Nachdem wir ja jetzt wieder ordentlich Material eingelagert haben, wollten wir schnellstens aus Angra dos Reis weg, auch wenn wir hier wieder viele nette Leute kennengelernt haben. Doch der Liegeplatz mitten in der Bucht war nicht so malerisch. Zu einem haben wir wirklich jede Welle abbekommen von den Booten, die hier vorbeifahren (hatten wir erwähnt, daß die Brasilianer nur mit voll Speed an einem vorbeifahren ohne jegliche Rücksicht?); zum anderem ist hier in dieser Bucht ganz viel Dreck auf dem Wasser (wobei Wagner, ein einheimischer Segler uns erklärte, daß das Algen wären wegen der Hitze). Nicht sehr einladend auf alle Fälle.

Unser nächstes Ziel war dann eine kleine Insel, die uns ein Seglerfreund empfohlen hatte. Nicht weit von Angra weg, nur quasi „um’s Eck“, die Ilha Itanhanga. Das war jetzt aber auch nicht so tolle, daß wir hier länger verweilen wollten und wir haben hier nur eine Nacht verbracht. Ebenso unser nächster Ankerplatz, wieder Festland. So langsam wollen wir uns Richtung Paraty vorhangeln. Zu diesem Ort sagt jeder, daß man da hinmüsse. Eine der ältesten Städte Brasiliens mit einem historischen Zentrum im Kolonialstil. Diese Stadt liegt an der westlichsten Ecke des Bahia.
Auf dem Weg dorthin haben wir dann noch einen weiteren Zwischenstop an der Ilha do Cedro gemacht. Auch wieder ein netter Ankerplatz mit guten Schnorchelmöglichkeiten. Von hier aus ging es dann in die Bucht von Paraty, wobei wir an einem ruhigen Strand gegenüber der quirligen Stadt und weitab von den Marinas geankert haben. In dieser Bucht waren wir so was von ruhig gelegen und konnten aber mit dem Dinghi auch die Stadt aufsuchen, was wir natürlich zusammen mit der Crew der Salto auch gemacht haben.

Und Paraty ist wirklich ein schönes Örtchen, natürlich wieder sehr touristisch. Die historische Altstadt ist in tadellosem Zustand, in den alten Gebäuden sind überall kleine Läden mit Souvenirs aller Art, Bars, natürlich Eisdielen etc. untergebracht.
Zum Sonnenuntergang konnten wir in unserer Bucht einen kleinen Hügel hinaufsteigen, auf dem die Reste eines Forts zu finden waren. Hier hatte man einen tollen Blick über die Bucht und konnte den Sonnenuntergang genießen.


Nach ein paar Tagen haben wir uns dann aufgemacht, um die letzten beiden Ankerplätze in der Bahia Ilha Grande aufzusuchen. Der vorletzte Stop war im einzigen Fjord Brasiliens, dem Saco de Mamangua, nicht zu vergleichen mit den norwegischen Fjorden, die steil und kahl sind. Hier haben wir dann auch eine Erhebung bestiegen, die auch „Zuckerhut“ heißt, da er Ähnlichkeit mit dem großen hat. Ein toller Rundumblick über den Fjord und die Bucht. Der Anstieg war zwar sehr anstrengend, hat sich aber wirklich gelohnt. Steil nach oben auf engen Waldwegen, über Steine und Wurzelwerk.
Und dann haben wir die Bahia verlassen, irgendwann müssen wir ja mal im Süden ankommen. Das Wetter soll sich ja zu unseren Ungunsten wenden und wenn wir jetzt nicht langsam hier wegkommen, dann müssen wir hier noch eine weitere Woche verbringen, was uns hintenraus wieder fehlen wird.
Also sind wir weitergezogen in eine Bucht kurz vor dem Ausgang der großen Bahia, um am nächsten Tag gleich wieder raus auf den Atlantik zu fahren. Jochen ist am Morgen nochmals zu einem Wasserfall gelaufen, bevor wir uns startklar gemacht haben. Für diesen Dienstag war gemeldet, daß wir etwas Welle haben und einen Wind von 3 – 4 bft, was ja ein schöner Segelwind ist. So haben wir uns ausgemalt, daß wir das Etappenziel, eine Insel vor Ubatuba in ca. 40 sm am Abend erreichen würden, wenn wir bis Mittag starten. Ja, so war der Plan.
Was wir leider nicht angeschaut haben, war die Strömung. Eigentlich geht hier an der Küste der Brasilstrom Richtung Süden mit bis zu 2 Knoten. Nicht so heute! Sind wir beim rausfahren aus der Bucht noch mit 5 – 7 Knoten Fahrt gefahren (da haben wir uns schon gefreut: wir sind ja schneller da als geplant), traf uns an der Ecke der unübliche Gegenstrom mit voller Wucht. Wir hatten bis zu 3 Knoten aus Süden und haben uns wirklich gequält, vorwärts zu kommen. Wir wussten, daß wir würden eventuell kreuzen müssen. Aber daß wir dann kreuzen und der Strom uns so versetzt, daß wir überhaupt nicht vorwärts kommen, hat uns ganz schön zu schaffen gemacht. Wir haben dann wirklich überlegt, nachdem wir 3 Stunden vor derselben Stelle von einer Länge von 3 Seemeilen gekämpft haben, umzudrehen und wieder rein zu fahren. Nein, wir versuchen jetzt irgendwie bis an das Kap da vorne zu kommen, vielleicht wird es da dann besser. Wir haben dann den Motor zu Hilfe genommen, um dieses Ziel zu schaffen. Und dann wurde es auch wirklich etwas besser. Wir waren zwar langsam aufgrund des Gegenstroms, konnten aber den Kurs soweit halten und es ging vorwärts. Da wir wußten, jetzt kommen wir aber in die Nacht und nicht nur in den Spätabend, haben wir dann schon überlegt, ob wir gleich bis Sao Sebastio durchfahren, weil das ja auch nur noch ca. 25 sm mehr sind. Kommt auf den Wind und die Welle an, wie das heute Nacht so läuft.
Ja, leider fiel dann der Wind irgendwann zusammen und wir hatten kaum noch Fahrt. Dazu die stehende Welle und somit fing das Geschlage der Segel wieder an. Jetzt langts, Schnauze voll – das tuen wir uns nicht die ganze Nacht an. Also, Segel runter und Motor an. Und der Entschluss: wir motoren jetzt so bis zur Ilha Anchieta (vor Ubatuba), schlafen da und morgen früh geht’s gleich weiter. Jochen hat sich dann gegen 21.30 Uhr mal schlafen gelegt mit dem Auftrag, ich soll ihn halt wecken, wenn ich mal schlummern möchte. Da ich fit war und bei dem Gewackel eh nicht schlafen kann, hab ich denn Skipper dann geweckt, als wir noch 1,5 sm zur Ankerbucht hatten. Um 2 Uhr in der Früh fiel dann der Anker und wir sind beide ins Bett gekrabbelt.
Jochen hat dann mal nachgeschaut, was denn so an Strom gemeldet war, denn den haben wir ja komplett außen vor gelassen – geht ja immer gen Süden hier. Es war wirklich Strömung aus Süd nach Nord gemeldet, jedoch mit 1 Knoten, nicht mit 3 Knoten. Wieder was gelernt!
Für den Mittwoch war die Wettermeldung eigentlich eher gemütlich. Wir rechnen ja immer schon mal 5 Knoten auf den gemeldeten Wind obendrauf – ist ja super, passt. Da kommen wir gut vorwärts und können die Segel voll rausholen. Gut, nass werden wir halt werden, weil es regnen soll.
Kaum sind wir aus der Ankerbucht raus und hangeln uns durch die Inseln, pfeift es auch schon los. Plötzlich sind das 2 Windstärken mehr als vorhergesagt. Da passt halt einfach nix mit diesen Vorhersagen – egal, wie viele verschiedene Du anschaust. OK, warten wir mal ab, ob das hier vielleicht nur am Düseneffekt zwischen den Inseln liegt. Stimmt, etwas weiter draußen flaut der Wind etwas ab und die Vorhersage passt. Aber nur für ca. 15 Minuten. Dann nimmt er wieder zu. Dann halt wieder das Großsegel ins 1. Reff nehmen, damit etwas Druck raus ist. Das Gute daran – so kommen wir gut vorwärts und erreichen unser Ziel Ilhabela vor Sao Sebastio (auch Ilha Sao Sebastio genannt).
Als wir dann dort in die Landabdeckung kommen (Juhu, Welle ist weg), bricht halt auch der Wind ab. Also Segel einpacken, Motor anschmeißen. Wir müssen auf die Westseite der Insel, die ist gleichzeitig der „Kanal“ zum Festland. Und da ist er wieder, der Gegenstrom mit über 2 Knoten in dieser Düse. Somit brauchen wir für die letzten 6 Seemeilen auch wieder 2 Stunden!!! Die Zeit, die wir vorher gut gemacht haben, war somit wieder verbraucht. Jetzt ist uns wieder klar geworden, daß das Segeln nicht daraus besteht, beständig in eine bequeme Richtung zu fahren und den Wind immer schön von hinten zu bekommen. Wir kommen so langsam in die Gegend, wo wir beim Segeln wieder etwas zu tun haben.
Aber, Ziel erreicht. Wir sind in Sao Sebastio und können hier jetzt das schlechte Wetter abwarten, um die nächsten Tage unser nächstes großes Ziel, Itajai anzuvisieren. Hierfür benötigen wir ein Wetterfenster von 3 Tagen, die wir dorthin brauchen werden.
Die Wartezeit haben wir uns dann damit vertrieben, um das historische Zentrum von Ilhabela (Vila) zu besuchen. Nicht wirklich groß, aber sehr nett und gepflegt, außerdem sind alle Möglichkeiten gegeben, um das Geld unter die Leute zu bringen. So haben wir dann unsere Vorräte an Obst und Gemüse aufgefüllt und waren auch in einer der vielen Restaurants zum Essen. Da auch das Pfingstwochenende vor der Tür stand, machten wir uns mal schlau, ob es hier Feierlichkeiten gibt. Die Erkundungen diesbezüglich konnten positiv abgeschlossen werden. So sind wir dann, zusammen mit der Saltocrew, die zwischenzeitlich auch eingetroffen war, am Samstag losgezogen und haben einen sehr schönen Abend mit Livemusik und bunten Treiben verbracht. Am Sonntag fand dann noch ein Umzug statt. Die Vorführung, die dazu stattgefunden hat, war dann für uns nicht so berauschend – zumal wir den Hintergrund der Darbietung nicht kannten und wir auch die Texte nicht verstanden hatten, die Einheimischen waren auf jeden Fall begeistert.
Am Montag waren wir dann nochmal beim Impfzentrum, das wir bei einem Spaziergang entdeckt hatten um. Wir sind auf der verzweifelten Suche, um unsere zweite Dengueimpfung zu erhalten, aber auch hier bekamen wir leider eine Absage. Der Impfstoff wird aktuell wohl nur an Kindern geben, da der Vorrat knapp ist, wir werden weiter suchen, vielleicht haben wir in einer größeren Stadt ja Glück.
Die Abfahrt war dann für Dienstag angesagt. Nach langem hin- und herüberlegen mit der Saltocrew, welches die bessere Abfahrtszeit sei (wegen Strömung, Wind, Welle…) sind diese dann am Montag abend gestartet und wir haben uns auf Dienstag vormittag festgelegt. Wir hatten das Glück mit unserem Abfahrtstermin, daß wir noch eine ruhige Nacht vor Anker hatten und wirklich am nächsten morgen die Strömung im Kanal sehr moderat war. Leider stand noch eine Welle von ca. 2 Metern und dazu kein Wind, so daß wir bis zum Abend unter Maschine gefahren sind und die Genua nur zur Unterstüztung rausgenommen haben. (Da ist das Gewackel auf der Welle nicht ganz so schlimm, wenn ein Stützsegel draußen ist). Hatten wir bisher ja immer noch mal 5 Knoten auf die Vorhersage draufpacken dürfen (was bei dieser Tour schön gewesen wäre, weil nur Schwachwind angesagt war), so war es diesmal nicht so. Also haben wir uns durch den Tag und die Nacht im Langsammodus mit nur leichtem Wind gequält. Jochen hat dann überlegt, ob wir nicht unser Leichtwindsegel auspacken. Dies wollte ich aber dann nicht, weil ich partout nicht in die Nacht damit fahren wollte – wie oft hatten wir in der Nacht plötzlich auftretende, nicht gemeldete starke Winde, noch dazu in meiner Schicht. Ich wollte diesmal kein Risiko eingehen, mitten in der Nacht wieder Segel zu wechseln. Vor allem, da wir ja jetzt in die Gegend kommen, wo die Fronten aus Süden ranrauschen und ganz gemein sind.
Am morgen dann konnten wir die Salto über Funk erreichen, wir hatten zu Ihnen aufgeschlossen. Sie hatten durch die wesentlich frühere Abfahrt keinen Boden gut gemacht, sondern eher gegen Welle und Strömung kämpfen müssen.
Nachdem an diesem Morgen der Wind aber immer noch genauso stetig hauchte, haben wir dann doch unser großes, buntes Tuch ausgepackt und gleiten nun dahin bei wenig Wind, mittlerweile wenig Welle und wenig Geschaukel. Bis nach Itajay ist geplant bis Donnerstag noch im hellen anzukommen, wir hoffen ja noch. Bis Freitagmittag müssen wir ankommen, dann kommt ein Sturmtief aus dem Süden angerauscht, das viel Wind auf die Nase bringt, was wir tunlichst vermeiden wollen. So sind wir dann noch mit unserem Leichtwindsegel in die Nacht gefahren, die Vorhersagen waren auch entsprechend mit wenig Wind mit moderaten Böen. So gegen 22 Uhr dann ein kurzes ratsch und unser Segel war im Wasser gelegen. Eine erste Befürchtung, daß das Fall gerissen ist, hat sich leider nicht bestätigt. Bei genauerem Hinsehen, was durch den Vollmond auch möglich war, stehlte sich heraus, daß noch ein Teil vom Segel oben hing. Da ist wohl das Tuch gerissen, so ein Mist/ …Kotz. Vermutlich entstanden aus einer Kombination Windböe, Welle und Segel ausbreiten nachdem es zusammengefallen war, der Wind war eigentlich nicht zu stark. So haben wir das Tuch aus dem Atlantik gefischt, verstaut und unsere Genua rausgeholt, mit der wir dann durch die restliche Nacht gefahren sind.
Abpropo fischen. Unser Angelerfolg auf der Überfahrt beschränkte sich auf einen kleinen Fisch der sich kurz vor dem Schiff wieder losreißen konnte und zwei Möwen, die unseren Köder so appetitlich fanden, daß sie daran kosten wollten. Diese konnten dann aber von jenem erfolgreich befreit werden und sind, wohl mit einem kleinen Schreck, wieder über das Wasser gegleitet. Wir können nur sagen, das Gefieder dieser Vögel ist total schön fluffig weich.
Am nächsten Morgen haben wir dann unser Großsegel noch dazu genommen, um unsere letzte Trumpfkarte zu ziehen, was die Geschwindigkeit angeht, da der Wind etwas gedreht hatte. Leider hat der Wind später wieder nachgelassen und auch wieder zurückgedreht, so daß er direkt von hinten gekommen ist. Bei dem Tempo würden wir erst am Freitag in der Früh ankommen. Eine Entscheidung musste her, entweder unter Segel mit entsprechender später Ankunft und dem Risiko in den gemeldeten Starkwind zu kommen, oder Maschine anschmeißen. Die Entscheidung fiel auf Maschine an. Anfangs hatten wir noch das Großsegel zur Unterstützung stehen gelassen, später nachdem der Wind fast gänzlich weg war, haben auch noch dieses geborgen. So sind wir dann gegen 21 Uhr in Itajai angekommen, zu spät für die Hafeneinfahrt, die recht schwierig sein soll und wir diese nur bei Tageslicht in Angriff nehmen wollten. Der angedachte Ankerplatz vor der Hafeneinfahrt war dann aber so wellig, daß wir noch in die nächste Bucht weiter gefahren sind, wo unser Anker dann gefallen ist. So hieß es dann am nächsten Morgen, Anker auf. Die Hafeneinfahrt war dann entsprechend unruhig. Dazu muss man erklären, daß die Einfahrt eigentlich ein Fluß ist, in den man hineinfährt, die Einfahrt aber so eng gehalten ist, daß bei auftretendem Sturm alles dahinter geschützt ist. So stehen 3 Knoten Strom vom Fluß gegen die Welle aus dem Atlantik. Die Wellen die dabei entstehen, sind sehr konfus und unangenehm, ein entsprechendes Versetzen des Bootes inclusive. Dazu kommt dann noch die Großschifffahrt, auf die geachtet werden muss, am besten so abpassen das sich keiner der „Großen“ in der Einfahrt befindet, während man selbst darin ist. So sind wir dann langsam aber stetig zu unserem Hafen gelangt, von Strom und Welle hier keine Spur mehr, alles sehr ruhig und sicher. Noch kurz zuvor die Marina angefunkt, um uns anzukündigen und einen Platz zugewiesen zu bekommen, aber was heißt hier kurz. Wir sind dann im kleinen Hafenbecken Kreise gefahren und haben immer wieder angefunkt (bestimmt 10mal), bis dann endlich die Info gekommen ist, daß jemand vorbeikommt und uns beim Festmachen unterstützt. Dies wurde dann auch von den Mitarbeitern sehr professionell durchgeführt. So liegen wir wie in einem Ententeich ruhig und sicher am Steg. Einzig das dreckige Flusswasser, in dem wir jetzt liegen, mit viel Treibgut aus dem letzten Starkregen, trübt den sehr guten Eindruck.
Unser Fazit aus der Überfahrt, anfangs blöde Wellen, viel motort, wenig Wind, kein Angelerfolg und ein kaputtes Segel. Noch Fragen?