Wie Sabine schon in ihrem letzten Blogeintrag berichtet hat, sind wir ja mehr oder weniger Hals über Kopf aus Itajai aufgebrochen, gerne hätten wir ja noch das Ein oder Andere angeschaut, unter anderem Blumenau. Aber auch das gehört zu so einer Reise dazu. Mit der Info, daß der Juni und Juli die schlechtesten Monate sind, um in den Süden zu gelangen und daß der Seglerkontakt schon seit 5 Wochen auf ein Wetterfenster wartet, lässt auch so eine Entscheidung nicht auf sich warten. So brauchen wir auch ein Wetterfenster von mindestens 5 Tagen! Wieso so lange? Waren wir doch zuletzt immer nur 1- 2 Tage am Stück unterwegs, so steht jetzt ein langer Schlag von ca. 500 sm vor uns. Der Küstenabschnitt im Süden von Brasilien bietet so gut wie keine Möglichkeiten (eigentlich gar keine), sich vor einem Wetter zu verstecken, der nächste Hafen ist Rio Grande de Sul in ca. 300 sm Entfernung. Dieser ist aber immer noch von den starken Unwettern betroffen und somit fällt er als Anlaufstation raus, bzw. wir wollen ihn nicht anlaufen, die haben im Moment wohl andere Sorgen. Außerdem haben wir eine Info, daß in der flussähnlichen Einfahrt 7 kn Strom laufen, das ganze Wasser läuft halt hier raus und von dem Treibgut, das hier mitkommt muss ich wohl auch nichts erwähnen. Die 7 kn gegenan sind für uns nicht zu schaffen, das Risiko mit Treibgut zu kollidieren nochmal ein anderes. Hatten wir das Thema schon bei der Anfahrt zu Itajai, wo wir die letzten Seemeilen zur Einfahrt im Slalom über das Meer gefahren sind. Ich am Bug Ausschau haltend und Sabine am Ruder, nach Anweisung ausweichend. Somit ist der nächste Hafen erst in Uruguay, La Paloma.

So sind wir dann ja am Samstag nachmittag noch unter Maschine in die Bucht von Porto Belo gefahren und haben da vor Anker die Nacht verbracht. Am nächsten Morgen sind wir dann auch mit entsprechendem Wind weiter Richtung Florianopolis aufgebrochen, das auf der Ilha de Santa Catarina gelegen ist; an deren Nordseite ist eine Bucht, in der wir dann den aufkommenden Südwind abwettern wollten. Da wir dann aber so gut vorwärts gekommen sind, haben wir unterwegs den Entschluss gefasst, bis an die Südseite der Insel zu segeln. Hier gibt es auch eine weitläufige Bucht die vor Nord- und Südwind gut geschützt ist, man muss nur entsprechen innerhalb der Bucht verlegen und – die Salto war auch schon dort. So ist dann gegen 20 Uhr nicht unweit der Salto, an der Nordseite jener Bucht, der Anker gefallen. So waren wir auch bei 20- 25 kn Wind aus Nord schön ruhig gelegen, haben zu Abend gegessen und noch einen kleinen Schwatz über Funk mit der Salto gehalten, bei dem wir uns für den nächsten Morgen um 6 Uhr zum Aufbruch verabredet haben, um auf die andere Seite der Bucht zu verlegen, bevor der Südwind einsetzt.

Um 6 Uhr dann die Ernüchterung, daß der Wind immer noch aus Nord und in gleicher Stärke weht, kurz gefunkt, wir warten noch. Macht ja keinen Sinn sich bei der Windstärke auf Legerwall zu legen. Legerwall bedeutet in dem Fall, falls der Anker nicht hält, daß man gleich auf die Küste getrieben wird. So haben wir uns nochmal in die Bettdecke gekuschelt, um das Zeitfenster abzuwarten, in dem sich der Wind dreht. Um kurz nach Sieben dann der Funkspruch, der Wind hat gedreht. Häää, wie das? Normalerweise flaut der Wind ab und es dauert dann eine Weile bis der dann gedreht hat. Nicht so Heute. Ist er doch innerhalb von Minuten gedreht und weht auch gleich mit 25 kn aus Süd, jetzt liegen wir Legerwall, aber unser Anker hält. So sind wir dann ziemlich schnell aus der Koje gesprungen und haben uns auf die andere Seite der Bucht verlegt. Jetzt liegen wir wieder ruhig und sicher, wir bleiben auch den ganzen Tag auf dem Schiff, da uns das Anlanden mit dem Dinghi bei den permanenten 25- 30 kn, die es den ganzen Tag geblasen hat zu mühselig gewesen wäre. So sind wir dann erst am Dienstag, zusammen mit der Salto, an Land gerudert um dort eine Wanderung zu unternehmen. Um es vorweg zu nehmen, eine sehr schöne Wanderung mit der Erkenntnis, hier könnte wir es noch ein paar Tage länger aushalten.
Aber für den Abend war dann der gewünschte Nordwind wieder vorhergesagt, der einen Aufbruch zur Folge hat. So sind wir dann am späten Nachmittag auf unsere Boote zurückgekehrt und haben alles soweit startklar gemacht. Der Wind sollte gegen 22 Uhr kommen, wir sind dann aber schon um 19 Uhr los. Was sollen wir hier noch Zeit absitzen, dann halt erst einmal unter Maschine. So ging es dann in die erste Nacht hinein, der Wind kam wie angesagt, wir konnten die Segel setzten und die Maschine verstummte. Zu anfangs noch mit 2kn Gegenstrom, aber bis zum Morgen war auch dieser dann milde gestimmt und hat dann bis auf 0,5kn abgenommen. Mit zunehmendem Wind hat natürlich auch die Welle wieder zugenommen, aber wir sind gut vorangekommen. Am späten Abend, Sabine war schon ins Bett gegangen, habe ich in weiter Ferne dann Wetterleuchten gesehen, mmmh ob da was kommt? Gemeldet war auf jeden Fall nichts. Kurze Zeit später hat sich die Nacht dermaßen verfinstert, daß man sprichwörtlich die Hand vor Augen nicht gesehen hat, wirklich spuki wenn man auf dem Schiff nicht mal mehr die Aufbauten erkennen kann. Kurz darauf wird der Wind weniger und die Segel fangen an zu schlagen. Da Sabine sowieso gerade auf Toilette war, haben wir zusammen mal das Großsegel runter genommen, mit diesen Anzeichen war es mir dann doch etwas zu heiß, unter „Vollzeug“ weiter zu segeln. Sabine hat sich dann auch wieder hingelegt, mit dem Rest komme ich dann auch alleine klar. Nach einer halben Stunde wird der Wind noch weniger und dreht von einer zu anderen Minute um 180 Grad und es fängt das regnen an. So habe ich dann die Genua auch noch geborgen und unsere Maschine wieder bemüht. Wieder eine halbe Stunde später und der Wind kommt wieder aus der Alten Richtung und mit einer Stärke von 15- 20 kn. Also Genua raus und Maschine wieder aus, da soll mal jemand sagen, daß es Langweilig ist, und das ganze natürlich wieder alles in der Nacht. Das sollte es aber für den Rest der Nacht gewesen sein, der Regen hat sich verzogen und der Wind bleibt wieder stabil. Hatten wir bisher bei einsetzendem Regen immer wieder mit Starkwind zu kämpfen, war es jetzt auch mal Schwachwind. Der nächste Tag war dann eigentlich recht entspannt, der Wind hat etwas nachgelassen, die Welle entsprechend auch. Wir holten auch wieder mal unseren Kraki raus, aber leider war uns kein Angelerfolg gegönnt. Einzig ein Albatros hat sich an dem Köder bedienen wollen, den wir aber wieder von diesem wohlbehalten befreien konnten. Größer dürfen die Vögel aber auch nicht mehr werden, sonst bekommen wir sie nicht mehr an Bord, um sie zu befreien – war schon ein Kampf mit dem. Ein weiterer Versuch mit einem anderen Köder, der unter die Wasseroberfläche geht, wurde schnell abgebrochen, auch hier haben sich die ersten Albatrosse schon wieder in Ihn verschaut. Wir konnten den Köder dann aber noch ohne weiteren Zwischenfall bergen. Ab der Mittagszeit war dann gemeldet, daß eine lange Flautenzeit beginnt, diese hat sich dann aber bis in den Abend hinein Zeit gelassen, bevor wieder unsere Maschine zum Einsatz gekommen ist, mal schauen wie lange diese anhält.
Am heutigen Freitag war dann auch nur unter Mithilfe der Maschine vorwärts zu kommen, heul, der Südatlantik fast so glatt wie jeder Dorfweiher. Erst am Nachmittag haben sich die ersten Windfelder wieder bemerkbar gemacht, wir konnten uns auch mal eine Stunde unter Segel fortbewegen, was für eine Ruhe. Leider war dies kein Dauerzustand, am Abend nochmals eine Stunde, ansonsten war immer das monotone Geräusch unseres Diesels unser ständiger Begleiter. ABER der Höhepunkt des heutigen Tages war, wir haben unseren ersten Pinguin in freier Wildbahn gesehen und das noch an Bord! Jetzt werden sich einige Denken, der will uns einen Bären aufbinden, aber weit gefehlt. Der Nachteil an der Geschichte ist, er hat sich an unserem Angelköder vergriffen. Auf jeden Fall machte sich unsere Angel wieder mal bemerkbar, der erste Blick und Gedanke war, da hat sich wieder so ein „blöder“ Vogel über einen vermeintlichen Leckerbissen her gemacht. Wir staunten nicht schlecht, als wir den wahren Übeltäter ausmachten. Sind wir jetzt schon so weit im Süden, daß es Pinguine gibt?! Wir holten die Angel ein und haben mit dem Kescher den „Kleinen“ an Bord befördert, durch die diversen Vögel haben wir ja schon fast Routine bekommen. Mit Handschuh und Spitzzange bewaffnet haben wir dann den Angelhaken aus dem Maul entfernt und ihn erst einmal auf seine Füße gestellt. Dann hat sich unser Gast mal kurz umgeschaut, geschnattert, eben nochmal geschüttelt und ist mit einem kleinen Satz von selbst wieder ins Wasser gesprungen. Happy End, wir hoffen natürlich wie bei allen, die wir wieder frei gelassen haben, daß außer dem Schreck keine Wunden zurück bleiben. Wie immer keine Zeit für ein Foto gehabt, man ist ja auch selbst immer wieder aufgeregt und will möglichst schnell das Tier befreien. Jetzt trauen wir uns schon fast gar nicht mehr unsere Angel zu benutzen, wenn etwas beißt, dann leider kein Fisch. So müssen weiter die an Bord befindlichen Vorräte dezimiert werden und der frische Fisch lässt weiter auf sich warten.
Samstagmorgen, es ist hell geworden, Stille. Der Wind ist zurück und wir bewegen uns mit unseren „Dicken“ wieder fort, für das sie ja gebaut ist, unter Segel. Anfangs noch etwas unbeständig in Stärke und Richtung, aber nach 2 Stunden stabilisiert er sich und es ist ein entspanntes Segeln, da kaum Welle da ist. Es ist sehr diesig heute und die Sichtweite beträgt maximal 2 sm, nicht wirklich viel auf dem offenen Ozean. Unser Radargerät, das wir eigentlich soweit nur in der Nacht nutzen, um evtl. die unbeleuchteten Fischer rechtzeitig zu sehen, bleibt auch jetzt am Tag unser einziges Auge in die Ferne. Die Großschifffahrt sehen wir ja zum Glück mit dem AIS-System immer schon von weiten. Die Empfangsreichweite ist zwar auch hier unterschiedlich, aber es sind immer mindestes 20 sm, wenn wir deren Signal empfangen. Zur Vorstellung, wie weit so etwas auf dem Ozean ist, kann ich nur sagen, bei guter Sicht sehen wie die Pötte am Horizont erst auf ca. 10 sm Distanz. So gesehen sehen wir diese schon, bevor sie mit bloßem Auge sichtbar sind. Hier im Süden muss man auch den Fischern mal ein gutes Wort zukommen lassen, einige benutzen auch ein AIS, aber eben nicht alle. Über den Tag werden die Sichtweiten langsam immer weniger, bis es dunkel wird, sind es nur noch 100 m Sicht. Alles fühlt sich nass und klamm an Deck an, die Feuchte lässt die Kälte in alle Glieder ziehen. Die Schotten haben wir schon lange dicht gemacht, damit es unter Deck einigermaßen angenehm bleibt. Unter Tags hatten wir noch unseren Angelköder ein Bad im mittlerweile 16° Grad kühlen Wasser gegönnt. Bei dem Nebel sollten wir doch Glück vor den Möwen haben, weit gefehlt. Nach einer halben Stunde hat sich der Erste wieder in den Köder verbissen. Ich befreie den Guten das erste mal alleine, Sabine war gerade am Schlafen und ich wollte sie deshalb nicht wecken. Hat auch gut geklappt und die Angel ist ab sofort arbeitslos, ich gebe auf. Dann gibt es halt keinen frischen Fisch auf der Überfahrt. Mit dem letzten Büchsenlicht frischt der Wind auch endlich auf, so kommen wir auch etwas zügiger voran. Der Plan, bis spätestens Sonntagmittag in La Paloma anzukommen, scheint aufzugehen. Der Wind soll laut Wetterbericht jetzt stabil bleiben. Gegen 2 Uhr in der Früh schläft der Wind dann doch wieder ein, Sabine musste das Segel bergen, weil es nur noch geschlagen hat und unser Motor wieder mal begnügt. Der Spuk dauerte aber zum Glück nur eine Stunde, bevor wieder Ruhe ist Schiff einkehrt. Bei mir hat es das gleiche Spiel nochmal am frühen Morgen gegeben, ich war schon im Begriff den Motor anzuschmeißen, zumindest zur Unterstützung. Ich warte noch mal 10 Minuten, und siehe da, das Warten hat sich gelohnt. Wind kommt wieder auf und der Motor bleibt aus. So geht es dann entspannt dahin bis kurz vor dem Ziel, der Wind lässt wieder nach. Wir sind beide an Deck und sagen zu uns, daß uns auf der Zielgeraden wohl wieder mal die Luft ausgeht. Da es schon Mittagszeit ist, wärmt Sabine die Essensreste von gestern auf, um uns nochmal zu Stärken bevor es wieder zu spät wird, bis wir im Hafen fest sind und alles aufgeklart haben. Kaum ist das Essen im Teller legt der Wind auch schon wieder zu, ich stelle die Moni (Windsteueranlage) noch ein und unsere Gerda (elektrischen Autopiloten) aus. Bei Schwachwind tut sich unsere Moni etwas schwer, den Kurs sauber zu halten und da muss Gerda immer wieder mal übernehmen. Ansonsten schauen wir halt immer, daß Moni ihr Werk verrichtet; die braucht halt keinen Strom. Jedenfalls können wir anschließend so unser Essen genießen. Die Teller sind zurück in der Pantry und der Wind nimmt weiter zu und zu, „von wegen mir geht die Luft aus, jetzt zeige ich euch was in mir steckt“. So wird es wirklich noch ein Endspurt mit Windstärke 6, zum Glück waren wir die ganze Zeit nur mit unserer Genua unterwegs, die ist leichter händelbar als das Großsegel und kann einfacher gerefft werden, was wir dann auch gemacht haben. Jetzt kommen schon Gedanken auf, wie wir bei dem Wind im Hafen zu Recht kommen, oder sollen wir uns vor der Hafeneinfahrt vor Anker legen?! Da wir uns sowieso bei der Port Control anmelden müssen, fragen wir gleich nach, ob den jemand im Hafen uns beim Anlegen unterstützen kann. Es dauert einen Moment, bis die Dame am Funk uns die Rückmeldung gibt, daß gleich ein Boot zu uns kommt und uns unterstützt. Naja, Boot hätten sie nicht gleich schicken müssen, aber wenn sie schon den Service anbieten 😊. So kommen 2 Jungs mit dem Schlauchboot angefahren und begleiten uns durch die Hafeneinfahrt und zeigen uns den Liegeplatz. Am Steg stehen auch schon 2 tatkräftige Helfer und so liegen wir, mit etwas Anweisungen von uns, schnell und sicher am Steg. Noch kurz das Boot aufklaren, Anlegegetränk zu uns nehmen, und wir setzten das erste Mal unsere Füße auf uruguayanischen Boden.