Autor: Jochen (Seite 1 von 3)

Überfahrt zu den Gambier Inseln

Nachdem Fred und der Außenborder schließlich verstaut sind und soweit alles vorbereitet ist, heißt es endlich gegen 19 Uhr Anker auf. Doch hier der erste Schreckmoment, unsere Ankerkette hat sich wohl irgendwo am Grund um einen Felsen verschlungen. Mit ordentlich Zug auf der Kette und dem leichten auf und ab in der Dünung vom Boot kommt sie schließlich frei, Glück gehabt. Hätte das nicht funktioniert, hätte sich die Abfahrt wohl um einen Tag verschoben. Bei 20 m Wassertiefe hätte es eine Tauchausrüstung benötigt, um die Kette wieder frei zu bekommen. Unsere ist gut um Schiff verstaut und sich an eine der örtlichen Tauchschulen zu wenden, hätte alles noch einiges an Zeit gekostet. Bis es soweit gewesen wäre, wäre es schon so dunkel, daß daran nicht mehr zu denken gewesen wäre ins Wasser zu gehen, Tauchlampen haben wir leider keine dabei. Es hätte auf den nächsten Tag verschoben werden müssen. Aber wie gesagt, Glück gehabt.

So können wir schnell die Segel setzen, bei der Behörde noch schnell unsere Abfahrt durchfunken und los geht´s. Kaum aus der Landabdeckung draußen ist der Wind auch so kräftig, daß wir die Segel gleich noch etwas weiter reffen müssen als eh schon gemacht. Dann passt alles und so geht es die nächsten 2 Tage ohne weiteres Zutun dahin. Der Wind dreht schließlich immer weiter, nimmt auch noch etwas zu und wir fahren nun hoch am Wind unserem Ziel entgegen. Eine sehr zermürbende Fahrt, sowohl für´s Gemüt als auch für´s Material.

Dazu will ich euch mal ein wenig in die Grundlagen vom Segeln entführen. Der Einfachheit werde ich die Werte etwas runden, damit es verständlicher wird, der Profi wird mir verzeihen. Zuerst mal die Windgeschwindigkeiten die bei uns oft in Beaufort, kurz Bft, angegeben sind. Hier handelt es sich um eine Windscala die besagter Herr Beaufort entwickelt hat. 1 Bft entsprechen einer Windzunahme von ca. 5 kn, das sind ca. 10km/h. So entsprechen 5 Bft um die 20 kn Wind. Beim Segeln sprechen wir noch von einem wahren Wind und dem scheinbaren Wind. Der wahre Wind ist der Wind, den ihr spürt wenn ihr an einem festen Ort steht, Richtung und Stärke entsprechen den Angaben. Der scheinbare Wind ist der Wind den ihr in Bewegung spürt. Als Beispiel nenne ich mal das Fahrradfahren. Wenn ihr bei 20 km/h Wind dem Wind genau entgegenfahrt mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h (mit E-Bike schafft das jeder😉), so spürt ihr den Wind mit 40 km/h. Fahrt ihr mit den gleichen Werten genau mit dem Wind von hinten, so fühlt es sich an als wäre Windstille. Das ist der scheinbare Wind mit dem wir auf unserem Boot unterwegs sind. Kommt der Wind noch etwas von der Seite, ändert sich auch mit der Boots- bzw. Fahrradgeschwindigkeit der Einfallswinkel vom Wind. Auf dem Boot fahren wir auf Am-Wind-Kurs = Wind von vorne, Halb-Wind-Kurs = Wind von der Seite, Raumschot-Kurs = Wind von hinten. Jetzt fahren wir auf Am-Wind-Kurs bei besagten 5 Bft ca. mit 8 kn durch das Wasser, das fühlt sich dann schon an wie 6-7 Bft Wind, das ist schon nicht ohne. Fahren wir mit den gleichen Werten nun Raumschot, sind es nur noch 3-4 Bft Wind die wir auf dem Boot spüren und auch zur Verfügung haben, um vorwärts zu kommen. Jetzt kommt noch der Faktor Welle/ Dünung mit ins Spiel, auf dem Fahrradweg oder der Straße bleiben die Bedingungen ja gleich. Die Dünung ist in der Regel eine er langgezogene Welle die von einem weit entfernten Windsystem kommt. Hier im Südpazifik kommt jene meist aus südwestlicher Richtung und entstehen tut sie südlich des 40ten Breitengrades in den Stürmen, die da unten gang und gäbe sind. Die Welle kommt, der Einfachheit wieder gesagt, aus der Richtung, aus der der Wind kommt und wird auch von jenem erzeugt den man vor Ort hat. Fährt man nun auf Am-Wind-Kurs, kommen einem die Wellen mit ihrer etwas steileren Seite entgegen, das Schiff kämpft gegen die Wellen an. Ein ständiges Stampfen ist die Folge, viel Gischt und Wasser kommen über das Deck. Fahren wir Raumschot kommt die etwas flachere Seite der Welle von hinten, hebt das Schiff sanft an und geht mit der Welle auch wieder sanft nach unten. Wie in einen Fahrstuhl ein auf und ab, aber alles entspannt. Auf Halbwindkurs ist das Ganze eine Mischung aus den beiden, Windstärke ist wie angesagt und die Welle von der Seite. Ich hoffe es soweit verständlich geschrieben zu haben, ansonsten könnt ich über den Kommentar gerne nachfragen.

Bei der letzten Überfahrt zu der Osterinsel waren wir auf der Nordseite von einem Hochdruckgebiet, hatten somit auf der Südhalbkugel den Wind von hinten (die Wettersysteme drehen auf der Südseite entgegengesetzt wie auf der Nordseite) und die Fahrt mit 8 Bft war weitestgehend entspannt. Bei der Überfahrt die wir jetzt haben, sind wir auf der Nordseite eines Tiefdrucksystems, also Wind von vorne. Waren zuvor 8 Bft entspannt, ist es jetzt bei 6 Bft schon etwas übel. Da wir ja nicht genau gegen den Wind segeln können, kommt der Wind leicht schräg von vorne. Durch den Wind in den Segeln haben wir schon eine Grundkrängung (Krängung = Schräglage) im Schiff. Unsere Josa kämpft sich wacker durch die Wellen, nur die Wellen die dabei ständig auf die Bordwand prallen, sind lautstark und bringen das Boot immer wieder stark ins Schwanken. Kommen dann die etwas größeren Wellen an, spritzt die Gischt über das ganze Boot und etliche Kubikmeter Salzwasser werden über das Deck gespült. Die Belastungen für das Boot sind enorm und das eigene Gemüt leidet auch stark. Nach eineinhalb Tagen langt es uns, wir drehen etwas ab und sind nun mit Halbwind unterwegs, die Wellen von der Seite und etwas weniger scheinbarer Wind, lässt das Ganz schon viel erträglicher werden. Von dem Plan die Pitcairn Insel (bekannt von der Bounty, deren Meuterer sich hier niedergelassen haben und deren Nachfahren noch heute hier leben) zu besuchen, können wir uns in diesem Moment verabschieden. Was mich am meisten dabei stört: wir verpassen noch ein kleines Atoll, das auf dem Weg dahin liegt, Ducie Island. Eines der abgelegensten Atolle der Welt, kaum jemand kommt hier vorbei. Alles unberührte Natur, hier mal den Kopf Unterwasser zu stecken, mit Sicherheit traumhaft schön und interessant. Aber so ist das Seglerleben: es gibt Pläne, um sie zu ändern. So fahren wir anfangs einen Nordkurs. Später, als die Bedingungen etwas besser werden, einen Nordwestkurs um einem größeren Flautengebiet, das im Anmarsch ist, möglichst aus dem Weg zu gehen; ganz werden wir es wohl nicht schaffen. Der ursprüngliche Plan während der Flaute die Zeit am Atoll zu verbringen, hätte auch nicht funktioniert, der Weg wäre doch noch zu weit gewesen, um rechtzeitig dorthin zu kommen. Da wir am Rand von einem Tiefdruckgebiet unterwegs sind, sind die Tage und Nächte weitestgehend bewölkt, die Sonne zeigt sich nur spärlich. Nach zwei weiteren Tagen steht wieder mal der Wechsel zwischen zwei Windsystemen auf dem Programm. Wie bei der letzten Überfahrt hält mich das Ganze wieder über viele Stunden auf Trab, natürlich auch wieder in der Nacht, was sonst. An Schlaf ist so gut wie gar nicht zu denken. Als sich der Wind schließlich eingependelt hat ist es schon taghell und ich kann mich auch endlich mal auf´s Ohr legen. Den Rest vom Tag verbringe ich meist in der horizontalen, um den Schlaf nachzuholen. Mit dem neuen System sind wir jetzt auch in einem Hochdruckgebiet, die Sonne begleitet uns und ein Blick in den Mondkalender verspricht Neumond, sprich kein Mond zu sehen. Die nächste Nacht lässt somit einen fast ungetrübten Blick auf den Sternenhimmel zu, nur ein paar Wolken sind zu sehen, einfach traumhaft dieser Anblick. Letztendlich kommen wir auch in das Flautengebiet wie angekündigt, wir haben aber Glück und sind wirklich bis an den Rand gekommen. Wir haben immer gerade noch soviel Wind, daß wir unter Segel fahren können, zwar sehr langsam – aber immerhin; und ob wir ein oder zwei Tage später auf den Gambier´s ankommen ist nicht so wichtig, Zeit haben wir ja.

Vielen Dank an Ulf der uns die Bilder zur Verfügung gestellt hat, wir können mit unseren Mitteln leider keine Sternenbilder fotografieren. Die Bilder zeigen den Sternenhimmel von dem ich immer so schwärme noch viel deutlicher, sie sind in der Atacamawüste aufgenommen, keine Lichtverschmutzung und noch weniger Staub in der Luft.

Als der Wind wieder einsetzt, setzen wir doch wieder Kurs auf Ducie Island, wir sind gerade mal 170 sm davon entfernt, wir wären in spätestens 30 Stunden dort. Der Wind würde gut passen, um dorthin zu kommen. Ich checke nochmals alle Für und Wider der Vorhersage, die für die weiteren Tage gemeldet sind und nochmal und nochmal. Schweren Herzens fällt doch der Entschluss, wieder direkten Kurs auf das Gambier Archipel zu nehmen. Zu einem haben wir noch mäßigen Wind, wenn wir an dem Atoll ankommen würden, die Ankerverhältnisse sind völlig unklar, im Zweifel müssten wir trotzdem weiterfahren. Auch für den weiteren Verlauf danach schaut es nicht gut aus. Das nächste Eiland ist Henderson 200 sm weiter, auch hier die Ankerverhältnisse völlig unklar. Um dorthin zu kommen müssten wir auch wieder ein Flautenloch überbrücken. Danach dann wieder kräftiger Wind, vor dem wir uns irgendwo Schutz suchen müssten. Das wäre dann die Pitcairn Insel nochmals weitere 100 sm entfernt, Ankerplatz sehr rollig und ein anlanden an Land nur bei ruhigen Verhältnissen möglich. Alles Dinge, die letztendlich entschieden haben, daß wir diese interessanten Inseln nicht anlaufen werden. Nach zwei Tagen, auf denen wir Raumschot und mit guten Windverhältnissen unterwegs sind macht sich so langsam die uns bevorstehende Flaute bemerkbar, der Wind nimmt langsam aber stetig ab. Gerade am raumen Kurs, wenn der Wind zu wenig wird, rollt das Schiff immer mehr von der einen Seite auf die andere, da der Winddruck in den Segeln fehlt. Durch diese Rollbewegung fangen die Segel immer mehr das Schlagen an. Wenn man bedenkt, daß sich die Mastspitze immer 5 Meter von der einen zur anderen Seite bewegt – und das innerhalb kürzester Zeit – erzeugt das schon beachtliche Beschleunigungen in den Segeln, die das Ganze verursachen. Die nächsten beiden Tage werden die Nerven wieder auf eine harte Probe gestellt. Wir passen den Kurs und die Segel immer wieder an, um es zumindest etwas abzumildern. Die zweite Nacht lässt die Überlegung schon aufkommen unter Maschine weiter zu fahren. Aber die nächsten drei Tage noch unter Maschine bis zum Ziel? Nein Danke, wir halten durch. Am Morgen ergibt sich dann ein ganz neues Bild, der Wind hat kräftig gedreht und die Welle sich auf ein Minimum reduziert. Ich setzte beide Segel, das Großsegel war zuletzt zur Pause verdammt worden und die Genua nur zu 80% gesetzt, alles dem Schlagen geschuldet. Nun kommen wir auf einem Amwindkurs, trotz der er schwachen Windverhältnisse, gut voran und durch die wenige Welle gleiten wir jetzt gemächlich über das weite Blau des Pazifiks. Die Sonne lacht vom Himmel und das Meer hat seine tausenden Spiegel ausgepackt, die im steten Wechsel die Wasseroberfläche in einem silbernen Glanz erscheinen lässt, Seglerherz was willst du mehr. Dieser uns wohl gesonnene Zustand hält natürlich nicht ewig an, am nächsten Tag ist es dann so weit. Das Segel hängt fast wie ein nasser Sack am Vorstag, wir bergen es. Aber bevor wir die Maschine starten gibt es noch ein erfrischendes Bad im Pazifik, welche Wohltat. Ich schwimme eine Runde um das Boot in einem unglaublichen Blau, in diesem Bereich ca. 3200 m tief. Wer kann schon von sich behaupten in so einem tiefen Gewässer mal geschwommen zu sein? Schreibt uns gerne.

Dann geht´s schließlich unter Motor weiter, zum Glück aber nur 3 Stunden lang, bevor der Wind wieder einsetzt. Kleiner Nebeneffekt, die Batterien sind auch wieder voll geladen. Wir setzten nur die Genua für die weitere Wegstrecke, aber schon schnell wird der Wind immer kräftiger, ich fang das reffen an. Kurz darauf taucht am Horizont auch noch ein Wolkenband auf, das ein Anzeichen für weitere Windzunahme ist. Als es immer Näher kommt, wird weiter gerefft, viel steht nicht mehr vom Tuch. Aber genau zur richtigen Zeit und in der richtigen Dimensionierung sind wir gut gewappnet für das, was kommt. Es ist wesentlich entspannter so etwas am Tag zu erleben, man sieht was kommt und kann entsprechend reagieren. Schließlich dreht der Wind und wir sind in unserem neuen Wettergebiet angekommen. Es ist Zeit, die ersten Berechnungen für unsere Ankunft zu tätigen. Der Wind sollte uns bis zu den Gambier´s gewogen sein. Aktuell kommt er als Halbwind daher und soll etwas auf Raumschot drehen. Perfekt, so kann ich nur unter der Genua segelnd gut die Geschwindigkeit kontrollieren, indem ich die Segelfläche anpasse. Ich rechne aus, wie schnell wir fahren müssen und dürfen, um bei Tageslicht unser Ziel zu erreichen. Zwar soll das Atoll gut betonnt sein und somit auch eine Einfahrt bei Nacht möglich sein, aber schöner und sicherer ist es doch bei Tageslicht. Mittlerweile, aber schon wieder im Dunkeln, fängt ein wilder Tanz an, keine 12 Stunden nach meiner Schwimmeinlage wird es immer heftiger. Das Ausmaß ist dann erst in der Morgendämmerung zu erkennen, Wellenberge kreuz und quer sind zu sehen. So wilde Wellenberge hatten wir auch noch nicht. Nach gut 2 Stunden übelster Schaukelei scheint der Höhepunkt erreicht zu sein, die Wellen nehmen langsam eine einheitliche Richtung an, was auch auf dem Boot deutlich zu spüren ist. Es bleibt aber weiterhin alles andere als angenehm, aber mit der Aussicht am nächsten Tag anzukommen, erträglich. So ist mit der ersten Morgendämmerung dann auch Land in Sicht. Während ich mich über das Erreichen von unserem ersten Ziel in der Südsee freue, kommt von Sabine nur, „endlich hört das Geschaukel auf“. So unterschiedlich sind die Gedanken. Wir kommen mittig in der gewünschten Zeitspanne zu unserem Wegpunkt an, bei dem wir die Ansteuerung zur Passeinfahrt starten. Die einzelnen Inseln (Motu’s), die in dem Atoll über der Wasseroberfläche zu sehen sind, werden immer deutlich in ihrem Aussehen, die höchsten Berge sind hier etwas über 400 m hoch. Unser Tiefenmesser, der bis 300 m Tiefe anzeigt, macht sich erst wenige Meter vor dem Pass das erste mal bemerkbar, so steil ist auch die Unterwasserlandschaft. Insgesamt ein steiler Berg, mitten im nirgendwo, die See ist um das Atoll herum noch 3 bis 4-tausend Meter tief. Wenn man bedenkt, daß Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze 2962 m hat, Garmisch auf 708 Meter liegt, so hat man noch ungefähr 2200m reinen Berg. Dieser Berg hier steigt vom Meeresgrund empor und ist damit fast doppelt so hoch wie unsere Zugspitze, unglaublich. Die Durchfahrt hat dann eine maximale Tiefe von 12 m, links und rechts noch deutlich weniger, ist aber dank der genauen Seekarten leicht zu passieren. Danach fällt der Grund auch wieder auf bis zu 40 m ab, die See ist deutlich ruhiger geworden. Das Innere eines Atoll´s ist immer mit zahlreichen Untiefen bestückt, eine genau angegebene Kurslinie muss eingehalten werden, um diese Gefahrlos zu passieren. An diesem Atoll gibt es drei verschiedene Zufahrten, wir haben uns für die aus Südwest entschieden. Hier sind die ersten Seemeilen innerhalb nicht mit Fahrwassertonnen bestückt, aber durch die Beschreibung in der Seekarte ohne weitere Probleme zu meistern. Bis wir das Hauptfahrwasser erreichen, in dem dann die Tonnen das Fahrwasser markieren, sind die ersten 10 sm noch unter Segel zurückgelegt, der Wind steht dafür gut. Für die weiteren 10 sm muss dann auf die Maschine zurückgegriffen werden, bis wir den Hauptort Rikitea das erstmal sehen. Durch die große Weite vom Atoll, dem kräftigen Wind geschuldet, ist trotz alledem einiges an Wellengang. Die letzte Seemeile führt nun durch eine schmale Durchfahrt eines breiten Riffgürtels, das unseren anvisierten Ankerplatz vor dem Ort sehr gut schützt. Eine kleine Runde vor dem Ort und unser Anker fällt auf 15m Tiefe in den Sand, willkommen in der Südsee, unserem zweiten Traumziel nach Patagonien.

1653 sm nach 13 Tagen und 20 Stunden macht einen durchschnittlichen Etmal von 120 sm, insgesamt 4100 sm vom chilenischen Festland zurück gelegt.

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Pazifik: Überfahrt nach Rapa Nui- Osterinsel

Nachdem wir auf der Robinsoninsel ja noch ein kleines Wetter abwarten, entwickelt sich unser Bojenplatz zu einem kleinen Rodeoritt. Obwohl wir auf der windgeschützten Seite der Insel liegen, kommen vom Berg einige Fallwinde, die uns treffen und der Pazifikschwell scheint auch um die Insel in die Bucht zu laufen; einer der rolligsten Plätze, die wir auf unserer bisherigen Reise hatten. Um dem Besuch noch etwas Gutes zu geben: seit der Ankunft ist das Thema mit Kondenswasser durch. Die Wassertemperatur liegt mittlerweile bei 15° und die Luft ist auch entsprechend wärmer. Unser täglicher Kampf in den letzten 9 Monate hat sich jetzt wieder zum Positiven gewendet. Am Montag zur Mittagszeit schmeißen wir die Leine mit dem Ziel Rapa Nui los, noch ein kleiner Schwenk an Ulf´s Farvel vorbei, ein letzter Gruß und unsere Wege trennen sich nach über 6 Monaten zusammen unterwegs sein wieder. Ulf fährt zurück zur Küste und dann nordwärts nach Panama.

ein letzter Blick zurück auf die Robinsoninsel

Der Start war dann auch recht gut, aus dem Windschatten der Insel raus und wir konnten die Segel setzen, wobei es war nur eines war, die Genua. Für die Nacht sollte der Wind erst einmal wieder nachlassen und unser Motor müsste die Arbeit übernehmen, so ist es dann auch gekommen. Ab dem nächsten Morgen ging es dann schließlich unter Kraft des Windes voran. Dann meldet sich auch wieder mal unsere Angel, Fischalarm. Seit langer Zeit haben wir mal wieder einen am Haken und es ist zugleich unser größter Fang bisher, ein weißer Thun. Der wird dann auch gleich filetiert und ab in die Kühlung damit, ein erster Happen wird spontan zum Abendessen serviert. Ab Tag drei sollten uns die Ausläufer von einem Starkwindfeld treffen, bei der Wetterkontrolle stellt sich dann heraus, daß dieses seine Zugbahn ändert, zu unseren Ungunsten. Das werden wohl ein bisschen mehr als nur Ausläufer werden, das Zentrum erreicht uns dann wohl aber doch nicht. Die Aussichten: 40 Knoten Wind und Wellen bis 6 m bei nur 11 Sekunden Periode, keine schönen Daten. Der Wind macht uns da keine Sorgen, das kann man gut händeln, aber die Welle. Das wird wohl das Ungemütlichste seit unserem Start in Deutschland. Die Vorbereitungen dazu starten dann auch. Sabine kocht schon mal was zum Essen vor, an und unter Deck wird noch alles verstaut und verzurrt was geht. Vorsorglich setzten wir auch unser Kutterstag mit seinem Sturmsegel, besser haben als nicht. Bis dahin ist der Wind recht wechselhaft und eher schwach, wir dümpeln so vor uns hin und den angedachten Kurs können wir auch nicht halten, da kommt genau der Wind her. So fahren wir statt einen Nordwestkurs, einen Nordkurs. Erst einmal nicht so schlimm, aber um dem Windfeld wenigstens ein bisschen zu entfliehen, kontraproduktiv. Letztendlich warten wir auf den Wind und den damit einher kommenden Dreher. Der Wind fällt zusammen, jetzt ist es soweit. Keine 30 Sekunden später setzt der Wind ein, um 90° gedreht und mit 30 kn gleich recht ordentlich. Dieser beruhigt sich jedoch noch einer halben Stunde wieder und weht mit konstanten 20 kn, perfekt. Endlich können wir Kurs anlegen und kommen ordentlich vorwärts. Natürlich wird der Wind dann auch nach und nach immer kräftiger, wir passen unsere Segelfläche entsprechend an, alles läuft gut. Mit fortschreitender Zeit baut sich dann auch allmählich die Welle auf. Wir schaukeln uns so langsam ein, unsere „Dicke“ zeigt uns, für was sie gebaut worden ist. So zieht sie souverän ihre Bahn über und durch die Wellenberge. Verfluche ich doch bei dem ein oder anderen Hafenmanöver die vielen Pfunde die sie hat, freue ich mich jetzt umso mehr über jedes einzelne. Wir haben ganze 7 Tonnen Ballast im Kiel, mehr als viele Boote insgesamt wiegen und genau das ist es, was sie so geschmeidig ihren Weg bahnen lässt, auch wenn noch ein paar weitere Faktoren hier mit einwirken. Mit einem der neueren GFK-Boote wäre es wahrscheinlich eine Tortour, das hat sich schon bei einigen Charterbooten, die wir hatten, gezeigt und uns gelangt. Unsere „Moni“, die Windsteueranlage, gibt auch ihr Bestes. Bringt sie uns doch unbeirrt und zielgenau genau dahin, wie wir es wünschen, braucht keinen Strom und arbeitet 24 Stunden ohne zu meckern. Selbst als die 6 m Wellenhöhe und in Spitze 40kn Wind erreicht sind (jetzt stimmen auch mal die Vorhersagen), läuft alles gut, ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Was aber nicht heißt, daß es ein Sonntagsausflug ist. Jeder Schritt und Handgriff müssen wohl bedacht sein und der Spruch „immer eine Hand am Schiff“, zählt umso mehr. Jeder Toilettengang wird wohl überlegt und bringt die ein oder andere Herausforderung mit sich. Bei diesen Bedingungen schafft es Sabine auch immer wieder etwas Essbares zu richten, eine Aufgabe, die mal besonderer Erwähnung wert ist und vor der man den Hut ziehen muss. Es ist ja auch nicht so, das es nur jetzt der Fall ist, der Zustand ist ja ein Dauerzustand, mal mehr, mal weniger heftig. Manchmal fragt man sich dann doch, wieso tue ich mir das überhaupt an. Es könnte so schön und einfach sein, Hotel, Strand und Meer. Stimmt, da war ja was…  

ein weißer Tunfisch

Nach 24 Stunden mit Windstärken um die 35kn lässt der Wind auch langsam nach und bleibt dann zum Glück mit 20kn noch recht stabil erhalten. In der Nacht dann ein immer wiederkehrendes und nicht zuzuordnendes Geräusch. So geht’s um 1 Uhr in der Früh in voller Montur auf das Vorschiff, natürlich gesichert, um nach dem Rechten zu sehen, nichts Auffälliges zu erkennen, da muss ich nochmal bei Tageslicht nachschauen. Zum Glück kommt während dieser Zeit kein Brecher über das Schiff, so komme ich wieder trocken ins Cockpit zurück. Wieder alles ausziehen und versuchen noch etwas zu schlafen.

Bis sich die Welle letztendlich auf ein angenehmes Maß abgebaut hat dauert es weitere 36 Stunden. So können wir noch weiter unter Segel unsere Bahn ziehen. Das gute an diesem Windfeld ist außerdem, daß es von einem Hochdruckgebiet stammt, so bleibt es meist sonnig und trocken.

Irgendwann ist Wind und Welle dann so weit stabil bzw. abgeklungen, daß wir auch unser Großsegel mit zur Genua setzen, aber nicht bevor das Sturmsegel wieder verstaut worden ist. So geht es jetzt mit etwas mehr Tempo unserem Ziel entgegen. Leider tun wir uns beide etwas schwer in einen Rhythmus zu kommen, die ungewohnten Schlaf- und Essenszeiten zollen ihren Tribut. Uns geht es nicht wirklich schlecht, gut ist aber auch etwas anderes. So kommt es dazu, daß ein Großteil von unserem Fisch über Bord gehen muss, leider. Wir finden keine Möglichkeit ihn zu verzehren oder zu verarbeiten, die Option der Tiefkühlung haben wir aktuell nicht. Unsere Kühlbox die das könnte, ist voll mit Gegenständen die nur Kühl gelagert werden. Sämtlich Einmachgläser sind voll, da muss erst einiges verbraucht werden. Da werden wir uns nochmal schlau machen müssen, was für Optionen beim nächsten Fang zur Verfügung stehen. So vergehen die nächsten Tage ohne weitere Vorkommnisse, die Aussichten bleiben erst einmal stabil. Wir kreuzen vor dem Wind, um im für uns passenden Windfeld zu bleiben, müssen so ganz nebenbei einer Fischfangflotte großräumig ausweichen, die wir auf Marinetraffic sehen, aber sonst. Ach ja, eine kleine Gruppe von Delphinen hat uns mal kurz besucht, natürlich als wir gerade an Deck mit dem Sturmsegel beschäftigt waren, ansonsten hätten wir sie vielleicht auch gar nicht bemerkt – und ein einziges weiteres Schiff, das wir über AIS gesehen haben, für visuell war es zu weit weg.

Nach 8 Tagen haben wir dann schließlich Bergfest, wir haben nun seit der Robinsoninsel 1000sm im Kielwasser und noch Luftlinie 850sm vor uns. Wenn die Fangflotte uns nicht noch um einen weiteren Bogen zwingt oder das Wetter uns nochmals einen anderen Kurs vorgibt, sollten wir die Hälfte geschafft haben. Am weiteren Tagesverlauf steht noch ein Wechsel der Windsysteme an, wir müssen von einem Hochdruckgebiet in das nächste wechseln. Das bringt immer etwas Wetterküche mit sich. Von wechselnden Winden in Richtung und Stärke soll es auch einmal Regen geben, der uns von der Salzkruste auf dem Boot befreit. So sind dann Winddreher um 90° zu bewerkstelligen und Böen die mal 3Bft über den herrschenden Verhältnissen sind, bevor ein großes Flautenloch kommt, in dem wir nur noch unter Maschine voran kommen, um dieses zu überbrücken. Bei einem der Winddrehern, bei denen wir eine Halse fahren, stelle ich auf einmal fest, daß der Baumniederholer nur noch lose am Baum hängt, da ist wohl was kaputt gegangen. Natürlich wieder in der Nacht, im Dunkeln. Das Problem ist schnell ausgemacht und auch mit Bordmitteln recht einfach zu erledigen. Nur im Dunkeln auf Deck rumturnen mit der Stirnlampe und Werkzeug/ Material ausgerüstet, nochmal eine extra Herausforderung. So geht es später eben durch besagtes Flautengebiet in dem ich am Überlegen bin, unser bis dahin im 2. Reff gefahrenes Großsegel für die spätere Fahrt etwas mehr Tuch zu geben und in Reff 1 zu gehen, es sind ja gerade etwas ruhigere Verhältnisse. Sabine schläft gerade und ich verkneife es mir, was sich kurze Zeit später als Glücksfall herausstellt. Sind in der Flaut gerade nur 4 Knoten Wind, begrüßt uns das neue Hochdruckgebiet binnen Sekunden wieder mit einem starken Winddreher, wenn man von Wind überhaupt sprechen kann bei 4kn zuvor, und einer Windzunahme auf 35kn, mal eben Windstärke 8Bft (erwähnte ich schon, daß es wieder mal mitten in der Nacht ist?!). So ist der Kampf mit etwas weniger Segel dann doch etwas einfacher, das Boot auf den richtigen Kurs zu halten. Nach etwa einer halben Stunde beruhigt sich das ganze schließlich auch wieder und pendelt sich um die 25kn aus Süd ein, immer noch mehr als ausreichend. So kommen wir zügig weiter durch die Dunkelheit und können endlich wieder mal direkten Kurs auf Rapa Nui, unserem Ziel, nehmen. Dieses Hoch sollte uns die nächsten Tage erhalten bleiben, bis es wohl kurz vor dem Ziel nochmal gegen ein anderes getauscht werden muss. Ich hoffe schon jetzt insgeheim, daß es uns der Wechsel nicht wieder 24 Stunden auf Trab hält.

so sehen Winddreher (links) und Windzunahmen (rechts) auf den Instrumenten aus

Zwischenzeitlich kommen wir an der Fangflotte vorbei – ein paar Signale auf dem AIS-System, mehr zu sehen gibt es nicht. Diese Fangflotten sind schon gigantisch aufgezogen. Da gibt es ein großes Mutterschiff, das den Fang der etwas kleineren Fischerboote aufnimmt und noch mit einem Helicopter ausgestattet ist, um aus der Luft die Fischschwärme auszumachen und eben die Fischerboote entsprechend leitet. Die Netzbojen sind dann mit AIS-Sendern ausgestattet, die wohl zusätzlich auch noch deren Füllstände übermitteln. Und zu guter Letzt kommt noch ein Tankschiff vorbei, das die Flotte mit Treibstoff versorgt. Kein Wunder, daß unsere Meere immer mehr überfischt werden. Mit etwas Abstand tauchen dann weitere Signale auf; ein paar Einzelne, die etwas außerhalb der Meute unterwegs sind, fischen hier. Wir können problemlos zwischen den Bojen durchfahren und sehen in der Nacht auch am Horizont einen Lichtschein der hellauf beleuchteten Boote.

Die Welle hier auf dem südlichen Pazifik bleibt leider unangenehm, was freue ich mich in den Passatgürtel zu kommen. Eine Windrichtung gleich einer Wellenrichtung. Aber bis dahin wird es noch sehr lange dauern, da er erst so auf dem 16ten bis 17ten Breitengrad einsetzt, im Moment bewegen wir uns auf dem 27ten.

An Tag 13 steht dann der besagte zweite Frontenwechsel auf dem Programm. Laut dem letzten Wetterbericht sollten wir Glück haben und soweit überhaupt ohne Flautenloch durch kommen. Wie beim letzten auch, verabschiedet sich auch dieses nochmal mit ordentlichen Böen. Der Wind schläft ein, dreht um 180° und legt gleich wieder ordentlich vor, alles wie schon mal, nur eben ohne Flaute. Doch nach einer halben Stunde schläft der Wind wieder ein. Soweit, daß sogar die Maschine angeschmissen wird und die Segel geborgen werden müssen, komisch. Bis wir den nächsten Wetterbericht einsehen können dauert es etwas, Starlink baut irgendwie keine Verbindung auf. Bei diesem Gerolle auch kein Wunder, viel Welle und kein Wind in den Segeln, die das Ganze etwas stabilisieren würden. Bis es dann endlich soweit ist, sehen wir uns am Beginn einer großen Flaute stehen, so schnell kann es sich ändern mit dem Wetterbericht hier. Bis die Maschine wieder zur Ruhe kommt vergehen schließlich 6 Stunden, in der ich auch wieder einmal unseren Wasservorrat etwas aufbessere, in dem ich unseren Wassermacher aktiviere. Der Vorteil dieser Flaute ist schließlich auch, das sich gaaanz laaangsam die Welle beruhigt und als der Wind dann schließlich mit einer leichten Brise einsetzt, diese auch genutzt werden kann. So geht es dann langsam, aber immerhin unter Segel, dem Ziel entgegen. Nach den letzten Tagen in denen wir immer ein Etmal von über 150sm hatten, war schon die Befürchtung wieder mitten in der Nacht bzw. in den frühen Morgenstunden anzukommen. Dies hatte sich jetzt von selbst erledigt. Die Gefahr besteht im Moment eher, das wir erst am Folgeabend ankommen, auch wieder im Dunkel. Aber da hoffe ich noch, daß der Wind wieder etwas zulegt, dann sollte es bei Tageslicht klappen. Letztendlich sind wir gegen 13 Uhr Ortszeit angekommen, ohne weitere Vorkommnisse. Noch eben über Funk bei den Behörden melden, was sich als etwas schwierig herausstellt. Unser Gegenüber kann kein Englisch und wenn er in Spanisch redet, versteht ihn Sabine nicht. Zu schnell und über Funk auch zu undeutlich. Nach kurzer Wartezeit kommt noch eine 3te Person an einem anderen Funkgerät mit über den Äther, der zwischen uns und dem Offiziellen dolmetscht. Es war dann so, daß wohl die Kollegen schon in der Bucht standen, die wir mit unserem Fred besuchen sollten, um unsere Papiere zu zeigen. Wir lehnten dies aber ab, da uns die Bedingungen mit Welle und Brandung zu rau waren. Da hätten wir Fred erstmal bei dem Geschaukel startklar machen müssen und noch dazu den großen Außenborder anbauen, nein Danke. Schließlich haben wir uns dann darauf geeinigt, uns zu melden, wenn die Bedingungen für uns passen, die Kollegen würden dann halt wieder kommen. Alles sehr nett und freundlich. So, jetzt haben wir auch genügend Zeit erst einmal richtig anzukommen, morgen sollten die Bedingungen besser werden.

Hier noch ein paar Zahlen für die Statistik zum Tripp: von der Robinson Insel bis zu unserem Ankerplatz waren wir 1945 sm Nonstop unterwegs und das Ganze hat genau 339 Stunden gedauert, sind dann 14 Tage und 3 Stunden. Macht ein Etmal von 138sm im Schnitt, wobei der niedrigste bei 107 und der höchste bei 156sm lag. Wir waren ca. 11 Stunden unter Motorkraft unterwegs, der Rest alles unter Segel. Nicht schlecht für uns.

Und nun will auch Sabinchen noch ein paar Gedanken mit einwerfen:

Es ist Montag morgen, der 1.9. gegen 8 Uhr. Der Skipper horcht noch an seiner Matratze und ich sitze im Cockpit, als an Steuerbord die ersten Schemen einer Erhebung auszumachen sind. Wir haben die Osterinsel vor dem Bug. Kann ich Euch beschreiben, wie sich das anfühlt?

Es ist ein Gefühl aus Stolz „chaka, ich habe Land gefunden“, „wir haben alles gemeistert“ und „Gott sei Dank ist das Elend vorbei“.

Was meine ich damit? Früher habe ich immer gesagt „Blauwassersegeln ist toll. Kein Land, nur Meer und diese Ruhe“. Gut, ich hatte am Anfang immer mal einen Tag Seekrankheit. Aber das legte sich nach dem einschaukeln und ich hatte keine Probleme mehr. Aber jetzt? Nun, jetzt bin ich in der hormonellen „Zwischenphase“ im Leben einer Frau und mein Körper, vor allem mein Magen-Darm-Trakt lehnt das permanente Durchruckeln und den Schlafmangel irgendwie ab. Ich bin nicht Seekrank, habe aber ein permanent flaues Gefühl und Magen und Darm drehen total durch.  Dies beginnt meist ab Tag 4 und zieht sich so durch. Bei starkem Seegang geht es mir sogar besser als bei diesem leichten hin- und hergerolle. Die Welle mit 6 Meter und entsprechendem Wind hat mir überhaupt nichts ausgemacht. Daher sind längere Passagen wie jetzt die 14 Tage ein Graus für mich und so sind meine Gefühle beim Land finden, extrem toll.

Jetzt kann ich auch Johannes verstehen, der nach unserem Überführungstörn von Griechenland nach Kiel feststellte „Blauwasser ist nix für mich, ich bleib beim Buchtenhopping“, da er sich auch permanent müde fühlte und nicht schlafen konnte.

Und sonst so? Na, wenn nicht gerade starker Wind und Welle einen beschäftigen, ist es doch eher langweilig.  Man kann nicht viel tun, da arbeiten unter Deck beim dem Gerolle eher kontraproduktiv für den Körper ist. Alleine das Kochen ist schon anstrengend, da man die Schiffsbewegung ja ausgleichen muss. Dazu kommt der Bewegungsmangel – ich hatte mir vorgenommen, jeden Tag Gymnastik zu machen. Aber auch das lässt man bleiben bei ständiger Bewegung des Schiffes in allen Richtungen. Da ist festhalten angesagt. Also sitzt man im Cockpit, stiert vor sich hin und langweilt sich einfach. So, nun wisst ihr, daß ich mich wie Schnitzel freue, Land zu sehen. Juhu: Iorana RAPA NUI.

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Auf geht´s zur Mutter

Im Moment sind wir ja etwas zwiespältig unterwegs, auf der einen Seite gibt es diese unglaubliche Natur zu bestaunen und zu genießen, auf der anderen Seite ist das Wetter nicht sonderlich einladend. Außerdem muss da noch das Ganze mit dem Weiterkommen kombiniert werden. Der Nachteil bei unserer Route ist ja, daß wir uns eigentlich entgegen der vorherrschenden Windrichtung bewegen, günstiger wäre es hier, von Nord nach Süd unterwegs zu sein. So sind dann eben einige Komponenten mehr zu berücksichtigen bei der Planung der einzelnen Etappen. Sind wir doch noch in den „wilden“ 50iger Breitengraden unterwegs, hier an der Westküste prallen bekanntlich die vielen Tiefdruckgebiete das erste Mal auf Land, Schutz bieten hier nur die mehr oder weniger vorgelagerten Inseln Patagoniens. Die Windgeschwindigkeiten, die hier so als Standard gelten, sind weit weg von angenehm, was man so kennt und so ein Tief bringt dann auch ordentlich Feuchte mit sich. So wollen wir, neben dem Besuch der Highlights, recht schnell weiter nach Norden kommen. Neben dem täglichen Überprüfen vom Wetterbericht kommt es dann zur Planung der Etappen. Die abgestimmt auf Erreichbarkeit der einzelnen Ankerplätze und deren Schutz für das angesagte Wetter beinhaltet, das Ganze noch vorausschauend für weitere Tage. Der Wetterbericht selbst stimmt aber höchstens die nächsten 2 Tage, der Rest kann man als Tendenz sehen, mehr nicht. So werden auch fast täglich die Pläne geändert oder komplett verworfen. So ist unser erstes großes Etappenziel, Puerto Eden. Eine der entlegensten Siedlungen in Chile, die auf einer Insel auf dem 49sten Breitengrad liegt, raus aus den Wilden, rein in die Brüllenden. Außerdem ist es der erste Anlaufpunkt seit Puerto Williams, um uns wieder mit Lebensmitteln und Treibstoff zu Versorgen.

So hatten wir an unserem letzten Ankerplatz, der Caleta Teokita einer gut geschützten Bucht, einige Tage Winde bis zu 50 kn ausgesessen; nicht vorzustellen, was draußen los war. Am ersten Tag, nachdem sich alles wieder beruhig hat, ging es dann eben weiter zur nächsten Bucht, deren Name Puerto Mardon war. Bei trockenen Bedingungen und verhältnismäßig warmen Temperaturen ging es, meist unter Maschine, unserem Ziel entgegen. Unterwegs sind dann auch die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolken durchgebrochen, die ersten seit über einer Woche. Pünktlich zum Anlegen sind dann, innerhalb von einigen Minuten, alle Wolken verschwunden. Strahlend blauer Himmel, den wir dann noch in unserem Cockpit genießen konnten.  Mit einer Fahrt zum Ufer mit unserem Fred wollten wir zusammen mit Ulf noch einen Spaziergang unternehmen, der sichtbare Wasserfall hat dazu eingeladen. Das musste leider unverrichteter Dinge abgebrochen werden, kein durchkommen in der Vegetation am Ufer. Am nächsten Tag haben wir dann auch schon wieder den Channel Smyth verlassen, in dem wir seit der Magellanstraße unterwegs waren, unser Ziel die Caleta Columbine. Bei dem Wortwitz war der Platz eigentlich Pflicht. Eine weitläufige Bucht in der wir nur unseren Anker haben fallen lassen müssen, das verspannen mit Landleinen war nicht nötig, auch mal schön und zeitsparend. Sowohl das Ausbringen als auch das Einholen am nächsten Tag bedarf doch schon etwas Zeit. Die Etappe war nicht sonderlich lange, so hatten wir einen entspannten Nachmittag. Am Abend legte der Wind unerwartet zu und es wurde ganz schön schaukelig auf unserem Zuhause. In der Nacht geht unser Ankeralarm los, der Wind hatte weiter zugelegt, schnell unsere Position genau überprüfen. Und ja, wir sind gedriftet. Aber der Anker hat sich gleich wohl wieder selbst eingegraben und hält jetzt wieder. Noch zur Sicherheit etwas Ankerkette nachgeben und wieder ab ins Bett, der Rest der Nacht war dann soweit ohne weitere Vorkommnisse. Die für den nächsten Morgen angedachte, entspannte Weiterfahrt, war dann doch etwas sportlicher. Zum Glück waren es nur 10 sm bis zur Calete Theleme, die aber gemacht werden mussten. Die weitere Vorhersage für die nächsten Tage waren, sagen wir mal milde ausgedrückt, nicht gerade berauschend und die weite Ankerbucht hätte uns da nicht genug Schutz geboten.

Wir sind rechtzeitig dort und können noch gleich einen kleinen Landausflug starten, Beine vertreten und wieder Neues entdecken. So sind wir hier dann für 3 Nächte geblieben, bis wir weiterkonnten. Das Barometer war von 1012 auf 965 hPa gefallen, Böen von über 50kn sind über uns weggezogen. Verspannt mit 4 Landleinen, hat aber alles gut gehalten. Für die folgenden Tage war dann mal ruhigeres Wetter gemeldet, was für unser nächstes Ziel von Vorteil ist. Zuvor noch einen kleinen Zwischenstopp in der Caleta Moonlight Shadow, in der wir uns mit einer Bug- und einer Heckleine verspannen und der Caleta Wanderer.

Laut unserem Buch eine kleine Bucht, in die man vor Anker gehen kann, zusätzlich noch Landleinen ausbringen und gut. Bei Ankunft stellten wir fest, dass die Fischer hier quer in der Einfahrt eine Leine gespannt haben, kurzerhand ankern wir vor der Bucht und bringen die Leinen beim Eingang der Bucht an. Die vorgelagerte Insel sollte genug Schutz für die Nacht bieten, in der es ruhig bleiben soll. Ulf der immer kurz hinter uns einfährt legt sich einfach längsseits der Fischerleine, mit seinem kleineren und deutlich leichteren Boot kein Problem.  Am nächsten Tag erwartet uns dann eben der nächste Höhepunkt, der Amalia-Gletscher. Bei absoluten windstillen Bedingungen suchen wir uns einen Weg zwischen den Eisblöcken hindurch, um möglichst nah an dieses beeindruckende Gebilde zu kommen. Man bewegt sich wirklich im Schritt-Tempo durchs Eis, weicht möglichst vielen aus, und wenn es nicht anders geht auch mal mitten durch, aber immer schön vorsichtig. Als wir beschließen, jetzt ist es gut und das Eis wird zu dicht, stellen wir unseren Motor aus und genießen das Spektakel dieser Eisgiganten. Ein unaufhörliches Donnern und krachen, das nur erahnen lässt, wie sich die Eismassen bewegen, nichts weiter ist zu sehen. Irgendwann kalbt der Gigant dann doch ein wenig und ein kleiner Teil der Eismassen stürzen ins Wasser, was für ein Schauspiel. Irgendwann geht es dann wieder zurück, um unseren nächsten Ankerplatz aufzusuchen, die Caleta Amalia. Der Name ist natürlich Programm, den Gletscher vom Ankerplatz weiter im Blick.

Am Tag darauf gleich ein Fjord weiter zum nächsten Gletscher, der Brujo, hier ein ganz anderes Bild. Während der Amalia eine Menge an Geröll mit sich getragen hat, ist dieser fast schon rein in seinem Eisbild, das unglaubliche Blau leuchtet noch intensiver. Auch dieses Szenario können wir eindrucksvoll genießen bevor wir uns auf dem Rückweg machen, unser Ziel diesmal, die Caleta Valdivia.

Auch hier heißt es erstmal, Wetter aussitzen, der nächste Tag bringt Dauerregen in seiner übelsten Form. Die Szenerie am darauffolgenden Tag ist dann auch wieder besonders eindrucksvoll mit seinen tief liegenden Wolken. In der Caleta Pico werden wir, wie so oft, wieder mal von Delphinen empfangen. Das besondere war aber, daß die Bucht recht steil ins Wasser fällt und unser Anker hier in 20 m Tiefe fällt, bevor er auf Grund trifft, den Delphinen schein es zu gefallen. Beim Ausbringen der Leinen kreisen sie um Fred, so daß dieser ganz schön am schaukeln ist. Nachdem unsere JOSA sicher verspannt ist, gehe ich noch eine Runde mit den Delphinen spielen, ein schönes Erlebnis. Der spätere Versuch, sich mal wieder an Land die Beine zu vertreten bleibt leider ebenfalls erfolglos, zu dicht der Bewuchs.

Unser nächster Stop war dann die Caleta Neruda, ein schmaler Seitenarm, der uns Schutz gibt für die Nacht. In der Bucht kommt dann auch mal kurz ein Seelöwe vorbei und schaut nach dem Rechten. Die Caleta Greenpeace hat ihren Namen vom Buchautor bekommen, wirklich schön dieser Platz mit vorgelagerten Inseln. Wir finden auch einen Weg durch die Vegetation und können eine schon fast ausgedehnte Wanderung unternehmen. Es wäre auf jeden Fall noch einiges mehr gegangen, leider hat es der Wettergott nicht gut mit uns gemeint und Regen angekündigt, wie wir ihn von weiten sehen, machen wir uns auf den Rückweg und kommen gerade am Boot an, als es zu regnen beginnt, Timing ist alles. Nichts desto trotz, war es eine schöne Wanderung über die Moorebene auf die kleine Anhöhe hinauf, um den Blick über die große Bucht gleiten zu lassen. Auch hier verbringen wir einen weiteren Tag im Regen. Der Regen war dann zwar nicht so ausgiebig, aber für einen weiteren Landgang war es dann doch etwas zu viel.

Ein weiter Hauptgrund, die Weiterfahrt noch auf den nächsten Tag zu verschieben war: es kommt Südwind. Dieses seltene Phänomen sollte für einen längere Etappe gut genutzt werden, die vor uns lag. Dieser Wind sollte uns bis zu unserem nächsten Highlight bringen. Und so kam es, daß wir die 40 sm fast ausschließlich unter Segel zurücklegen konnten, hier und da eine kleine Abbiegung und dann kommt er schon von weitem zu Vorschein, der Gletscher der Gletscher, oder „Mutter“ aller Gletscher, im südpatagonischen Eisfeld. Es ist der größte Gletscher auf der südlichen Erdhalbkugel außerhalb der Antarktis. Der Gletscher hat eine Länge von 66 km, die Abbruchkante hat eine Breite von fast 5 km und ist bis zu 80 m hoch, die Fläche erstreckt sich auf ca. 1300 km², die Rede ist vom Brüggen-Gletscher, auch Pio XI genannt. Der Name Brüggen kommt von einem deutschen Geologen, der Pio XI von einem Papst, der begeisteter Bergsteiger war. Aber was sich da vor unseren Augen aufbaut ist einfach nur der Hammer, die Ausmaße unglaublich. Der Vorteil vom heutigen Südwind ist, die Zufahrt ist komplett eisfrei. Wir können ohne Probleme so nah ran an das Ungetüm, wie wir es uns aus Sicherheitsgründen her trauen. Sollte hier eine der großen Eistürme abbrechen, entstehen schon gewaltige Wellen, die uns gefährlich werden können, Sicherheit geht vor. Der Nachtteil, durch den mittlerweile schon recht kräftigen Wind hat sich auf der Länge vom Fjord doch schon einiges an Welle aufgebaut. Um nicht Richtung Gletscher getrieben und ein Spielball der Natur zu werden, müssen wir in Bewegung bleiben. Maschine aus und das Spektakel genießen ist nicht möglich, nachdem wir unser Segel geborgen hatten. Trotzdem bleibt es ein unvergessenes Erlebnis, wir wollen von unserem Ankerplatz aus nochmal eine Tour mit Fred zum Gletscher machen, eine kleine Wanderung inbegriffen. So geplättet von den Eindrücken geht es jetzt erst einmal zum Ankerplatz, der nicht weit weg ist, leider bietet dieser keinen Blick auf den Gletscher, wäre auch zu schön gewesen. Bei der Anfahrt sehen wir, daß sich eine kleine Eisscholle in unsere Bucht verirrt hat, das wird eng mit zwei Booten. Aber auch das bekommen wir in den Griff und sind kurze Zeit später sicher verspannt in der Caleta Sally untergebracht.

Erst zwei Tage später, in einer Regenpause, sind wir dann nochmal mit Fred los zum Gletscher. Wir wollten in einer kleinen Bucht unser Beiboot ankern, um dann den Rest zu Fuß zu erledigen, einfach auch, um unsere Beine wieder mal zu vertreten. So ging es dann erst einmal am steinigen Strand entlang, um einen Eingang durch die dichte Vegetation zu finden, am Strand entlang ist kein Durchkommen. Mit der Machete bewaffnet, wo ein Wille da auch ein Weg, sind wir auf eine kleine Ebene gelangt, die „nur“ mit Moosen bedeckt war. Auf diesem Moosteppich muss aber auch erst einmal der Weg gefunden werden. Man sinkt hier bei jedem Schritt 5- 20 cm wie in einem Schwamm ein, dazwischen immer wieder feuchtere Stellen, die man nicht betreten sollte, sonst ist man bis zum Knie eingesunken. Da haben wir aber schon einen geschulten Blick für, und der Abschnitt wird ohne größere Probleme gemeistert. Der nächste, ich nenne es mal „Waldabschnitt“, ist voraus und verlangt nach einem guten Blick, um sich da durch zu kämpfen. So eine unberührte Landschaft hat so seine eigenen Herausforderungen. Immer wieder geht´s zum Strand zurück um da ein paar einfache Meter gut zu machen, um dann wieder ins Unterholz zu verschwinden, um sich den Weg zu bahnen. Immer wieder ist das laute Donnergrollen zu hören, der vom Gletscher ausgeht, aber sehen können wir nichts, zumindest sind wir auf dem richtigen Weg. Nach einer ganzen Weile mühsamer Wegfindung, kommen wir an einen weiteren Küstenabschnitt mit Blick auf den Gletscher. Mmmh, immer noch ganz schön weit weg. Wir verweilen ein wenig, um uns den Gletscher genauer zu betrachten, beschließen aber letztendlich, wir wollen näher ran. So sind wir dann wieder zurück zu unserem Beiboot, um mit diesem weiter nach vorne zu gelangen, da gibt es noch einen weiteren Strand weiter vorne. Der Weg zurück gestaltet sich fast genauso schwierig, da wo du vor 5 min gelaufen bist, ist davon nichts mehr zu sehen, kein Fußabdruck oder ähnliches. Der schwammartige Boden leistet hier ganze Arbeit, der Weg muss meist neu gefunden werden. So sind wir dann doch irgendwann wieder bei unserem Fred gelandet, um diesen wieder zu bemühen. Kurz bevor wir den Gletscher ums Eck zu Gesicht bekommen, ein imposantes Donnergrollen, wieder kein kalben vom Gletscher gesehen. Das Einzige was wir noch mit bekommen ist die große Welle, die der Abbruch ausgelöst hat. Der angedachte Strand, weiter vorne, war dann aber auch noch komplett mit gestrandeten Eisschollen belegt, der Rest nur steile Felsküste, ein anlanden unmöglich. So sind wir dann einfach in sicherem Abstand zum Gletscher gefahren und haben uns treiben lassen. Die Geräuschkulisse ist schon unglaublich, ein ständiges knacken, krachen, Donnern, mal hell, mal dumpf im Klangbild, aber nichts zu sehen. Alles passiert im Innern und lässt nur erahnen, was sich da abspielt. Ab und an dann doch noch ein lautes Donnergrollen, der Gletscher kalbt. Eisstücke brechen ab und schlagen aufs Wasser auf, eine Wasserfontäne steigt empor und eine Welle wird ausgelöst, unglaublich dieses Schauspiel.

Was wir sehen, sind aber nur recht kleine Abbrüche, sehen wollen wir eigentlich mal einen der Größeren, so wie wir sie schon jetzt einige male gehört hatten. Die größeren Eisschollen, oder sagt man da schon Eisberge, die hier schwimmen, sagen jedenfalls eine andere Sprache. So sind wir dann über eine Stunde geblieben, Sprühregen hatte mittlerweile auch wieder eingesetzt, bis wir ziemlich durchgefroren uns dann auf den Rückweg gemacht haben.

ein sehr kleiner Abbruch

Letztendlich hat Murphys-Gesetz zugeschlagen, kaum waren wir einige hundert Meter weg, wieder einmal ein ohrenbetäubendes Donnergrollen. Alle Drei drehen wir uns um und sehen nur noch eine riesige Wasserfontäne, gefolgt von einer ebenso riesigen Welle. War ja klar, daß, wenn wir uns auf den Rückweg machen, so ein großes Kalben stattfindet, wie wir es gerne gesehen hätten, schade. So sind wir dann noch an einen der großen Eisschollen gefahren und haben uns das Ganze von Nah angeschaut, dieses Blau ist einfach magisch und die Klarheit vom Eis faszinierend. Wie Alt mag es wohl sein? So sind wir dann trotzdem, auch wenn uns der große Augenblick verwehrt worden ist, mit neuen Eindrücken glücklich zurück zu unserm Ankerplatz gefahren. Der Wetterbericht hat uns schließlich in 2 Tagen einen Südwind vorausgesagt, der will genutzt werden. So sind wir am nächsten Tag erst einmal mit dem Nordwind Richtung Süden aus dem Fjord raus gefahren in die nächste Ankerbucht, der Caleta Lucrecia, um die Nacht hier zu verbringen. Am darauffolgenden Tag sollte uns der angesagt Wind dann nach Norden bis Puerto Eden bringen. Am Morgen sind dann noch einige Schauer über uns hinweg gezogen, da es aber nur 25 sm bis zu Ziel waren, hatten wir es nicht eilig los zu kommen und hörten dem ganzen aus dem Bett zu. Anker auf hat es dann um 11 Uhr geheißen. War es zu beginn noch schwachwindig, unsere Eisengenua (Motor) musste herhalten, hat ein weiterer Schauer dann den Wind mitgebracht. Von nun an konnten wir unter Segel bei herrlichen Bedingungen unserem Ziel entgegensteuern, Zivilisation! Puerto Eden, eine der entlegensten Siedlungen von Chile, unser erster Anlauf- und Versorgungspunkt nach 2 Monaten Einsamkeit.

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Auf in die Kanäle Chile’s

Da wir schon gemerkt haben, daß die Bemerkung „Kanäle“ etwas für Verwirrung sorgen: hierbei handelt es sich nicht um künstliche und zum Teil kostenpflichtige Wasserwege wie bei uns. Vielmehr handelt es sich um die natürlichen Wasserwege in Süden und Westen Chiles, ähnlich den Fjorden Norwegens. Der Süden und Westen Chiles besteht aus unzähligen Inseln und Inselchen, die alle durch eben „Kanäle“ verbunden sind und entsprechend kreuz und quer befahren werden können. Jeder Kanal hat hier auch einen Namen und wir haben für das Befahren auch eine Genehmigung, der sogenannten Zarpe, in der aufgeführt ist, welche Kanäle wir befahren dürfen. Die bekanntesten sind die Magellan-Straße, die quer von Ost nach West das Festland von der großen Insel Tierra del Fuego (Feuerland) trennt. Weiter südlich verläuft ebenfalls von Ost nach West der Beagle-Kanal, in dem wir uns die ganze Zeit aufgehalten haben und den wir jetzt dann so langsam verlassen werden, wenn wir die nördliche Richtung einschlagen werden.

Die Ankerbuchten heißen hier „Caleta“ oder „Puerto“, von denen es unzählige gibt, eine schöner als die andere. Und über eben diese werden wohl die zukünftigen Beiträge handeln; mit den dazugehörigen Gletschern und Besonderheiten natürlich.

Wir sind nun endlich aus Puerto Williams losgekommen und haben nochmals Abschied von allen genommen, die uns in kurzer Zeit so an’s Herz gewachsen sind: unser Brite Steve, der schon sehr lange auf die Lieferung seines Ankers wartet und mit uns den ein oder anderen Kaffee getrunken hat (und auch mehr). Hacko und Nora von der Anixi, die bereits die patagonischen Kanäle hinter sich gebracht haben und nun Richtung Falklands starten. Heinz, der mit seinen nun 84 Jahren und über 40 Jahren Segelei durch die Welt, auch Richtung Europa starten will und noch über die Nordwestpassage nachdenkt (Nordamerika obenrum durch’s Eis) 😊. Und all die anderen, die wir hier kennenlernen durften. Den ein oder anderen werden wir unterwegs sicherlich noch einmal treffen. Mit uns fährt Ulf auf seiner Farvel, für den es als Einhandsegler hilfreich ist, sich mit anderen zusammenzuschließen. So werden wir immer mit zwei Booten unterwegs sein und können uns gegenseitig unterstützen.

Zum Abschied gibt es weiße Gipfel bei Porto Williams

Unser erstes Ziel sollte eine der Ankerbuchten sein, die wir nach dem Passieren von Ushuaia und dem Verlassen der argentinischen Grenzregion auffinden. In welche Caleta wir gehen, wollten wir spontan entscheiden – je nachdem wie weit wir kommen. Es war nur klar, es muß eine Caleta sein, in der wir die nächsten 3 Tage verbringen werden, da ein Starkwind angekündigt wurde, den wir sicher „aussitzen“ wollten. Wir hatten keinerlei Wind und auch keine Welle und sind daher nur unter Maschine gefahren. Wir hatten zwar einmal versucht, unsere Genua dazu zunehmen, aber das war nix. Wenigstens hatten wir keinen Gegenwind und keine Welle, die uns großartig ausgebremst hätte. Lediglich als wir Ushuaia passiert haben, wurde es neblig und feucht, aber es war erträglich. (für uns sowieso, da wir ja trocken in unserer Kuchenbude sitzen können – lediglich Ulf muß auf seiner Farvel die Zeit im Freien am Ruder verbringen).

Wir haben uns dann für die Caleta Boracho (Betrunkenenbucht) entschieden und just, als wir den Kurs hierauf absetzen, ruft uns Jeanette von der Santa Maria Australis an. Sie sehen uns auf AIS und sie wären ja in der Caleta Ferrari, ob wir denn auch da hinkommen. Kurzer Ratschlag mit Ulf, wir ändern den Kurs wieder in die Ferrari – Ulf wollte sowieso lieber hierhin. So haben wir nochmals die Chance, einen Abend mit den beiden zu verbringen und auch hier Lebewohl zu sagen.

Die Caleta Ferrari liegt in einer großen Bucht, der Bahia Yendegaia, in die ein Fluß mündet. Der Ankerplatz befindet sich vor einer ehemaligen Estanzia und bietet die Möglichkeit, das Land leicht zu betreten und zu erwandern. Das haben wir natürlich auch gleich ausgenutzt. Wir hatten tolles Wetter mit Sonnenschein bei unserem Landgang. Der Weg führte uns natürlich über die Estanzia, in der noch einiges an Inventar herumliegt. Leider verfallen die Gebäude sehr stark. Auch der ehemalige Garten ist noch zu sehen mit unzähligen Himbeersträuchern, an denen auch etliche reife Früchte hingen. Voller Freude habe ich das Pflücken angefangen; leider sind die Beeren so fest an ihrem „Kerngehäuse“, daß diese nur als Matsche an den Fingern kleben – doch kein Himbeernachtisch.

Weiter ging es am Fluß entlang, durch etliche Feuchtgebiete – die Biber leisten hier wirklich volle Arbeit. Etliche ehemalige Viehweiden sind total unter Wasser gesetzt und das Vorankommen ist sehr feucht und schwer. Ehemals genutzte Holzwege und Brücken sind noch vorzufinden, während wir uns Richtung ehemaliges Flugfeld bewegen. Überall grasen Pferdeherden und viele Vögel sind zu hören und zu sehen. Außerdem muss es sehr viele Hasen geben, nach den Hinterlassenschaften zu urteilen, gesehen haben wir nur einen Einzigen. Und natürlich wieder viele tolle Pflanzen und Blüten – Sommer halt. Man hält es nicht für möglich, daß diese Pflanzen hier gedeihen bei dieser Durchschnittstemperatur. Undenkbar für uns, daß bei uns Himbeeren an den Sträuchern hängen, wenn es nur 10 bis 14 Grad warm ist und des öfteren regnet.

Wir haben schließlich den starken Wind hier gut ausgesessen und sind dann 3 Tage später weitergezogen in die Caleta Olla. Hier werden wir unseren ersten Gletscher, den Glacier Holanda vom Boot aus sehen können. Die ersten Seemeilen können wir auch noch gut segeln, bis der Wind wieder auf eine Richtung dreht, in der wir unmöglich segeln können. Aber wir kommen auch so wieder gut vorwärts. Uns war im Vorfeld klar, daß wir in den Kanälen kaum segelbaren Wind haben werden. Daher ist es für unsere Planung und Weiterfahrt einfach nur wichtig: möglichst wenig Wind von vorne und nicht gegen Wind und Strömung ankämpfen müssen. Das würde uns nur unnötig Zeit und vor allem Diesel kosten. Und dieser ist hier seeeeehr wichtig. Die nächste Tankmöglichkeit besteht erst in Puerto Eden in Luftlinie 400 Seemeilen; in gefahrenen Seemeilen durch die Kanäle deutlich mehr. Bis dahin will unser Motor und auch unser Diesel-Ofen gefüttert werden.

Auch die Caleta Olla fanden wir wunderschön. Der erste Landgang ging auf den Hügel und am Strand entlang bis zum Fluß und dann ab zu einem Wasserfall. Natürlich wieder sehr feucht, sehr üppig und wunderschön. Die Männer sind dann am nächsten Tag mal alleine losgezogen in Richtung Gletscher da es mir nicht so gut ging. Nach mehreren schweißtreibenden Stunden kamen sie wieder erschöpft und zufrieden zurück und durften sich dafür bei frischem Apfelplootz stärken, ehe es hieß: „Fasnacht in Franken“, musste geschaut werden. Zum Aussichtspunkt auf den Gletscher und den Gletschersee gibt es einen kleinen Trampelpfad, der am Eingang markiert ist. Da man aber nicht Hin- und Rückweg auf dem selben Weg machen will – „man will ja was sehen“ – sind die beiden dann auf eigenen Wegen den Berg herunter. Das war wohl sehr anstrengend 😉. Außerdem war für den nächsten Tag eine Wanderung am Flußlauf entlang angedacht, der so beschrieben ist und bis zum Gletschersee führen sollte. Denkste, die eine Seite war durch den Biber unpassierbar geworden, die Andere zu dicht bewachsen und immer wieder mit kleinen Wasserläufe durchzogen. Am letzten Tag noch eine kleine Abschlusswanderung am Strand entlang bis zu einem Seezeichen und zurück, wer weiter will hat es wiederum sehr schwer.

Auch in dieser Caleta sind wir 4 Nächte geblieben wegen der Wettervorhersagen und am Montag zeitig losgezogen in den Seno Pia. Dies ist ein zweiarmiger Fjord, in dem an beiden Enden der Gletscher bis ins Wasser reich – und ein „must-do“, wenn man hier vorbeifährt. Wir sind bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein losgefahren und vorbei an tollen Gletschern, dem Italia, Francia, Alemania und dem Romanche. Leider haben wir schon gesehen, daß sich der Himmel langsam zuzieht. Für die nächsten Tage ist leider auch deutlich kühlere Temperatur mit Schneeregen angesagt. So sind wir direkt bis zum Pia-Gletscher im rechten Arm hineingefahren und haben unseren ersten Gletscher direkt am Boot erleben dürfen mit seiner Abbruchkante und den kleinen Eisbrocken im Wasser. Ein beeindruckendes Erlebnis. Ebenso beeindruckend: wir hatten leider massive Grundberührung bei der Zufahrt. Die elektronischen Seekarten sind hier leider nicht ganz genau und wir haben es geschafft, einen Felsen unter Wasser zu touchieren, der nicht eingezeichnet war.

Es hat einen abrupten Stopp gegeben und das ganze Schiff ist kurz nach Steuerbord gekippt und zurück. Ein erster Augenschein aller relevanten Teile hat keine ersichtlichen Schäden erkennen lassen. Der Skipper wird in den nächsten Tagen noch einmal das Unterwasserschiff abtauchen und schauen, wo unser dicker Kiel eine Beule hat. Sind wir mal froh, daß wir so eine „Fat-Lady“ aus dickem Aluminium und massiven Kiel haben. Lediglich später haben wir dann bemerkt, daß unser Haltebrett für den Außenbordmotor durch diese Wucht gebrochen ist und der Außenborder nur noch am seidenen Faden hängt. Also bastelt uns Jochen ein neues Brett, damit wir den Außenborder wieder an seinen Stammplatz hängen können.

Es fing dann natürlich auch pünktlich zum Ankern mit dem Regen an. Unser Schiff hat schnell seinen Platz gefunden und der Anker hält gut, die Leinen zum Land sind schnell gelegt. Nur Ulf hat mit seinem Boot etwas Probleme, sein Anker hält nicht richtig und er muß zweimal einen neuen Anlauf nehmen um zu ankern. Da wir ihm beim Landleinenausbringen natürlich helfen, sind wir alle drei durchgeweicht. Zur Belohnung gibt es erst mal einen Kaffee und einen warmen Schokopudding – für Leib und Seele. Das war dann auch genug Aufregung für heute – sowohl positiv als auch negativ. Als wir ins Bett gehen, sehen wir Ulf auf seinem Boot werkeln. Ein kurzer Ruf rüber, ob alles klar ist: Ja, er hat noch etwas Kette gegeben, da er seinen Anker über Grund rumpeln hörte.

Das musste sein:“ Whiskey on the rocks“, mit frischen Gletschereis. Nach der ganzen Aufregung haben wir uns das doppelt verdient.

Am nächsten Morgen, wir schauen aus dem Fenster. Jetzt hängt Ulf aber sehr nah am Ufer. Schneller Funkruf rüber, ob er es schon gesehen hat. Nein, noch nicht gesehen und ja, er hat immer noch Probleme mit dem Anker, die Aufzeichnung seiner Bewegung lässt naheliegen, daß der Anker nicht hält und er sich bewegt. Also zieht Jochen sich wieder Regenfest an und die beiden ankern nun nochmals komplett um und verlegen sein Schiff auf einen ganz anderen Platz, bis sicher ist, daß der Anker nun auch wirklich hält.

Hier (nochmals?) für die Laien eine kleine Erklärung, wie das mit dem Ankern so läuft bzw. wie wir es handhaben:

Jochen fährt langsam die Stelle ab, an der wir ankern möchten und beobachtet dabei den Tiefenmesser. Wir brauchen einen gewissen Radius um das Schiff mit genügend Tiefe, da sich das Schiff ja im Regelfall mit dem Wind um den Anker herum bewegt („schwojen“). Hat er eine Stelle gefunden, die ihm zusagt, ruft er mir zu „Anker ab“. Wir ankern gerne in einer Tiefe von 5 – 10 Metern, was leider nicht immer möglich ist. Ich lasse den Anker dann fallen und gebe entsprechend der Bedingungen Kette aus. (alle 10 Meter ist eine farbliche Markierung an der Kette, damit man weiß, wieviele Meter draußen sind). Ist unsere Wunschlänge ausgebracht, fährt Jochen langsam rückwarts, bis die Kette auf Zug kommt. Dies beobachte ich bzw. lege meine Hand auf die Kette. So kann ich auch fühlen, ob der Anker über den Grund „ruckelt“ oder greift. Kommt die Kette auf Zug, gebe ich Jochen die Info und er gibt dann rückwärts mehr Gas. Bleibt die Kette auf Zug und nichts ruckelt – das sehe ich, indem die Kette aus dem Wasser in flacherem Winkel kommt – hält der Anker. Wir hängen dann noch eine sogenannte Ankerkralle ein, damit nicht die ganze Kraft der Kette auf der elektrischen Ankerwinsch und dem Bugbeschlag hängt um diese evtl. zu beschädigt. Die Ankerkralle hängen wir in die Kette ein und belegen die Leinen, an die jene hängt, auf den starken Klampen, so nehmen diese den Zug auf.

Hier in den Caletas machen wir das auch so, aber nach dem Ankern werden noch zusätzliche Leinen an Land, an Bäumen oder Felsen ausgebracht, da hier meistens kein Platz zum schwojen ist und das Boot in seiner Lage fixiert sein muß.

So nun sind wir beide sicher vor Anker und verbringen unsere Zeit im warmen Schiff, da es jetzt sehr ungemütlich kalt mit Schneeregen ist. Die Schneefallgrenze ist nur noch wenige Meter über dem Meeresniveau, wahrscheinlich könnten wir auf unserer Mastspitze schon einen Schneemann bauen 😊. Jochen fängt das reparieren an und ich kümmere mich um andere Kleinigkeiten.

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Feuerland, wir kommen

Nachdem die Salto auch vor Ort war, hatten wir zusammen ja erst einmal drei Tage am Südufer vor Anker verbracht. Der erste und schließlich auch der einzige Tag, der zu einem Landgang einlud, war dann auch vollgepackt mit der To-Do-Liste. So sind wir dann am Dienstag zusammen mit der Salto an unseren „alten Bojenplatz“ verlegt, während unsere Gute alleine am Ankerplatz zurück blieb. Wir haben uns dann auch gleich aufgeteilt, Mike und Sabine zur Wäscherei, Kerstin und ich zur Prefectura. Die Salto musste ja erst einmal einchecken, ich wollte auch gleich das auschecken abschließen. Mit der geplanten Abfahrt am Donnerstag wurde mir aber das verwehrt: geht nur maximal 24 Stunden zuvor, ich solle doch morgen nochmal kommen. Der Hinweis, daß es morgen wegen dem wieder aufkommenden Windes uns nicht möglich ist, an Land zu kommen, hat auch nicht geholfen, sie würden dann halt mit dem eigenem Boot zu uns kommen. Ok, auch eine Möglichkeit. Als wir unser Schreibkram bei der Behörde erledigt hatten, ging es zu unserem Treffpunkt, dem Museumscafe, Mike wollte sich unbedingt den alten Chevrolet anschauen. Die Zeit wurde ebenfalls genutzt, um unsere weiteren Pläne zu besprechen. Nach nochmaligen studieren der Wetteraussichten und mit dem für und wider, haben wir uns dann für eine Abfahrt am Mittwoch Nachmittag entschieden. Da die Zeit wieder wie im Fluge vergeht, war die Frage, was wir zum Mittag machen. Das einzige Restaurant das wir kannten, das offen hatte und eine Sitzgelegenheit bietet, war gleich an der nächsten Straßenkreuzung. So viel die Wahl recht schnell zu einem Besuch. Nach der gemeinsamen Stärkung ging es auch gleich zum nächsten Tagespunkt, Teile besorgen. Wieder aufgeteilt, waren dann die beiden Frauen und Männer jeweils zusammen unterwegs. Die Frauen machten sich auf zum Supermarkt, um unsere Vorräte aufzufüllen, wobei sich das ja bei uns nur auf die Frischwaren einschränkte, die Salto benötigte da schon etwas mehr. Wir Männer machten uns inzwischen auf Ersatzteilsuche, wir wurden aber nur zum Teil fündig, war ja auch fast nicht anders zu erwarten. Anschließend sind wir noch an der Wäscherei vorbei, Punktlandung, unsere Wäsche war gerade fertig geworden. So sind wir dann alle Vier mehr oder weniger bepackt zurück zu unserem Fred gekommen, wo wir dann gemeinsam zur Salto übersetzten, um unsere Vorräte an Bord zu bringen. Da wir ja unsere Abfahrt etwas nach vorne verschoben haben, konnten wir auch doch heute noch auschecken. Während Mike am Boot blieb, sind wir im Dreierpack nochmals zur Prefectura und haben alle Formalitäten erledigt. Anschließend wieder zurück zum Boot und zum Ankerplatz, der Südwind sollte am Abend wieder kommen. Nach einen gemeinsamen „Anlegergetränk“ heißt es dann auch für uns, zurück auf die Josa. Der windige Abend und der darauffolgende Vormittag wurden dann noch genutzt um alles zu verstauen und seefest zu machen.

Am Nachmittag, mit Hochwasser, war es dann auch an die Zeit gekommen und Anker-auf zu sagen, Ziel war eine Ankerbucht bei der vorgelagerten Isla Pinguines. Bei der Bucht wurden wir dann von einer Kolonie Seelöwen und Pinguine begrüßt. Für einen Besuch der Insel war es dann aber leider schon etwas zu spät, außerdem war bei dem aktuellen Niedrigwasser ein anlanden mit dem Dinghy schwierig, dann halt nicht. Am nächsten Morgen war dann um 7 Uhr Anker-auf verabredet, so war der Abend kurz, damit wir morgen ausgeschlafen sind. Schließlich sind dann einige Seetage geplant. Leider hat der rollige Ankerplatz etwas dagegen gehabt, so sind wir dann am Morgen etwas schlaftrunken aus unserem Bett gekrochen, um uns fertig zu machen. Zum richtig wach werden war dann aber auch gleich nicht viel Zeit, beim Ausfahren aus der Bucht wurden wir mit einer heftigen See, die sich rund um das Eiland aufbaut, begrüßt worden. Schnell etwas Abstand gewinnen war die Devise, nach der ersten Seemeile wurde es dann zwar etwas besser, aber gut ist etwas anderes, der Südatlantik hat uns wieder. Gefühlt treffen hier mindestens zwei unterschiedliche Dünungen, drei verschiedene Windseen und natürlich noch der Gezeitenstrom aufeinander. Dafür, daß die Welle nicht allzu hoch ist, ist sie ganz schön wild. Auch wenn sich unsere Gute in gewohnter Manier durch die Wellen schneidet, schlagen im 5 Sekundentakt die Wellen seitlich, mit lautem Krawums, gegen die Bordwand.

Vor uns liegt, in meinen Augen, unsere Königsetappe der Reise. Rund 500 Seemeilen lang, 4 bis 5 Tage sollte diese dauern, wenn kein weiterer Zwischenstopp von Nöten ist. Hier zum Südatlantik gibt es viele Geschichten. Nicht umsonst wird in der Seefahrt von den Roaring Forties, Furious Fifties und den Screaming Sixties gesprochen, zu Deutsch: brüllenden Vierzigern, wütenden Fünfzigern und schreienden Sechzigern. Das Ganze bezieht sich auf die Breitengrade in unserem Koordinatensystem. Gut, bis zu den Sechzigern wollen wir dann doch nicht runter. Aber andere Seemannsweisheiten sprechen auch von „unterhalb des 40. Breitengrades gibt es kein Gesetz, unterhalb des 50. Breitengrades gibt es keinen Gott“. Auch den 40sten haben wir schon seit San Blas hinter uns gelassen, den 50ten queren wir auf dieser Etappe. Das mit dem Gesetz können wir so auf jeden Fall beim Wetter bestätigen: Aussichten, die länger wie 24 Stunden sind, stimmen nur selten, über 48 Stunden sind es wilde Spekulationen. Ansonsten segeln wir nach dem Motto, “ein guter Segler hat immer guten Wind“, soll heißen: Das man immer auf ein passendes Wetterfenster wartet und nicht bei schlechten Bedingungen/ Aussichten rausfährt. Auch wenn es hier schwierig ist, über so einen Zeitraum das Wetter vorher zu sehen, kann man doch schon eine Tendenz erkennen. Unterwegs sollte man einen Plan B parat haben, was aber in dieser Gegend wiederum schwierig ist, da es sehr wenige Plätze gibt, an den wir uns eventuell Schutz suchen können. Nichts destotrotz haben wir uns für das aktuelle Fenster entschieden, wer weiß, wann das nächste kommt und ob dies besser wird. Auch das haben wir in der Zwischenzeit hier gelernt, wenn sich eines auftut, nutze es. Ein Starkwindfeld das auf halber Strecke uns treffen könnte, hat sich mit jeder Wetteraussicht der letzen Tage etwas abgeschwächt, sollte es sich halten, gibt es einen Ankerplatz, den wir noch rechtzeitig erreichen können, Planung ist alles. Bei den herrschenden Windbedingungen kommen wir dann auch gut vorwärts, auch wenn die Welle uns das Leben auf dem Boot schwer macht. Jeder Handgriff muss gut gewählt sein, nichts darf mal eben ungesichert irgendwo rumliegen. Die Bedingungen sind aber, für den Ort an dem wir uns befinden, in meinen Augen gut und erträglich. So gehen die Tage vorüber, dank der modernen Technik können wir uns täglich mit neuen Wetterdaten versorgen, was die weiteren Vorgehensweisen natürlich stark vereinfacht. Ich denke mir des Öfteren, wie das die ersten Segler gemeistert haben, ohne den ganzen Schnickschnack. Da haben wir in der heutigen Zeit doch schon einen großen Vorteil. Das starke Windfeld, das uns zur Mitte treffen sollte, hat sich dann doch komplett abgeschwächt, ein durchsegeln bis zu unserem Ziel steht damit nichts mehr im Wege. Das Ziel heißt Isla de los Estados oder auch Staten Island, auf dem 54sten Breitengrad gelegen, eine große Insel mit gut geschützten Buchten vor der Einfahrt zum Beagle Channel, in dem die südlichste Stadt von Argentinien ist: Ushuaia. Luftlinie 120 Seemeilen von Kap Horn entfernt, um dem sich ja bekanntlich viele Sagen und Mythen ranken, allein bei dem Aussprechen dieses Ortes fährt es so manchem Segler kalt dem Rücken runter. Ob vor Angst, Respekt, nur aus Ehrfurcht oder gar Traumziel sei mal dahingestellt.

So kommen wir gut vorwärts, auch wenn das Schlafen und Erholen wieder sehr schwierig ist. Wie erwartet haben wir dann auch noch ein angekündigtes Flautenloch erwischt, durch das wir etliche Stunden durchmotort sind. Aber: hier in den wütenden 50ern lieber eine Flaute als zu viel Wind. Wir sind mit dem Motor zwar langsamer als unter Segeln bei guten Winden, aber der Vorteil bringt so ein langes Flautenloch auch mit sich: die See beruhigt sich und ist fast spiegelglatt. Somit haben wir, mit dem danach aufkommenden Winden, ein angenehmeres Segeln, da wir uns nicht durch wilde Wellenberge kämpfen müssen. Da der Wind wieder einmal mitten in der Nacht aufkommen sollte, habe ich in meiner langen Nachtwache fleißig den Windverlauf im Auge behalten. So konnten wir rechtzeitig unser Großsegel komplett herunterholen und haben nur die Genua gesetzt, mit der wir auch alleine genug Vortrieb haben bei raumen Wind (von hinten). Unser Ziel war, die Isla de los Estados bis zum Mittag zu erreichen, da danach der Wind wieder ordentlich zulegen sollte. Bis dahin wollten wir es geschafft haben.

Und wir haben es geschafft. Am frühen Morgen tauchen die in Wolken gehüllte Gipfel der Insel auf und wir fahren schön darauf zu. Unser gewählter Ankerplatz heißt „Puerto Hoppner“ und soll wunderschön und super geschützt gegen alle Windrichtungen sein. Jeder, der hier war, hat nur geschwärmt. Zunächst war der Plan, gleich nach der Einfahrt in die Bucht auf einen Ankerplatz in der sogenannten „Outer-Bay“ zu nehmen, um dann mit dem Höchststand der Tide gegen 12:30 Uhr in die „Inner-Bay“ einzufahren. Das deshalb, da die innere Bucht nur durch eine etwa 10 Meter breite Durchfahrt zwischen Felsen zu passieren ist und entsprechend bei Ebbe oder Flut hier eine Menge an Wasser durchgepresst wird, was zu entsprechenden Strömungsgeschwindigkeiten führt. Dies ist sehr gefährlich zu solch einem Zeitpunkt durchzufahren – eine Segelyacht mit ihrem relativ schwachen Motor und der Windanfälligkeit ist da schnell auf den Felsen versetzt.

Kaum waren wir in der äußeren Bucht, war das Wasser ruhig und von dem Wind außerhalb nur noch ein Hauch zu spüren. Also klar machen zum Anker setzen. Beim Ablassen des Ankers bemerkt Sabine, daß die Ankerwinsch aber sehr „ruckt“ und stellt voller Entsetzen fest, daß die Ankerwinsch nicht mehr richtig fixiert ist. Also schnell Ankermanöver abbrechen und Stellungswechsel. Sabine ans Ruder und Kreise drehen und der Herr Mechaniker an die Winsch um das Übel zu begutachten. Von den 4 Befestigungsbolzen sind zwei nicht mehr vorhanden und die Winsch kippt nach vorne weg.

Ich habe dann die Winsch mithilfe einer Leine erst einmal wieder an Ort und Stelle fixiert und wir haben das Ankermanöver durchführen können, so daß wir erst einmal fest und sicher waren. Mit meiner geplanten Schlafnachholung war es dann natürlich nichts, ich hatte die komplette Nacht Wache geschoben. Jetzt hieß es erst einmal, Winsch reparieren, damit wir den Anker auch wieder einholen können. Es waren aus dem Gehäuse zwei Stehbolzen komplett ausgerissen, hier mussten zwei Neue mit größerem Gewinde rein. Die anderen Beiden – stark verbogen – wollten auch ersetzt werden. So habe ich dann aus Gewindestangen, die ich zum Glück an Bord habe, 4 neue Bolzen angefertigt und zwei neue Gewinde ins Gehäuse geschnitten, um diese wieder montieren zu können. Natürlich haben die Löcher in der Befestigungsplatte überhaupt nicht mehr gepasst, da die alten Stehbolzen ja etwas kleiner waren. Auch hier wieder Nacharbeiten mit Bohrmaschine und Rundschleifer. Nach etwa zwei Stunden war aber auch das geschafft.

Die Salto, die in der Zwischenzeit auch gerade angekommen war, hat sich dann sofort in die innere Bucht verlegt und durchgefunkt, daß es jetzt gerade total problemlos geht, da durchzukommen. Gut, es war ja nur noch eine Stunde bis Scheitelpunkt. Also haben wir noch geschwind aufgeräumt und haben ebenfalls die Durchfahrt in Angriff genommen. Ja – es war spannend. Es sieht nicht nur eng aus, es ist auch eng. Vor allem, wenn man weiß, daß überall unter dem Kelp sich weiterer Felsen versteckt.

Einfahrt in die Inner-Bay

Auch das Festmachen des Schiffes war wieder eine spannende Angelegenheit. Die Salto lag schon mit zwei Leinen verspannt hinter der kleinen Insel in der Bucht. Wir sind dann längsseits an die Salto herangefahren, haben unseren Anker gesetzt und Kerstin hat Sabine mit ihrem Dinghy aufgenommen, um unsere erste Landleine zu befestigen. Dies ging auch ruck-zuck und wir waren schnell mit allen 4 Leinen verspannt; ebenso die Salto. Mit zwei Personen im Beiboot geht das wirklich fix, wenn einer sich aufs Fahren und der andere auf die Leinenarbeit konzentrieren kann.

Nun liegen wir hier einträchtig nebeneinander und harren der Winde, die da kommen sollen. Mike hat dann noch eine kleine Ruderrunde gedreht und hat sich die gesamte innere Bucht einmal angesehen; hier soll man doch gut laufen können zu einem See und einem Wasserfall. Nur, wo kommen wir an Land? Dabei ist er auch nochmals an der Durchfahrt vorbeigefahren und hat festgestellt: „wir hier am Liegeplatz haben null Wind und da vorne geht die Post ab und in der Durchfahrt ist eine üble Brandung“. Wir werden die nächsten Tage hier auf alle Fälle einiges erkunden und berichten.

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Immer weiter Kurs Süd

Nachdem wir San Blas mit dem nächsten Wetterfenster verlassen haben, heißt unser nächstes Ziel Golfo Nuevo bei Puerto Madryn. Eine kleine beschauliche Bucht von 50 bis 60 km Durchmessern und einer Einfahrtsbreite von ca. 10 km und einer Wassertiefe um die 30 m, während die Bucht so um die 150 m Tiefe hat. Wieso ich das Euch erzähle? Bei einem Tidenhub von 5 m kann man sich schnell mal ausrechnen, welche Wassermassen da viermal täglich durch das kleine Nadelöhr fließen, um den Wasserstand auszugleichen. Die zu erwartende Gezeitenströmung in der Einfahrt soll hier beachtet werden, sonst kann das Ganze schon etwas länger dauern, bis man drin ist. Auch der wesentlich größere Golfo San Matias, an dem wir vorbeifahren, verheißt auf der Strömungskarte nichts Gutes. Die aktuelle Vollmondphase verstärkt das alles noch. Die starken Strömungen, die auch gleich mit der Ausfahrt von San Blas zu spüren sind, können wir planen und zu unserem Gunsten nutzen, der Rest wird sich zeigen, wie wir vorwärts kommen.

Die Ausfahrt aus dem Kanal zeigt sich auf jeden Fall schon etwas angenehmer als die Tage zuvor die Einfahrt. Bei strahlend blauem Himmel kommen wir trotz des schwachen Windes gut voran. Die Aussichten für die Strecke sollen auch so bleiben. Was wir aber Schlussendlich hier erleben, ist eine Fortsetzung von der letzten Fahrt. Kaum ein Logbucheintrag ohne daß sich die Windrichtung nicht mindestens um neunzig Grad geändert hat; das hält uns ganz schön auf Trab. Dazu muss man sagen, daß wir spätestens nach 4 Stunden einen Eintrag machen, wenn sich in der Zwischenzeit nicht etwas ändert. Nach viel Gejammer und Gefluche auf die Windküche, die uns hier auf dem Wegstück widerfahren ist und den halbwegs zu unseren Gunsten ausgenutzten Strömungsbedingungen, sind wir dann 2 Stunden vor dem nächsten vorhergesagten Starkwindfeld vor Anker gegangen. Alles nach Plan gelaufen. Trotz der großen Tiefenunterschieden in der Bucht hält der Ankerplatz für uns eine flach ansteigende Küste mit gutem Ankergrund bereit. Perfekt also auch hier, und für den angekündigten Westwind ausreichend Schutz. Nachdem wir am Boot soweit alles aufklariert haben, bleibt noch genug Zeit um sich nochmal aufs Ohr zu legen um etwas von dem fehlenden Schlaf nachzuholen, bevor es los geht. Als wir dann vom aufkommenden Wind geweckt werden, kontrollieren wir unsere Ankerposition nochmals. Bei Windstärken bis 35 kn hält unser Anker gut und zuverlässig. Bis zu Nachtruhe beruhig sich der Wind wieder so allmählich und wir können getrost unseren verdienten Schlaf antreten.

Zu dem Golfo Nuevo sei noch erklärt, daß es sich um eine „Walbucht“ handelt. So sollen sich hier um diese Jahreszeit etliche der majestätischen Tiere aufhalten, in einem Bereich im Norden der Bucht. Boote sind hier natürlich nicht gerne gesehen, es sei denn, es sind die, die diese Waltouren kommerziell anbieten. Wir dürften hier nur hin, wenn es die Wettersituation es nicht anders zulässt, also bei starken Nordwinden; verkehrte Welt. Aber da wir die Einstellung haben, daß wir das Ganze, wenn dann, von unserem Boot aus erleben wollen, werden wir diesem Kommerz nichts beitragen.

Abendstimmung im Golfo Nuevo

Mit dieser Einstellung und dem Betrachten der weiteren Vorhersagen, sehen wir schon für den nächsten Tag ein Wetterfenster, das wir nutzen wollen, nichts was uns hier zum längeren Verweilen veranlassen würde. Die entsprechenden Fenster wollen gut genutzt sein, auch wenn sie nicht immer Ideal sind, bei der hier vorherrschenden Windrichtung aus Süd. Wer weiß, wann sich das nächste auftut. Bei der routinemäßigen Kontrolle im Motorraum entdecke ich eine nicht unerhebliche Menge an Wasser in der Bilge, oh Schreck, was ist jetzt los, müssen wir den Aufenthalt doch verlängern und eventuell ans Ende der Bucht in der Stadt verlegen? Nach einem gründlichen Check aller Verbindungen am Abend und weiter Ursachenforschung am Morgen, ist die Ursache in unserer Stopfbuchse zu finden. Das Bauteil dichtet unsere Antriebswelle, die zum Propeller führt ab. Die hatte ich erst bei unserem Werftaufenthalt in Juan Lacaze komplett ausgebaut und gewartet. Vermutlich hat sich erst jetzt gezeigt, bei der etwas längeren Belastung bei der Einfahrt in die Bucht, daß das Dichtungspaket noch etwas nachgestellt werden muss. Soweit erst einmal Entwarnung, der Fehler schnell behoben. Weitere, intensive, Beobachtungen werden folgen, der Weiterfahrt sollte somit nichts im Wege stehen. Gegen 12 Uhr heißt es dann Anker auf.

Nachdem wir die Ausfahrt der Bucht passiert haben, wird es sehr ungemütlich, ein wilder Ritt über die Wellen; ja wenn in den Seekarten schon entsprechendes verzeichnet ist – wir sind vorbereitet. Bei den eher schwachen Windverhältnissen, die bei ruhiger See ein entspanntes Segeln versprechen würden, ist jetzt nicht zu denken, die Segel würden ohne Unterlass schlagen. So sind die ersten Stunden nur unter Maschine zurück zu legen, bis sich das Wellenbild beruhigt. Die Wellen sind zwar nicht all zu hoch, aber die Abstände von jener recht kurz. Wenn man sich so Vorhersagen anschaut, schauen wir uns auch immer die vorhergesagten Wellen mit an, bei einem Verhältniss unter 3 zu 1 (Periode/Zeit zu Wellenhöhe) wird es richtig unangenehm, so wie gerade eben halt. Nichts destotrotz ist auch das bald überstanden und als kleiner Nebeneffekt gleich ein Test ob im Maschinenraum jetzt alles dicht ist. Nach mehrmaliger Kontrolle kann ich auch hier wieder einen Haken setzten, der Verdacht der Stopfbuchse hat sich bestätigt und alles ist wieder in Ordnung.

Ausfahrt aus dem Golfo Nuevo, schon in einer ruhigeren Phase 😉

Unser nächstes Ziel heißt Caleta Hornos, ein kleiner „Flusslauf“ in der Küstenlinie, nichts außer Natur drum rum und unser erster Stopp, an dem wir mit Landleinen arbeiten müssen, dazu später mehr. Unterwegs merken wir, daß unser Speed doch etwas langsamer ist, wie veranschlagt und entscheiden uns, noch einen Zwischenstopp in einer Bucht auf dem Weg einzulegen, ansonsten würden wir erst in der Nacht ankommen, das wollten wir tunlichst vermeiden. So haben wir unseren Kurs Richtung Küste geändert und haben den neuen Ankerplatz direkt angesteuert. Auch hier wieder an der Küste sind in den Seekarten etwas unruhige See eingetragen, das sich trotz der ruhigen Bedingungen bewahrheitet. Kaum am Eingang der Bucht und schon ist wieder Ruhe im Schiff und wir können in aller Gemütlichkeit unsere Segel bergen. Der Anker ist schnell geschmissen und hält auch zuverlässig. Das Windfeld, das für die Nacht gemeldet war, war dann auch nicht so stark wie gemeldet, wir hatten eine erholsame Nacht. Am nächsten Tag dann der Start zur Caleta Hornos; auf die wir uns ja schon eine Zeitlang freuen. Wieder etwas unruhige See bei der Ausfahrt, aber dann ein schöner Segeltag hoch am Wind. Am Cabo dos Bahias, ca. 10 sm vor unserem Ziel, heißt es dann WAL IN SICHT. Unser erster Wal an der argentinischen Küste zeigt sich gleich bilderbuchmäßig. Erst ein großer Walblas, dann sein großer runder Rücken und schlussendlich hebt er seine Schwanzflosse aus dem Wasser als er vor unseren Augen abtaucht. Ein grandioser Anblick, leider ohne Fotobeweis. Der weitere Ausblick lässt aber weiter nichts mehr erspähen, die können halt auch verdammt lange unter Wasser bleiben 😉. Eine halbe Stunde später dann die nächste Sichtung. Zwei dieser Giganten schwimmen querab von uns in entgegengesetzter Richtung vorbei, wir sehen mehrfach ihren Blas und einen kleinen Teil von deren Rücken. Nach dem Schauspiel heißt es dann auch, vorbereiten für die Einfahrt in die Caleta. Da die Bedingungen entspannt ruhig sind, beschließen wir unser Dinghy erst in der Caleta zu Wasser zu lassen, Leinen sind soweit schon alle griffbereit. Die Einfahrt alleine ist schon beeindruckend, sieht man doch erst im letzten Augenblick wenn man ums Eck kommt, daß da noch ein Einschnitt in der Küste ist. Wir tasten uns langsam unter Maschine voran, da das Kartenmaterial nicht ganz so Präzise sein soll. Schließlich haben wir eine leichte Grundberührung am Ende im weichen Untergrund, wir fahren uns wieder frei, war wohl etwas zu weit rein. Ein Stück retour und der Anker fällt. Schnell das Dinghy zu Wasser und Sabine macht sich auf den Weg, die Landleinen am Ufer zu befestigen, zieht sich natürlich alles ein wenig. Mit dem Dinghy ans Ufer paddeln, Ausstieg an den schroffen Felsen, Fred sichern und dann noch eine Stelle suchen, um die Leine sicher zu befestigen. Während ich versuche das Schiff auf Position zu halten und ich die erste Leine dichtholen kann, sind wir zwar schon ein wenig abgetrieben, aber jetzt sind wir dann mal sicher soweit. Drei weitere Leinen wollen jetzt noch ausgebracht werden und der Wind frischt auch langsam auf, gutes Timing.

>Landleinen: In Patagonien ist es üblich das Schiff zusätzlich zum Anker mit eben solchen noch zu verspannen. Die Caletas, Buchten oder die Unterwasserlandschaft lassen oft kein Raum zum schwojen (Drehkreis um den Anker wenn sich Wind oder Strömung ändern) um den Anker, weshalb man das Schiff eben fest fixiert um dies zu verhindern<

Nachdem das geschafft ist, gibt es erst einmal das wohlverdiente Anlegegetränk, alles hat soweit funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Das ein oder andere hat noch etwas Verbesserungspotenzial, aber Möglichkeiten zum Üben kommen jetzt noch genug. So haben wir die Nachmittagsstunden noch im Cockpit genossen bis hin zum Abendessen. Währenddessen war dann auch der höchste Stand der Flut, die Tide beträgt hier in etwa 5m. Ich fange an zu recherchieren und zu rechnen, komme aber zu dem Ergebnis, daß uns etwas Wasser unter dem Schiff fehlt, wenn wir Ebbe haben. Um kein Risiko einzugehen, beschließen wir nach kurzer Beratschlagung, uns wieder aus der Caleta zu manövrieren und am Eingang von dieser, an der Küste vor Anker zu gehen. Bei den mittlerweile kräftigen Wind wäre die Gefahr zu groß in der schmalen Caleta zu manövrieren und einen geeigneteren Platz zu finden. Natürlich ist es jetzt schon fast dunkel. Wir befestigen noch unseren Außenbordmotor an Fred und los geht´s. Ich in Fred und in passender Reihenfolge alle Leinen von Land wieder einholen, bis wir nur noch am Anker hängen, gut das wir dessen Position so gewählt haben das wir bei dem angesagtem Wind auch frei an diesem hängen und nirgends anschlagen. Zuletzt noch Anker auf und im Stockdunkeln raus an die Küste, hier schmeißen wir unser Eisen dann in ausreichender Tiefe ins Wasser. Jetzt liegen wir erst einmal sicher hier, die Anspannung fällt langsam wieder ab. Am nächsten Morgen heißt es dann nochmal alles bei Tageslicht zu beurteilen, aber auch hier gibt es grünes Licht und der Starkwind der die nächsten 24 Stunden über uns wegzieht, kann kommen.

Fazit: 1. Angelerfolg hatten wir gleich zu Anfang: 2 Fische und im weiteren Verlauf noch 3 Möwen in unterschiedlicher Größe. 2. Die Wetterfenster in dem Bereich, in dem wir uns aktuell bewegen, wollen gut genutzt werden, auch wenn sie nicht optimal sind. Wir bewegen uns schließlich entgegen der hauptsächlichen Windrichtung. 3. Ja – und die Lernkurve in den letzten Wochen steigt wieder steil nach oben.

so langsam kommt auch hier Routine auf, befreien von Möwen

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Argentinien von Land aus

Wer sich mit Reisezielen in Südamerika beschäftigt, wird früher oder später auf die Wasserfälle von Iguazu stoßen, so auch wir. Einmal davon gelesen, war es ein „must see“ auf unserer Liste. Waren wir zwar in Uruguay schon mal näher dran, wurde uns aber von diversen Leuten mitgeteilt, daß man dies von der argentinischen Seite machen sollte. Zum anderen war es auch mit dem Leihwagen in Uruguay nicht erlaubt, das Land zu verlassen.

So war es jetzt an der Zeit das Ganze zu planen. Zuerst galt es abzuklären, wie wir diesen Trip durchführen wollen – mit Flugzeug, Bus oder Auto. Preislich geben sich alle Möglichkeiten nicht viel. Zu fliegen wäre schnell und einfach, sehen vom Land tut man halt nichts. Mit dem Bus würde man was sehen, wäre auch einfach zu bewerkstelligen, und mit den hier üblichen Überlandbussen, die Liegesitze oder aber auch Schlafabteile haben, auch recht komfortabel. Letztendlich haben wir uns dann doch für das Auto entschieden, Hauptgrund ist und bleibt die Flexibilität, die wir dabei haben, sowohl in der Zeit als auch der Route. So haben wir ein paar Preise verglichen und sind wieder bei dem Anbieter Localiza gelandet, auch wegen der guten Erfahrungen bisher. Gesagt, getan haben wir nach unser Stadtbesichtigung, sofern wir jetzt erst einmal genug gesehen hatten, uns ein Auto gemietet. So sind wir dann am Donnerstag gestartet. Geplant für die Anreise haben wir gleich mal 2 Tage, am ersten Tag war ja Auto abholen und auch noch beladen angesagt, und bei 1300 km Strecke ist das bei den hiesigen Verhältnissen nicht zu schaffen. Im Vorfeld gleich noch auf halber Strecke ein Hotel vorgemerkt und los, mal schauen ob wir das heute schaffen. Wie wir dann unterwegs feststellten, sind die Straßenverhältnisse nicht schlecht und die Geschwindigkeitsbegrenzungen, mit 110 bis 130, erstaunlich hoch; unser anvisiertes Ziel konnten wir so erreichen. Die Unterkunft wurde dann unterwegs noch online gebucht und bis 18:30 Uhr waren wir vor Ort. Wie sich herausgestellt hat, war dieses Appartement leider direkt an einer viel befahrenen Straße, Schlafzimmer natürlich auch dorthin ausgerichtet. Aber für einen Nacht sollte es ja gehen. So sind wir dann am nächsten Morgen, nach einer nicht ganz so erholsamen Nacht (der Nachbar hat dann auch noch, zu allem Überfluss, ab 4 Uhr mal laut Musik angemacht), zum nächsten Bäcker, um uns dort ein Frühstück zu gönnen. Der weitere Weg war dann auch genauso gut zu fahren, vorbei an kleinen Ortschaften und auch vereinzelt etwas Größere. Am späten Nachmittag sind wir dann in Port Iguazu angekommen, mit der Erfahrung der letzten Übernachtung wollten wir uns erst mal ein Bild von der gewählten Übernachtung machen, bevor wir hier für 3 Nächte bleiben wollen. Die Erwählte war dann auch in einer Seitenstraße gelegen, ohne viel Verkehr und auch gleich mit Frühstück. Das positive, was es auch mit jedem Kilometer weiter in den Norden mit sich gebracht hat, es wurde wärmer, wir hatten bei Ankunft 28°. Was für eine Wohltat wieder mal am Abend nur mit Shirt und kurzer Hose unterwegs zu sein. Was wir natürlich wieder vergessen hatten: es ist Wochenende. Irgendetwas ist ja immer, das man bei der Planung vergisst. So sind wir dann schon recht bald los, um wenigstens dem größten Rummel am Anfang aus dem Weg zu gehen, gedauert hat es dann trotzdem bis wir im Nationalpark waren, wir mussten 3x mal anstehen. Zuerst, klar, an der Kasse, dann nochmal am Einlass und schlussendlich an der kleinen Eisenbahn, die uns die ersten Kilometer in den Park gebracht hat. Von hier war dann alles gut zu Fuß zu erreichen. Die Hauptattraktion, der GROSSE Wasserfall, war dann über eine weitläufige Steganlage zu erreichen. Geht es zuerst noch über den ruhigen Teil vom Flusslauf, wird das Getose immer lauter, bis diese zu einer Plattform reicht, an der man den Eindruck hat, man steht mitten in den sich hinabstürzenden Wassermassen, ein unbeschreibliches Erlebnis. Die Gischt die dabei entsteht, versperrt einen die meiste Zeit den Blick bis hinunter, wo sich das Wasser wieder zu einem Fluss zusammenschließt. In den Winden, die sich hier bilden sind unzählige Vögel unterwegs, die man ebenfalls bei ihren flugakrobatischen Einlagen bestaunen kann. Ihre Nester befinden sich wohl in dem Grün, das sich erstaunlicherweise an einigen Stellen der Felswand festkrallt, ich könnte dem ganzen Spektakel noch Stunden zuschauen. Aber schließlich ziehen wir dann irgendwann weiter, es gibt ja noch so einiges andere zu entdecken hier.

Nach dem großen Wasserfall sind wir dann noch zu den kleineren gelaufen. Eigentlich ist es ja in Summe nur „ein“ Wasserfall, da es sich um einen Fluß handelt. Aber durch die vielen Einbuchtungen und die Breite des Wasserlaufes sind es halt viele einzelne, kleinere Fälle, die zu bestaunen sind.

Hier auf argentinischer Seite kann man viele verschiedene Strecken ablaufen und sieht dabei auch sehr viel Flora und Fauna, da alles von dichtem Wald umgeben ist. Unwahrscheinlich viele Schmetterlinge tummeln sich hier, die sich auch gerne auf uns niederlassen. Wir haben hier auch Fische, Schildkröten, viele Vögel – einen Tukan!, blühende Bromelien und viele andere schöne Pflanzen und Blüten entdecken können. Einfach eine atemberaubende Gegend.

So konnten wir hier auf argentinischer Seite den kompletten Tag verbringen, ohne alles gesehen zu haben. Leider ist die Ausschilderung etwas sparsam, so daß wir mehrfach falsch abgebogen sind um einen der letzten zu bestaunenden Fälle zu sehen. Bis wir den richtigen Weg hatten, war dieser schon geschlossen.

Am nächsten Tag stand für uns die brasilianische Seite auf dem Programm. Hier sind wir nicht mit dem Auto gefahren, da wir a) keine Erlaubnis zum Grenzübertritt mit dem Leihwagen haben (bzw. die entsprechenden Autopapiere auch nicht hatten und b) es wohl auch ein Autochaos wäre. So sind wir mit dem Bus gefahren, der alle Stunde nach Brasilien rüber fährt. Im Vorfeld hatte sich Sabine noch Gedanken gemacht wegen unseres Visa im Reisepass. Da wir ja unsere „erlaubte“ Zeit in Brasilien schon voll hatten. Lassen die uns nochmal rein? Aber alles easy hier. Es gab nur eine Passkontrolle auf argentinischer Seite und das war es dann.

Auch hier auf brasilianischer Seite wieder Menschenmassen. Die Beschilderung hier ist definitiv schon einmal besser wie auf der „anderen“ Seite und auch das Personal ist hier auf Zack und spricht einen gleich an und hilft. Auch hier hieß es, erst mal in den Bus steigen und bis zum Einstieg zu den Wasserfällen fahren. Und wie uns schon angekündigt wurde, sind die Fälle auf brasilianischer Seite ganz anders zu bestaunen. Nun sehen wir das Ausmaß in voller Breite, standen wir doch in Argentinien eher über den Fällen, sind wir hier drüben auch am Grund bzw. auf halber Höhe. Und wir stehen direkt davor und werden entsprechend nass durch die Gischt und den Wind.

Hier haben wir dann auch das erste Mal Nasenbären gesehen. Diese sind hier leider angefüttert und waren untereinander entsprechend agressiv (Futterneid). Auf argentinischer Seite wurde überall darauf hingewiesen, die Tiere nicht zu füttern und an den Restaurants waren Gitter angebracht, so daß die Tiere nicht an die Tische konnten. Dort hat man diese Tiere dann auch nicht zu Gesicht bekommen. Anders in Brasilien. Da steht man keinen Meter weg von diesen Tieren. Auch hier wieder massenhaft Schmetterlinge, Eidechsen und Vögel.

Hier gibt es nicht so viele Möglichkeiten, noch andere Wege zu laufen, so daß wir nur noch einen kurzen Abstecher in einen Wald gemacht haben, um dann wieder den Heimweg anzutreten.

Auf beiden Seiten der Wasserfälle kann man sein Geld leicht loswerden. Es werden alle mögliche Aktivitäten angeboten: mit dem Boot an die Fälle fahren und richtig nass werden, Kajak fahren, Schlauchboot oberhalb der Fälle fahren, mit dem Truck durch den Wald fahren (nennt sich Expedition) uva. So haben zwei Länder aus einer unwahrscheinlich tollen Landschaft eine Gelddruckmaschine erschaffen – aber es ist einfach imposant und wunderschön und auf alle Fälle einen Besuch wert.

Bei der Rückfahrt mit dem Bus ging es wieder durch die Zollkontrolle – wieder ohne Probleme.

So sind unsere beiden Tage in Iguazu mit vielen Eindrücken und noch tolleren Fotos schon vorbei.

Am Tag darauf sind wir wieder gen Süden gestartet, aber auf einer anderen Route, mit unserem nächsten Ziel, dem Ibera Nationalpark. Auf dem Weg dahin haben wir die Ruinen von San Ignacio Mini besucht. Dieses UNESCO Weltkulturerbe haben wir durch Zufall auf der Karte entdeckt. Dabei handelt es sich um eine ehemalige Jesuiten-Anlage, die die einheimische Bevölkerung, die Guarani missionieren wollte. Diese wurde 1696 errichtet und 1767 wieder verlassen, als die Jesuiten von den Spaniern aus Südamerika vertrieben wurden.

In der Blütezeit lebten hier 4000 Menschen, es gab Wohnbereiche, Werkstätten, Gartenanlagen und natürlich eine große Kirche.

Früher gab es hier wohl Ton-, Bild- und Lichtshows in der Anlage, denn überall stehen noch Projektoren und Beleuchtungsanlagen herum. Vielleich muss man das Areal auch nur mal nachts besuchen und die Technik funktioniert noch, auch wenn sie nicht den Eindruck gemacht hat.

Eine beeindruckende Anlage, wenn man bedenkt, mit welchen Mitteln hier gebaut worden sein muß. In einem kleinen angeschlossenen Museum sieht man auf Bildern, wie die Anlage bei der „Wiederbelebung“ um 1940 von der Natur in Beschlag genommen war, da war viel Arbeit von Nöten, um jene wieder frei zu legen.

Von hier aus sind wir dann zu unserer Unterkunft für die Nacht gestartet, diese war dann auch schon am Rand des Nationalparks gelegen. Von hier aus hatten wir zu unserem Ausflugsziel, einer gebuchten Bootstour, nur noch 1,5 Stunden zu fahren, die wir dann auch frisch ausgeruht und gestärkt am späten Morgen in Angriff genommen hatten. Auch hier hatten wir von unterwegs online gebucht. So sind wir dann noch an dem kleinen Büro in der Stadt vorbei gefahren, um unsere Schuld zu begleichen und letzte Informationen einzuholen – wo genau die Tour denn startet. Mit Hilfe der netten Dame haben wir uns aus gleich eine Unterkunft am Ort gebucht, bis wir von der Tour zurück sind, könnte es spät werden, die Tour war von 16 bis 18 Uhr angesetzt. Mit der Info sind wir dann noch über 25 Pistenkilometer zu unserem Bootsanleger mitten durch den Nationalpark gefahren, nicht aber uns vorher in einer kleinen Imbissbude für den Rest des Tages zu stärken. So sind wir dann gegen 15 Uhr am vereinbarten Treffpunkt gewesen, noch nicht ausgestiegen ist auch schon unser Tourguide angekommen. „Ja wenn ihr schon da seid, können wir auch gleich starten, ihr seid die einzigen Gäste heute“. Gesagt, getan. Nach der kurzen Vorbereitung, um das Boot startklar zu machen, ging es dann auch schon los. Während wir eben auf das Boot gewartet haben, haben wir uns natürlich im Umfeld schon etwas umgesehen. Plötzlich entdecken wir einen Kaiman direkt im Grünteppich, wo die ganzen Boote liegen, keine 5 m weg von uns. Wir Rätseln noch ob es sich nicht um eine Plastikattrappe handelt, für die Touris halt, „schaut aber echt gut aus, die Attrappe“, als sich das Tier bewegt. Upps, nichts Attrappe, wir haben unseren ersten Kaiman in freier Wildbahn gesehen. Wie wir dann im Laufe der Tour feststellen, sollte es nicht der Letzte gewesen sein, es sind noch unzählige gekommen. Wir haben bei einem Veranstalter gebucht der hier „Pionierarbeit“ leistet, der Einzige der mit Elektroantrieb unterwegs ist. Wir wissen natürlich nicht, ob es daran gelegen war, daß wir so nah an die Tiere herangekommen sind, aber es war schon beeindruckend, zum Teil bis auf ein, zwei Meter heran zu kommen. Genauso viele Kaimane wie es hier gibt, leben diese Seite an Seite mit den Wasserschweinen, von den es ebenso zahlreiche hier gibt. Daß diese tiefenentspannt sind, hatten wir ja schon im Hafen von Itajai feststellen können, wo wir direkt an den Mitbewohnern vorbeigelaufen sind. Ricardo, unser Guide, hat uns auch sehr viel über die Natur hier erzählt und gezeigt. So waren auch neben dem einen oder anderen Vertretern der Vogelwelt, auch noch Sumpfhirsche zu bestaunen. Leider hatten weder wir, noch Ricardo, ein Fernglas dabei, um diese sehr scheuen Tier aus der „Nähe“ zu sehen. So verging die Zeit wie im Fluge, aus den zwei, waren dann auch zweieinhalb Stunden geworden. Er hat wohl auch gemerkt, daß wir uns für die Natur wirklich interessieren und nicht nur ein paar Schnappschüsse machen wollten. So sind wir dann mit vielen neuen Eindrücken unseren Rückweg gestartet, auf dem wir dann noch einen örtlichen Fuchs zu Gesicht bekommen haben.

Bis wir zurück im dem kleinen Ort waren, war es natürlich finstere Nacht, gut das wir schon die Unterkunft hatten. Kurz einchecken und das Zimmer beziehen, noch ein kleiner Plausch mit der Besitzerin, die für uns auch einen Tipp zum Abendessen bereit gestellt hat und dort auch mal anrief. Mit dem Ergebnis, heute geschlossen, die Wirtin macht heute keine Küche auf. Auch das ist normal hier, so die Gastgeberin. So bleibt uns, in diesem kleinen Ort, nur der Imbiss von heute Mittag, den wir besucht hatten übrig. Das Essen dort war ja auch nicht schlecht, und die Speisekarte mit Auswahloptionen. Bevor es dann später zur verdienten Nachtruhe gekommen ist, war aber erstmal Arbeit angesagt. In unserem Schlafgemach war eine Heerschar von Moskitos vertreten, die sich scheinbar wieder mal auf ein Festmahl gefreut hat, nicht mit mir. Es waren so an die dreißig der kleinen Bewohner, denen ich dann mal auf den Pelz gerückt bin. Ich hatte wohl alle erwischt, die Nacht war ruhig und erholsam. Für den nächsten Tag war dann auch die Königsetappe auf dem Plan gestanden, 800 km bis zurück zum Boot. Es war klar, daß es auch hier wieder Nacht ist, bis wir zurück sind, aber um etwas auf die Kostenbremse zu drücken, war dies bei den guten Straßenverhältnissen eine gute Option. Als kleiner Nebeneffekt, in Buenos Aires sind abends die Straßen leerer und man steht nicht im Stau.

Auch wenn wir jetzt wieder am Boot zurück sind, war unser Tour noch nicht zu Ende. Wenn auch keine Besichtigung anstand, so war noch Shopping angesagt. Für unsere Weiterreise nach Patagonien benötigt es noch ein paar lange Leinen, um sich damit an Land zu verspannen. Hierfür gibt es laut unseren Informationen eine gute Anlaufstelle in Mar del Plata, ein Küstenort ca. 450 km südlich von unserem Aktuellen. Die Überlegung war im Vorfeld, das Material bei einem Zwischenstopp mit dem Boot dort zu kaufen, oder aber jetzt wo wir den Leihwagen haben. Mit der Erkenntnis der letzten Besorgungen fiel die Entscheidung auf, „was wir haben, haben wir“, und falls wir es dort nicht bekommen, bleibt noch Zeit es vielleicht woanders zu organisieren. So haben wir dann uns erstmal in unserem Zuhause ausgeschlafen und bei einem der Bäckereien in der Stadt gemütlich gefrühstückt, die Vorräte am Boot waren ja erstmal nicht dafür aufgestockt. Start war dann schon gegen Mittag bis wir wieder zurück aus der Stadt waren, ein paar kleine Besorgungen inclusive, die auf dem Weg waren. Wieder der Vorteil von leeren Straßen, sind wir doch zügig aus der Stadt gekommen. Wir hatten für die Shoppingtour sowieso eine Übernachtung geplant, wir wissen ja mittlerweile wie es hier läuft. So sind wir dann noch vor Ladenschluss in Mar del Plata angekommen, „naja wir schauen halt mal gleich vorbei“, war unser Intension. Keine halbe Stunde später war der Einkauf schon erledigt, oh Wunder. Eine paar Kanister, die wir noch wollten, hatte dieser Laden zwar nicht, aber ein anderer gleich 100 m weiter, hätte diese, so deren Info. So sind wir dann noch gleich rüber gelaufen, der Laden hatte sogar noch offen. Wir erspähten auch gleich unser Objekt der Begierde, genau das, was ich gesucht hatte. Zwar nicht ganz billig, aber es waren halt genau die Dieselkanister, die ich mir vorgestellt habe. Drei Stück standen im Regal, ich wollte eigentlich vier. Einen Vierten hat er nicht und Besorgen kann er wohl auch keinen mehr – auch nicht bis Oktober, bis wir evtl. hier wieder mit dem Boot vorbeikommen. Dann packen wir halt die Drei mit ein, bezahlen und sind unter einer Stunde mit den Einkäufen durch, das ist Rekordverdächtig 😊. Es bewahrheitet aber wieder, was alle hier sagen, „Du bekommst hier alles, was vor Ort ist, nachbestellen ist nicht“. So sind wir froh, den Einkauf jetzt erledigt zu haben und nicht erst bei Ankunft mit dem Boot, wer weiß was oder eher was es nicht mehr bis dahin zu kaufen gibt. So haben wir dann beschlossen, die Übernachtung hier bleiben zu lassen und uns gleich wieder auf den Rückweg zu machen, gegessen wird dann Unterwegs irgendwo. Ankunft zurück an unserem Boot war dann gegen 23 Uhr. Mit unserer neuen Errungenschaft, den Kanistern, haben dann am nächsten Tag noch einen kleinen Pendelverkehr zwischen Tankstelle und Boot eingerichtet und unsere Dicke mit 600 Liter frischen Diesel befüllt. Mit drei Kanistern á 20 Liter, eine tagesfüllende Aufgabe. Für jede Fahrt zur Tanke bis zum Umfüllen in den Tank ist etwa eine Stunde vergangen.  Am Abend (und am nächsten Tag) wußten wir (bzw. der Rücken) aber, was wir geleistet haben. Tags darauf mussten wir dann auch den Leihwagen zurück bringen, mit 3900 km mehr auf der Uhr.

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Und schon ist ein Jahr rum

Dieser Betrag war schon immer auf der Liste gestanden, um ihn zu schreiben – nur was schreibt man jetzt?

Zuerst möchten wir uns mal bei allen bedanken, die uns folgen und darin bestätigen, daß wir das richtige machen. Familie, Freunde, Bekannte und natürlich auch die Nachbarschaft😉, man denkt immer wieder mal an alle; wie es euch so gerade geht, was ihr macht, sich wieder einmal gegenübersitzen und zu plaudern, ja das wäre schön, zumal ja auch gerade das Festhighlight des Jahres in unserem Dorf stattfindet. So ein bisschen vermissen wir unser „festes“ Zuhause auch. Aber das wussten wir ja auch schon zuvor. Dafür kommen neue Bekanntschaften hinzu, auch müssen wir diesen meistens kurze Zeit später wieder Lebewohl sagen, die Wege sind dann doch zu unterschiedlich. Mit einigen bleibt man, dank der neuen Medien, in Kontakt, andere verlaufen sich im Sand. So spielt das Leben, speziell das eines Seglers auf so einer Reise.

Die Schleuse in Hamburg öffnet sich, unsere Reise beginnt. Wer erinnert sich noch 😉

So sind wir am 11.08.23 final in Hamburg gestartet, 3 Monate zuvor war ich, kurz darauf auch Sabine, schon auf unsere Dicke umgezogen. Die letzten Vorbereitungen haben sich dann doch etwas gezogen, der treue Leser weiß ja hier Bescheid, die Anderen können nochmal nachlesen 😉. Die ersten Etappen waren dann auch geprägt von der „verlorenen“ Zeit, wieder etwas aufzuholen; wir waren auch hier sehr viel unter Maschine unterwegs. Das ging dann so bis auf die Kanaren, wo wir dann feststellten, daß wir so eigentlich nicht unterwegs sein wollten. Die Entscheidung auf die Bremse zu treten war das Beste, was wir machen konnten. Von nun an waren wir angekommen, in unserem Traum. Auch heute noch können wir Andrea und Dirk für die Gespräche danken, die damals den Ausschlag zu dieser Entscheidung gegeben haben. Das Thema Südamerika war bis dahin (bis auf Patagonien) eigentlich nur ein Posten der Durchreise, den wir aber im Augenblick ja voll auskosten.

Waren es bis zu den Kap Verden überwiegend Bekanntschaften durch unseren Seglerverein, dem Trans Ocean, sind es jetzt meist Zufälle, durch die wir neue Menschen, ja Freunde kennen lernen. Sei es, weil wir mal an Nachbarbooten anklopfen, um uns vorzustellen oder weil jemand im Hafen vor dem Boot steht und dieses anschaut oder eben zu uns Hallo sagt. Die meisten unserer Vereinskollegen und Segler allgemein, fahren halt doch entlang des Äquators, um Wärme und günstigere Winde zu haben, oder haben ganz andere Pläne. Egal, jede der Bekanntschaften war und ist eine Bereicherung, für die wir an dieser Stelle mal DANKE sagen. Unser Traum von Patagonien bleibt – trotz einiger Gespräche, wie schön es hier und dort ist – standhaft und so sind es dann doch nur wenige Schiffe die Rund Südamerika fahren und die wir wieder sehen werden.

Rein seglerisch gesehen war Poseidon gut gesinnt mit uns, wir hatten unterwegs noch kein wirklich schlechtes Wetter. Auch wenn der Wind mal auffrischte, war es immer gut zu kontrollieren, unsere JOSA hat ihr Übriges dazu beigesteuert, wir sind froh mit ihr unterwegs zu sein. Auch planerisch scheinen wir hier bisher alles soweit richtig gemacht und das Wetter korrekt eingeschätzt zu haben. Der hohe Aufwand der Instandsetzung und Investitionen im Vorfeld hat sich bis heute bezahlt gemacht, größere Reparaturen sind bis jetzt (im Gegensatz zu einigen Bekannten von uns) ausgeblieben. Apropos, wir dachten nicht im Traum daran, daß die Besorgungen, egal welcher Art, so viel Zeit in Anspruch nehmen. Sei es der Einkauf von Lebensmitteln, den wir natürlich größtenteils zu Fuß erledigen und dementsprechend auch tragen müssen. Oder eben auch das ein oder andere Ersatzteil für Reparatur und Wartung. Wenn man deutsche Verhältnisse gewohnt ist, kann das schon mal in Verzweiflung umschlagen. Zum Beispiel haben wir gerade eine Liste mit ca. 10 Positionen. Nach 3 Tagen intensiven Geschäfte abklappern, haben wir es geschafft, gerade einmal 2 Positionen zu streichen. Der Rest ist vor Ort nicht zu bekommen, und das wird auf dem weiteren Weg nicht besser werden.

Und wie geht es uns? Das 24/7 zusammen zu sein funktioniert; zwar raucht es auch mal, aber der Wind bläst den Rauch auch wieder weg. Schließlich waren wir ja auch schon 25 Jahre zusammen, bevor die Reise gestartet ist, auch wenn es natürlich eine andere Hausnummer ist, auf so kleinem Raum permanent zusammen zu leben. Das waren wir so bisher ja gar nicht gewohnt, hatten wir doch eher eine Wochenendbeziehung. Was fehlt sind wirklich die zuhause Gebliebenen. Wir sind nicht aus der Welt und Dank der modernen Technik kann man mit uns auch telefonieren oder Video-Telefonie machen. Dies benötigt zwar immer etwas Planung wegen der Zeitverschiebung und der entsprechenden Einschaltung unserer Technik, funktioniert aber einwandfrei. Es ist aber doch etwas anderes, einmal mit jemanden mehrere Stunden zusammenzusitzen, über Gott und die Welt zu reden und die ein oder andere Umarmung abzuholen. Die bekommen wir hier zwar, da vor allem der Argentinier grundsätzlich jeden mit einer Umarmung begrüßt. Aber Ihr wisst sicherlich, was wir meinen. Und falls das alles noch nicht langt, kommt MEIN Abschiedssong auf´s Ohr, „An Tagen wie diesen“.

Aktueller Liegeplatz Argentinien, Buenos Aires

So bleibt uns nichts anderes, als Euch weiterhin mit schönen Bildern und Geschichten zu unterhalten und hoffentlich das Fernweh anzufeuern. Wir freuen uns weiterhin über Euer Feedback mit dem Wissen, daß Ihr uns nicht vergesst.

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Uruguay wir kommen

Wie Sabine schon in ihrem letzten Blogeintrag berichtet hat, sind wir ja mehr oder weniger Hals über Kopf aus Itajai aufgebrochen, gerne hätten wir ja noch das Ein oder Andere angeschaut, unter anderem Blumenau. Aber auch das gehört zu so einer Reise dazu. Mit der Info, daß der Juni und Juli die schlechtesten Monate sind, um in den Süden zu gelangen und daß der Seglerkontakt schon seit 5 Wochen auf ein Wetterfenster wartet, lässt auch so eine Entscheidung nicht auf sich warten. So brauchen wir auch ein Wetterfenster von mindestens 5 Tagen! Wieso so lange? Waren wir doch zuletzt immer nur 1- 2 Tage am Stück unterwegs, so steht jetzt ein langer Schlag von ca. 500 sm vor uns. Der Küstenabschnitt im Süden von Brasilien bietet so gut wie keine Möglichkeiten (eigentlich gar keine), sich vor einem Wetter zu verstecken, der nächste Hafen ist Rio Grande de Sul in ca. 300 sm Entfernung. Dieser ist aber immer noch von den starken Unwettern betroffen und somit fällt er als Anlaufstation raus, bzw. wir wollen ihn nicht anlaufen, die haben im Moment wohl andere Sorgen. Außerdem haben wir eine Info, daß in der flussähnlichen Einfahrt 7 kn Strom laufen, das ganze Wasser läuft halt hier raus und von dem Treibgut, das hier mitkommt muss ich wohl auch nichts erwähnen. Die 7 kn gegenan sind für uns nicht zu schaffen, das Risiko mit Treibgut zu kollidieren nochmal ein anderes. Hatten wir das Thema schon bei der Anfahrt zu Itajai, wo wir die letzten Seemeilen zur Einfahrt im Slalom über das Meer gefahren sind. Ich am Bug Ausschau haltend und Sabine am Ruder, nach Anweisung ausweichend. Somit ist der nächste Hafen erst in Uruguay, La Paloma.

Porto Belo

So sind wir dann ja am Samstag nachmittag noch unter Maschine in die Bucht von Porto Belo gefahren und haben da vor Anker die Nacht verbracht. Am nächsten Morgen sind wir dann auch mit entsprechendem Wind weiter Richtung Florianopolis aufgebrochen, das auf der Ilha de Santa Catarina gelegen ist; an deren Nordseite ist eine Bucht, in der wir dann den aufkommenden Südwind abwettern wollten. Da wir dann aber so gut vorwärts gekommen sind, haben wir unterwegs den Entschluss gefasst, bis an die Südseite der Insel zu segeln. Hier gibt es auch eine weitläufige Bucht die vor Nord- und Südwind gut geschützt ist, man muss nur entsprechen innerhalb der Bucht verlegen und – die Salto war auch schon dort. So ist dann gegen 20 Uhr nicht unweit der Salto, an der Nordseite jener Bucht, der Anker gefallen. So waren wir auch bei 20- 25 kn Wind aus Nord schön ruhig gelegen, haben zu Abend gegessen und noch einen kleinen Schwatz über Funk mit der Salto gehalten, bei dem wir uns für den nächsten Morgen um 6 Uhr zum Aufbruch verabredet haben, um auf die andere Seite der Bucht zu verlegen, bevor der Südwind einsetzt.

schon auf der Südseite der Bucht

 Um 6 Uhr dann die Ernüchterung, daß der Wind immer noch aus Nord und in gleicher Stärke weht, kurz gefunkt, wir warten noch. Macht ja keinen Sinn sich bei der Windstärke auf Legerwall zu legen. Legerwall bedeutet in dem Fall, falls der Anker nicht hält, daß man gleich auf die Küste getrieben wird. So haben wir uns nochmal in die Bettdecke gekuschelt, um das Zeitfenster abzuwarten, in dem sich der Wind dreht. Um kurz nach Sieben dann der Funkspruch, der Wind hat gedreht. Häää, wie das? Normalerweise flaut der Wind ab und es dauert dann eine Weile bis der dann gedreht hat. Nicht so Heute. Ist er doch innerhalb von Minuten gedreht und weht auch gleich mit 25 kn aus Süd, jetzt liegen wir Legerwall, aber unser Anker hält. So sind wir dann ziemlich schnell aus der Koje gesprungen und haben uns auf die andere Seite der Bucht verlegt. Jetzt liegen wir wieder ruhig und sicher, wir bleiben auch den ganzen Tag auf dem Schiff, da uns das Anlanden mit dem Dinghi bei den permanenten 25- 30 kn, die es den ganzen Tag geblasen hat zu mühselig gewesen wäre. So sind wir dann erst am Dienstag, zusammen mit der Salto, an Land gerudert um dort eine Wanderung zu unternehmen. Um es vorweg zu nehmen, eine sehr schöne Wanderung mit der Erkenntnis, hier könnte wir es noch ein paar Tage länger aushalten.

Aber für den Abend war dann der gewünschte Nordwind wieder vorhergesagt, der einen Aufbruch zur Folge hat. So sind wir dann am späten Nachmittag auf unsere Boote zurückgekehrt und haben alles soweit startklar gemacht. Der Wind sollte gegen 22 Uhr kommen, wir sind dann aber schon um 19 Uhr los. Was sollen wir hier noch Zeit absitzen, dann halt erst einmal unter Maschine. So ging es dann in die erste Nacht hinein, der Wind kam wie angesagt, wir konnten die Segel setzten und die Maschine verstummte. Zu anfangs noch mit 2kn Gegenstrom, aber bis zum Morgen war auch dieser dann milde gestimmt und hat dann bis auf 0,5kn abgenommen. Mit zunehmendem Wind hat natürlich auch die Welle wieder zugenommen, aber wir sind gut vorangekommen. Am späten Abend, Sabine war schon ins Bett gegangen, habe ich in weiter Ferne dann Wetterleuchten gesehen, mmmh ob da was kommt? Gemeldet war auf jeden Fall nichts. Kurze Zeit später hat sich die Nacht dermaßen verfinstert, daß man sprichwörtlich die Hand vor Augen nicht gesehen hat, wirklich spuki wenn man auf dem Schiff nicht mal mehr die Aufbauten erkennen kann. Kurz darauf wird der Wind weniger und die Segel fangen an zu schlagen. Da Sabine sowieso gerade auf Toilette war, haben wir zusammen mal das Großsegel runter genommen, mit diesen Anzeichen war es mir dann doch etwas zu heiß, unter „Vollzeug“ weiter zu segeln. Sabine hat sich dann auch wieder hingelegt, mit dem Rest komme ich dann auch alleine klar. Nach einer halben Stunde wird der Wind noch weniger und dreht von einer zu anderen Minute um 180 Grad und es fängt das regnen an. So habe ich dann die Genua auch noch geborgen und unsere Maschine wieder bemüht. Wieder eine halbe Stunde später und der Wind kommt wieder aus der Alten Richtung und mit einer Stärke von 15- 20 kn. Also Genua raus und Maschine wieder aus, da soll mal jemand sagen, daß es Langweilig ist, und das ganze natürlich wieder alles in der Nacht. Das sollte es aber für den Rest der Nacht gewesen sein, der Regen hat sich verzogen und der Wind bleibt wieder stabil. Hatten wir bisher bei einsetzendem Regen immer wieder mit Starkwind zu kämpfen, war es jetzt auch mal Schwachwind. Der nächste Tag war dann eigentlich recht entspannt, der Wind hat etwas nachgelassen, die Welle entsprechend auch. Wir holten auch wieder mal unseren Kraki raus, aber leider war uns kein Angelerfolg gegönnt. Einzig ein Albatros hat sich an dem Köder bedienen wollen, den wir aber wieder von diesem wohlbehalten befreien konnten. Größer dürfen die Vögel aber auch nicht mehr werden, sonst bekommen wir sie nicht mehr an Bord, um sie zu befreien – war schon ein Kampf mit dem. Ein weiterer Versuch mit einem anderen Köder, der unter die Wasseroberfläche geht, wurde schnell abgebrochen, auch hier haben sich die ersten Albatrosse schon wieder in Ihn verschaut. Wir konnten den Köder dann aber noch ohne weiteren Zwischenfall bergen. Ab der Mittagszeit war dann gemeldet, daß eine lange Flautenzeit beginnt, diese hat sich dann aber bis in den Abend hinein Zeit gelassen, bevor wieder unsere Maschine zum Einsatz gekommen ist, mal schauen wie lange diese anhält.

Am heutigen Freitag war dann auch nur unter Mithilfe der Maschine vorwärts zu kommen, heul, der Südatlantik fast so glatt wie jeder Dorfweiher. Erst am Nachmittag haben sich die ersten Windfelder wieder bemerkbar gemacht, wir konnten uns auch mal eine Stunde unter Segel fortbewegen, was für eine Ruhe. Leider war dies kein Dauerzustand, am Abend nochmals eine Stunde, ansonsten war immer das monotone Geräusch unseres Diesels unser ständiger Begleiter. ABER der Höhepunkt des heutigen Tages war, wir haben unseren ersten Pinguin in freier Wildbahn gesehen und das noch an Bord! Jetzt werden sich einige Denken, der will uns einen Bären aufbinden, aber weit gefehlt. Der Nachteil an der Geschichte ist, er hat sich an unserem Angelköder vergriffen. Auf jeden Fall machte sich unsere Angel wieder mal bemerkbar, der erste Blick und Gedanke war, da hat sich wieder so ein „blöder“ Vogel über einen vermeintlichen Leckerbissen her gemacht. Wir staunten nicht schlecht, als wir den wahren Übeltäter ausmachten. Sind wir jetzt schon so weit im Süden, daß es Pinguine gibt?! Wir holten die Angel ein und haben mit dem Kescher den „Kleinen“ an Bord befördert, durch die diversen Vögel haben wir ja schon fast Routine bekommen. Mit Handschuh und Spitzzange bewaffnet haben wir dann den Angelhaken aus dem Maul entfernt und ihn erst einmal auf seine Füße gestellt. Dann hat sich unser Gast mal kurz umgeschaut, geschnattert, eben nochmal geschüttelt und ist mit einem kleinen Satz von selbst wieder ins Wasser gesprungen. Happy End, wir hoffen natürlich wie bei allen, die wir wieder frei gelassen haben, daß außer dem Schreck keine Wunden zurück bleiben. Wie immer keine Zeit für ein Foto gehabt, man ist ja auch selbst immer wieder aufgeregt und will möglichst schnell das Tier befreien. Jetzt trauen wir uns schon fast gar nicht mehr unsere Angel zu benutzen, wenn etwas beißt, dann leider kein Fisch. So müssen weiter die an Bord befindlichen Vorräte dezimiert werden und der frische Fisch lässt weiter auf sich warten.

Samstagmorgen, es ist hell geworden, Stille. Der Wind ist zurück und wir bewegen uns mit unseren „Dicken“ wieder fort, für das sie ja gebaut ist, unter Segel. Anfangs noch etwas unbeständig in Stärke und Richtung, aber nach 2 Stunden stabilisiert er sich und es ist ein entspanntes Segeln, da kaum Welle da ist. Es ist sehr diesig heute und die Sichtweite beträgt maximal 2 sm, nicht wirklich viel auf dem offenen Ozean. Unser Radargerät, das wir eigentlich soweit nur in der Nacht nutzen, um evtl. die unbeleuchteten Fischer rechtzeitig zu sehen, bleibt auch jetzt am Tag unser einziges Auge in die Ferne. Die Großschifffahrt sehen wir ja zum Glück mit dem AIS-System immer schon von weiten. Die Empfangsreichweite ist zwar auch hier unterschiedlich, aber es sind immer mindestes 20 sm, wenn wir deren Signal empfangen. Zur Vorstellung, wie weit so etwas auf dem Ozean ist, kann ich nur sagen, bei guter Sicht sehen wie die Pötte am Horizont erst auf ca. 10 sm Distanz. So gesehen sehen wir diese schon, bevor sie mit bloßem Auge sichtbar sind. Hier im Süden muss man auch den Fischern mal ein gutes Wort zukommen lassen, einige benutzen auch ein AIS, aber eben nicht alle. Über den Tag werden die Sichtweiten langsam immer weniger, bis es dunkel wird, sind es nur noch 100 m Sicht. Alles fühlt sich nass und klamm an Deck an, die Feuchte lässt die Kälte in alle Glieder ziehen. Die Schotten haben wir schon lange dicht gemacht, damit es unter Deck einigermaßen angenehm bleibt. Unter Tags hatten wir noch unseren Angelköder ein Bad im mittlerweile 16° Grad kühlen Wasser gegönnt. Bei dem Nebel sollten wir doch Glück vor den Möwen haben, weit gefehlt. Nach einer halben Stunde hat sich der Erste wieder in den Köder verbissen. Ich befreie den Guten das erste mal alleine, Sabine war gerade am Schlafen und ich wollte sie deshalb nicht wecken. Hat auch gut geklappt und die Angel ist ab sofort arbeitslos, ich gebe auf. Dann gibt es halt keinen frischen Fisch auf der Überfahrt. Mit dem letzten Büchsenlicht frischt der Wind auch endlich auf, so kommen wir auch etwas zügiger voran. Der Plan, bis spätestens Sonntagmittag in La Paloma anzukommen, scheint aufzugehen. Der Wind soll laut Wetterbericht jetzt stabil bleiben. Gegen 2 Uhr in der Früh schläft der Wind dann doch wieder ein, Sabine musste das Segel bergen, weil es nur noch geschlagen hat und unser Motor wieder mal begnügt. Der Spuk dauerte aber zum Glück nur eine Stunde, bevor wieder Ruhe ist Schiff einkehrt. Bei mir hat es das gleiche Spiel nochmal am frühen Morgen gegeben, ich war schon im Begriff den Motor anzuschmeißen, zumindest zur Unterstützung. Ich warte noch mal 10 Minuten, und siehe da, das Warten hat sich gelohnt. Wind kommt wieder auf und der Motor bleibt aus. So geht es dann entspannt dahin bis kurz vor dem Ziel, der Wind lässt wieder nach. Wir sind beide an Deck und sagen zu uns, daß uns auf der Zielgeraden wohl wieder mal die Luft ausgeht. Da es schon Mittagszeit ist, wärmt Sabine die Essensreste von gestern auf, um uns nochmal zu Stärken bevor es wieder zu spät wird, bis wir im Hafen fest sind und alles aufgeklart haben. Kaum ist das Essen im Teller legt der Wind auch schon wieder zu, ich stelle die Moni (Windsteueranlage) noch ein und unsere Gerda (elektrischen Autopiloten) aus. Bei Schwachwind tut sich unsere Moni etwas schwer, den Kurs sauber zu halten und da muss Gerda immer wieder mal übernehmen. Ansonsten schauen wir halt immer, daß Moni ihr Werk verrichtet; die braucht halt keinen Strom. Jedenfalls können wir anschließend so unser Essen genießen. Die Teller sind zurück in der Pantry und der Wind nimmt weiter zu und zu, „von wegen mir geht die Luft aus, jetzt zeige ich euch was in mir steckt“. So wird es wirklich noch ein Endspurt mit Windstärke 6, zum Glück waren wir die ganze Zeit nur mit unserer Genua unterwegs, die ist leichter händelbar als das Großsegel und kann einfacher gerefft werden, was wir dann auch gemacht haben. Jetzt kommen schon Gedanken auf, wie wir bei dem Wind im Hafen zu Recht kommen, oder sollen wir uns vor der Hafeneinfahrt vor Anker legen?! Da wir uns sowieso bei der Port Control anmelden müssen, fragen wir gleich nach, ob den jemand im Hafen uns beim Anlegen unterstützen kann. Es dauert einen Moment, bis die Dame am Funk uns die Rückmeldung gibt, daß gleich ein Boot zu uns kommt und uns unterstützt. Naja, Boot hätten sie nicht gleich schicken müssen, aber wenn sie schon den Service anbieten 😊. So kommen 2 Jungs mit dem Schlauchboot angefahren und begleiten uns durch die Hafeneinfahrt und zeigen uns den Liegeplatz.  Am Steg stehen auch schon 2 tatkräftige Helfer und so liegen wir, mit etwas Anweisungen von uns, schnell und sicher am Steg. Noch kurz das Boot aufklaren, Anlegegetränk zu uns nehmen, und wir setzten das erste Mal unsere Füße auf uruguayanischen Boden.

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Von Bahia Ilha Grande nach Itajai

Nachdem wir ja jetzt wieder ordentlich Material eingelagert haben, wollten wir schnellstens aus Angra dos Reis weg, auch wenn wir hier wieder viele nette Leute kennengelernt haben. Doch der Liegeplatz mitten in der Bucht war nicht so malerisch. Zu einem haben wir wirklich jede Welle abbekommen von den Booten, die hier vorbeifahren (hatten wir erwähnt, daß die Brasilianer nur mit voll Speed an einem vorbeifahren ohne jegliche Rücksicht?); zum anderem ist hier in dieser Bucht ganz viel Dreck auf dem Wasser (wobei Wagner, ein einheimischer Segler uns erklärte, daß das Algen wären wegen der Hitze). Nicht sehr einladend auf alle Fälle.

so sieht Einkaufen bei Yachties aus

Unser nächstes Ziel war dann eine kleine Insel, die uns ein Seglerfreund empfohlen hatte. Nicht weit von Angra weg, nur quasi „um’s Eck“, die Ilha Itanhanga. Das war jetzt aber auch nicht so tolle, daß wir hier länger verweilen wollten und wir haben hier nur eine Nacht verbracht. Ebenso unser nächster Ankerplatz, wieder Festland. So langsam wollen wir uns Richtung Paraty vorhangeln. Zu diesem Ort sagt jeder, daß man da hinmüsse. Eine der ältesten Städte Brasiliens mit einem historischen Zentrum im Kolonialstil. Diese Stadt liegt an der westlichsten Ecke des Bahia.

Auf dem Weg dorthin haben wir dann noch einen weiteren Zwischenstop an der Ilha do Cedro gemacht. Auch wieder ein netter Ankerplatz mit guten Schnorchelmöglichkeiten. Von hier aus ging es dann in die Bucht von Paraty, wobei wir an einem ruhigen Strand gegenüber der quirligen Stadt und weitab von den Marinas geankert haben. In dieser Bucht waren wir so was von ruhig gelegen und konnten aber mit dem Dinghi auch die Stadt aufsuchen, was wir natürlich zusammen mit der Crew der Salto auch gemacht haben.

ab und zu haben wir auch Besuch an Bord

Und Paraty ist wirklich ein schönes Örtchen, natürlich wieder sehr touristisch. Die historische Altstadt ist in tadellosem Zustand, in den alten Gebäuden sind überall kleine Läden mit Souvenirs aller Art, Bars, natürlich Eisdielen etc. untergebracht.

Zum Sonnenuntergang konnten wir in unserer Bucht einen kleinen Hügel hinaufsteigen, auf dem die Reste eines Forts zu finden waren. Hier hatte man einen tollen Blick über die Bucht und konnte den Sonnenuntergang genießen.

Nach ein paar Tagen haben wir uns dann aufgemacht, um die letzten beiden Ankerplätze in der Bahia Ilha Grande aufzusuchen. Der vorletzte Stop war im einzigen Fjord Brasiliens, dem Saco de Mamangua, nicht zu vergleichen mit den norwegischen Fjorden, die steil und kahl sind. Hier haben wir dann auch eine Erhebung bestiegen, die auch „Zuckerhut“ heißt, da er Ähnlichkeit mit dem großen hat. Ein toller Rundumblick über den Fjord und die Bucht. Der Anstieg war zwar sehr anstrengend, hat sich aber wirklich gelohnt. Steil nach oben auf engen Waldwegen, über Steine und Wurzelwerk.

Und dann haben wir die Bahia verlassen, irgendwann müssen wir ja mal im Süden ankommen. Das Wetter soll sich ja zu unseren Ungunsten wenden und wenn wir jetzt nicht langsam hier wegkommen, dann müssen wir hier noch eine weitere Woche verbringen, was uns hintenraus wieder fehlen wird.

Also sind wir weitergezogen in eine Bucht kurz vor dem Ausgang der großen Bahia, um am nächsten Tag gleich wieder raus auf den Atlantik zu fahren. Jochen ist am Morgen nochmals zu einem Wasserfall gelaufen, bevor wir uns startklar gemacht haben. Für diesen Dienstag war gemeldet, daß wir etwas Welle haben und einen Wind von 3 – 4 bft, was ja ein schöner Segelwind ist. So haben wir uns ausgemalt, daß wir das Etappenziel, eine Insel vor Ubatuba in ca. 40 sm am Abend erreichen würden, wenn wir bis Mittag starten. Ja, so war der Plan.

Was wir leider nicht angeschaut haben, war die Strömung. Eigentlich geht hier an der Küste der Brasilstrom Richtung Süden mit bis zu 2 Knoten. Nicht so heute! Sind wir beim rausfahren aus der Bucht noch mit 5 – 7 Knoten Fahrt gefahren (da haben wir uns schon gefreut: wir sind ja schneller da als geplant), traf uns an der Ecke der unübliche Gegenstrom mit voller Wucht. Wir hatten bis zu 3 Knoten aus Süden und haben uns wirklich gequält, vorwärts zu kommen. Wir wussten, daß wir würden eventuell kreuzen müssen. Aber daß wir dann kreuzen und der Strom uns so versetzt, daß wir überhaupt nicht vorwärts kommen, hat uns ganz schön zu schaffen gemacht.  Wir haben dann wirklich überlegt, nachdem wir 3 Stunden vor derselben Stelle von einer Länge von 3 Seemeilen gekämpft haben, umzudrehen und wieder rein zu fahren. Nein, wir versuchen jetzt irgendwie bis an das Kap da vorne zu kommen, vielleicht wird es da dann besser. Wir haben dann den Motor zu Hilfe genommen, um dieses Ziel zu schaffen. Und dann wurde es auch wirklich etwas besser. Wir waren zwar langsam aufgrund des Gegenstroms, konnten aber den Kurs soweit halten und es ging vorwärts. Da wir wußten, jetzt kommen wir aber in die Nacht und nicht nur in den Spätabend, haben wir dann schon überlegt, ob wir gleich bis Sao Sebastio durchfahren, weil das ja auch nur noch ca. 25 sm mehr sind. Kommt auf den Wind und die Welle an, wie das heute Nacht so läuft.

Ja, leider fiel dann der Wind irgendwann zusammen und wir hatten kaum noch Fahrt. Dazu die stehende Welle und somit fing das Geschlage der Segel wieder an. Jetzt langts, Schnauze voll – das tuen wir uns nicht die ganze Nacht an. Also, Segel runter und Motor an. Und der Entschluss: wir motoren jetzt so bis zur Ilha Anchieta (vor Ubatuba), schlafen da und morgen früh geht’s gleich weiter. Jochen hat sich dann gegen 21.30 Uhr mal schlafen gelegt mit dem Auftrag, ich soll ihn halt wecken, wenn ich mal schlummern möchte. Da ich fit war und bei dem Gewackel eh nicht schlafen kann, hab ich denn Skipper dann geweckt, als wir noch 1,5 sm zur Ankerbucht hatten. Um 2 Uhr in der Früh fiel dann der Anker und wir sind beide ins Bett gekrabbelt.

Jochen hat dann mal nachgeschaut, was denn so an Strom gemeldet war, denn den haben wir ja komplett außen vor gelassen – geht ja immer gen Süden hier. Es war wirklich Strömung aus Süd nach Nord gemeldet, jedoch mit 1 Knoten, nicht mit 3 Knoten. Wieder was gelernt!

Für den Mittwoch war die Wettermeldung eigentlich eher gemütlich. Wir rechnen ja immer schon mal 5 Knoten auf den gemeldeten Wind obendrauf – ist ja super, passt. Da kommen wir gut vorwärts und können die Segel voll rausholen. Gut, nass werden wir halt werden, weil es regnen soll.

Kaum sind wir aus der Ankerbucht raus und hangeln uns durch die Inseln, pfeift es auch schon los. Plötzlich sind das 2 Windstärken mehr als vorhergesagt. Da passt halt einfach nix mit diesen Vorhersagen – egal, wie viele verschiedene Du anschaust. OK, warten wir mal ab, ob das hier vielleicht nur am Düseneffekt zwischen den Inseln liegt. Stimmt, etwas weiter draußen flaut der Wind etwas ab und die Vorhersage passt. Aber nur für ca. 15 Minuten. Dann nimmt er wieder zu. Dann halt wieder das Großsegel ins 1. Reff nehmen, damit etwas Druck raus ist. Das Gute daran – so kommen wir gut vorwärts und erreichen unser Ziel Ilhabela vor Sao Sebastio (auch Ilha Sao Sebastio genannt).

Als wir dann dort in die Landabdeckung kommen (Juhu, Welle ist weg), bricht halt auch der Wind ab. Also Segel einpacken, Motor anschmeißen. Wir müssen auf die Westseite der Insel, die ist gleichzeitig der „Kanal“ zum Festland. Und da ist er wieder, der Gegenstrom mit über 2 Knoten in dieser Düse. Somit brauchen wir für die letzten 6 Seemeilen auch wieder 2 Stunden!!! Die Zeit, die wir vorher gut gemacht haben, war somit wieder verbraucht. Jetzt ist uns wieder klar geworden, daß das Segeln nicht daraus besteht, beständig in eine bequeme Richtung zu fahren und den Wind immer schön von hinten zu bekommen. Wir kommen so langsam in die Gegend, wo wir beim Segeln wieder etwas zu tun haben.

Aber, Ziel erreicht. Wir sind in Sao Sebastio und können hier jetzt das schlechte Wetter abwarten, um die nächsten Tage unser nächstes großes Ziel, Itajai anzuvisieren. Hierfür benötigen wir ein Wetterfenster von 3 Tagen, die wir dorthin brauchen werden.

Die Wartezeit haben wir uns dann damit vertrieben, um das historische Zentrum von Ilhabela (Vila) zu besuchen. Nicht wirklich groß, aber sehr nett und gepflegt, außerdem sind alle Möglichkeiten gegeben, um das Geld unter die Leute zu bringen. So haben wir dann unsere Vorräte an Obst und Gemüse aufgefüllt und waren auch in einer der vielen Restaurants zum Essen. Da auch das Pfingstwochenende vor der Tür stand, machten wir uns mal schlau, ob es hier Feierlichkeiten gibt. Die Erkundungen diesbezüglich konnten positiv abgeschlossen werden. So sind wir dann, zusammen mit der Saltocrew, die zwischenzeitlich auch eingetroffen war, am Samstag losgezogen und haben einen sehr schönen Abend mit Livemusik und bunten Treiben verbracht. Am Sonntag fand dann noch ein Umzug statt. Die Vorführung, die dazu stattgefunden hat, war dann für uns nicht so berauschend – zumal wir den Hintergrund der Darbietung nicht kannten und wir auch die Texte nicht verstanden hatten, die Einheimischen waren auf jeden Fall begeistert.

Am Montag waren wir dann nochmal beim Impfzentrum, das wir bei einem Spaziergang entdeckt hatten um. Wir sind auf der verzweifelten Suche, um unsere zweite Dengueimpfung zu erhalten, aber auch hier bekamen wir leider eine Absage. Der Impfstoff wird aktuell wohl nur an Kindern geben, da der Vorrat knapp ist, wir werden weiter suchen, vielleicht haben wir in einer größeren Stadt ja Glück.

Die Abfahrt war dann für Dienstag angesagt. Nach langem hin- und herüberlegen mit der Saltocrew, welches die bessere Abfahrtszeit sei (wegen Strömung, Wind, Welle…) sind diese dann am Montag abend gestartet und wir haben uns auf Dienstag vormittag festgelegt. Wir hatten das Glück mit unserem Abfahrtstermin, daß wir noch eine ruhige Nacht vor Anker hatten und wirklich am nächsten morgen die Strömung im Kanal sehr moderat war. Leider stand noch eine Welle von ca. 2 Metern und dazu kein Wind, so daß wir bis zum Abend unter Maschine gefahren sind und die Genua nur zur Unterstüztung rausgenommen haben. (Da ist das Gewackel auf der Welle nicht ganz so schlimm, wenn ein Stützsegel draußen ist). Hatten wir bisher ja immer noch mal 5 Knoten auf die Vorhersage draufpacken dürfen (was bei dieser Tour schön gewesen wäre, weil nur Schwachwind angesagt war), so war es diesmal nicht so. Also haben wir uns durch den Tag und die Nacht im Langsammodus mit nur leichtem Wind gequält. Jochen hat dann überlegt, ob wir nicht unser Leichtwindsegel auspacken. Dies wollte ich aber dann nicht, weil ich partout nicht in die Nacht damit fahren wollte – wie oft hatten wir in der Nacht plötzlich auftretende, nicht gemeldete starke Winde, noch dazu in meiner Schicht. Ich wollte diesmal kein Risiko eingehen, mitten in der Nacht wieder Segel zu wechseln. Vor allem, da wir ja jetzt in die Gegend kommen, wo die Fronten aus Süden ranrauschen und ganz gemein sind.

Am morgen dann konnten wir die Salto über Funk erreichen, wir hatten zu Ihnen aufgeschlossen. Sie hatten durch die wesentlich frühere Abfahrt keinen Boden gut gemacht, sondern eher gegen Welle und Strömung kämpfen müssen.

Nachdem an diesem Morgen der Wind aber immer noch genauso stetig hauchte, haben wir dann doch unser großes, buntes Tuch ausgepackt und gleiten nun dahin bei wenig Wind, mittlerweile wenig Welle und wenig Geschaukel. Bis nach Itajay ist geplant bis Donnerstag noch im hellen anzukommen, wir hoffen ja noch. Bis Freitagmittag müssen wir ankommen, dann kommt ein Sturmtief aus dem Süden angerauscht, das viel Wind auf die Nase bringt, was wir tunlichst vermeiden wollen. So sind wir dann noch mit unserem Leichtwindsegel in die Nacht gefahren, die Vorhersagen waren auch entsprechend mit wenig Wind mit moderaten Böen. So gegen 22 Uhr dann ein kurzes ratsch und unser Segel war im Wasser gelegen. Eine erste Befürchtung, daß das Fall gerissen ist, hat sich leider nicht bestätigt. Bei genauerem Hinsehen, was durch den Vollmond auch möglich war, stehlte sich heraus, daß noch ein Teil vom Segel oben hing. Da ist wohl das Tuch gerissen, so ein Mist/ …Kotz. Vermutlich entstanden aus einer Kombination Windböe, Welle und Segel ausbreiten nachdem es zusammengefallen war, der Wind war eigentlich nicht zu stark. So haben wir das Tuch aus dem Atlantik gefischt, verstaut und unsere Genua rausgeholt, mit der wir dann durch die restliche Nacht gefahren sind.

Abpropo fischen. Unser Angelerfolg auf der Überfahrt beschränkte sich auf einen kleinen Fisch der sich kurz vor dem Schiff wieder losreißen konnte und zwei Möwen, die unseren Köder so appetitlich fanden, daß sie daran kosten wollten. Diese konnten dann aber von jenem erfolgreich befreit werden und sind, wohl mit einem kleinen Schreck, wieder über das Wasser gegleitet. Wir können nur sagen, das Gefieder dieser Vögel ist total schön fluffig weich.

Am nächsten Morgen haben wir dann unser Großsegel noch dazu genommen, um unsere letzte Trumpfkarte zu ziehen, was die Geschwindigkeit angeht, da der Wind etwas gedreht hatte. Leider hat der Wind später wieder nachgelassen und auch wieder zurückgedreht, so daß er direkt von hinten gekommen ist. Bei dem Tempo würden wir erst am Freitag in der Früh ankommen. Eine Entscheidung musste her, entweder unter Segel mit entsprechender später Ankunft und dem Risiko in den gemeldeten Starkwind zu kommen, oder Maschine anschmeißen. Die Entscheidung fiel auf Maschine an. Anfangs hatten wir noch das Großsegel zur Unterstützung stehen gelassen, später nachdem der Wind fast gänzlich weg war, haben auch noch dieses geborgen. So sind wir dann gegen 21 Uhr in Itajai angekommen, zu spät für die Hafeneinfahrt, die recht schwierig sein soll und wir diese nur bei Tageslicht in Angriff nehmen wollten. Der angedachte Ankerplatz vor der Hafeneinfahrt war dann aber so wellig, daß wir noch in die nächste Bucht weiter gefahren sind, wo unser Anker dann gefallen ist. So hieß es dann am nächsten Morgen, Anker auf. Die Hafeneinfahrt war dann entsprechend unruhig. Dazu muss man erklären, daß die Einfahrt eigentlich ein Fluß ist, in den man hineinfährt, die Einfahrt aber so eng gehalten ist, daß bei auftretendem Sturm alles dahinter geschützt ist. So stehen 3 Knoten Strom vom Fluß gegen die Welle aus dem Atlantik. Die Wellen die dabei entstehen, sind sehr konfus und unangenehm, ein entsprechendes Versetzen des Bootes inclusive. Dazu kommt dann noch die Großschifffahrt, auf die geachtet werden muss, am besten so abpassen das sich keiner der „Großen“ in der Einfahrt befindet, während man selbst darin ist. So sind wir dann langsam aber stetig zu unserem Hafen gelangt, von Strom und Welle hier keine Spur mehr, alles sehr ruhig und sicher. Noch kurz zuvor die Marina angefunkt, um uns anzukündigen und einen Platz zugewiesen zu bekommen, aber was heißt hier kurz. Wir sind dann im kleinen Hafenbecken Kreise gefahren und haben immer wieder angefunkt (bestimmt 10mal), bis dann endlich die Info gekommen ist, daß jemand vorbeikommt und uns beim Festmachen unterstützt. Dies wurde dann auch von den Mitarbeitern sehr professionell durchgeführt. So liegen wir wie in einem Ententeich ruhig und sicher am Steg. Einzig das dreckige Flusswasser, in dem wir jetzt liegen, mit viel Treibgut aus dem letzten Starkregen, trübt den sehr guten Eindruck.

Unser Fazit aus der Überfahrt, anfangs blöde Wellen, viel motort, wenig Wind, kein Angelerfolg und ein kaputtes Segel. Noch Fragen?

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