontraproduktiv. Letztendlich warten wir auf den Wind und den damit einher kommenden Dreher. Der Wind fällt zusammen, jetzt ist es soweit. Keine 30 Sekunden später setzt der Wind ein, um 90° gedreht und mit 30 kn gleich recht ordentlich. Dieser beruhigt sich jedoch noch einer halben Stunde wieder und weht mit konstanten 20 kn, perfekt. Endlich können wir Kurs anlegen und kommen ordentlich vorwärts. Natürlich wird der Wind dann auch nach und nach immer kräftiger, wir passen unsere Segelfläche entsprechend an, alles läuft gut. Mit fortschreitender Zeit baut sich dann auch allmählich die Welle auf. Wir schaukeln uns so langsam ein, unsere „Dicke“ zeigt uns, für was sie gebaut worden ist. So zieht sie souverän ihre Bahn über und durch die Wellenberge. Verfluche ich doch bei dem ein oder anderen Hafenmanöver die vielen Pfunde die sie hat, freue ich mich jetzt umso mehr über jedes einzelne. Wir haben ganze 7 Tonnen Ballast im Kiel, mehr als viele Boote insgesamt wiegen und genau das ist es, was sie so geschmeidig ihren Weg bahnen lässt, auch wenn noch ein paar weitere Faktoren hier mit einwirken. Mit einem der neueren GFK-Boote wäre es wahrscheinlich eine Tortour, das hat sich schon bei einigen Charterbooten, die wir hatten, gezeigt und uns gelangt. Unsere „Moni“, die Windsteueranlage, gibt auch ihr Bestes. Bringt sie uns doch unbeirrt und zielgenau genau dahin, wie wir es wünschen, braucht keinen Strom und arbeitet 24 Stunden ohne zu meckern. Selbst als die 6 m Wellenhöhe und in Spitze 40kn Wind erreicht sind (jetzt stimmen auch mal die Vorhersagen), läuft alles gut, ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Was aber nicht heißt, daß es ein Sonntagsausflug ist. Jeder Schritt und Handgriff müssen wohl bedacht sein und der Spruch „immer eine Hand am Schiff“, zählt umso mehr. Jeder Toilettengang wird wohl überlegt und bringt die ein oder andere Herausforderung mit sich. Bei diesen Bedingungen schafft es Sabine auch immer wieder etwas Essbares zu richten, eine Aufgabe, die mal besonderer Erwähnung wert ist und vor der man den Hut ziehen muss. Es ist ja auch nicht so, das es nur jetzt der Fall ist, der Zustand ist ja ein Dauerzustand, mal mehr, mal weniger heftig. Manchmal fragt man sich dann doch, wieso tue ich mir das überhaupt an. Es könnte so schön und einfach sein, Hotel, Strand und Meer. Stimmt, da war ja was…  

ein weißer Tunfisch

Nach 24 Stunden mit Windstärken um die 35kn lässt der Wind auch langsam nach und bleibt dann zum Glück mit 20kn noch recht stabil erhalten. In der Nacht dann ein immer wiederkehrendes und nicht zuzuordnendes Geräusch. So geht’s um 1 Uhr in der Früh in voller Montur auf das Vorschiff, natürlich gesichert, um nach dem Rechten zu sehen, nichts Auffälliges zu erkennen, da muss ich nochmal bei Tageslicht nachschauen. Zum Glück kommt während dieser Zeit kein Brecher über das Schiff, so komme ich wieder trocken ins Cockpit zurück. Wieder alles ausziehen und versuchen noch etwas zu schlafen.

Bis sich die Welle letztendlich auf ein angenehmes Maß abgebaut hat dauert es weitere 36 Stunden. So können wir noch weiter unter Segel unsere Bahn ziehen. Das gute an diesem Windfeld ist außerdem, daß es von einem Hochdruckgebiet stammt, so bleibt es meist sonnig und trocken.

Irgendwann ist Wind und Welle dann so weit stabil bzw. abgeklungen, daß wir auch unser Großsegel mit zur Genua setzen, aber nicht bevor das Sturmsegel wieder verstaut worden ist. So geht es jetzt mit etwas mehr Tempo unserem Ziel entgegen. Leider tun wir uns beide etwas schwer in einen Rhythmus zu kommen, die ungewohnten Schlaf- und Essenszeiten zollen ihren Tribut. Uns geht es nicht wirklich schlecht, gut ist aber auch etwas anderes. So kommt es dazu, daß ein Großteil von unserem Fisch über Bord gehen muss, leider. Wir finden keine Möglichkeit ihn zu verzehren oder zu verarbeiten, die Option der Tiefkühlung haben wir aktuell nicht. Unsere Kühlbox die das könnte, ist voll mit Gegenständen die nur Kühl gelagert werden. Sämtlich Einmachgläser sind voll, da muss erst einiges verbraucht werden. Da werden wir uns nochmal schlau machen müssen, was für Optionen beim nächsten Fang zur Verfügung stehen. So vergehen die nächsten Tage ohne weitere Vorkommnisse, die Aussichten bleiben erst einmal stabil. Wir kreuzen vor dem Wind, um im für uns passenden Windfeld zu bleiben, müssen so ganz nebenbei einer Fischfangflotte großräumig ausweichen, die wir auf Marinetraffic sehen, aber sonst. Ach ja, eine kleine Gruppe von Delphinen hat uns mal kurz besucht, natürlich als wir gerade an Deck mit dem Sturmsegel beschäftigt waren, ansonsten hätten wir sie vielleicht auch gar nicht bemerkt – und ein einziges weiteres Schiff, das wir über AIS gesehen haben, für visuell war es zu weit weg.

Nach 8 Tagen haben wir dann schließlich Bergfest, wir haben nun seit der Robinsoninsel 1000sm im Kielwasser und noch Luftlinie 850sm vor uns. Wenn die Fangflotte uns nicht noch um einen weiteren Bogen zwingt oder das Wetter uns nochmals einen anderen Kurs vorgibt, sollten wir die Hälfte geschafft haben. Am weiteren Tagesverlauf steht noch ein Wechsel der Windsysteme an, wir müssen von einem Hochdruckgebiet in das nächste wechseln. Das bringt immer etwas Wetterküche mit sich. Von wechselnden Winden in Richtung und Stärke soll es auch einmal Regen geben, der uns von der Salzkruste auf dem Boot befreit. So sind dann Winddreher um 90° zu bewerkstelligen und Böen die mal 3Bft über den herrschenden Verhältnissen sind, bevor ein großes Flautenloch kommt, in dem wir nur noch unter Maschine voran kommen, um dieses zu überbrücken. Bei einem der Winddrehern, bei denen wir eine Halse fahren, stelle ich auf einmal fest, daß der Baumniederholer nur noch lose am Baum hängt, da ist wohl was kaputt gegangen. Natürlich wieder in der Nacht, im Dunkeln. Das Problem ist schnell ausgemacht und auch mit Bordmitteln recht einfach zu erledigen. Nur im Dunkeln auf Deck rumturnen mit der Stirnlampe und Werkzeug/ Material ausgerüstet, nochmal eine extra Herausforderung. So geht es später eben durch besagtes Flautengebiet in dem ich am Überlegen bin, unser bis dahin im 2. Reff gefahrenes Großsegel für die spätere Fahrt etwas mehr Tuch zu geben und in Reff 1 zu gehen, es sind ja gerade etwas ruhigere Verhältnisse. Sabine schläft gerade und ich verkneife es mir, was sich kurze Zeit später als Glücksfall herausstellt. Sind in der Flaut gerade nur 4 Knoten Wind, begrüßt uns das neue Hochdruckgebiet binnen Sekunden wieder mit einem starken Winddreher, wenn man von Wind überhaupt sprechen kann bei 4kn zuvor, und einer Windzunahme auf 35kn, mal eben Windstärke 8Bft (erwähnte ich schon, daß es wieder mal mitten in der Nacht ist?!). So ist der Kampf mit etwas weniger Segel dann doch etwas einfacher, das Boot auf den richtigen Kurs zu halten. Nach etwa einer halben Stunde beruhigt sich das ganze schließlich auch wieder und pendelt sich um die 25kn aus Süd ein, immer noch mehr als ausreichend. So kommen wir zügig weiter durch die Dunkelheit und können endlich wieder mal direkten Kurs auf Rapa Nui, unserem Ziel, nehmen. Dieses Hoch sollte uns die nächsten Tage erhalten bleiben, bis es wohl kurz vor dem Ziel nochmal gegen ein anderes getauscht werden muss. Ich hoffe schon jetzt insgeheim, daß es uns der Wechsel nicht wieder 24 Stunden auf Trab hält.

so sehen Winddreher (links) und Windzunahmen (rechts) auf den Instrumenten aus

Zwischenzeitlich kommen wir an der Fangflotte vorbei – ein paar Signale auf dem AIS-System, mehr zu sehen gibt es nicht. Diese Fangflotten sind schon gigantisch aufgezogen. Da gibt es ein großes Mutterschiff, das den Fang der etwas kleineren Fischerboote aufnimmt und noch mit einem Helicopter ausgestattet ist, um aus der Luft die Fischschwärme auszumachen und eben die Fischerboote entsprechend leitet. Die Netzbojen sind dann mit AIS-Sendern ausgestattet, die wohl zusätzlich auch noch deren Füllstände übermitteln. Und zu guter Letzt kommt noch ein Tankschiff vorbei, das die Flotte mit Treibstoff versorgt. Kein Wunder, daß unsere Meere immer mehr überfischt werden. Mit etwas Abstand tauchen dann weitere Signale auf; ein paar Einzelne, die etwas außerhalb der Meute unterwegs sind, fischen hier. Wir können problemlos zwischen den Bojen durchfahren und sehen in der Nacht auch am Horizont einen Lichtschein der hellauf beleuchteten Boote.

Die Welle hier auf dem südlichen Pazifik bleibt leider unangenehm, was freue ich mich in den Passatgürtel zu kommen. Eine Windrichtung gleich einer Wellenrichtung. Aber bis dahin wird es noch sehr lange dauern, da er erst so auf dem 16ten bis 17ten Breitengrad einsetzt, im Moment bewegen wir uns auf dem 27ten.

An Tag 13 steht dann der besagte zweite Frontenwechsel auf dem Programm. Laut dem letzten Wetterbericht sollten wir Glück haben und soweit überhaupt ohne Flautenloch durch kommen. Wie beim letzten auch, verabschiedet sich auch dieses nochmal mit ordentlichen Böen. Der Wind schläft ein, dreht um 180° und legt gleich wieder ordentlich vor, alles wie schon mal, nur eben ohne Flaute. Doch nach einer halben Stunde schläft der Wind wieder ein. Soweit, daß sogar die Maschine angeschmissen wird und die Segel geborgen werden müssen, komisch. Bis wir den nächsten Wetterbericht einsehen können dauert es etwas, Starlink baut irgendwie keine Verbindung auf. Bei diesem Gerolle auch kein Wunder, viel Welle und kein Wind in den Segeln, die das Ganze etwas stabilisieren würden. Bis es dann endlich soweit ist, sehen wir uns am Beginn einer großen Flaute stehen, so schnell kann es sich ändern mit dem Wetterbericht hier. Bis die Maschine wieder zur Ruhe kommt vergehen schließlich 6 Stunden, in der ich auch wieder einmal unseren Wasservorrat etwas aufbessere, in dem ich unseren Wassermacher aktiviere. Der Vorteil dieser Flaute ist schließlich auch, das sich gaaanz laaangsam die Welle beruhigt und als der Wind dann schließlich mit einer leichten Brise einsetzt, diese auch genutzt werden kann. So geht es dann langsam, aber immerhin unter Segel, dem Ziel entgegen. Nach den letzten Tagen in denen wir immer ein Etmal von über 150sm hatten, war schon die Befürchtung wieder mitten in der Nacht bzw. in den frühen Morgenstunden anzukommen. Dies hatte sich jetzt von selbst erledigt. Die Gefahr besteht im Moment eher, das wir erst am Folgeabend ankommen, auch wieder im Dunkel. Aber da hoffe ich noch, daß der Wind wieder etwas zulegt, dann sollte es bei Tageslicht klappen. Letztendlich sind wir gegen 13 Uhr Ortszeit angekommen, ohne weitere Vorkommnisse. Noch eben über Funk bei den Behörden melden, was sich als etwas schwierig herausstellt. Unser Gegenüber kann kein Englisch und wenn er in Spanisch redet, versteht ihn Sabine nicht. Zu schnell und über Funk auch zu undeutlich. Nach kurzer Wartezeit kommt noch eine 3te Person an einem anderen Funkgerät mit über den Äther, der zwischen uns und dem Offiziellen dolmetscht. Es war dann so, daß wohl die Kollegen schon in der Bucht standen, die wir mit unserem Fred besuchen sollten, um unsere Papiere zu zeigen. Wir lehnten dies aber ab, da uns die Bedingungen mit Welle und Brandung zu rau waren. Da hätten wir Fred erstmal bei dem Geschaukel startklar machen müssen und noch dazu den großen Außenborder anbauen, nein Danke. Schließlich haben wir uns dann darauf geeinigt, uns zu melden, wenn die Bedingungen für uns passen, die Kollegen würden dann halt wieder kommen. Alles sehr nett und freundlich. So, jetzt haben wir auch genügend Zeit erst einmal richtig anzukommen, morgen sollten die Bedingungen besser werden.

Hier noch ein paar Zahlen für die Statistik zum Tripp: von der Robinson Insel bis zu unserem Ankerplatz waren wir 1945 sm Nonstop unterwegs und das Ganze hat genau 339 Stunden gedauert, sind dann 14 Tage und 3 Stunden. Macht ein Etmal von 138sm im Schnitt, wobei der niedrigste bei 107 und der höchste bei 156sm lag. Wir waren ca. 11 Stunden unter Motorkraft unterwegs, der Rest alles unter Segel. Nicht schlecht für uns.

Und nun will auch Sabinchen noch ein paar Gedanken mit einwerfen:

Es ist Montag morgen, der 1.9. gegen 8 Uhr. Der Skipper horcht noch an seiner Matratze und ich sitze im Cockpit, als an Steuerbord die ersten Schemen einer Erhebung auszumachen sind. Wir haben die Osterinsel vor dem Bug. Kann ich Euch beschreiben, wie sich das anfühlt?

Es ist ein Gefühl aus Stolz „chaka, ich habe Land gefunden“, „wir haben alles gemeistert“ und „Gott sei Dank ist das Elend vorbei“.

Was meine ich damit? Früher habe ich immer gesagt „Blauwassersegeln ist toll. Kein Land, nur Meer und diese Ruhe“. Gut, ich hatte am Anfang immer mal einen Tag Seekrankheit. Aber das legte sich nach dem einschaukeln und ich hatte keine Probleme mehr. Aber jetzt? Nun, jetzt bin ich in der hormonellen „Zwischenphase“ im Leben einer Frau und mein Körper, vor allem mein Magen-Darm-Trakt lehnt das permanente Durchruckeln und den Schlafmangel irgendwie ab. Ich bin nicht Seekrank, habe aber ein permanent flaues Gefühl und Magen und Darm drehen total durch.  Dies beginnt meist ab Tag 4 und zieht sich so durch. Bei starkem Seegang geht es mir sogar besser als bei diesem leichten hin- und hergerolle. Die Welle mit 6 Meter und entsprechendem Wind hat mir überhaupt nichts ausgemacht. Daher sind längere Passagen wie jetzt die 14 Tage ein Graus für mich und so sind meine Gefühle beim Land finden, extrem toll.

Jetzt kann ich auch Johannes verstehen, der nach unserem Überführungstörn von Griechenland nach Kiel feststellte „Blauwasser ist nix für mich, ich bleib beim Buchtenhopping“, da er sich auch permanent müde fühlte und nicht schlafen konnte.

Und sonst so? Na, wenn nicht gerade starker Wind und Welle einen beschäftigen, ist es doch eher langweilig.  Man kann nicht viel tun, da arbeiten unter Deck beim dem Gerolle eher kontraproduktiv für den Körper ist. Alleine das Kochen ist schon anstrengend, da man die Schiffsbewegung ja ausgleichen muss. Dazu kommt der Bewegungsmangel – ich hatte mir vorgenommen, jeden Tag Gymnastik zu machen. Aber auch das lässt man bleiben bei ständiger Bewegung des Schiffes in allen Richtungen. Da ist festhalten angesagt. Also sitzt man im Cockpit, stiert vor sich hin und langweilt sich einfach. So, nun wisst ihr, daß ich mich wie Schnitzel freue, Land zu sehen. Juhu: Iorana RAPA NUI.

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Pazifik wir kommen

Es ist definitiv Murphy’s Gesetz, daß nie etwas so läuft wie von uns so schön geplant.

Plan A: wir machen am Montagmorgen die Behördengänge, fahren am Nach-mittag noch raus in die Bucht, ankern dort, ich koche vor und wir fahren Dienstagmorgen gut ausgeruht los. Der erste Teil mit den Behörden funktionierte noch. Dann kam aber die Ansage, daß der Hafen bis 24 Uhr gesperrt ist wegen dem Wetter. Wir dürfen die Marina nicht verlassen. Außerdem käme die Armada noch auf das Boot zum Sicherheitscheck. Am Dienstag um 14 Uhr.

Plan B: gut, dann kann ich Dienstagmorgen vorkochen, und wir kommen gegen 15 Uhr raus.

Wer um 14 Uhr nicht da war, war die Armada. Dafür 2 Personen vom Zoll zum Tschüss sagen. Raul hat dann ab 15.30 Uhr das Telefonieren begonnen. Natürlich erst ewig bandansagen, bis er jemanden erreicht hat. Die wußten von nix. Die Dame im Office hat keinen Vorgang an die „Operation“ gemeldet. Aber uns eine Zarpe für Montag ausgestellt….

Bis die Truppe dann da war, war es 16 Uhr. Sehr nette, liebe Menschen. Eine neue Zarpe für Dienstag ausgestellt, weil die für Montag ja falsch ist, Eintrag ins Departure-Buch, keine Inspektion, eine Umarmung und schon fertig.

Nochmals eine dicke Umarmung für Raul und los geht es. Wir haben Ebbstrom, also schiebt uns dieser schön mit und wir kommen rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit aus der Flusslandschaft und können, etwas später, zugleich unseren ersten Sonnenuntergang bestaunen. In der ruhigen Bucht setzen wir noch das Großsegel, als es auch schon etwas ruppig wird. 3 Knoten Ebbstrom gegen auflaufende Dünung und Wind. Was gibt das? Kabbelige See, Wellenstampfen der Extraklasse. Aber das dauert nicht lange an und es beruhigt sich wieder, als der Ebbstrom seine Wirkung verliert. Wir hatten gleich mal vorsorglich ein paar Tabletten gegen Seekrankheit eingeworfen, die letzten Wellen auf dem Boot sind schon eine Weile her und sicher ist sicher. Zunächst fahren wir noch unter Motor, weil der Wind einfach zu schwach ist. In der Nacht können wir diesen aber abstellen und uns vom inzwischen eingetroffen Südwind schieben lassen. Zunächst noch sehr gemächlich mit 3- 4 Knoten Fahrt und gelegentlichem Segelschlagen, später aber dann machen wir gut Fahrt und rauschen mit 7- 8 Knoten dahin. So kann es weitergehen. Nix los auf dem Pazifik, lediglich 2 Schiffe sind in dieser ersten Nacht auszumachen. Ansonsten Sternenklar, der Mond geht erst nach Mitternacht auf, bis dahin kann man trotz der Lichtverschmutzung vom Land doch schon einiges sehen.

das letzte mal Festland im Blick für sehr lange Zeit

Tag 2 Mittwoch, 13.08.

Die Rauschefahrt geht weiter und wir reiten auf den Wellen. In den ersten 24 Stunden haben wir ein Etmal von 138 sm erreicht. Nicht schlecht, dafür daß wir mit Motor gestartet sind und mit 120 sm kalkulieren. So kann es bleiben.

Wir wackeln uns durch den Tag und durch die Nacht. Manchmal nimmt der Wind etwas ab, dann Rollen wir wieder mehr durch die Wellen und die Genua fängt das Schlagen an. Schließlich fahren wir etwas mehr in den Wind, um das zu vermeiden und ändern es wieder, wenn der Wind wieder zulegt. Kurz vor Sonnenuntergang haben wir einen Biss an der Angel. Wir bereiten uns vor und Jochen fängt an, die Leine einzuholen. Da zieht etwas ordentlich oder liegt es an unserer Geschwindigkeit? Nichts desto Trotz, leider befreit sich der Fisch wieder und der frische Fisch für die Kombüse muss noch etwas warten. Sonst keinerlei Vorkommnisse oder Schiffssichtungen. Einmal kurz Starlink anwerfen, Geburtstagsgrüße nach Deutschland versenden, Wetter checken und das war es dann für heute. Die Nacht ist wieder klar, diesmal schon weitgehend ohne Lichteinfluss von der Küste und so ist der Sternenhimmel zu bestaunen, der Mond kommt erst wieder nach Mitternacht und fängt an das Wasser in eine Spiegelfläche zu verwandeln.

Ich lege mich ins Bett, löse den Skipper um 0 Uhr ab und ein neuer Tag kann kommen.

das weite Blau

Tag 3 Donnerstag , 14.08.

Nachdem Jochen mich um 6 Uhr abgelöst hat, lege ich mich nochmals auf´s Ohr. Beim Aufstehen erwartet mich schon strahlender Sonnenschein und ein Skipper, der freudig sagt, daß wir etwas arbeiten könnten??? Ach so, er will eine Halse fahren, um einen besseren Kurswinkel zu fahren. Wenn es mehr nicht ist. So sitze ich jetzt im Cockpit, fange das erste Mal seit langem das Schwitzen an, starre ins Blau während der Skipper Schlaf nachholt.

Bei der Halse stellten wir fest das die Schotwinsch sehr schwergängig geht, nach einer weiteren Halse und damit nicht mehr im Gebrauch, wird diese abgebaut und zerlegt. Durch den vielen Nichtgebrauch und etwas eindringendem Wasser waren die Gleitflächen korrodiert. Einmal gereinigt und gefettet läufts jetzt wieder. Etmal heute 139 sm

Dasselbe Prozedere wie sonst auch: nach dem Essen gehe ich ins Bettchen und löse den Skipper später wieder ab. Meine Schicht war sehr unleidlich und ich hatte gut zu tun. Der Wind schlief ein, so daß beide Segel das Schlagen anfangen. Wie üblich habe ich mir das eine Zeitlang angehört, vielleicht ist es ja nur eine Verschnaufpause. Nachdem diese aber nicht aufhörte, habe ich den Motor gestartet, die Genua eingeholt und das bislang ausgebaumte Großsegel in die Mittelstellung gebracht. Eine Stunde später das Ganze wieder zurück, der Wind ist wieder da. Genua raus, Großsegel mit Bullenstander ausbaumen, Motor aus. So, diese beiden Vorgänge wiederholen wir eine Stunde später nochmal.

dem Skipper war sowieso gerade langweilig 😉

Tag 4 Freitag, 15.08.

Als ich Jochen gegen 7.30 Uhr wecke, um ihn zum Wachwechsel zu animieren, hat sich der Wind wieder gefangen und während ich nach dem frühstücken nochmals an der Matratze horche, kann Jochen wieder mit 7 Knoten gut Fahrt machen. Doch leider schläft der Wind wieder mal ein und fängt auch noch an, sich hin und her zu drehen. Also fahren wir Halsen, holen die Genua runter, wieder hoch. Jochen überlegt dann schon, ob wir den Spibaum anbringen und die Genua damit ausbaumen – möchte ich jetzt eigentlich nicht; auf dem Vordeck bei der Welle rumturnen, um vielleicht ein besseres Ergebnis zu erzielen. Irgendwann ist uns das Geschlage zu nervig und beide Segel werden eingeholt und der Motor angeworfen. Laut Wetterbericht soll später wieder Wind kommen….

Er kam dann auch, aber auch nur gering, so daß wir jetzt nur mit Genua fahren. Die steht ohne Großsegel einigermaßen gut und wir kommen auch voran. Zwar nicht so schnell wie mit beiden Segeln, aber dafür ohne nervenaufreibenden Getose unseres Großsegels mit seinen Segellatten. Der Wind hält dann auch länger an wie gedacht und wir können bis in die Morgenstunden langsam aber stetig Strecke machen. Irgendwann in der Nacht wirft Jochen den Motor an und nutzt die Zeit zusätzlich, um nochmals Trinkwasser zu produzieren.

Etmal 123 sm, also unser üblicher Schnitt

Tag 5 Samstag 16.08.

Um 6.30 Uhr löse ich Jochen ab und er geht nochmals ins Bett. Als dann der Morgen graut, kann ich auch schon schemenhaft unter den Wolken eine Erhebung ausmachen. Land in Sicht! So langsam nähern wir uns an und aus dem Schemen werden klarere Konturen. Leider ist es sehr bewölkt und grau in grau, aber es ist trocken und nicht kalt. Anscheinend haben wir es jetzt wirklich geschafft, aus diesem Dauerregen herauszukommen. Die gesamte Überfahrt sind wir trocken geblieben und haben nicht wirklich stark gefroren. Es wird. Gegen 8 Uhr höre ich nun auch wieder Funkverkehr auf Kanal 16, die gesamte Strecke seit Valdivia war hier überhaupt nichts zu hören.

Land in Sicht

Und nun einmal eine kleine Abhandlung zur Robinson Crusoe Insel, da die so ja eigentlich kein Mensch kennt, außer aus dem Roman Robinson Crusoe:

Diese Insel gehört heute zu Chile und wurde im 16 Jahrhundert von spanischen Seefahrer Juan Fernandez entdeckt. Im 17. Jahrhundert war sie ein berüchtigter Piratenunterschlupf und wurde von den Briten besucht. Der Matrose Alexander Selkirk wurde hier auf der Insel von seinem Schiff ausgesetzt und kehrte erst nach über 4 Jahren nach London zurück. Die Erzählungen von Selkirk inspirierten den Schriftsteller Daniel Defoe zu seinem berühmten Roman.

Heute gibt es auf der Insel nur einen einzigen Ort, einen kleinen Flugplatz und nur unbefestigte Wege. Das beste Transportmittel ist heute noch das Boot, um einzelne Plätze zu erreichen. Die Insel ist touristisch erschlossen, ist sie doch ein Naturparadies, in der man tauchen, schnorcheln, wandern und reiten kann. Es gibt zahlreiche endemische Pflanzenarten, sowohl über als auch unter Wasser.

In der Bucht Cumberland liegt das deutsche Kriegsschiff „Dresden“, das der Kapitän hier während eines Gefechtes im 1. Weltkrieg mit den britischen Schiffen „Glasgow“ und „Orama“ selbst versenkt hat um es nicht in feindliche Hände zu geben. So, daß musste jetzt mal gesagt werden 🙂

Schließlich melden wir uns kurz vor Erreichen der Bucht selbst über Funk bei der Armada, um unsere Ankunft anzuzeigen. Es werden ein paar Informationen abgefragt und wir sollten auf dem Schiff bleiben bis die Kollegen der SAG (Lebensmittelbehörde) uns besucht haben; kein Problem. So fahren wir in die Bucht ein und legen an einer der freien Bojen an, da der Ankergrund sehr schlecht und tief ist. Für den kommenden auflandigen Wind in der Nacht mit Sicherheit die bessere Wahl. Es kommen auch ein paar Einheimische vorbei und begrüßen uns sogleich. Dann funkt uns die Armada erneut an, wir dürfen nicht an Land kommen. Wir hätten ja schon in Valdivia ausklariert und eine Immigration zum einklarieren gibt es hier nicht.

Wie BITTE???!!!

Wir haben von der Behörde in Valdivia eine Zarpe bekommen mit der Genehmigung für die Insel. In der Vergangenheit war es so, dass Segler, die auf der Durchreise waren, ohne Schwierigkeiten die Insel besuchen konnten, obwohl sie bereits offiziell aus Chile ausgereist waren; wieso wir wieder nicht? Die Beamten vor Ort wechseln hier jedes Quartal, und der jetzige scheint es wohl sehr genau zu nehmen. Von einem weiteren Einheimischen, der vorbeikommt, erfahren wir, daß der Beamte der Armada nur in Valdivia anfragen müsste, um uns den Zutritt an Land zu genehmigen. „Dazu hat er wohl keine Lust“, wie unser Gesprächspartner schmunzelt.

Hilft alles nix, er sitzt am längeren Hebel. So bleiben wir auf unserem Schiff sitzen und planen die Weiterreise auf die wir wohl noch wetterbedingt zwei Tage warten müssen. Jetzt habe ich Euch oben schön was von der Insel erzählt und kann das Ganze leider nicht mit den entsprechenden Fotos unterlegen. Gerne wären wir zur Höhle gewandert, in der die hier angelandeten Schiffbrüchigen etc. Unterschlupf gefunden hatten….

Nun ist Sonntag Abend und wir fahren morgen gegen Mittag los in Richtung Rapa Nui, der Osterinsel. Diese gehört auch noch zu Chile, hat aber zum Glück eine PDI zum Ein- und Ausklarieren. Wir hoffen, daß uns dort das Wetter gut gesonnen ist und wir ruhig ein paar Tage vor Anker liegen können.

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Santiago und Valparaiso

Da sich noch immer kein Wetterfenster aufgetan hatte und Raul für ein paar Tage nach Santiago musste, haben wir uns entschlossen, auch noch etwas im Land zu reisen. Jochen hatte schon Flüge recherchiert, aber wir haben uns dann Raul angeschlossen, um mit dem Nachtbus nach Santiago zu fahren. Dann wollen wir doch mal diese Busse mir ihren Schlafsitzen ausprobieren. Ja, die sind echt bequem und ich Kurzbeiner kann auch voll ausgestreckt waagerecht liegen. Wenn die Straßen etwas besser wären, hätte man auch sicherlich gut geschlafen. Es ist definitiv eine gute Art zu reisen. Man fährt um 21 Uhr ab und kommt (ausgeschlafen) um 7.30 Uhr in 1000 km Entfernung an. Vom hiesigen Busnetz kann sich Deutschland ein Scheibchen abschneiden.  Für diese Fahrt zahlt man zwischen 20 und 40 Euro, je nach Klasse, die man wählt. Die Überlandbusse fahren im Halbstundentakt und es gibt etliche Anbieter für alle Preiskategorien. Flixbus ist hier jetzt auch vertreten. Dies haben wir von Santiago nach Valparaiso ausprobiert.

so großzügig kann Busfahren sein

So sind wir also am Samstagmorgen um 7.30 in Santiago angekommen,  haben uns von Raul verabschiedet und einen Uber zu unserem Hotel mitten in der Stadt genommen. Und wir haben um diese Uhrzeit wirklich schon unsere vorab gebuchten Zimmer bekommen. So konnten wir unser Gepäck loswerden, uns nochmals frisch machen und sind losgezogen, um ein Frühstück zu erstehen. Dieser Tag war noch sehr kalt, wir sind dennoch gleich durch die Stadt marschiert und haben uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten angesehen. Am Abend ging es nur noch schnell bei einem indischen „Straßen „-Restaurant zum Essen und dann: nur noch schlafen.

Am Sonntagmorgen sind wir um 10 Uhr losgezogen. Der Plan war zunächst durch die Stadt und eine große Mall zu schlendern, bis es ab Nachmittag Sonne geben soll, um den Hügel in der Stadt zu erklimmen. Da haben wir wieder mal vergessen, daß ja Sonntags hier auch keine Malls geöffnet sind. Also doch gleich zum Cerro Santa Lucia und diesen besucht. Ein toller Hügel mitten in der Stadt mit alten Fort-Resten, einem Neptunbrunnen und schönen Ecken und Aussichten. Bei unserem Mittagssnack kam dann die Entscheidung, daß wir am Nachmittag eine Free-Walk-Tour mitmachen. Hier würden wir zwar alles schon Gesehene nochmals in 3 Stunden ablaufen, erhalten hierzu aber entsprechende Infos.

Den Zeitraum bis dahin haben wir im Nationalmuseum verbracht – der Eintritt ist kostenlos und dieses liegt genau am Meetingpoint. Auch sehr interessant, aber die meisten Infotafeln (fast alle) sind leider wieder nur auf Spanisch. Das ist mir dann doch zu mühsam, bis ich das alle gelesen und für mich übersetzt habe. Aber sehr sehenswert.

Die Tour war dann auch sehr schön, aber sehr Politik-lastig, da der Guide Hector wohl Politikanalyst oder so etwas ähnliches ist. Er hat die komplette chilenische Entwicklung erklärt mit Spanien/Ureinwohner (Mapuche)/Diktatur/Demokratie etc. Sehr interessant, aber kaum im Gedächtnis zu behalten für längere Zeit. Wir wissen jetzt auf alle Fälle, daß Chile schon viel mitgemacht und erlebt hat. Zum Abschluss seiner Tour waren wir dann nochmals auf dem Cerro Santa Lucia zum Sonnenuntergang. An diesem Tag auch wieder ordentlich Kilometer mit den Beinchen abgespult. Gott war ich froh, als ich diese endlich heiß duschen und dann hochlegen konnte. Nix mehr gewohnt, diese Segler!

Tag 3 – der Montag soll schönstes Wetter bringen. Also geht es zum Cerro San Cristobal mit seiner großen Jungfraustatue auf dem Gipfel. Wir laufen hoch (die Bahnen fahren am Montag eh nicht; es gibt eine Zahnradbahn und eine Seilbahn). Leider hat der japanische Garten am Berg auch geschlossen, aber der botanische hatte geöffnet – kostenlos. Sehr nett angelegt mit den Pflanzen Chiles, aufgeteilt in einen „Nord“- und „Süd“-Teil. Sind halt doch sehr unterschiedliche Vegetationszonen. Hier kann man schön Zeit verbringen evtl. mit einem gemütlichen Picknick und die verschiedenen Pflanzen bestaunen.

Danach noch am historischen Observatorium vorbeigeschaut, dieses hat jedoch nur am Wochenende geöffnet. Schade – aber das wussten wir vorher schon. Am Gipfel dann eine schöne Kirche, die Jungfrau und wieder eine tolle Aussicht auf die umliegenden Andengipfel bei bestem Wetter: T-Shirt!!!!! Der Rückweg führt uns durch das „In-Viertel“ mit wirklich schönen Grafittis, Häusern, Bars und Restaurant.

Jetzt hatten wir alles gesehen, was wir im Vorfeld geplant hatten (arg viel mehr gibt es in Santiago wohl auch nicht zu sehen). Also steht einer Abreise morgen via Flixbus nach  Valparaiso nichts mehr im Weg.

Am Dienstagmorgen beim Frühstück noch geschwind das Hotel gebucht, um dann mit der Metro zum Busterminal zu fahren. Hier am Schalter die Fahrkarte mit nicht mal 4 € pro Nase gekauft und schon sitzen wir 10 Minuten später im Bus. Das nennt man Timing – oder Glück. 4 € für 2 Stunden Bus – was würde das wohl bei uns kosten?

Angekommen in Valparaiso essen wir kurz etwas, um dann mit dem Uber zum Hotel zu fahren. Ein schönes Hotel in einem alten Herrenhaus am Hügel mit toller Aussicht über die Bucht – siehe Fotos. Wie es scheint, sind wir momentan die einzigen Gäste und Christian, der Inhaber ist sehr zuvorkommend und gibt uns gleich Tipps, was sich anzusehen lohnt. Auch weißt er uns darauf hin, daß wir unsere Wertsachen am Körper tragen sollen, keinen Schmuck offen präsentieren und auf unsere Taschen achten müssen. Diese Ratschläge haben wir in Valparaiso insgesamt 4 Mal bekommen. Also scheint es in den Touristenecken doch etwas riskanter zu sein als in unserem verschlafenen Nest Valdivia…. Aber uns ist schon aufgefallen, daß hier sehr viele Bettler und Obdachlose unterwegs sind.

So sind wir dann auch gleich wieder den Hügel hinuntergelaufen und haben uns von den schönen Gebäuden mit den wirklich überragenden Grafitis und Wandmalereien faszinieren lassen. Und prompt: ein deutsches Cafe entdeckt mit seiner Wirtin Marion. Da müssen wir natürlich rein und was war es gut. Marion macht alles selbst, ich konnte einen Mohnkuchen genießen und Jochen einen Erdbeerkuchen!!! Und natürlich konnte ich endlich einmal jemanden in einer verständlichen Art und Weise nach den Lebensmitteln in Chile fragen: wie lange suche ich schon so etwas wie Quark oder Frischkäse a la Philadelphia hier. Nun weiß ich: Quark kennen die hier nicht, auch Molke oder ähnliche Produkte sind ein Graus für Chilenen. Aber einen Frischkäseersatz gibt es und ich konnte ein Foto davon machen. Mal schauen, ob ich den finden werde. Es ist schon merkwürdig, da gibt es so viele Rinder und Rindfleisch, aber gute Milchprodukte gibt es nicht. Selbst der Käse schmeckt für mich alles gleich.

Für den Abend haben wir uns mit Sabine und ihrer Tochter Sasanne zum Essen verabredet. Diese beiden waren im selben Bus von Santiago nach Valparaiso und wir sind beim Aussteigen ins Gespräch gekommen. So haben wir noch einen geselligen Abend verbracht. Wie es der Zufall will, ist Sabine sogar ursprünglich aus Würzburg, also quasi „Nachbar“.

Am nächsten Morgen sind wir nach dem Frühstück auch gleich wieder aufgebrochen und durch die Straßen gezogen. Wir haben eine kleine Bootstour im Hafen gemacht, von wo aus man einen guten Gesamtüberblick über die Stadt hat. Hier haben wir erfahren, daß Valparaiso auf 45 Hügel gebaut ist. OK: ich denke, daß jeder kleine Extrabuckel als separater Hügel gezählt wird. Aber es ist schon unglaublich, wie sich diese Stadt an die Hügel geklebt hat. Und die Straßen, die sich hochwinden, sind teilweise wirklich sehr steil. Nach der Bootstour haben wir die „Metro“ genommen; dies ist eigentlich eher eine Straßenbahn, heißt hier aber stolz Metro. Mit dieser sind wir zum Fischmarkt gefahren und konnten so die imposanten Pelikane aus nächster Nähe bestaunen, die hier zu Dutzenden rumsitzen und wie die Möwen und Seelöwen auf die Abfälle warten. So ein Fischereihafen ist schon bequem, da muß man nicht selbst zum fischen gehen, sondern wartet nur, bis die Fischer mit ihrer Arbeit fertig sind und schon ist man satt….

Nach dem Fischmarkt ging es noch zum Busterminal, um unsere Fahrkarten für den morgigen Tag zurück nach Valdivia zu kaufen. Den Abend haben wir bei einer leckeren Pizza beim Italiener direkt gegenüber unseres Hotels ausklingen lassen. So langsam sind wir doch schon ganz schön geschafft von den vielen Kilometern, die wir die letzten Tage gelaufen sind.

Der letzte Tag in Valparaiso: wir können unser Gepäck im Hotel stehen lassen und wir dürfen am Nachmittag auch gerne nochmals duschen, bevor wir zu unserem Nachtbus aufbrechen. Also sind wir nochmals durch die Straßen gelaufen, die wir bisher noch nicht erkundet haben; sind nochmals zu Marion ins Cafe und haben dort einen Mittagssnack zu uns genommen. Auch hier sind wir wieder auf das Thema Chile und Politik gestossen. Es ist doch faszinierend, wenn man die ganzen verschiedenen Meinungen so hört. Hier ist es momentan so, daß der Präsident nur 4 Jahre regieren darf. Eine Verlängerung ist nicht möglich. Daher wechselt momentan alle 4 Jahre die Regierungspartei…. Die einen finden es gut, die anderen schlecht; wenn wir mit noch 5 Leuten reden, werden wir wohl noch 5 Meinungen hören. Es ist wohl auf der ganzen Welt spannend und chaotisch….

Nach einer letzten guten Dusche und einer Verabschiedung von Christian ging es mitsamt Gepäck zum Abschluß noch zum Haus von Pablo Neruda (Schriftsteller) und in Richtung Busterminal. In das Neruda-Museum sind wir nicht gegangen, so interessant ist das jetzt auch nicht, wie die Wohnung von ihm aussah; das war es uns nicht wert. Das Häuschen war nett mit einem schönen Garten und natürlich Aussicht über die Bucht, Punkt, mehr gibts da nicht zu sagen. Auf dem Weg zum Bus haben wir ein peruanisches Restaurant für das Abendessen ausgewählt und haben dort die letzten Stunden verbracht.

Am Busterminal selbst war sehr viel los, aber unser Bus kam pünktlich und um 9 Uhr saßen wir in unseren Sitzen.

Es liegen 6 sehr schöne Tage hinter uns, die wir mit zum Teil tollsten Sonnenwetter verbracht haben. So aufgeheizt geht es nun wieder in das kühle und regnerische Valdivia zurück, wo wir hoffentlich nun bald die Segel setzen können.

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Valdivia

Jetzt sind wir schon über 5 Wochen hier in Valdivia bei Raul in der Roaring Forties Marina und warten auf ein Wetterfenster. Aber – man hätte es schlechter erwischen können!

Wir fühlen uns hier pudelwohl: die Lage ist einfach fantastisch im Fluß Angachilla mit einer tollen Natur drumherum, keine Lichtverschmutzung, ruhig, kein Wellengeschlage und einem Besitzer, der einfach nur toll ist.

Er hat uns schon mehrfach durch die Gegend gefahren für Besorgungen, stellt Kontakte her und hilft bei allem. Wir haben auch schon mehrfach gemeinsam zu Abend gegessen, hatten ein Barbecue, einen Videoabend mit Pizza und waren auch zusammen bei der Brauereibesichtigung. Was will man mehr? An dieser Stelle schon mal ein ganz Dickes MUCHAS GRACIAS RAÚL!!!

Wir haben zunächst gehofft, zeitnah ein Wetterfenster für unsere Weiterfahrt zu erhalten und haben uns entsprechend zügig mit Diesel und Proviant versorgt. Für die Dieselbesorgung ist Raul mit uns 3 mal in die Stadt gefahren und hatte jedes Mal den Kofferraum mit etlichen Kanistern Diesel voll. Nachdem ich meine Liste für den Proviant zusammengestellt hatte, haben wir beschlossen, daß wir uns hierfür einen Leihwagen nehmen – das wollen wir Raul nicht antun. Als Leihwagen mußte es ein 4-Rad-Antrieb sein, da die Zufahrt zur Marina doch recht steil und „geländig“ ist. Und nun mal zum Thema Proviant – diese Frage wurde mir schon gestellt: wie viel nimmt man da mit?

Ja, das Thema ist ein großes Thema. Im Vorfeld unserer Reise habe ich etliche Blogs und Berichte gelesen, Vorträge angesehen etc. Ich bin ja bekanntermaßen nicht die Premium-Hausfrau, die das alles mit links macht. Der Tipp, der für viele hilfreich ist – „schreibt zu Hause auf, was Ihr so über einen längeren Zeitraum von 4 – 8 Wochen verbraucht und rechnet das dann hoch“ – hilft uns halt so leider gar nicht. Wie soll ich einen Lebensmittelverbrauch aufschreiben, wenn der Herr des Hauses die Woche über auf Montage ist und meine Ernährung dementsprechend „Single-gemäß“ ist. Also eher mal ein Gries- oder Reisbrei, eine gute Suppe (bin ja eh ein Suppenkaspar) oder ein „ich schnorr mich mal irgendwo durch“…

Hatten wir doch schon in Mar del Plata in Argentinien ordentlich Vorräte gebunkert für einen geplanten Zeitraum von 3 Monaten; jetzt sprechen wir aber von 6 Monaten, die wir planen. Auch hatten wir ja in Ushuaia und Puerto Williams immer noch ordentlich nachkaufen können – zwar auch teuerer, aber es ging noch. Da waren wir mal grob gerechnet, maximal 6 Wochen ohne Versorgungsmöglichkeit. Das wird jetzt so die nächste Zeit nicht mehr möglich sein bzw. wollen wir vermeiden, daß wir in Tahiti oder einer anderen Südseeinsel größere Mengen Lebensmittel kaufen müssen – dort ist alles entsprechend richtig teuer. Erst Neuseeland oder Australien würde hier wieder in angemessenen Preisen interessant werden. Auch wollen wir ja nicht unbedingt die großen und überlaufenen Plätze anlaufen, wir möchten auf die kleinen Atolle und Inselchen. Und da gibt es halt nix. Nix zu kaufen und nix an Menschen…

Also habe ich wieder einmal das rechnen und kalkulieren angefangen:

Ich muß jeden 3. Tag ein Brot backen, dafür brauche ich jeweils 700 g Mehl, plus Haferflocken, plus andere Zutaten. Dann gibt es einmal die Woche bestimmt unsere geliebten Pfannkuchen; auch ein Kuchen soll mal drin sein. Also bin ich dann bei etwa 75 kg Mehl angekommen, die ich benötigen werde.

Dasselbe Spiel für Nudeln, Reis und Kartoffeln. Hier bin ich auch davon ausgegangen, daß ich täglich 300 – 400 g benötige (ich habe in Nudelmenge gerechnet). Also haben wir mal eben 25 kg Nudeln, 10 kg Reis, 25 kg Kartoffeln gekauft. Entsprechend auch noch je 15 kg Zwiebeln, Orangen, Äpfel. Alles, was man gut länger lagern kann. Denn das Problem der Lagerung besteht ja auch noch. Momentan ist alles kühl, aber bald wird es wärmer…. Drei Tage lang habe ich eingekocht: 10 Gläser Gulasch, 15 Gläser Hackfleisch-Soße, 15 Gläser Karottensalat, 8 Gläser Apfelbrei. Wer hätte gedacht, daß ich – Sabine Bauer – einmal das einkochen für mich entdecke und anfange??? Und dazu noch Mengen an Dosen von Obst, Gemüse und sonstigem gekauft.  Irgendwann wird uns das Frischzeug ausgehen und wir wollen ja auch etwas Abwechslung haben zu dem Fisch, den wir dann hoffentlich fangen werden.

Alles in allem sind wir 3 mal mit unserem Leihwagen zu den diversen Supermärkten hier gefahren, bis alles auf unserer Dicken war. Uff!!! Und dann das verräumen! Aber, wir haben es geschafft. Jetzt muß nur noch kurz vor Abreise die restliche Frischware eingekauft werden und das, was wir bis dahin wieder aufgebraucht haben. Und dann hoffen wir, daß wir dann mal ein paar Monate ohne größere Ausgaben unterwegs sein werden. Und vielleicht halte ich dann in zwei, drei Jahren Vorträge über das Proviantieren und einkochen und ihr könnt was von mir lernen? Who knows?

So, das war die Abhandlung über das Proviantieren. Wer noch Fragen hat, bitte stellen. Ich schau dann mal, ob ich in der Seglercommunity jemanden finde, der diese fachmännisch beantworten kann 😉

Aber jetzt zurück zu Valdivia:

Unsere Marina liegt ja nicht direkt in Valdivia, sondern etwas außerhalb in einem sogenannten Condomino. Das sind Wohnanlagen mit mehreren Grundstücken, ein kollektives Eigentum. Diese sind mit Zäunen abgegrenzt, haben eine eigene Torzufahrt und meist einen Sicherheitsmitarbeiter am Tor sitzen. So auch bei uns. Diese Wohnanlagen sind hier in Südamerika (wohl auch in den USA) weit verbreitet, auch unsere argentinischen Freunde wohnen in so einer Anlage. In der Anlage selbst sind dann die einzelnen Grundstücke jeweils nochmals mit Zäunen, Toren und Gattern abgegrenzt. Eine eigene kleine Siedlung. Unser Condomino „Ribera del Miraflores“ ist sehr nett und wir müssen bis zum Tor etwa 20 Minuten laufen. Aber direkt vor dem Tor kommt der Bus vorbei, der uns in die Stadt bringt. Wir sind kurz vor der Endstation dieser Buslinie. Auch kommt der Bus hier im 5- bis 10-Minuten-Takt, also super für einen Ausflug in die Stadt. Unsere Buslinie fährt von hier bis in die Stadt, darüber hinaus bis nach Niebla. Wir könnten also für den Preis von ungefähr 0,70 € eine Strecke von etwa 25 km zurücklegen. Von Niebla erzähle ich gleich noch etwas.

Valdivia liegt in einer tollen Gegend und auch die Stadt hat nette Ecken. Man merkt aber nicht, daß man in einer Großstadt ist. Sie hat doch eher den Flair einer Kleinstadt. Valdivia hat Stand 2017 etwa 150.000 Einwohner und wurde ab 1846 stark von deutschen Einwanderern besiedelt und ist daher auch bekannt für die erste Brauerei Chiles (damals Anwandter, heutiger Name Kunstmann Brauerei – siehe weiter unten). Ebenso bekommt man hier leckere Kuchen und Torten, was den deutschen Einwanderern geschuldet ist und uns bereits in Puerto Williams mitgeteilt wurde. 1960 gab es hier ein schweres Erdbeben und ein Tsunami traf die Stadt, was hier sehr viel zerstörte. Sie war eine bedeutende Stadt der Spanier hier am Pazifik und eine Festung im Kampf gegen die Ureinwohner, die Mapuche. Der Zugang zum Pazifik wurde durch diverse Festungen rund um die Bahia Corral verteidigt, wobei es für einlaufende Schiffe eigentlich keinen Korridor gab, in dem es nicht von einer Kanonenkugel erreicht werden konnte. Ein faszinierendes Bollwerk. Wir haben uns die Festung in Niebla angeschaut, als wir noch unsere Leihwagen hatten und mit den Einkäufen fertig waren. Leider war es an diesem Tag sehr neblig und wir konnten nicht weit sehen, so daß wir die Bucht nicht überblicken konnten. Hier sei mal angemerkt, daß Niebla ja auch auf spanisch Nebel heißt….Das Fort selber war jedoch schon beeindruckend. Dies war in den Fels (Sandstein) gebaut, so daß es sehr geschützt war und auch die Pulvervorräte und sonstiges gut gesichert unter Fels gelagert werden konnte. Im Fort selber haben wir Mito getroffen. Mito ist ein Lama, das hier für die Rasenpflege zuständig ist 😊 So etwas könnte ich mir in meinem Garten auch vorstellen.

Wir sind dann mit Raul nochmals hierhergekommen bevor wir zu unserer Brauereibesichtigung gefahren sind. Es war tollstes Wetter, sonnig, blauer Himmel mit Weitsicht. Und? Es war Montag…und Sonntag und Montag ist das Fort geschlossen, wie so viele andere öffentlichen Gebäude hier. Naja – wir sind ja noch etwas da und werden wohl nochmals mit dem Bus kommen. Nachdem wir ja dann noch Zeit hatten bis zu unserer Tour in der Brauerei sind wir dann noch etwas an der Küste entlanggefahren und Raul hat uns seine Lieblingsplätze gezeigt. Wir haben auch versucht, unterwegs an einem Restaurant mit Ausblick einen Kaffee zu trinken. Aber leider – auch noch geschlossen. Also Buchten-Sightseeing und ab zur Brauerei.

Die Kunstmann-Brauerei hat es geschafft, durch gutes Marketing eine Topmarke zu werden (und schmeckt mir außerdem). Und es ist wirklich gut aufgezogen. Die Tour ging vorbei an Hans, dem Maskottchen der Brauerei zuerst in den „Hopfengarten“. Der Hopfen wächst hier eigentlich nicht und wird auch aus Europa und den USA importiert. Lediglich für eine kleine Biersorte wir hier in diesem kleinen Garten etwas Hopfen angebaut. Ein Feld wurde hier mit künstlichem Hopfen angelegt, damit die Menschen auch einmal Hopfen „sehen“ können und wie dieser eigentlich wächst. Was für uns ein typischer Anblick in der Hallertau ist, kennt man hier halt nicht. Im Hopfengarten wurden uns dann alle Zutaten erklärt – von ihrem Rohzustand bis zu dem jeweiligen Einsatzbereich in den Biersorten und die Herstellung des Bieres vom Maischen bis zum Abfüllen. Danach ging es in die Brauerei selbst – zunächst in das Sudhaus (eine Anlage aus Bamberg – viele Grüßen an meine ehemaligen Kollegen in der Brauereitechnik) und dann in die Abfüllerei, wo der „günstigste“ Mitarbeiter schnell die Paletten bestückt.

Während dieser Tour gab es für jeden einen Glaskrug, gefüllt mit leckerem Getränk – in meinem Fall ein unfiltriertes Torobayo – leeecker. Es war eine interessante Tour, auch für mich, die ja schon in einer Brauerei gearbeitet hatte und wußte, wie das Ganze so eigentlich abläuft.

Neben diesen beiden „Ausflügen“ haben wir auch eine kleine Spritztour mit unserem Fred unternommen und sind den Fluß hochgefahren. Auch das hatte Raul uns empfohlen. Der Fluß ist toll und sehr dicht mit Schilf bewachsen. In einem kleinen Seitenarm konnten wir etliche Vögel beobachten und tolle Aufnahmen machen. Raul hat uns auch ein Stück mit seiner Drohne verfolgt und uns ebenfalls tolle Aufnahmen zur Verfügung gestellt.

In Valdivia selbst haben wir den Fischmarkt besucht, haben das Museums-U-Boot „O’Brien“ angeschaut, das von Mitte der 1970er bis Mitte der 2000er in Betrieb war, waren auf dem Wochenmarkt, Cafe trinken und etwas Shopping – von Hosen für Ulf bis zu Papier für uns. Und sicherlich werden wir noch das ein oder andere Mal in die Stadt fahren bis wir wirklich hier wegkommen. Nun dazu. Wegkommen.

Ab jetzt geht es ja dann raus ins Blaue auf den Pazifik. Unser erster Stopp wird das Juan-Fernandez-Archipel sein mit seiner Insel Robinson Crusoe. Diese Inselgruppe liegt von hieraus gesehen nordwestlich. Danach geht es dann schon nach Rapa Nui, der Osterinsel. (die kennt Ihr wahrscheinlich dem Namen nach schon eher).

Nach Robinson Crusoe sind es ungefähr 500 Seemeilen, so daß wir etwa 4 Tage benötigen werden, je nach Wind. Hierfür benötigen wir einen Wind aus südlichen Richtungen, damit wir nicht gegen irgendeine Welle anfahren müssen und wir schönen Vortrieb haben. In der momentanen Jahreszeit Winter ist das halt nicht so der übliche Wind. Die meisten Segler überqueren ab den Monaten September/Oktober diese Passage. Daher müssen wir halt etwas warten, bis sich ein entsprechender Wind einstellt und der lange genug anhält. Und momentan ist es leider eher so, daß ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen auf die chilenische Küste zuhält. Also: warten, Käffchen trinken und noch das ein oder andre erledigen.

So haben wir einen Händler gefunden der unsern „alten“ Außenbordmotor, der gerade erst richtig eingefahren ist, zurücknimmt und uns einen Neuen, mit entsprechendem Aufpreis, überlässt. Den, den wir die ganze Zeit im Einsatz hatten, war einfach zu schwer und hatte zu wenig Leistung, um mit unserem Fred sicher ins Gleiten zu kommen. Dies ist aber in der Südsee unerlässlich, wenn einmal weitere Strecken zurückgelegt werden sollen. So haben wir jetzt einen 2-Takt-Motor, den es bei uns gar nicht mehr zu kaufen gibt; der ist leichter und hat mehr Leistung. (Und die Technik ist nicht so anfällig wie beim 4-Takter). Die erste Testfahrt war dann auch ein voller Erfolg, wir sind sogar mit drei Personen problemlos ins Gleiten gekommen, so haben wir genug Reserve, wenn mal Material transportiert werden muss. Außerdem ist jetzt noch genug Zeit, sich unserem Problem mit dem Autopiloten zu widmen. Der Antrieb komplett zerlegt, jetzt muss nur noch das entsprechende Ersatzteil hier in Valdivia gefunden werden, ein sehr spezielles Lager. Und Tata: gefunden!! Und so ist auch diese Reparatur erledigt.

Wir haben aufgrund des fehlenden Wetterfensters zwischenzeitlich einen Ausflug nach Santiago und Valparaiso gemacht. (Darüber berichten wir im nächsten Beitrag) Diese Städte liegen etwa 1000 km weiter nördlich und sind dadurch schon in der beständigeren Zone. Auf dieser Höhe liegt auch unser erstes angestrebtes Ziel, so daß wir guten Mutes sind, doch endlich die 4 Tage passendes Wetter zu bekommen. Und so wie es ausschaut, werden wir jetzt wirklich schon am morgigen Montag die Gänge zu den Behörden unternehmen, die Marina verlassen und in der Bahia Corral vor Anker gehen, um am Dienstag morgen in See zu stechen. Und wie es der Zufall will, ist morgen der 11. August. An diesem Tag vor genau 2 Jahren sind wir von Hamburg aus in See gestochen.

Wir hören uns dann aus dem großen, weiten Blau – bis dahin könnt Ihr dann erst einmal in unserem Bericht über Santiago und Valparaiso schmökern, wenn er dann da ist ;-).

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Puerto Montt nach Valdivia

Bisher haben wir noch nichts über Puerto Montt erzählt. Ich muß ehrlich sagen – so viel gibt es auch nicht, was man unbedingt loswerden muß.

Die Gegend um Puerto Montt ist atemberaubend – wie der Rest von Chile. In dieser Stadt kann man sich gut mit Allem versorgen und auch sehr gut Essen gehen. Die Stadt selber ist halt leider nicht sehr schön und bietet wenig Sehenswertes, eine typische Industriestadt. Wir haben einen schönen Spaziergang auf der Isla Tenglo (gegenüber unserer Marina) gemacht und sind auch mehrfach durch die Stadt marschiert. In der Marina fühlen wir uns wohl, diese ist gut organisiert und die Mitarbeiter sind alle sehr hilfsbereit und freundlich.

Nachdem wir ja unsere Einspritzpumpe und Injektoren am Motor ausgebaut und zur Überholung weggegeben hatten, wurde uns eine prompte Bearbeitung zugesagt. Diese kamen natürlich wieder auf den letzten Drücker zurück – 2 Stunden bevor wir mit der Dicken ausgekrant werden sollten. Daher haben wir es gerade noch geschafft, diese wieder einzubauen und ganz kurz zu testen. Es schien alles soweit in Ordnung zu sein. Dann auf zum Kran, die Jungs warten schon.

Das hat auch alles reibungslos geklappt und unsere Dicke stand an Land und wurde von einem Mitarbeiter der Marina mit dem Hochdruckreiniger behandelt. Das ist hier Pflicht und muß gemacht werden. Daher gehen wir in dieser Zeit mal schnell zum Mittagessen. Als wir fertig sind, steht unsere Dicke immer noch am Becken und nicht an ihrem zugewiesenen Parkplatz. Also wieder warten – endlich wird sie spazierengefahren und wir können wieder an Bord. Hier dürfen wir, im Gegensatz zu Uruguay oder Argentinien in der Zeit, in der das Boot an Land steht, auch auf dem Boot leben. Allerdings können wir nicht schalten und walten, wie wir wollen. Zum Toilettengang müssen wir natürlich die Sanitärräume aufsuchen. Das heißt: jedesmal erst in die warme Kleidung springen, denn es ist ja kalt draußen. Dann zu den Sanitarios laufen, die natürlich auch nicht beheizt sind. Geschäft erledigen und wieder zurück. Das kostet schon Überwindung, wenn man mal muß – vor allem nachts. Aber auch diese Zeit ging rum und wir sind erst mal in Urlaub gefahren, wie Ihr ja schon lesen konntet :-).

Wir konnten unseren Unterwasseranstrich erneuern und noch ein paar andere Kleinigkeiten erledigen. Nachdem wir wieder aus Argentinien zurück waren, haben wir auch gleich wieder einen Krantermin für das Wassern ausgemacht. Nun ging es Schlag auf Schlag. Gleich für den nächsten Tag hatten wir den Termin erhalten. Da man hier extrem auf die Tide achten muß, da wir ja einen Tidenhub von bis zu 6 Metern haben, kann das Boot nur bei Hochwasser gekrant werden, da sonst nicht genug Tiefgang am Kran ist. Also war unser Termin gegen 17 Uhr am Abend.

Beim Checken des Wetters ist uns dann auch gleich aufgefallen, daß ein passendes Wetter für die Weiterfahrt nach Valdivia ja eigentlich schon am Mittwoch bis Samstag wäre. Das jetzt auch noch, das wird ja stressig….

So war unser Dienstag vollgepackt mit „To-Do’s“ – von wegen, erst mal wieder ankommen. Erst nochmals die Wäsche waschen und trocknen. Gegen 12 Uhr das Auto zurückgeben, dann das Boot vorbereiten für die Kranung. Das Boot soll schon am Mittag in den Kran gehängt werden, damit wir noch die Stellen streichen können, an denen die Stützen standen. Daher bleibt Jochen am Boot und wartet auf die Liftjungs, während ich mit Ulf in die Stadt fahre, um uns noch den nötigen Proviant zu besorgen. Als wir zurückkommen ist Jochen mit der Streicharbeit schon fertig und teilt uns mit, daß der Hafenmeister meinte, wir bräuchten doch eine neue Zarpe für die Fahrt nach Valdivia, weil unsere ja eigentlich schon datumsmäßig überschritten ist. Wir sollten eine neue machen; d.h. wir müssen nochmals Richtung Stadt zur Armada, diese sind 24 Stunden rund um die Uhr da. Also räume ich die Lebensmittel ein und ziehe mich an, um nochmals die Sanitärräume aufzusuchen. Plötzlich Motorenlärm und Bewegung im Schiff. Fangen die Jungs doch tatsächlich an, unser Boot zum Kranplatz zu fahren. Ohne nachzufragen, ob wir soweit sind. Naja – wir sind ja im Boot, was soll da schon sein???

Nun sind wir also wieder im Wasser. Eigentlich wollte Jochen noch eine Runde fahren, um den Motor final zu testen. Da es hier aber schon dunkel wird, lassen wir das sein, machen an der Pier fest und entscheiden, jetzt sofort noch zur Armada zu gehen. Was erledigt ist, ist erledigt und wir müssen morgen früh nicht nochmals losziehen. Nachdem wir auch das geschafft haben, gönnen wir uns noch eine Abschiedspizza in der Stadt und somit ist das Thema Puerto Montt für uns auch erledigt. Das ging jetzt doch schneller, als von uns erwartet.

Am nächsten Morgen, dem Mittwoch noch in Ruhe frühstücken, unsere Rechnung bezahlen und von den Mitarbeiterinnen im Büro verabschieden und schon werden gegen Mittag die Leinen gelöst. Unser erster Stopp heißt Isla Abtao, etwa 30 Seemeilen entfernt. Den Weg hierher konnten wir mit Nordwind gut segeln, da wir ja jetzt wieder einmal erst nach Süden fahren müssen. Dieser Ankerplatz eignet sich gut für die Boote, die durch den Canal Chacao müssen. Dieser Kanal ist auch berühmt-berüchtigt. Ein Kanal zwischen dem Festland und der Insel Chiloe, an seiner schmalsten Stelle gerade mal 1,2 Seemeilen breit. Und hier drängt sich das ganze Wasser durch und es können Gezeitenströme bis zu 9 Knoten entstehen. Daher ist hier gute Planung und Beobachtung von Nöten und die Wartezeit kann eben am obigem Ankerplatz abgesessen werden. Wir haben uns von den Bürodamen die Gezeitentabellen für den Kanal geben lassen und wußten, daß wir am Donnerstag um 7 Uhr den Anker aufgehen lassen müssen.

Auch für diese Fahrt sollten wir noch Nordwind haben, also einen guten Halbwind für die Fahrt gen Westen. Und es hat gepasst. Für die ebenfalls fast 30 Semeilen haben wir knapp 4 Stunden gebraucht und die Gezeit hat uns ordentlich geschoben. Wir hatten teilweise 10 Knoten Fahrt auf der Logge stehen. Als wir dann durch die Engstelle durch waren, kam dann auch irgendwann die unangenehme Welle – eine Kreuzsee hervorgerufen durch die auflaufende Dünung aus dem Westen, die nach Westen gehende Ebbströmung und den aus Nord stehenden Wind. Drei verschiedene Richtungen, die die Welle sehr unangenehm machen. Aber unsere Dicke hat uns da schön durchgebracht und wir wußten ja, daß das bald ein Ende haben wird. Kaum sind wir im Windschatten der Halbinsel Lacui auf Chiloe, hört die Welle auch schon auf und es ist einfach, das Segel einzuholen und das Boot auf das Ankern vorzubereiten. Hier ankern wir auf 5 Metern in einer flachen Lagune namens Puerto Ingles, die sehr geschützt ist und in der man auch Wartezeit absitzen kann – um in den Kanal, Richtung Osten, einzufahren oder so wie wir – um auf den Pazifik hinauszufahren.

Hier legen wir uns gleich nach dem Ankern nochmals schlafen, da wir noch am Abend in Richtung Norden aufbrechen werden. Gegen Abend soll der Wind auf Süd drehen und uns schön nach Norden schieben. Ja – so der Plan. Um 20 Uhr hieß es Anker auf und los geht es. Der Südwind lässt noch auf sich warten, also fahren wir zunächst unter Motor. Nach 2,5 Stunden kann auch der abgestellt werden und wir können segeln. Doch diese Ruhe ist nicht von langer Dauer. Leider muß ich in meiner Schicht schon nach 3 Stunden segeln die Genua wieder einholen und den Motor anwerfen. Unserer Dicken langen 1 – 2 bft Wind von hinten leider nicht für einen Vortrieb. Als dann Jochen seine Schicht übernimmt, nehmen wir auch gleich das Großsegel herunter, da dieses in der bestehenden Welle nur hin- und herschlägt. Ohne das stützende Segel sind wir in den Wellen etwas „wackeliger“ unterwegs, aber die Nerven werden geschont und das Segel auch. Einmal haben wir noch eine kurze Phase, in der wir das Segel wieder setzen können, aber auch diese dauert nicht lange an. So sind wir fast die gesamte Strecke nach Valdivia unter Motor unterwegs.

Wenigstens werden wir auf dem Pazifik mit Sonne und blauem Himmel belohnt. So sitzen wir in unserem Cockpit in der Kuchenbude und können uns aufwärmen. Die Strömung meint es auch gut mit uns und schiebt uns die meiste Zeit, die Welle läßt nach und wir fahren gemütlich vor uns hin (halt mit Motorengebrummel und Gebrummel des Wassermachers, der dann auch gleich angeworfen wird).

Sonnenuntergang auf dem Pazifik

So nähern wir uns der Bucht von Valdivia an und kurz vor dem Leuchtturm ein Hauch von Wind – 7 Knoten, so daß Jochen schon Scherze macht „oh, wir könnten ja nochmals segeln“….. Ich kann noch entgegnen, daß ich jetzt kein Segel mehr auspacke, als es schon über uns kommt. Plötzlich stehen 27 Knoten in der Windanzeige und es wird ruppig. Jochen kann unsere Gute genau gegen den Wind drehen, damit wir nicht den Wind auf die Seite bekommen und es noch unangenehmer wird. So kämpfen wir uns langsam in die Bucht und die geplante Ankunftszeit verschiebt sich… Statt mit 5 – 6 Knoten Fahrt sind wir nun glücklich, wenn es über 3 Knoten sind. Aber je weiter wir in die Bucht vordringen, umso mehr beruhigt sich der Wind und wir sind um 21 Uhr fest vor Anker in der Bahia Corral.

Auf dieser letzten Etappe wollte und Patagonien nochmal zeigen, was in ihm steckt, um uns zu verabschieden. Wetterberichte, die so gar nicht gestimmt haben. Von unangenehmer Wellen bis zu spiegelglatter See. Wind von Flaute bis fast stürmisch – und das innerhalb von Sekunden. Sonne, Regen eben alles was in den letzten Monaten unser täglich Brot war.

Angekommen in der Bahia Corral, unser Ankerplatz für die Nacht am nächsten Morgen

Als wir das am nächsten Tag Raul erzählen, meinte er nur, daß dieses Eck wohl öfter mit solchen Winden aufwartet. Diesen hatten wir am Abend gleich noch angeschrieben, daß wir jetzt in der Bucht vor Anker sind und am nächsten Tag zu ihm in die Marina kommen. Er hatte uns ja im Vorfeld schon mitgeteilt, daß er uns entgegenkommen würde und uns bis zu seiner Marina den Fluß hinauf eskortiert. So haben wir ausgemacht, daß wir gegen 9.30 Uhr starten und er uns entgegenkommt.

Am nächsten Morgen gehen wir Anker auf und machen uns auf den Weg Richtung Fluß. Kaum im Fluß eingefahren, kommt uns schon ein Segelboot entgegen – was, Raul ist schon da? Wir wurden mit Getröte und „Bienvenido“ empfangen. Das war aber gar nicht Raul, sondern Mauricio, ein anderer chilenische Segler, der auch bei Raul in der Marina liegt, wie wir später erfahren werden. Dieser hat netterweise gleich ein Video gedreht und uns zukommen lassen. So sind die Segler hier – sie freuen sich, ausländische Segler zu begrüßen; es kommen ja nicht ganz so viele. Kurze Zeit später kam dann der Funkruf von Raul „Seht ihr mich, wir warten hier auf Euch“. Und er kam nicht alleine! Es haben sich noch 4 Nachbarn zu ihm gesellt, die uns mit ihm begrüßen kommen wollten. Toll!!! Und so sind wir gemütlich hinter Raul den Fluß hinaufgefahren, ohne uns um die Untiefen kümmern zu müssen. Er kennt seinen Fluß halt und wir konnten schauen und staunen. Eine tolle Flußlandschaft und eine wunderschön gelegene kleine Marina, die uns mit einem Leuchtturm begrüßt. Wir sind angekommen in Valdivia und fühlen uns sehr Willkommen. Der Liegeplatz ist traumhaft. Tief in der Flußlandschaft, gut geschützt durch hohe Bäume vor dem Nordwind, keinerlei Bewegung im Schiff und Natur pur. Raul hat hier ein kleines Paradies geschaffen und wir sind froh, daß wir uns für seine Marina entschieden haben und seine Gastfreundschaft genießen können. Wir haben ihm auch sein Kelp-Eisen zurückgebracht, das uns große Hilfe geleistet hat, wenn wir Kelp am Anker hängen hatten. Dieses Gerät hatten Hacko und Nora von der Anixi von ihm mitbekommen, als sie von hier aus in den Süden gestartet sind und wir haben es von Ihnen in Puerto Williams übernommen, um es wieder zurückzubringen. Dieses Kelp-Eisen hat die Fahrt von Valdivia bis Puerto Williams und zurück schon mehrfach zurückgelegt. Laut Raul müssen wir noch eine offizielle Übergabezeremonie bei einem Barbecue machen – wir freuen uns darauf.

Über unsere Zeit hier in Valdivia und die Aufbruchsstimmung in Richtung Westen berichten wir dann in unserem nächsten Artikel.

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Back to Argentina

Wir müssen Chile nochmals kurz verlassen, um unser Visum zu erneuern. Sind wir doch schon seit 6 Monaten in diesem unglaublich großen und schönen Land. Da Puerto Montt nicht wirklich mit Sehenswürdigkeiten gespickt ist, haben wir uns umso mehr auf die Abwechslung gefreut. Daher haben wir einen Ausflug bis nach Bariloche in Argentinien geplant und uns einige Wanderungen und Sehenswürdigkeiten ausgesucht. Es ging aber schon holprig los…..
Jochen hat ein paar Autoverleiher in Google ausgesucht,  die uns seriös aufgrund ihres Internetauftrittes erschienen bzw. die zentrumsnah gelegen waren und nicht nur am Flughafen, der ja doch 18 km weg ist.
Zum ersten Verleiher „Blue“ marschiert, der laut Onkel Google in der Nähe des Busbahnhofes sein sollte. Unter der angegebenen Adresse nichts gefunden, also in einem Lokal nachgefragt.  Dieser schickte uns einen Block weiter. Nein, da war nix. Also wieder zurück und festgestellt, daß in einer kleinen Mall ein Ladenlokal geschlossen war, das genau die angegebene Ladennummer in der Adresse hatte. Ok, raus. Dann weiter zur nächsten Adresse. Auch kein Schild oder ähnliches. Beim Nachbarn gefragt. Autoverleih? Schwarze Tür links nebenan. Ok, schwarze Tür? Wohl eher ein Verschlag. Niemand da? Moment ich hole jemand. Dann kam der angebliche Bruder, der telefonierte. Ja, er hätte ein Auto und und…. War uns sehr suspekt und sind wieder weiter.
Dann schreib ich halt ein paar per WhatsApp an. Es haben ja alle Handynummern und hier wird viel per WhatsApp gearbeitet. Wir hatten dann 4 Stück zur Auswahl, wovon wir uns dann vom Preis und vom ganzen Prozedere für Los Lagos entschieden haben. Die Dame von Blue war zwar sehr nett, aber doch ziemlich penetrant und definitiv zu teuer. Wir wollten dann am nächsten Tag zu Los Largos ins Büro kommen, um den Papierkram fertig zu machen. „Wir brauchen einen Termin, damit auch jemand da ist. Sind ja so beschäftigt“. Ok, wir sind um 11 Uhr da, bitte genaue Adresse durchgeben. Sollte lt. Google im nahegelegenen Gewerbegebiet sein. „Am Flughafenübergang“. Also doch zum Flughafen. Nächster Tag, wir wollten uns um 10 Uhr auf den Weg machen, sitzen am Frühstück, da kommt die Nachricht „Büro ist geschlossen, weil keine Elektrizität vorhanden ist“. ??? Am Flughafen!!! Sie könnten um 15 Uhr zu uns kommen oder wir machen es online. Das wollten wir ja vermeiden, weil bei online Buchungen in Südamerika immer irgendetwas nicht geht. Meist scheiterte es an einer Steuernummer oder daß unsere Passnummern hier nicht eingegeben werden können, weil wir Buchstaben mit drin haben. Gibt es hier nicht. Also alles per WA hin und her geschrieben. Dokumente geschickt. „Wir bekommen Bestätigungsmail“. Es kam nix. Das war am Mittwoch. Nachgefragt. Es kommt am Freitag. Am Sonntag wieder nachgefragt. „Ich suche es raus und schicke es nochmal“. Kam dann auch, jedoch fehlte die Gebühr für die Genehmigung der Versicherung, nach Argentinien auszureisen. Dies sollte man mit 5 Tagen Vorlauf buchen, haben wir gemacht. „Oh, unser Fehler. Ich korrigiere gleich“. Neue Mail, passt jetzt. Ok, morgen 10 Uhr Lieferung des VW auf den Parkplatz des Angelmo-Marktes. Wir waren da, aber kein Auto. Nachgefragt, wo es denn bleibt. Dann kommt Anruf über WA mit der Kennung des anderen Verleihers Blue und dann fuhr aber auch das Auto um 10:30 Uhr rein. Die ganzen Verleiher gehören doch alle irgendwie zusammen. Es gäbe wohl ein Problem mit unserem Wagen, sie bekämen dafür keine Argentinien-Genehmigung. Wir könnten jetzt mit zum Flughafen, dort einen anderen VW nehmen oder sie bringen heute „tarde“, was nachmittag oder abend sein kann….Wir fahren mit zum Flughafen! Das dauerte wieder, unterwegs ein Stopp an einer Bushaltestelle, wo unsere Fahrerin von einem Kollegen Papiere erhalten hat. Dann auf einen Parkplatz gefahren außerhalb des Flughafengeländes, wo viele verschiedene Autos parken und sämtliche Verleihernamen zu finden waren. Gleichzeitig die Aufbereitung mit Wagenwäsche etc. Hier dann wieder 2 Optionen: entweder gleichwertiger VW oder hier diesen MG. Dieses Auto hätte eigentlich wesentlich mehr gekostet. Gleicher Preis? Ja klar. Nehmen wir. Ein anderer VW war auch nicht zu sehen, weiß Gott wo sie denn erst hergeholt hätten. Ok, hier sind die Papiere für Chile, die für Argentinien mache ich gleich noch fertig. Dauert einen Moment….cirka 30 Minuten später hatten wir endlich alles und konnten losfahren, Südamerika live halt. Inzwischen war 13 Uhr, bis wir endlich wieder an der Marina waren, um Ulf und unser Gepäck einzusammeln. Bis wir dann letztendlich weggekommen sind, war es schon 14 Uhr durch.

Unser heutiges Ziel zur Übernachtung hatten wir schon gebucht und wollten auf dem Weg dorthin am Vulkan Osorno oder am Fluss noch etwas wandern. Das Wetter sollte bis zum Nachmittag mitspielen. Tja, dafür waren wir jetzt zu spät dran. Also fahren wir zum Skigebiet am Osorno hoch und schauen da mal. Die Strecke war toll, wie bei uns in den Alpen mit Serpentinen. Leider war alles in Wolken und zugezogen, so daß keinerlei Sicht war. Wir haben uns dann um Restaurant einen Kaffee gegönnt und haben beschlossen, hier auf dem Rückweg nochmals vorbeizukommen.

das Skigebiet am Osorno Vulkan – bitte die Schneeschicht beachten und merken!

Weiter geht es Richtung Petruhue. Auf dem Weg kommt man an den Stromschnellen/Wasserfällen vorbei. Punkt 17 Uhr wird hier aber geschlossen – wie viel Uhr war wohl gerade? Aber: die würden auch 8 Euro Eintritt haben wollen! Also weitergefahren und 200 Meter weiter auf einen kostenlosen Parkplatz ohne Eintritt auf die Stromschnellen geblickt.  Danach noch ein kurzes Stück zum Fähranleger, dort das Auto geparkt und mit dem Boot übergesetzt auf die andere Flußseite zu unserer Unterkunft. Diese war urig, aber leider wieder sehr kalt. Ein einfaches Haus mit Einfachverglasung und einem kleinen Holzofen für einen großen Speiseraum. Das Zimmer wurde mit einem Heizlüfter gewärmt, um 0 Uhr wurde bis 8 Uhr morgens der Strom abgeschaltet. Aber: wir hatten 4 oder 5 dicke Bettdecke. Das war wenigstens warm. Es ist immer wieder erstaunlich, wie die Menschen hier leben. Es ist ja nicht so, daß es mal ausnahmsweise so kalt und ungemütlich ist. Ich möchte nicht das ganze Jahr über in meiner eigenen Wohnung mit Jacke herumlaufen müssen. Ganz abgesehen von der ständigen Tropfsteinhöhle, da das Wasser an den Fenstern und Wänden herunterläuft. Aber das haben wir ja schon seit Uruguay kennengelernt. Dieses „Erlebnis“ war auch nicht günstig!!! Das werden wir noch ganz anders erleben auf unserer Tour.

die Stromschnellen – kostenlos vom Parkplatz aus


Am nächsten Tag im Regen wurden wir dann wieder übergesetzt und sind bis Bariloche durchgefahren, da für den kommenden Tag Schneefall gemeldet war und wir nicht wußten, ob der Pass dann gesperrt wird und wir überhaupt nach Argentinien rüberfahren können. Die Grenzübergänge sind hier rar gesät. Der nächste wäre in Luftlinie 100 km gen Norden. Wir müssen hier ja über die Anden drüber. Das heißt: auf chilenischer Seite das Auto parken, zu Fuß zur Immigration und Zoll und dort ausreisen. Wieder zum Parkplatz zurücklaufen und über die chilenische Grenze fahren. Dann fährt man lange Zeit im „Niemansland“ über den Pass. Hier auf der Höhe dann Schneeregen und hoffen, daß das nicht schlimmer wird. Wir haben nur Sommerreifen, wie 98 % der Autofahrer hier.  Aber: man muss Schneeketten mitführen! Auf der anderen Talseite des Passes dasselbe Prozedere mit Parken, Immigration und Zoll. Ohne Kontrolle von Fahrzeug oder Gepäck. Und schon sind wir in Argentinien. Zwischenzeitlich noch das Hotel in Bariloche klargemacht und dabei feststellen müssen, daß es sowas wie Einzelzimmer hier nicht gibt. Ulf muß als Alleinreisender den vollen Preis für ein Doppelzimmer bezahlen. Noch nicht mal ein kleiner Nachlass für das zweite Frühstück wird gewährt! Auch sind die Preise hier recht ordentlich für die einfachsten Unterkünfte. Ist halt wieder eine volle Touristenregion mit Wintersport. Wie bei uns!! Wir haben mehrere Hotels angefragt, wobei unser Augenmerk auf einem ordentlichen Frühstück liegt. Das ist hier in Südamerika ja eher einfach gestrickt – die Menschen hier nehmen wohl nur eine Tasse Kaffee und ein trockenes Hörnchen, sprich „Medialunes“ zu sich. Das ist uns Europäern doch etwas zu wenig. Wir haben dann ein Hotel gefunden, das preislich in Ordnung war und angeblich auch ein Frühstücksbuffet anbietet. Die Bewertungen im Internet waren gut und die Bilder ebenso. Wie wir von der netten Rezeptionistin erfahren haben, sind sie ganz neu auf dem Markt. Das ehemalige alte Hotel wurde renoviert und ist erst seit Mai wieder unter neuem Namen geöffnet. Daher ist hier alles noch relativ neu und hübsch, lediglich an kleinen Details wird noch gearbeitet. So wurden während unseres Aufenthaltes z.B. noch Shampoospender oder Steckdosenverteiler in den Zimmern angebracht. Das Frühstück war dann leider auch nicht so üppig, wie wir uns gewünscht hätten.
Zwischenzeitlich hat auch der Regen aufgehört und die Sonne schaute raus, der Wind bleibt jedoch eisig. Nichtsdestotrotz ziehen wir gleich noch mal los und machen einen ersten kurzen Gang in die Stadt zur Orientierung. Restaurants sind reichlich vorhanden, verhungern werden wir also auch nicht. Was ja eines der wichtigsten Themen für uns ist.


Tags darauf, das Wetter ist noch sehr unangenehm, fahren wir mit dem Auto mal Richtung „kleine Seenrundfahrt“. In einem kleinen Nationalpark halten wir an und laufen etwas durch den Wald zum Seeufer. In leichtem Schneefall, aber im Wald gut geschützt vor dem starken Wind.  Ein schöner Spaziergang durch einen angezuckerten Wald. Schon schöön. Die Weiterfahrt führt uns zur Colonia Suissa. Klar machen wir hier einen Stop. Ein touristisches Highlight, das leider nicht „unseres“ ist. Argentinische Musik mit vielerlei Krimskrams-Läden und Restaurants. Schweizer Feeling kommt hier nicht auf, nur die Preise waren auf schweizer Niveau. Wir haben es gesehen, es gab einige nette Details, aber länger verweilen wollen wir hier nicht. Da es noch früher Nachmittag ist, halten wir auf dem Rückweg zu unserem Hotel am Schokoladenmuseum an. Dies ist eine Schokoladenfabrik von HAVANNA, die eine kleine Führung in einer schön gemachten Ausstellung über die Geschichte der Schokolade anbietet. Leider nur auf Spanisch, aber doch sehr anschaulich.  Die Kakaobohne, die zunächst bei den Azteken Zahlungsmittel war und dann in Europa beim Adel als Trinkschokolade ankam. Die Führung dauerte etwa 20 Minuten, es gab einen Becher Schokolade zu trinken und den Eintrittspreis konnte man hinterher im Laden in Form eines Gutscheins wieder in Schokolade investieren. Das haben wir natürlich gemacht und so ein paar kleine Proben mitnehmen können, die natürlich bei der Verköstigung in 3 Minuten weg war…..


Auch am folgenden Tag war wieder schlechtes Wetter vorhergesagt. Daher haben wir uns nur für kurze Spaziergänge entschieden. Der erste Weg ging hoch zu einer „Stupa“. Stupas sind wichtige Symbole für den buddhistischen Pfad zur Erleuchtung und repräsentieren den Geist des Buddha. Man soll eine Stupa im Uhrzeigersinn umrunden. Haben wir natürlich auch gemacht und hoffen, daß es auch wirkt. Danach ging es noch einen kleinen Spaziergang am See „Lago Gutierrez“ entlang zu einem Wasserfall und zu einem Aussichtspunkt hoch.


Neuer Tag, neues Glück. Heute ist besseres Wetter, also machen wir eine längere Tour zum Cerro LlaoLlao. Zuerst hoch auf den Gipfel und dann noch komplett runter bis an den See und retour. Haben wir zu Beginn noch gefroren und waren froh über die dicke Daunenjacke, wurde uns im Anstieg doch gut warm. Die Seglerbeine sind halt auch ganz schön untrainiert. Aber wir wurden mit tollen Aussichten belohnt, die Bäume hier sind sowieso der Hammer und könnten durchaus als Vorlage der Ents in den Herrn der Ringe Filmen gedient haben. Insgesamt 8,6 km bei 450 Höhenmetern. Jetzt tun die Beine etwas weh und wir sind froh, daß sie auf dem Bett liegen dürfen. Eine Wanderung, die sich definitiv gelohnt hat.


Der nächste Ausflug führte uns mit der Seilbahn auf den Cerro Otto. Hier wurden wir wieder mit tollen Aussichten bei herrlichstem Wetter belohnt. Leider waren sämtliche Aktivitäten gesperrt! Der Rundwanderweg zu – wegen Vereisung. Der Spazierweg durch den Wald genauso wie die Rodelbahn. Häh? Ist Winter, das ist da doch immer so? Und wir sind in einem Wintersportort, was soll das? Also haben wir uns dort oben nur für 1 Stunde in das Panoramarestaurant setzen können, das sich langsam dreht und sind dann wieder retour und in der Stadt noch gelaufen. Da wird Werbung gemacht, was alles möglich ist, aber nicht gesagt, daß alles gesperrt ist…


Für den Rückweg nach Chile haben wir schließlich noch einen Stopp in Villa Angostura geplant, da hier eine schöne Wanderung zum Wasserfall möglich ist. Auf dem Hinweg haben wir unser dortiges Hotel klargemacht.  Ein tolles Hotel zu einem sagenhaften Preis. Ganz anders als Bariloche, nur 80 km davon weg und Preise erheblich niedriger.  Die Auffahrt sehr „ländlich“, Schotter mit vielen Unebenheiten. Ein Ausblick über den See mit Blick auf die gegenüberliegenden Bergen und endlich mal ein Frühstücksbuffet, das unseren Erwartungen entspricht. Hier könnten wir es auch länger aushalten.
Die Wanderung zum Wasserfall war wunderschön. Kalt und sonnig, eine kleine Schneewanderung, die wir in Begleitung von 2 Hunden absolviert haben die sich uns angeschlossen haben.


Und schon sind wir wieder auf dem Weg nach Chile, unsere Tage hier sind um. Da wir nochmals am Osorno Vulkan vorbei wollen, sind wir zeitig losgefahren.  Aber leider bremst uns die argentinische Grenze aus. Die chilenische Seite öffnet um 8 Uhr ihre Grenze und hat dabei noch 1 Stunde Zeitverschiebung zu Argentinien.  Die hätten da schon 9 Uhr. Tatsächlich hat Argentinien seine Grenze erst um 10 Uhr chilenischer Zeit geöffnet. So standen wir eine Stunde vor der Grenze in der Schlange. Entsprechend lange dauerte dann auch die Abwicklung. Auf chilenischer Seite auch ein langes Drama.  Hier muss man ja erst zur Immigration, dann Zoll, dann SAG (Lebensmittelkontrolle) und Zoll checkt das Auto. Für die SAG muss man online für jede Person ein Formular ausfüllen.  Das haben wir nicht gemacht, da wir weder Internet hatten, noch die entsprechenden Plakate lesen und verstehen konnten. Als wir Immigration und Zoll hinter uns hatten, sind wir mit dem Auto zur Kontrolle gefahren.  „Wo ist das Formular?“ ???
Also führt uns die Dame wieder ins Gebäude zu dort stehenden PC‘s, an denen wir das ausfüllen können. Die hatten wir vorher gar nicht bemerkt bei den vielen Leuten hier. Eigentlich dasselbe Prozedere wie in Puerto Williams bei der Ankunft mit Schiff, nur jetzt online ausfüllen.  Wir dachten, das wäre nur wegen der Schiffseinreise so. Ok, erledigt.  Zurück zum Auto. Jetzt das ganze Gepäck ausladen und der Hund kommt. Und was erschnüffelt der? Nee, keine Drogen. Jochen hat doch wirklich einen Apfel im Rucksack geschmuggelt. Der muss raus. Keine Früchte, Gemüse oder tierische Produkte. Bei der Kontrolle in Puerto Williams sagte die Dame damals als Anweisung: „überall nein ankreuzen“. Eine tatsächliche Kontrolle führte sie nicht durch, selbst bei den Booten mit vollen, außen hängenden Obstnetzen, die sie definitiv gesehen hatte. Dort kam jeder mit vollem Boot aus Argentinien an!!!
Mein Roggenmehl und den Frischkäse durften wir einführen.  Am faszinierenden ist aber, daß Hunde auf Obst und Gemüse trainiert sind.
Leider sind wir durch diese Verzögerung erst am Vulkan angekommen, als der Himmel wieder zuzieht. Nichtsdestotrotz ein Erlebnis. Zunächst einmal die ganzen Chilenen, die wirklich ihre Schneeketten unterwegs am Straßenrand aufziehen, weil in den Kurven einige Schneestellen sind. Sonst war die Straße frei. Entsprechend haben wir dann gesehen, daß sie mit den Schneeketten auf freier, steiler Straße halt nicht vom Fleck kommen da die Stahlketten keinen Grip auf dem Aspalt haben.

Dann das Ganze am Parkplatz. Ein Schauspiel. Der Chilene bleibt ja überall einfach stehen und steht da halt. So auch mitten in der Zufahrt zum verschneiten und vereisten Parkplatz, was für alle anderen dann natürlich schwierig wird. Oder auf den Parkplätzen quer, so daß 3 Parkplätze belegt sind. Am Hang auf Schnee anfahren mit Sommerreifen ist ja nicht so einfach. Auch hier wieder das Schauspiel, daß viele ihre Schneeketten aufziehen, um auf dem Parkplatz zurecht zu kommen. Unser Fahrer Jochen hat das souverän gemeistert und wir hatten ein Plätzchen ergattert – ohne das Aufziehen von Schneeketten.

Die angedachte Wanderung am Vulkan mußten wir dann leider ausfallen lassen. Der Weg war dermaßen vereist, daß das kein unfallfreies Laufen möglich war. Teilweise bin ich im „Vier-Pfoten-Gang“ gelaufen. So sind wir dann nur kurz an den Rodelhang und zum Skilift um die Aussicht zu genießen.

Nach diesem kurzen Abstecher ging es dann schon wieder direkt zurück in unser Domizil JOSA.

Nun hieß es nur noch, am nächsten Morgen das Auto zu reinigen und wieder abzugeben. Über unsere Zeit in Puerto Montt berichten wir dann in unserem nächsten Beitrag.

12

Alles hat ein Ende

Patagonien – Ende unseres ersten Abenteuers

…doch der Reihe nach…

Nachdem wir einen weiteren Tag in Dalcahue verbracht haben und noch etwas durch die Stadt gestromert sind, sind wir am folgenden Tag 19 Seemeilen weiter in die Caleta Anihue auf der Isla Mechuque (sprich meschugge 🙂 ) übergesetzt. Hier haben wir uns auch unseren Fred geschnappt und sind an Land gefahren, um uns das kleine Örtchen einmal anzuschauen. Leider ist halt Nebensaison und daher alles ziemlich leer. Wir konnten diverse geschlossene Restaurants sehen, eine kleine Kirche betreten, in der gerade eine Totenwache abgehalten wurde und sind etwas an der „Strandpromenade“ entlanggelaufen. Die berühmten Stelzenhäuser hier sind teilweise schon toll anzusehen, wenn halt nicht jedes zweite dem Verfall überlassen werden würde. Auch gab es hier ein historische Museum, dessen Gebäude auch verfällt. Hier konnten wir nur durch die Scheiben einen Blick hineinwerfen und wir konnten ein Sammelsurium an nautischen Objekten erkennen. Bei genauerer Betrachtung sah es eigentlich nicht so aus, als würde das schon lange so vor sich „hingammeln“, keine dicken Staubschichten. Aber das Gebäude lässt von außen nicht vermuten, daß das Museum noch aktiv betrieben wird.

Weiter ging es am nächsten Tag in das Örtchen Quemchi, wo wir uns frech an eine freie Fischerboje gehängt haben, da es auch hier so eng zugeht. Dies ist auch ein quirliges Touristenörtchen, in dem wir zwei Nächte geblieben sind. Laut unseren Informationen solle man unbedingt die Isla Aucar besuchen, was wir natürlich auch gemacht haben und losmarschiert sind. Der einfache Fußweg etwa 6 km. O-Ton Ulf „ist ja flach“. Wir konnten die Insel ja von unserem Liegeplatz aus sehen und müssten nur am Ufer um die Bucht herum. Nur die Straße/Weg geht nicht am Ufer entlang….An der ersten Steigung hat Ulf seine Aussage revidiert. Und als was stellte sich die Insel heraus? Ein Friedhof mit dem klingenden Namen „Isla d las almas navegantes“ – Insel der navigierenden Seelen (oder der Seelen der Seefahrer) mit einer kleinen Kapelle, die natürlich wieder verschlossen war. Die Insel soll laut der Beschreibung ein Ort der Natur und Spiritualität sein. Naja, ich bin da nicht so dabei. Es war ein schöner Tag mit einem Spaziergang und die Insel war nett angelegt. Hätte ich aber vorher gewußt, daß es ein weiterer Friedhof ist, wäre ich wahrscheinlich nicht mehr mitgelaufen.

So richtig nett wurde es dann hinterher. Auf der Festlandseite des Steges befanden sich einige Verkaufsstände, bei denen wir mal zum „schauen“ hinmarschiert sind. Hatten wir doch schon etwas Hunger, der Spaziergang wurde spontan erst in der Stadt entschieden, also hatten wir außer Wasser keinerlei Verpflegung dabei. Wir haben dann bei einer netten Dame jeder eine Empanada mit Apfelfüllung – auf deutsch eine große Apfeltasche – verköstigt, die wirklich lecker war. Sie hat allerlei leckere Dinge verkauft, die sie alle selber herstellt. Einige Dinge hat sie mir dann erklärt und hat sich sichtlich über unseren Besuch gefreut. So viele Ausländer kommen hier nicht an. Für den Rückweg kam dann die Entscheidung, daß wir evtl. einen Bus nehmen, wenn einer vorbeifährt. Diese wurde uns aber abgenommen, als ein Auto neben uns angehalten hat und uns eingeladen hat, mitzufahren. Nicht ganz uneigennützig 🙂 Die Dame am Steuer ist ein Tourguide und fragt auch gleich, wann wir denn abreisen. Aber sie war sehr nett, hat uns noch von einigen Highlights in der Ecke erzählt, von denen wir bisher nichts wussten – die wir jetzt aber auch nicht mehr sehen werden, da wir morgen weiterfahren werden.

Für den nächsten Tag galt es, den Golfo de Ancud nach Norden zu überqueren, um wieder ans Festland zu gelangen. Dies ist unser letzter Ankerplatz vor Puerto Montt und soll uns zwei Tage lang Schutz bieten, da ein starker Nordwind vorhergesagt wurde. Wirklich gut geschützte Buchten waren in unserer blauen Bibel nicht zu finden (für unser Empfinden) und so haben wir uns auf eine Aussage aus der Noforeignland-App verlassen und beim Betrachten der Gegebenheiten für Gut empfunden. Wir hatten an diesem Tag einen sehr guten Wind und konnten fast die gesamte Strecke schön segeln. Der Ankerplatz befindet sich in einer sehr großen Bucht zwischen einer Muschelfarm und dem Strand. Bei der Anfahrt darauf dachte ich noch „Gott, da ist doch kein Platz zum Ankern“ – aber getäuscht. Was immer so eng aussieht, ist in Wahrheit viel Platz zum Schwojen und so lagen wir dann an einem flach abfallenden Strand direkt hinter Muschelfarmen, die ja auch hereinlaufenden Schwell etwas abbremsen. In der Zufahrt zur Bucht wurden wir von total übermütigen Delfinen begleitet, was uns natürlich sehr gefreut hat. Endlich hatten wir einmal springende und Drehung machende Exemplare am Boot.

Wir sind am Freitag dort angekommen, der Starkwind war für Sonntag vorhergesagt. Folglich konnten wir am Samstag was? Natürlich – Landgang. Mit Fred ans Ufer gefahren – mei, war das weit weg und am Kieselstrand entlang zu der kleinen Siedlung an der Südspitze gelaufen. Die obligatorische Kirche wieder verschlossen, freilaufende Rinder, Hühner und Schweine. Hunde sowieso. Und endlich mal ein klarer Blick auf das Andenpanorama mit seinen weißen Gipfeln. Keine spektakulären Entdeckungen, aber zumindest die Beine wieder ordentlich vertreten, so daß der Sonntag dann im Boot ausgesessen werden konnte.

Am Montag hieß es dann „Anker auf“ für die letzte Etappe in Patagonien. Heute laufen wir in Puerto Montt ein, wo wir in der Marina Club Nautico Reloncavi unseren Liegeplatz gebucht haben. Die Überfahrt verlief problemlos mit ordentlich Schiffsverkehr außenrum und so konnten wir 3 Stunden später unsere Ankunft über Funk mitteilen. Am Steg wurden wir von Jorge, dem Hafenmeister des Clubs begrüßt, der uns beim Festmachen half.

fest am Steg im Club Nautico Reloncavi

Nun sind wir endgültig wieder in der Zivilisation angekommen mit seinen Menschen, Lärm und Verkehr. Aber auch seinen Cafes, Restaurants und Supermärkten. Und am wichtigsten: eine richtig heiße Dusche mit Endlos-Warmwasser dank Durchlauferhitzer, einer Waschmaschine und einem Wäschetrockner. Gott, welch ein Luxus, in dem wir hier schwelgen!!!!!

Was ist nun unser Fazit von Patagonien???

Die Natur in den unberührten und unbewohnten Kanälen ist überwältigend. Wir sehen vom Wasser aus Gegenden, in die man sonst nicht kommt. Andersherum kommen wir halt dafür nicht so einfach dahin, wo der „Landurlauber“ hinkommt. Die Tierwelt hatten wir uns ja so vorgestellt, darüber informiert man sich ja. Aber daß auch die Pflanzenwelt so artenreich ist, hätte ich nicht erwartet. Vor allem, wenn man bedenkt, unter welchen Bedingungen sich hier so ein kleines Pflänzchen behaupten muß. Ständig starke Winde, ständiger Regen, der Boden ein einziger Sumpf. Eisig kalte Winde aus dem Süden. Wer will da schon wachsen? Und dennoch blüht es in den unterschiedlichsten Farben, es gibt Brombeeren und viele andere Früchte. (Gut, die probierten Beeren waren jetzt nicht wirklich süß – fehlt halt doch etwas Sonne). Die Gletscher – beeindruckend gigantisch.

Was haben wir uns anders vorgestellt? Nun ja, uns war klar – es wird kalt. Ganz so schlimm war es jetzt nicht, ich hätte mehr Frost erwartet. Dafür war uns überhaupt nicht klar, daß es hier so viel regnet. Wir konnten dem dank unserer Kuchenbude gut trotzen und immer relativ trocken sitzen, auch beim Segeln. Aber es zehrt schon an den Neven, wenn es Tagein, Tagaus aufs Dach prasselt oder tropft.

Man liest sich ja immer ein, wann ist die beste Zeit um wo rumzufahren. Für uns hieß das Januar / Februar unten rum. Jetzt im Nachhinein würde ich sagen: nein, lieber früher da sein und die Zeit Januar/Februar schon in den Kanälen sein. Wir waren am 03. Januar das erste Mal in Puerto Williams, am 21. Januar an Kap Hoorn und sind letztendlich erst am 17. Februar in Puerto Williams in Richtung Kanäle losgefahren. Also tendiere ich dazu zu sagen, schon im November in Puerto Williams zu sein und dann ein Fenster für Kap Horn zu suchen, um im Dezember Richtung Kanäle loszukommen uns somit spätestens im Februar mitten in den Kanälen westlich von Puntas Arenas zu sein. Dann hat man genug Zeit im „Sommer“. Durch unsere Motorenprobleme wurden wir leider hier im Zeitplan etwas durchgereicht und wir sind schon sehr in den Herbst hineingekommen.

Beim nächsten Mal dann machen wir das besser…..

Nun stehen wir in Puerto Montt und genießen die guten Versorgungsmöglichkeiten, können das erste mal seit Buenos Aires wieder mit dem Bus in die Stadt fahren und nach Herzenslust einkaufen. Leider bietet die Stadt auf den ersten Blick nicht wirklich viel Sehenswertes, mal schauen, vielleicht findet sich ja noch was. Und siehe da, das erste mal seit unserer Abreise überhaupt, sind wir richtig Krank geworden. So musste der zweite Termin zur Begutachtung von unserem Motor durch einen Mechaniker verschoben werden, der Nächste, 4 Tage später, hat dann die Erkenntnis gebracht. Am ersten Termin hat er die Injektoren nochmal mitgenommen um diese zu Überprüfen. Beim Zweiten wurden dann noch die Kompression der einzelnen Zylinder überprüft. Letztendlich war dann doch ein Injektor nicht ganz perfekt und dieser wurde getauscht. Die Kompressionsprüfung ergab, daß alle Zylinder schön ordentlich Druck aufbauen. Das „Worst-Case-Szenario“, daß die Maschine aus dem Schiff muss, bleibt somit aus. Bleibt also nur noch die Einspritzpumpe übrig, die wohl nicht mehr ganz zur richtigen Zeit das Richtige tut. Eine kurze Schraubereinlage, um die Einspritzzeiten durch das Verdrehen der ganzen Pumpe in der Aufnahme zu verändern zeigt schon einen guten Erfolg. Also: Pumpe komplett ausbauen und auf dem Prüfstand fein säuberlich einstellen. Durch die Arbeiten am Motor mussten wir auch gleich unseren Krantermin stornieren: wir brauchen die Wasserkühlung für die Testläufe, die an Land nicht gegeben ist. So muss erstmal der Motor fertig gestellt werden, bevor es mit der Dicken aufs Trockene geht, um da dann den Unterwasseranstrich nochmals zu erneuern. Langweilig wird es wohl nicht werden die nächsten Tage.

20

Und täglich grüßt das Murmeltier

Die etwas ältere Generation kennt den Filmklassiker von 1993 mit Bill Murray in der Hauptrolle, wir fühlen uns fast schon genauso. Seit dem Verlassen von Puerto Williams führen wir den täglichen Kampf gegen die Feuchtigkeit im Schiff, die sich überall bildet, trotz der guten Isolierung unserer Dicken. So beginnt der Tag damit, erst einmal alle Luken und Fenster mit einem Lappen trocken zu legen, ebenso tagsüber und genauso endet der Tag auch. Bevor es in die Koje geht: wischen. War es zu Beginn der Reise Richtung Norden noch recht einfach – man konnte fast jeden Tag auch mal ordentlich lüften – ist es mittlerweile schon fast ein Kampf geworden. Der viele Dauerregen macht ein Lüften kaum möglich, es wird aber jede noch so kleine Möglichkeit genutzt, genau dies zu tun. Bei der hohen Luftfeuchtigkeit aber ein Kampf gegen Windmühlen, der aber weitergekämpft werden muss. So freuen wir uns auf eine Marina mit Landstrom, so daß unser Luftentfeuchter seinen Dienst verrichten kann. Im Moment geht das nur kurz und sporadisch, wenn genug Strom in den Batterien vorhanden ist, Solarstrom gibt es halt auch fast keinen.

Der nächste Kampf gilt unserem Motor, er läuft zwar noch, aber das ist jetzt mal nicht das Gelbe vom Ei. Die Hoffnung, daß es „nur“ an den Einspritzdüsen liegt, wurde in Puerto Aguirre ja zerschlagen. Alles was ich unterwegs überprüfen und machen kann, ist gemacht. Der erste Kontakt zu einem Mechaniker in Puerto Montt ist hergestellt; der muss es wohl richten, hoffentlich. Bis dahin muss er noch, zumindest halbwegs, funktionieren. So genug der Jammerei, weiter geht´s mit der Reise.

Von Puerto Aguirre aus wollten wir eigentlich die Inseln an der Westküste „abklappern“. Doch wie immer kommt uns das Wetter in die Quere. Es zieht wieder ein Tiefdruckgebiet heran, das uns einige Tage „bewinden“ sollte. Und da das Wetter aus Westen über die Inseln heranzieht, fühlen wir uns in den Kanälen des Festlandes etwas sicherer. Also entscheiden wir uns, daß wir nach Norden an der Festlandküste hochziehen werden, bevor wir auf die große Insel Chiloe übersetzen werden, die hier auch ein „To-Do“ ist.

Unser erster Schlag fällt daher etwas länger aus, da die nächste passende Ankerbucht, die Caleta Reunion auf der Südseite der Isla Magdalena liegt, einer großen Insel direkt vor dem Festland. Es läuft gut, wir können auch wieder einmal die Segel setzen und zu unserer großen Freude sehen wir etliche Buckelwale. Wir machen einen Abstecher und drehen auch ein paar Kringel, um diesen eleganten Kolossen zuzusehen. Einfach immer wieder faszinierend und atemberaubend, man kann sich hier nicht sattsehen.

In der Caleta Reunion verbringen wir einige Tage vor Anker und Landleinen, bis sich das Wetter etwas beruhigt und können hier auch mit dem Dinghi den Flußlauf etwas hinauffahren und die Natur bestaunen. Dann brechen wir auf, um auf die Nordseite der Insel zu wechseln; eine Strecke von 50 Seemeilen liegt vor uns. Unser Ziel ist die kleine Caleta 13 de Diciembre. Auch hierher können wir wieder segeln, verlieren aber durch die nötigen Kreuzschläge ziemlich viel Zeit, so daß wir mit unserer JOSA erst in der Dämmerung ankommen. Diesmal war Ulf vor uns da, er hat sich das Segeln erspart und ist unter Maschine auf direktem Kurs gefahren, da sein Boot nicht so hoch am Wind fahren kann und er durch das Kreuzen noch viel mehr Zeit verloren hätte als wir. Er hilft uns bei Ankunft noch schnell, die Landleinen auszubringen, solange noch etwas Licht vorhanden ist. Im Stockdunkeln an einer Felswand hochkraxeln, um einen Baum zu erreichen, ist nicht so prickelnd.

Aber diese kleine Bucht ist wunderschön. Jochen ist am nächsten Tag in einer Regenpause mit Fred losgezogen und hat die gesamte Bucht vor unserer Minicaleta abgerudert. Eine traumhaft schöne Bucht mit vielen kleinen Inselchen. Entsprechend natürlich auch die Tierwelt. Diese Zeit habe ich genutzt, um einen Kuchen zu backen. Schließlich hat unsere Nachbarin zu Hause ja heute Geburtstag und das ist bekanntlich „Kuchentag“! Bei uns ist zwar keine Auswahl vorhanden, aber immerhin haben wir einen.

Tags darauf ging es in Richtung Puerto Santo Domingo im Canal Refugio. Dieser Kanal soll wunderschön sein und der Ankerplatz befindet sich in einer weitläufigen Bucht mit zwei bewohnten Häusern. Eines davon ist von einer deutschen Aussteigerin mit ihren Kindern bewohnt. Sie wollen wir unbedingt besuchen, hat uns doch Martin von ihr erzählt und wie nett es da wäre. Leider sahen wir vom Canal Refugio nicht wirklich viel. Wir haben hier an der Festlandseite zwar den Vorteil, daß der Wind schon abgebremst wurde und durch die vorgelagerten Inseln nicht so stark ankommt, aber leider hängen sich halt die Regenwolken hier an den Bergen fest und es ist permanent am Regnen. Entsprechend ist auch die Sicht. Hinter den vielen Wolken befindet sich ein wunderschöner Vulkan – den wir leider überhaupt nicht zu Gesicht bekommen haben.

Als wir in der Bucht ankommen, liegen da auch einige Boote. Wir vermuteten Fischerboote und sind guten Mutes einmal rübergefahren und haben nach Fisch gefragt. Nein, Fisch hat er nicht. Sie sind Arbeitsboote. Na gut, dann halt kurz die Beine an Land vertreten bevor es dunkel wird, es regnet ja gerade mal 10 Minuten nicht.

Unser ursprünglicher Plan war noch die Insel „Tictoc“ auf der Festlandseite anzufahren, da diese eine tolle Tierwelt bieten soll. Doch leider zeigt die Wettervorhersage wieder einmal etwas anderes. Nach Tictoc wollten wir nach Chiloe übersetzen; hierfür queren wir den Golfo de Corcovado, der durch den Boca Del Guafo mit dem Pazifik verbunden ist. Eine sehr breite Öffnung zwischen den Inseln. Und hier rollt die Welle ordentlich rein, wenn draußen entsprechende Winde herrschen. Lediglich für den Sonntag ist ruhiges Wetter mit nur kleiner Dünung angesagt. Sollten wir diesen Tag nicht nutzen, sitzen wir mindestens eine weitere Woche hier fest. Also beschließen wir, daß wir gleich morgen früh, dem Samstag zeitig aufbrechen und in 20 sm Tictoc ansteuern, um dann am Tag darauf nach Chiloe aufzubrechen. In der Hoffnung, daß wir dann wenigstens den Rest des Tages noch etwas von Tictoc sehen können, wenn wir hier schon nicht an Land können, um Bekanntschaft zu machen.

Also hieß es für uns, morgens um 7.30 Uhr im Stockdunkeln den Anker zu lichten und Richtung Norden aufzubrechen. In unserer Bucht ist von Wind und Welle nichts zu spüren und wir fahren in die Dämmerung, die wieder von Wolken, Nebel und Regen geprägt ist. Uns war klar, daß uns etwas Welle entgegenschlagen wird, wenn wir aus dem geschützten Kanal Refugio hinausfahren und daß uns Wind von vorne erwartet, gegen den wir anfahren müssen. Aber für 20 sm sollte das gehen…. Naja, ging es nicht. Nachdem wir uns es einige Zeit angetan hatten, gegen die Welle anzufahren und der Wind auch schon früher und stärker zulegte als vorhergesagt, haben wir uns entschieden: „umdrehen“. Also ging es wieder zurück nach Puerto Santo Domingo. Dann fahren wir morgen früh direkt nach Chiloe los.

Nachdem der Regen am Mittag eine Pause eingelegt hat, haben wir Fred geschnappt und sind an Land zu den Häusern gefahren. Begrüßt wurden wir gleich von mehreren bellenden Hunden und uns kam dann auch gleich Veronika entgegen. Wir haben uns dann als Deutsche geoutet und gestanden, daß wir sie aufgrund Martin’s Erzählungen unbedingt besuchen wollten. Sie hat sich sehr gefreut und uns eingeladen, sie in ihrem Haus zu besuchen. Wir sollten uns vorher aber unbedingt bei dem Besitzer des Grundstückes anmelden und um Erlaubnis bitten, hier an Land zu gehen. Da er im Haus nebenan wohnt, sind wir mit Veronikas jüngstem Sohn als Übersetzer hinübermarschiert und wollten kurz Hallo sagen. Naja – kurz.

Er hat uns gleich eingeladen zu sich ins Haus und wir saßen dann dort gemütlich zusammen. Veronika kam dann auch noch herüber und so haben wir einiges über den Besitzer und die Gegend erfahren. Das Land hier in der gesamten Bucht gehört ihm, sogar der Strand ist in Privatbesitz. Dies ist nicht üblich in Chile, er ist der einzige Besitzer von Strand. Normalerweise endet der private Besitz vor dem Strand und der Strand ist öffentlich. Hinter seinem Land fängt gleich der Nationalpark an, ebenso die vorgelagerte Insel ist Nationalpark und auch der Küstenabschnitt gegenüber ist geschützter Bereich. Da darf weder getaucht noch gefischt werden. Dies interressiert die Salmoneras-Besitzer aber nicht. Sie bauen dort ihre Lachsfarm auf – weil einfach nicht kontrolliert wird. Daher auch die diversen Arbeitsschiffe, die vor Anker liegen. Das sind Arbeiter, die auf den Salmoneras arbeiten. Und die Häuser, die hier stehen waren früher die Unterkünfte für die Taucher, die auf den Salmoneras gearbeitet haben. Er hat diesen Landabschnitt vom Staat gekauft und baut sich die Häuser nun seinen Wünschen entsprechend aus und um, um hier ein einfaches Leben ab von Städten und Menschen zu führen. Und Veronika darf einen Teil davon nutzen und hilft dabei, das Land zu bewirtschaften und herzurichten. Für den morgigen Tag z.B. steht die Schlachtung eines Stieres an. Da hier früher die Arbeiter gewohnt haben, haben sie noch den Luxus, daß zweimal in der Woche eine Fähre vorbeikommt und hier auch anlandet, wenn dies gewünscht oder benötigt wird.

Gerne wären wir hier noch einige Tage geblieben und hätten etwas mitgeholfen, nur um von diesem einfachen Leben etwas mehr zu erfahren. Doch leider müssen wir uns wieder verabschieden, um am nächsten Morgen wieder zeitig aufzubrechen. In den Genuß, das Haus von Veronika zu sehen, kamen wir natürlich auch nicht mehr….

Am Sonntag hieß es dann wirklich zeitig um 7 Uhr „Anker auf“. Es liegt ein weiter Weg vor uns. Und es war wie vorhergesagt ein schöner Tag mit Sonnenschein, blauem Himmel und Sicht auf die hinter uns liegenden Berg- und Vulkangipfel. Endlich sieht man mal was!!! Die Dünung war noch angenehm und kurzzeitig war auch reines Segeln möglich. Doch leider war der Wind etwas zu schwach auf der Brust, damit die Segel in der Dünung wirklich gut stehen und nicht das Schlagen anfangen. Daher war es ein mehrfaches Segel setzen und Motor an und aus. Nach 58 Seemeilen und 10,5 Stunden Fahrt hieß es dann „Anker ab“ in Puerto Quellon auf Chiloe.

Anker ist gefallen in Quellon mit Blick auf die Anden – hier der Vulkan Corcovado

Mit Ankunft in Chiloe hat sich das Landschaftsbild auch komplett geändert: von der unberührten Natur und den Berggipfeln, die von den rauhen Naturgewalten gekennzeichnet sind, hin zu einer weichen Hügellandschaft. Erhöhungen, die kaum über die 200 Höhenmeter reichen, alles Grün, alles bewaldet mit Wiesen dazwischen, hier und da stehen immer wieder Häuser oder kleinere Siedlungen. Man merkt einfach direkt, daß hier wieder mehr Menschen leben, weil wohl auch einfacher als der unzugänglichen Natur der Bergwelt etwas abzuringen…

Quellon, ein 13000-Einwohner-Ort, der vom Fischfang lebt. Entsprechend viele Fischerboote liegen im Hafen und wir verziehen uns ganz ans Ende der Bucht, um nicht permanent von vorbeifahrenden Booten durchgeschaukelt zu werden. So ist der Weg mit Fred zum Pier zwar länger, aber vor Anker viel angenehmer. Unsere direkten Nachbarn sind ein paar Seelöwen, die auf einer kleinen Plattform liegen. Von Ulf kam dann auch noch die Frage, ob wir denn noch mal an Land gehen werden, er würde natürlich nach so einem langen Tag und wenn wir schon in einer Stadt sind, gerne zum Essen gehen. Na klar, also Fred gesattelt und an die Pier gefahren. Hier sind die Fischer alle mit dem Abladen ihrer Boote beschäftigt und wir legen uns neben die ganzen kleinen Ruderbooten, mit denen die Fischer zu ihren großen Booten an den Bojen fahren, an den Pier.

Ein erster Marsch durch die Stadt zur Orientierung und schon geht die Restaurantsuche los. Wir haben uns für heute eigentlich eine Pizza eingebildet und so haben wir ein junges Pärchen nach einer Pizzeria gefragt. Ihre Empfehlung hat leider in dem Moment geschlossen, als wir dort ankamen. Also retour zu einem anderen Restaurant, an dem wir vorbeigelaufen sind und die auch Pizza auf der Karte hatten. Vorhin war der Laden leer, nun ist er leider komplett besetzt. Anscheinend gehen hier alle Fischer und Arbeiter nach ihrem Tagwerk zum Essen. Also auf zum nächsten Laden genau gegenüber. Die Karte gab jetzt nicht wirklich viel her, was uns etwas gesagt hätte. Auf die Nachfrage bei der Kellnerin, um was es sich denn da handelt, kam dann die (wir denken) Chefin mit einem Handyvideo, um uns das Essen zu zeigen. Wir orderten dann diese „Tabla del Mar“ und waren begeistert. So ein leckeres Essen haben wir in diesem Restaurant nicht erwartet. Sah es doch mehr wie eine Bar aus. So endet ein wettertechnisch gesehen Super-Tag mit einem noch besseren Essen.

Am nächsten Tag hieß es dann „zuerst einmal Kaffee und Kuchen, dann Shopping“. Gesagt, getan. Wieder mit Fred an unseren Pier gefahren. Heute wurden hier gerade kistenweise Seeigel abgeladen. Ein Fischer hielt uns dann einen aufgeschnittenen Seeigel zum Probieren hin. Jochen hat als erstes probiert und fand es nicht schlimm, also habe ich ihn auch gekostet. Kein schlimmer Geschmack, etwas salzig-süß und schleimig – aber als (teure) Delikatesse würde ich ihn jetzt nicht bezeichnen. Vor allem wir haben ihn ja noch mit allem Inhalt vor die Nase gehalten bekommen, im Restaurant schaut das bestimmt etwas netter aus, wenn die Gedärme und so entfernt worden sind.

Kaffee und Kuchen waren wie immer lecker, Shopping auch erfolgreich und so war der Tag auch schon wieder um. Neuer Versuch mit Pizza. Restaurant Nr. 1 war heute geschlossen, Nr. 2 war komplett reserviert. Dann halt wieder woanders schauen. Wir haben dann ein Restaurant erwischt, die Pizza auf der Karte hatten und die war auch noch seehr lecker.

Dritter Tag im quirligen Quellon und wieder hieß es Landgang mit allem was dazugehört. Heute war wohl „Muscheltag“ am Pier. Säckeweise lagen hier die Muscheln aufgeschichtet. Alle schön sauber, sicherlich aus Muschelfarmen. Auch hier wurde uns gleich wieder der Löffel entgegengehalten von ein paar Fischern, die auf ihrem Boot einen frischen Muschelsalat gegessen hatten. Dieser war dann auch köstlich.

Wir haben es aber immer wieder geschafft, wenn wir in Fred saßen, doch irgendwie jedes Mal naß zu werden. Entweder fing es das regnen an oder es nieselte so vor sich hin. Gott, was haben wir diesen Regen satt! Angeblich sind April und Mai die regenreichen Monate. Na hoffentlich wird das im Juni besser!

Nach 3 Tagen hier ging es für uns weiter in eine geschützte Bucht, da wieder einmal ein „Wetterchen“ kommen sollte. So sind wir am Mittwoch aufgebrochen in die Estero Pailad, die laut blauer Bibel geschützt und „der schönste“ Ankerplatz auf Chiloe sein soll. Nun ja. Ich will nicht sagen, daß es hier häßlich wäre. Der Ankerplatz war nett, aber von einem Schutz vor starkem Nordwind möchte ich nicht sprechen. Auch die schönen Wanderungen, die man hier machen können soll, stimmen so wohl nicht mehr ganz. Man kann laufen – ja. Aber nur der Schotterpiste entlang von endlosen Stacheldrahtzäunen. Ich denke, daß es hier in den letzten Jahren einige Veränderungen seit den Besuchen der Blaue-Bibel-Schreiber gegeben hat.

So haben wir dann am nächsten Nachmittag vom Ankerplatz vor der Kirche verlegt an einen Ankerplatz in einer kleinen Bucht, gleich um die Ecke. Hier liegen wir nun hinter einer Fisch- oder Muschelfarm vor Anker und haben zusätzlich noch Landleinen gelegt, da Winde von bis zu 9 bft angekündigt sind. Da wir nicht wissen, ob uns hier der Schwojkreis ausreichend Platz gibt, haben wir die Landleinen lieber vorsichtshalber noch ausgebracht, nachdem wir unser Boot mit Bug gen Norden ausgerichtet haben. Soll der Wind doch kommen.

Heute ist der Tag, an dem der Wind kommen soll. Bisher ist hier noch nichts zu merken, außer daß es den ganzen Tag hindurch nur geregnet hat. Also unter Deck verkriechen, Jochen hängt im Motorraum, ich habe als Trost Kuchen gebacken und schreibe diese Zeilen. Warten wir ab, was die Nacht noch bringen wird….

Der Abend und die Nacht hatten Wind in sich, aber es war nicht so, daß wir davon viel bemerkt hätten. Wir haben ab und an eine Böe gehört und etwas im Boot gespürt, aber von den hohen Windstärken war an unserem Ankerplatz wenig zu spüren, eine gute Wahl. So sind wir am nächsten Morgen zeitig aufgebrochen bis zu unserem nächsten Plätzchen, dem Estero Pindo. Einer Bucht auf der Isla Quehui vor einer Siedlung namens Los Angeles 😊 Die Überfahrt war sonnig, teils wolkig, für uns aber weitgehendst trocken. Erst wieder pünktlich zum ankern fing es an zu regnen. Wie immer! So daß ich doch noch nass werde, wenn ich am Bug den Anker herablasse. Aber das hat bald wieder nachgelassen, und so sind wir am Nachmittag übergesetzt an Land. Prompt kam natürlich wieder ein Schauer über uns, so daß wir uns kurz am Fähranleger untergestellt haben. Dort wurden wir dann gleich von einem Minimercado-Besitzer abgefangen, der uns in seinen kleinen Markt „zum Schauen“ bugsiert hat und erklärt hat, daß uns seine Schwester ein Abendessen kochen könne.

So haben wir uns noch etwas die Beine vertreten und sind gegen 18.30 Uhr in der kleinen Hospedaje (Unterkunft) angekommen, wo wir ein leckeres Essen erhalten haben. Los Angeles ist ein kleines Fischerörtchen, wo man auch schön laufen gehen kann (zumindest den aushängenden Schildern nach).

Doch wir sind am nächsten Morgen weitergezogen in das Örtchen Dalcahue, wieder auf der Hauptinsel Chiloe. Auch dieser Ort ist ein Fischerort, aber gleichzeitig wohl auch ein Touristenort. Wir haben an einer freien Boje festgemacht, da das freie Ankern zwischen den vielen Fischerbooten doch kaum Platz zulässt. Bei unserem ersten Landgang sind wir zunächst über den sonntäglichen Kunsthandwerk-Markt geschlendert, der direkt an der Pier liegt. Hier werden viele Wollprodukte wie Socken, Handschuhe, Pullover, Ponchos, Teppiche etc. verkauft und allerlei Krimskrams. Auch gibt es hier etliche Unterkünfte, Restaurants und Cafes. Wie immer wurde ein solches natürlich von uns aufgesucht und für gut befunden. Hier gibt es viele sehr schöne Häuser, die auch teilweise entsprechend gut gepflegt sind. Holzhäuser mit Schindelverkleidung in allen Farben und Formen und verzierten Ortgängen und Giebeln. Man merkt halt sofort, wo Tourismus herrscht. Alles in allem ein nettes Örtchen; so haben wir beschlossen, daß wir hier eine weitere Nacht verbringen werden, bevor wir wieder weiterziehen. Laut Wettervorhersage soll es jetzt mal einige Tage trocken bleiben – mal schauen…

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