Im Vorfeld hatten wir uns mit Brasilien überhaupt nicht auseinandergesetzt, da dies für uns „nur“ Transitland sein sollte und Sightseeing so gar nicht auf unserem Programm stand.
Also mussten wir uns erst einmal einen Überblick verschaffen. Aber wofür gibt es ja das WWW? Beim Nachlesen der 10 Highlights Brasiliens mußten wir dann feststellen, daß dieses Land wirklich gigantische Ausmaße hat und man mal nicht eben so in 10 Tagen Rundreise mehrere Punkte abfahren kann. Also Ausschlußkriterium: was wollen wir sehen, was können wir von weiter südlich noch besichtigen, wenn wir eh mit dem Boot da unten sind?
Somit fiel unsere Entscheidung, daß wir in den Nationalpark Chapada Diamantina fahren wollen und dann auf dem Rückweg vielleicht noch in Salvador und Olinda vorbeischauen. Dazu muß man sagen, daß die Diamantina, auch einfach mal eben 1200 km entfernt sind…..
Über das Autofahren an sich hat sich Jochen ja schon ausgelassen und alles erklärt, was es hier so an Besonderheiten gibt. Daher erzähle ich da nichts mehr dazu; nur soviel: Amerikas endlose Route 66 gibt es hier auch zigfach – endlose, kerzengerade Straßen, Hügel rauf und runter, weit sichtbar, ob was entgegenkommt oder nicht.
Nachdem uns gesagt wurde, wir sollten nicht Nachts durch die Gegend fahren und bei Dunkelheit am Besten eine Unterkunft haben, haben wir den Trip auch so geplant: mit einer Übernachtung auf dem Weg, da wollten wir dann spontan schauen, wo es was gibt.
Es lief auch ganz gut, wir sind gut vorwärts gekommen und haben unterwegs ein Zimmer mit Frühstück für 22 € (!!) bekommen. Nix besonderes, aber zum Schlafen langt es. In der Diamantina haben wir uns den Ort Lencois als Übernachtungsort ausgesucht, da dieser ein „Knotenpunkt“ ist, an dem man gut loswandern könnte und wo man mit dem Auto auch noch losfahren kann. Eine Pension hatten wir uns auf Booking auch schon ausgesucht, aber wir fahren die direkt an und buchen nicht übers Internet. (ist meist günstiger)
Die Anfahrt zur besagten Pousada war dann sehr spannend. Im Örtchen erst mal Kopfsteinpflaster, dann Piste mit Auswaschungen. Aber was haben wir wieder Schönes ausgesucht! Eine nette kleine Pension mit Pool(chen), Hängematten und einer supernetten und aufmerksamen Gastgeberfamilie. Sie Portugiesin, er Argentinier. Nachdem Kerstin und Mike von der Salto auch auf dem Weg hierher waren, habe ich gleich mal angefragt, ob denn evtl. noch ein Zimmer frei wäre und habe die Info an Kerstin weitergegeben. Diese haben sich dann auch entschlossen, hier abzusteigen. Somit waren wir wieder mal zu viert unterwegs.
Leider wurden wir etwas enttäuscht. Nicht von der Diamantina. Nein, die Gegend und die Natur sind super. Nur leider verlangen die Brasilianer gerne für die einfachsten Dinge Geld. Zutritt zum Park in Lencois 3 € pro Nase. Dafür darf man dann am Fluß entlangwandern, in den Naturschwimmbecken baden und sich den Tag vertreiben. Wenn man jedoch den Wasserlauf weiterlaufen möchte und noch die bunten Sandsteine usw. anschauen möchte, muß man einen Guide nehmen, der dann 40 € kostet. Von wegen, hier einfach loswandern!!
Auch stand eigentlich auf dem Plan, einmal zum Kajakfahren zu gehen. Aber auch hierfür braucht man erst mal einen Termin, den man nicht von heute auf morgen bekommt. Kerstin bekam da auf ihre Anfrage hin eine Absage. Das müsste schon mal 4 Tage vorher gebucht werden. Außerdem darf man auch hier nicht selbst paddeln, sondern wird von einem Guide gepaddelt. Auf einem See!!! Für Geld!!! Man muß hier für alles einen Guide buchen, selbst geht gar nichts bzw. nur sehr wenig.
Wir haben dann das Beste daraus gemacht und sind die Dinge abmarschiert, die wir ohne viel Geld in die Hand nehmen zu müssen auch machen konnten.
Unser erstes Ziel das wir mit dem Auto in Angriff genommen. Ein Wasserfall – der Cachoeira do Mosquito. Hierfür mußten wir mit dem Auto erst wieder eine Piste von 15 km Länge fahren, was Mike souverän gemeister hat. Natürlich wieder Eintritt! Hatten wir im Vorfeld recherchiert, daß wir hier 15 Reais/Nase zahlen mußten (Stand 2021), sollten es nun 60 Reais sein. Kurz diskutiert; jetzt sind wir schon mal da, dann zahlen wir das halt. Aber es hat sich gelohnt. Ein toller Wasserfall und eine tolle Autofahrt.
Am nächsten Tag dann wollten wir mal im Ort bleiben und dort etwas laufen. Also sind wir an unseren Fluß, den kann man hochlaufen zu kleinen Überläufen und Naturschwimmbecken. „Piscina Naturais do Serrano“. Auch hier wieder: Eintritt!!! Und nur Kartenzahlung. Es hat natürlich keiner eine Kreditkarte mit, also ist Jochen noch mal geschwind zur Unterkunft gelaufen und hat Plastikgeld geholt. Aber: dieser Eintritt gilt jetzt 3 Tage lang. Kerstin hat dabei gleich kapituliert, ihr setzte wohl noch etwas die Dengue-Impfung zu.
Also sind wir zu dritt den Fluß hochgelaufen. Nein, es war eher ein gekraxel im Fluß über große Findlinge. Aber wieder wunderschön, mit toller Landschaft und Tierbeobachtungen.
Neuer Tag, neues Glück. Kerstin muß auch heute wieder pausieren. Wir laufen zu dritt einen weiteren Weg hier in Lencois – diesmal ohne Eintritt. Wieder eine schöne Tour von 10 km zum Fluß „Ribeirào do Meio“. Ein Wasserfall mit „Naturrutsche“ und Schwimmbecken. Der Rückweg war dann etwas abenteuerlicher, da es am Hang des Flußes entlangging, und wir erst den Zugang zu dem Weg nicht gefunden haben. Echt toll. Unterwegs noch einen Einheimischen mit seiner Familie getroffen, der hochgelaufen kam und uns entsetzt fragte, ob wir den Weg kennen würden. Der wäre nicht so einfach!!! Das haben wir mal bestätigt, wir wüssten, wo es lang geht. Er kommt uns da mit Kindern und Enkeln entgegen, die teilweise in Flip-Flops unterwegs waren. Wieso sollten wir in Wanderausrüstung diesen Weg nicht schaffen?!?!? War auch nicht so wild, bis auf einmal falschen Weg nehmen und umdrehen – weil da geht es definitiv nicht mehr weiter.
Als letztes Ziel haben wir uns noch einen Gipfel ausgesucht – den „Morro do Pai Inácio“ und danach denn Wasserfall „Poco do Diabo“. Hierfür mit dem Auto angefahren und was wohl? Eintritt. Bei bewölktem Himmel und noch leichten Regen (nach dem starken am Morgen) begonnen, den Berg hochzulaufen. Na, Sicht auf die umliegenden Berge werden wir wohl nicht haben. Wieder ein toller Weg den Hang entlang und oben ein Plateau, auf dem nach dem Regen viele, viele kleine Wasserbecken gefüllt waren und viele Sträucher, Bäume und Gräser wachsen. Und: an einem Eck ganz viele Orchideen. Und, was ist, wenn Engel reisen? Der Himmel reißt auf, die Sonne kommt raus und wir haben tatsächlich noch Fernsicht bekommen. Der darauf folgende Besuch am Wasserfall war dann sogar ohne Eintritt zu bekommen. Das hat sich doch echt gelohnt, daß wir bei dem Regen losgezogen sind und nicht in der Pousada sitzen geblieben sind.
Noch ein Wort zu Lencois. Das ist ein typischer Touri-Ort. Sind wir in unserer Pousada auf der „ruhigen“ Seite hoch oben am Berg ist das Zentrum über dem Flüßchen drüben doch ein durch und durch touristisches Stadtzentrum. Mit einem Lokal neben dem anderen. Was sich auch an den Preisen deutlich bemerkbar macht. Sind wir von Jacaré noch verwöhnt, daß wir für 3 – 5 € richtig satt werden, sind wir hier deutlich höherpreisig unterwegs, was nicht unbedingt heißt, daß es besser ist.
Was wir auch festgestellt haben: In Brasilien immer ein Fleischgericht bestellen! Das ist definitiv günstiger als jeder Salat oder eine einfache Portion Pommes. Für die bezahlt man hier schon mal gerne 7 €, während ein Fleischgericht mit Beilagen 6 € kostet. Während bei uns zu Hause eine Pizza immer ein günstiger Sattmacher ist, ist das hier eher eine High-Class-Delikatesse, unter 10 € eigentlich nicht zu bekommen. Also: Fleisch!
Unsere Rückfahrt treten wir wieder getrennt voneinander an, da Kerstin und Mike direkt zurückfahren werden. Wir werden diesmal auch eine andere Route fahren und noch in Olinda vorbeifahren. Salvador lassen wir mal aus, das soll eh so kriminell sein.
Unterwegs haben wir dann bei einer großen Industriestadt in einem „Grande Hotel“ übernachtet mit Blick auf den Fluß. In dieser Gegend haben wir dann verwundert festgestellt, daß es auch relativ „clean“ zugehen kann. Diese Stadt war wirklich sauber; wenig Müll, der herumlag und auch der Portier bestätigt und, daß diese Stadt „sehr sicher“ ist. Tja, das ist wohl wirklich so: wo Geld verdient werden kann und etwas vorhanden ist, ist es wohl sauberer und sicherer. Was wir hier auch festgestellt haben: buchen über Booking ist hier wohl eher günstiger! Wir haben uns den Preis angeschaut, sind ins Hotel gefahren, haben dort nach dem Preis gefragt. Da wollte er doch tatsächlich mehr, als auf Booking. Ihn darauf angesprochen, sagte er, daß er den Booking-Preis nicht machen kann. Wir sollten doch hier noch über Booking buchen und wenn er die Mail erhalten hat, sind wir drin. Das könne halt bis zu 30 Minuten dauern. Also haben wir das halt so gemacht und die Zeit in der Lobby abgesessen.
In Olinda sind wir dann relativ spät im Dunkeln angekommen (hier wird es um 18 Uhr dunkel) und haben noch im Auto über Booking unsere Unterkunft gebucht – ein altes Kloster im Zentrum vom historischen Olinda – super.
Aber auch hier wieder erst mal Ärgern angesagt. Wir kommen oben am Berg an, das Navi sagt „das Ziel ist rechts von Dir“ – wir sehen nix. An der großen Kirche sagt uns ein Parkplatzzuweiser, daß wir rumdrehen müssten, wir wären schon dran vorbeigefahren. Also zurück. Hier wieder ein „Wächter“, der uns klarmacht, daß wir das Auto da stehen lassen sollen, er zeige uns die Pousade und sein Kollege bewacht unser Auto. Aha! Jochen bleibt stur sitzen, ich komme mit. Er führt mich durch hintere Gasse zu einem Eingang und klingelt. Doch nichts passiert. Ich bin mir sicher, daß ist nicht unser gebuchtes Hotel; hier gibt’s keine Parkmöglichkeit und der Eingang sieht definitv nicht nach Kloster aus. Nach 5 Minuten gibt er auf und wir gehen zum Auto zurück und schwupps ist er weg. Er wollte uns wohl in einer anderen Pousada unterbringen, wo er mitverdient. Also eine weitere Person angesprochen und gefragt. Dieser Herr war dann so nett, mit seinem Fahrrad vorauszufahren und uns unsere Unterkunft zu zeigen. Danke.
Auch eine sehr schöne Unterkunft, alles noch so gelassen, wie es früher war. Die Zimmer sind wohl die alten Zellen. Ich habe uns die „Luxus“-Variante gebucht mit eigenem Klo und Bad und nicht mit Gemeinschaftsbad auf dem Flur. Zum Essen noch mal rausgegangen, da es hier im Kloster nur für eine gebuchte Gruppe Verpflegung gibt. Leider wieder voll auf Touris ausgelegt. Jeder fragt nach Geld und auch das Essen war sehr teuer. Ich wollte nur eine Kleinigkeit, da wir ja unter Mittag in einem Self-Service gut gespeist hatten. Kleinigkeiten gibt es nicht, also habe ich halt einen Nachtisch als Hauptspeise gegessen.
Am nächsten Vormittag sind wir dann durch Olinda geschlendert – in größter Hitze. „Olinda, amtlich Municipio de Olinde im Bundesstaat Pernambuco ist eine der ältesten Städte Brasiliens. Das Juwel barocker Architektur ist bis heute ein Spiegelbild der europäischen Kultur des 17. Und 18. Jahrhunderts und ist seit 1982 UNESCO-Welterbe => Wikipedia“. Ein nettes, kleines Örtchen mit alten Häusern die auch mal frische Farbe dran haben und alles gleich viel freundlicher aussehen lassen, ja. Aber die Lust verging uns relativ rasch bei den Temperaturen. Also ab ins Auto, Klimaanlage an und nach Hause. Vor uns hin schwitzen können wir dann ja auch auf dem Boot, und das ganz ohne Bewegung dabei.