So langsam müssen wir mal weiterziehen. Wir haben uns als nächstes Zwischenziel die Allerheiligenbucht bei Salvador ausgesucht. Das sind ca. 500 Seemeilen, was für uns so 4 bis 5 Nächte auf See bedeuten.

Wir sind am Sonntag Vormittag gestartet und die Überfahrt verlief recht ruhig. Nur einmal hatten wir eine Schrecksekunde – kurz vor Wachwechsel von Sabine auf Jochen. Die Nacht war klar und ich war eigentlich nur damit beschäftigt, irgendwelchen Fischern auszuweichen, so daß ich die ganze Schicht durch am Kurs ändern war. Wurde der Wind wie angekündigt immer schwächer und hatte nur noch 7 Knoten, so daß ich schon dachte „Oh je, Jochen muß dann motoren“. Ich ging nach unten, um Logbuch zu schreiben und als ich am Plotter auf die Windanzeige schaue, stehen da plötzlich schon 17 Knoten Wind!! Ich schnell nach oben, was ist da los und dann ging es auch schon los. Plötzlich starker Regen und Winddruck. Jochen kommt nach oben, übernimmt das Ruder, da ich es nicht mehr halten kann. Wir versuchen uns zu orientieren, weil auch der Wind ordentlich gedreht hat und es bei dem starken Regen keine Sicht mehr hat. Jetzt schnell die Genua irgendwie reffen. Nach 15 Minuten ist der Spuk vorbei!! Jetzt wissen wir auch, was wir bei der Atlantiküberquerung nicht hatten, was viele abbekommen: Squals. Und kommen sehen habe ich gar nichts!!! Hatte ich doch die ganze Zeit Sterne gesehen bei klarem Himmel. So schnell geht das.

Ansonsten haben wir bei der Überfahrt noch 3 Fische gefangen, es gab mal wieder frisches Thuna-Sushi. Wir sind einige Stunden unter Motor gefahren, da wir etwas Flaute hatten.

Vor der Einfahrt zur Allerheiligenbucht hatten wir auch überhaupt keinen Wind. Genau in der Ansteuerung der Bucht kommt dieser. Juhu, dann segeln wir halt darein, soll ja ein schönes Segelrevier sein. Genua raus und schön reinfahren. Jetzt sind wir quasi „an Land“ und haben plötzlich 17 Knoten Wind! Auf See wollen wir das, auf See!

Uns gefällt es in dieser Bucht außerordentlich gut. Wir haben mehrere schöne und sehr unterschiedliche Liegeplätze besucht. Die ersten beiden Liegeplätze waren im westlichen Ende der Bucht in üppiger Mangrovennatur, hier konnten wir viele verschiedene Vögel beobachten und auch die Beobachtung von Ebbe und Flut ist einzigartig. Die Landschaft sieht damit jedesmal anders aus. Hat man eben noch eine Wasserfläche, aus der Bäume hervorschauen, sind ein paar Stunden später hier Sandbänke, in denen die Vögel ihr Futter finden. Und auch die bisher gesehenen Örtchen sind sehr nett und vor allem richtig sauber! Hier ist halt wieder brasilianische Touri-Ecke. Nur leider ist das Wasser nicht klar, sondern sehr getrübt von vielen Schwebeteilchen im hinteren Teil der Bucht.

Der nächste Ankerplatz ganz anders. Direkt vor einem Ort einer quasi nagelneuen Marina, die leer steht und nicht genutzt wird. War wohl anders geplant.

An unserem letzten geplanten Liegeplatz hier in Itaparica bevor wir weiterziehen wollten, bekamen wir kurz nach dem Ankern Besuch von der brasilianischen Marine, die unsere Dokumente geprüft hat. Uns wurde bei der Abmeldung in Cabedelo mitgeteilt, daß, wenn wir nur ankern würden und nicht in einen Hafen oder eine Marina einlaufen, wir uns nicht bei der Capitania melden müssten (Hafenkapitän). Jetzt ist es aber hier in diesem Bundesstaat „Bahia“ anders. Hier muß man sich immer bei der Capitania und der Policia Federal melden. Von der Policia Federal bekommt man eine „Eintrittskarte“ – Passa de Entrada und entsprechend beim Verlassen eine Passa de Salida. Das ist wohl nur in Bahia so! Wir sollen uns also morgen bei den entsprechenden Behörden melden – in Salvador. Da wollten wir eigentlich ja gar nicht hin, da dort die Kriminalität so hoch wäre.

Wir hätten jetzt die Möglichkeit gehabt, von hier mit der Fähre rüber nach Salvador zu fahren, alles zu erledigen und zurückkommen. Wir haben dann beschlossen, daß wir dann halt noch nach Salvador mit unserem Boot fahren und dort unsere abschließenden Einkäufe tätigen für die Weiterfahrt.

Also sind wir am nächsten Morgen losgefahren, um die 10 sm quer über die Bucht nach Salvador rüber zu fahren. Dort wollten wir eigentlich im Hafenbecken ankern, doch der war voll mit Bojen und daranliegenden Booten in so kurzen Abständen, daß uns das nicht geheuer war. Also sind wir halt doch in die Bahia Marina reingefahren und bleiben hier für 2 Nächte.

Ein Boot weiter haben wir dann Herrmann kennengelernt, der seit 10 Jahren unterwegs ist und auch schon in Patagonien war und gerade auf dem Heimweg nach Hamburg ist. Wieder mal einen netten Menschen kennengelernt und in kurzer Zeit viele Informationen erhalten 😊

Die Marina wird geleitet von Dominic, der mit uns dann auch zur Capitania geht. Das ist hier in Salvador ein Full-Service. Der Hafenkapitän, der sehr gut englisch spricht, macht die Papiere soweit fertig und geht zusammen mit uns 100 mtr weiter zur Policia Federal, wo wir dann unsere Entrada bekommen. Dann verschwindet er mit den Dokumenten einen Stock höher (keine Ahnung wohin) und dann geht es zurück in sein Büro, wo er dann die Polizei-Papiere wieder kopiert. Denn er muß ja die abgestempelte Entrada sehen. PS: Tags darauf natürlich daselbe Spiel nochmal – weil wir ja noch die Saida brauchen.  Lt. Dominic und uns hätte man das auch zusammen machen können, aber na ja, das wollten sie halt nicht. Das Saida-Papier ging relativ rasch, wir sind zusammen mit Herrmann hin und der Polizist hatte beide Boote gleichzeitig abgefertigt. Die JOSA war ja schon bekannt – alle wußten von unserem Boot, das auf der anderen Seite der Bucht kontrolliert wurde und schon 6 Tage ohne Anmeldung hier rumnavigiert hat. Soviele ausländische Boote kommen hier scheinbar um diese Jahreszeit nicht rein.

Selbst als wir in die Marina gekommen sind und nach dem Liegeplatz gefragt haben, hat uns Dominic gleich erzählt wie lange wir schon in der Allerheiligenbucht sind und wo wir schon gelegen haben….Das ist halt dann der Nachteil von AIS: man wird auch so gesehen – drum: immer abschaltbar einbauen!! (Haben wir, haben wir)

Wenn wir schon mal in Salvador sind, dann gehen wir halt doch auch mal in die historische Altstadt. Ja, wirklich wieder ein schöner Ort mit alten, prunkvollen Bauten, die zum Teil wirklich in Schuss sind. Auf der anderen Seite halt auch wieder die Armut und die verfallenen Gebäude. Nachts verlassen wir die Marina nicht, bleiben schön auf unserem Schiffchen und lassen die Security am Eingang ihren Job machen.

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Um unsere Obst- und Gemüsevorräte aufzufüllen, sind wir dann auch noch auf einen großen Markt gegangen, den uns Hermann empfohlen hat. Der erste richtige Markt für uns außerhalb Europas… Ja, das ist schon gewöhnungsbedürftig für die Nase in einigen der Gassen. Wie man es aus vielen Dokumentationen kennt: das Fleisch liegt offen rum, auch die Innereien wie Leber, Lunge, Zunge, Hirn. Hier wird alles an den Mann bzw. die Frau gebracht.

Aber nun sind unsere Vorräte aufgefüllt und es geht weiter. Als nächstes Plätzchen zum Stopp haben wir uns die Abrolhos-Inseln ausgesucht.

 Diese liegen ca. 30 sm vor der Küste und bestehen aus 5 Inseln, die man nicht betreten darf. Es handelt sich hier um ein Naturschutzgebiet mit Lebensraum von Seevögeln (eher selten in Brasilien) und Meerestieren. Die Hauptinsel St. Barbara untersteht der Marine, die anderen 4 Inseln werden von den Park-Rangern betreut. Man darf hier überall schnorcheln, tauchen aber nur mit einer genehmigten Tauchschule. Das soll aber ein Tauchparadies sein.

Die Überfahrt verlief recht ruhig, innerhalb 4 Tagen waren wir da und haben an einer der Muringbojen festgemacht, wie es beschrieben steht, da ankern hier verboten wäre. Es dauert auch nicht lange und wir bekommen Besuch von 2 netten Mädels, den Rangerinnen. Diese erklären uns die Regeln und daß wir doch bitte ankern möchten, da die Bojen „nicht sicher“ wären. ???? OK, dann ankern wir halt. Kaum geankert, geht an „unsere“ Boje ein Ausflugsschiffchen. Ach, daher weht der Wind – zahlende Besucher. Denn wider Erwarten müssen wir hier keinerlei Abgabe bezahlen, obwohl dies in allen Segelführern beschrieben steht.

Dieser Besuch war es wirklich wert. Klares Wasser – endlich mal wieder den Kopf unter Wasser stecken, wenn auch nur schnorchelnd. Bei der ersten Erkundung neben vielen großen Rifffischen (Zackenbarsche, Kaiserfalterfische, Hornhechte) auch gleich eine riesige Languste entdeckt. OK – hier werden die Tierchen etwas größer, da geschützt. Und auch eine Schildkröte hatten wir.

Wenn man hier die Inseln betreten möchte, muß man dies vorher über Funk anfragen. Die Ranger würden mit einem einen Besuch der Insel Siribia machen und bei der Marine kann man für St. Barbara anfragen, um dort den Leuchtturm zu besuchen – was wir natürlich gemacht haben. Um 17 Uhr sollten wir am Strand sein.

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Und es war toll. Der junge Mann hat uns erklärt, daß auf der Insel 6 Soldaten und 3 Park-Ranger leben. Die Marina überwacht hier die Schifffahrt in der Gegend und betreibt den Leuchtturm. Für das Personal stehen hier wirklich nette kleine Häuschen, es gibt auch eine Kapelle mit mehr als genug Sitzplätze für alle. Die Insel wird bevölkert von vielen Tölpeln, die hier sitzen und sich nicht stören lassen. Und dann der Leuchtturm!!!!! Wer hätte gedacht, daß wir in das „heiligste“ dürfen…ich nicht.

Wendeltreppe hoch (dick sollte man nicht sein) und raus auf die Plattform. Jetzt wird uns auch klar, warum wir um 17 Uhr da sein sollten. Um ca. 17.45 Uhr wird das Licht angeschalten und man hat einen tollen Blick auf den Sonnenuntergang hinter den anderen kleinen Inseln. Mir wurde dann die Ehre zuteil, daß ich den Startknopf drücken durfte. Ich habe Licht gemacht! Es war auch keine Frage, wir durften bis an die Lampe und die Spiegel ran, den Kopf reinstecken – alles gar kein Thema. Mein schönster Leuchtturm!!! OK – der einzige, in dem ich wirklich drin war bis an der Lampe…..

Und schon ging es wieder retour. Unser Dinghi, daß wir schön den Strand hochgezogen hatten, lag nach nur einer Stunde nun vollends auf dem Trockenen – Ebbe. Und was für eine Ebbe. Wir haben uns schon gewundert, warum plötzlich 4 weitere Jungs von Ihren Unterkünften mit runtergelaufen sind. Navypower!!! Die Jungs haben uns das Dinghi in das Wasser getragen, was eine ganz schöne Strecke war, da gefühlt 50 Meter nur ein Wasserstand von 10 cm war. Supernett und nur zu empfehlen, die freuen sich über jede Abwechslung und waren sehr herzlich – auch wenn wir uns nicht wirklich verständigen konnten.

Nach dem Check des Wetterfensters müssen wir nun morgen früh weiter, da in 2 Tagen absolute Flaute herrscht und wir sonst hier über eine Woche festsitzen. Wir wollen dann bis Vitoria und dort die Flaute absitzen, bis sich wieder ein Wetterfenster ergibt, um die restlichen 400 sm nach Rio zu meistern.

Seit wir aus Jacare abgereist sind, hatten wir immer Kontakt mit der Crew der Salto, die ja auch gen Süden zieht und eine Woche nach uns Jacare verlassen hatte. Wir hatten den letzten Kontakt, als wir in Salvdor waren, dies ist jetzt schon 9 Tage her und wir hatten uns schon Sorgen gemacht, wo die beiden denn sind, da wir sie nicht über AIS sehen können. Wir haben sogar die Park Ranger gefragt, ob ein Segelboot Salto da war. Nö, war nicht da.

Kaum ist der Anker oben und wir fahren los, werden wir angefunkt! Die Salto ist endlich da und ist 2 sm nördlich der Inseln. Sie hatten sehr viel Pech mit dem Wind und nur Flaute und sind kaum vorwärts gekommen – und haben die Schnauze voll!  Kurz abgestimmt und Wetter erklärt. OK, sie ankern hier nicht und fahren gleich mit uns weiter bis Vitoria. Dann sehen wir uns wieder.

So, und nun muß ich Euch noch von Kraki erzählen. Wer ist denn jetzt das schon wieder? Werden Ihr fragen.

Kraki ist unser genialer Tintenfischköder, der uns schon etliche Fischmahlzeiten eingebracht hat. Er durfte auch gleich wieder baden gehen, als wir aus dem Naturschutzgebiet rausgefahren waren. Und brav hat unser Kraki seinen Job erledigt. Bereits kurz nach dem ins Wasser hüpfen, hing unser Abendessen an der Angel – ein kleiner Thunfisch. Also Fischchen ab, zerlegen und Kraki geht wieder baden. Lange passiert nichts mehr, der Skipper legt sich gegen Mittag mal etwas hin, um fit zu sein für die abendliche Wache.

Die Angelschnur gibt heftige Ruckbewegungen, die Schnur rauscht aus. Der Skipper kommt angesprungen zu seiner Angel; das muß etwas Größeres sein. Ich lege wieder alles bereit. Wasser, Messer, Brett. Der Skipper will anfangen, einzuholen, ein heftiger Ruck – weg.

Also holen wir Kraki mal rein. Oh, Gott. Kraki wurde schwer verletzt!!!! Da muß sich ein sehr bissiges etwas ausgelassen haben. Die Angelschnur wurde komplett abgebissen, Kraki hat eine schwere Schnittverletzung unter seinem Auge und es fehlen ihm ein paar Tentakel.

Also darf Kraki erst mal in den OP und es wird ein Bruder von ihm eingesetzt. Doch auch diesen ereilt dasselbe Schicksal. Gut, dann die nächste Variante in groß. Aber auch diese muß leider daran glauben. Nun liegen drei Tintenfischköder im OP-Saal und warten auf ihre Operation. Heute geht kein anderer Köder mehr baden!

Ich hoffe, Oberarzt Skipper bekommt sie wieder hin, damit sie ihren Job weiter fortsetzen können.

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