Leute, was soll ich sagen? Ich mag diese Stadt vom ersten Augenblick an. Selbst Jochen, der ja bekanntlich kein Großstadtfan ist und lieber große Bögen um solche macht, hat sich ein bisschen verliebt.
Aber wieso? Ja, das kann ich gar nicht sagen. Bei Buenos Aires handelt es sich um eine Megacity mit 15 Mio. Einwohnern. Aber es ist trotzdem nicht soooo hektisch. Die Menschen sind gelassen, schlürfen wie in Uruguay immer und überall ihren Mate und sind auch ausgesprochen freundlich. Jeder versucht Dir zu helfen, wenn Du nach etwas fragst. Da wird halt dann mal schnell rumtelefoniert oder gegoogelt. Ok, der Verkehr ist was anderes 😊
Man kann auch nicht glauben, wenn man diese Stadt so sieht, daß Argentinien eine Wirtschaftskrise mit einer Rieseninflation hat. Gut, das bekommen wir zu spüren – das mit dem Geld hier ist doch etwas merkwürdig. Zu einem hat man hier Riesenbeträge und Geldbündel in der Tasche. Wenn man mal eben 200 € abhebt, bekommt man drei dicke Bündel Scheine, so um die 280.000 Peso. Der gängigste Schein ist der 1000-Peso-Schein, also so um die 80 Cent. Stellt Euch das einfach mal bildlich vor: 280 Scheine für gerade mal 200 €. Dann gibt es hier ja den offiziellen und den „blauen“ Kurs. Offiziell ist der Kurs irgendwo bei 950 Peso für den €, der blaue Kurs ist derzeit bei 1400 Peso. Das bekommen wir auch belastet, wenn wir hier mit Kreditkarte zahlen.
Überall auf der Straße stehen Leute und rufen „Cambio, Cambio, Dolares!“ und wollen wechseln. Aber Vorsicht ist hier geboten: es droht Falschgeld. Auch wird oft angeboten, wenn man bar bezahlt und nicht mit Karte, daß man bis zu 20 % Rabatt bekommt. (Die Umsatzsteuer hier beträgt 21 %…) Es ist schon alles etwas spooky, das sagen selbst die Einheimischen. Man muß sich halt arrangieren und anpassen. Normalerweise kann man bei jedem Minihändler mit Kreditkarte bezahlen, das ist in Südamerika gang und gäbe, daß jeder ein Kartenlesegerät besitzt. Manche Läden aber nehmen nur Bargeld – Schwarzgeld lacht. Wir schauen jetzt halt immer, was für uns günstiger ist. Wir gehen jetzt lieber einmal mehr zu Western Union, um uns mit Bargeld zu versorgen und nehmen die 5 % Gebühr in Kauf. Wir haben dann immer noch eine Ersparnis von vielleicht 15 %.
Auch haben wir festgestellt, daß die Geschäfte und Restaurants voll sind mit Leuten und haben unsere argentinischen Freunde diesbezüglich gefragt. Diese erklärten uns dann, daß die jungen Leute gar keine Chance hätten, Geld zu sparen (wofür auch, bei der Inflation – ist ja morgen nichts mehr wert) und es daher so ausgeben wird, wie es reinkommt. Daher sind die Restaurants voll mit jungen Leuten.
Aber zurück zur Stadt. Prachtvolle, riesige Gebäude, die von der reichen Zeit träumen lassen und auch dazu noch wirklich gut erhalten sind. (Naja: alt sind das Land und die Gebäude ja nicht wirklich – im Gegensatz zu Europa) Einkaufsstraßen mit Läden und Malls, in denen alle Marken zu haben sind, die man sich vorstellen kann. Überall kleine Kioske, Restaurants und Cafes. Dazu Parks und Grünanlagen als Erholungsgebiete.
Wir wollten dann einmal einen Stadtplan oder Busplan haben, um eine Übersicht zu bekommen. Fehlanzeige, so was gibt es nicht. Wir sollten uns die Moovit-App holen, damit kämen wir überall hin. Das haben wir dann auch mal irgendwann gemacht. Aber zuerst haben wir für den ersten Überblick Karten für den Hop-On-Hop-Off-Bus für zwei Tage genommen. An Tag eins sind wir die gesamte Tour einmal rundherum mitgefahren und konnten uns dann so vormerken, wo wir nochmal genauer hinwollen. Diese Rundtour sind 40 km und dauert etwa 4 Stunden. (Das ist aber nur wirklich das Herz von BA!) Am zweiten Tag der Nutzungsdauer sind wir dann zu einigen bestimmten Punkten mitgefahren und von da aus dann losmarschiert.
Inzwischen sind wir auch fit hier im öffentlichen Nahverkehr unterwegs; wenn man mal etwas durchblickt, ist das gar nicht so schwer – ist halt wie überall, man muß sich ein paar bestimmte Stationen merken, die wichtig sind – vor allem die für „Zuhause“. Und der öffentliche Nahverkehr ist wirklich günstig. Die innerstädtischen Strecken, die wir so fahren, kosten immer um die 20 – 40 Cent pro Nase. Das „Teuerste“, was wir bisher bezahlt haben, war die Heimfahrt von unseren argentinischen Freunden, die ca. 40 km außerhalb, am Stadtrand wohnen. Diese Busfahrt hat ganze 1,10 € pro Nase gekostet – und das bei einer Fahrzeit von 1,5 Stunden. Der Zug ist übrigens genauso günstig – alles hier zu machen mit einer „Sube“-Karte, auf die man vorher Guthaben aufbucht und das dann „abarbeitet“.
Wie ich eben schon erwähnt habe, waren wir bei unseren argentinischen Freunden auf dem Land zu Besuch. Sie haben uns zu einem typischen Asado eingeladen: Fleisch auf dem Grill. Und es war ja soooo lecker. Die Argentinier essen gerne gemeinsam mit vielen Freunden Asado und so war es auch, als wir eingeladen waren. Wir hatten einen schönen Tag mit wirklich netten Menschen auf dem Land verbracht. Apropo Land: viele Menschen, die unter der Woche in BA leben und arbeiten, fahren am Wochenende aufs Land in Ihre eigentlichen Häuser oder Ferienhäuser. Das ist eine regelrechte Völkerwanderung.


Wir waren in Buenos Aires in einigen schönen Stadtteilen unterwegs, die ich mit den Highlights dann im kommenden Bericht vorstelle. Hier jetzt schon mal ein kleiner Vorgeschmack der von uns gemachten Führungen mit Guide.
Führung Palacio Barolo
Das Palacio Barolo ist schon von außen eine imposante Erscheinung, ob man es schön findet sei jedem selbst überlassen. Dieses wurde zwischen 1919 und 1923 erbaut von einem italienischen Investor, Herrn Luis Barolo und einem italienischen Architekten, Mario Palanti. Dieses sollte als Geldanlage dienen, da Barolo, wie viele in Argentinien lebende Europäer, vermutete, daß Europa noch viele Kriege bevorstehen und damit der Kontinent zerstört werden würde und daher noch viele nach Argentinien auswandern würden und dann wäre es doch ganz gut, in ein großes Bürogebäude zu investieren und dort dann einzelne Büros zu vermieten. Das Bürogebäude wurde in Anlehnung an die „Göttlichen Komödie“ des Dichters Dante Alighieri erbaut. Das Erdgeschoss – die „Hölle“ hinauf zum Paradies – dem Leuchtturm. Unten noch reichlich verziert wird es Stockwerk um Stockwerk schlichter – im Paradies braucht es diesen Protz nicht. Luis Barolo erlebte die Fertigstellung jedoch nicht mehr, er verstarb ein Jahr vorher. Daraufhin wurden die vorhandenen Büros allesamt an einzelne Personen verkauft, so daß dieses Gebäude heutzutage in „vieler Hände“ ist. Die einzelnen Büros sind recht klein und jeweils 4 Büros teilen sich eine Toilette auf dem Flur. Manche Käufer haben sich mehrere Büros gekauft und diese zusammengelegt und daher auch Zwischentüren etc. eingezogen. Heute darf hier nichts mehr verändert werden. Es muß die vorhandene Substanz genauso erhalten bleiben. Sehr interessant! Das letzte Stück zum Leuchtturm hoch ging es über enge Wendeltreppen und wir saßen dort oben wie die Hühner auf der Stange in der Glaskuppel mit dem Blick über die Stadt. Der Leuchtturm (das Licht) stellt „das Göttliche“ dar und wird nur noch einmal täglich für 15 Minuten befeuert, ab 22 Uhr.
Diese Führung fand ich persönlich super, da unser Guide Silvana wirklich Wissen hatte und die Führung zweisprachig in Spanisch und Englisch abhielt. Und in beiden Sprachen hat sie sehr langsam und deutlich gesprochen, so daß selbst das spanische für mich gut zu verstehen war. Auch war unsere Gruppengröße von13 Leuten sehr angenehm.
Führung Teatro Colon
Das Theater ist ein beindruckender Bau und eines der bedeutendsten Opernhäuser der Welt! Die Treppe und die Wände sind alle aus mehrfarbigem Marmor aus Italien und Portugal, riesige Kristallleuchter und die Wandbemalung war einmal 2 Karat Blattgold. Bei der letzten Restaurierung wurde dann jedoch mit goldener Farbe gearbeitet, die Kosten wären wohl sonst exorbitant hoch geworden. Auch die alten Polstermöbel, Stühle und Schränke stehen noch dekorativ herum.
Der Theatersaal selbst ist hufeisenförmig mit 4 Etagen an Balkon-Logenplätzen. Ganz oben gibt es noch eine Galerie mit Stehplätzen. Diese sind die günstigste Kategorie, sollen aber angeblich die beste Akkustik bieten.
Das Theater hat im Kellergeschoss seine eigenen Werkstätten , in der alle Bühnenbilder und Kostüme selbst angefertigt werden. Überall stehen Büsten von bedeutenden Künstlern herum, die momentan größte ist die von Franz Liszt und wurde von Ungarn vor nicht allzu langer Zeit gespendet.
Bis das Theater endgültig fertiggestellt wurde, hat es 3 Architekten gebraucht, da jeweils der Vorgänger über dem Bau verstarb.
Leider war diese Führung nicht so toll wie die im Palacio. Der Guide sprach fließend Englisch, leider mit diesem unleidlichen Texas-Ami-Slang, bei dem ich mich so schwer tue. Dann war die Gruppe noch sehr groß und er sprach viel zu leise für diese riesigen Räume, so daß es wirklich schwer war, alles zu verstehen.
Ganz nach Touriprogramm haben wir uns auch eine Tangoshow angeschaut. Wir fanden es sehr schön, aber das ist wohl lt. Einheimischer typisch auf Touri ausgelegt und stellt nicht unbedingt den argentinischen Tango dar. Zu diesem Abend gehörte auch der Transfer vom und zum Hotel. Wir mußten hierfür zum nahegelegenen Hilton gehen, da unser Hafen nicht als Hotel zählt. Zunächst gab es ein leckeres Abendessen. Wir hatten uns für ein ordentliches Stück Fleisch entschieden – super lecker. Auch die Getränke waren den ganzen Abend frei – manche haben auch ordentlich Wein getankt. Ab 22 Uhr fing dann die Show an, die ungefähr 1 – 1,5 Stunden gedauert hat. Danach ging dann sofort der Rücktransfer zu den Hotel los. Dies fanden wir sehr witzig: wir hatten in unserem Bus Mitfahrer, die eigentlich nur quer über die große Straße hätten laufen müssen. Aber selbst diese wurden abgeholt und wieder abgeliefert. Was viel länger gedauert hat, als wenn diese gelaufen wären. Warum? Südamerikas Städte sind in quadratischen Blocks angelegt und sämtliche Straßen sind Einbahnstraßen. Also muß man halt mal großzügig außenrum fahren, weil einfach links oder rechts abbiegen so nicht geht.



Was wir auch gelernt haben: die Flußbegrenzung ist in den vergangenen Jahrhunderten deutlich gewandert. Früher war der Fluß eigentlich direkt am Casa Rosada, dem rosafarbenen Präsidentenpalast, was häufig zu Überschwemmungen geführt hat bzw. der Grund dafür war, daß in Stadtgebieten wie San Telmo die Bürgersteige sehr hohe Kanten hatten. Heute ist das Flußufer ca. 2 km entfernt und direkt am Flußufer ist jetzt ein ökologisches Reservat mit 2 Lagunen. Der Untergrund hierfür ist eigentlich ein Schuttberg, der hier aufgekippt wurde. Aber die Natur ist zäh und hat dieses Gebiet wieder in Beschlag genommen. In die Lagune sind Holzstege gebaut, so daß man hier über das Wasser und durch den Schilf laufen und dabei mit Glück auch etwas Tiere beobachten kann. Als wir durch dieses „Naturschutzgebiet“ gelaufen sind, fanden wir es anfangs etwas doof, da von uns aus der Weg am Meer entlang führte und ein sehr breiter Wanderweg war, voll mit Joggern und Radfahrern, mit viel Blick auf die alten Hinterlassenschaften, die am Flußufer noch zu sehen sind. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Aber als wir dann in den Bereich der Lagunen kamen, fanden wir es doch sehr schön und ist für die Städter natürlich ein kleines Naherholungsgebiet.