Die Pläne eines Seglers sind bei Ebbe in den Sand geschrieben. Diesen Spruch haben wir schon des Öfteren gesagt und er bewahrheitet sich mal wieder. Seit Ankunft auf La Palma haben wir uns auch entschieden, unsere Pläne etwas zu ändern:
Bisher hegten wir die Absicht, noch heuer über den Atlantik nach Brasilien zu fahren, um im „heimatlichen Winter“, dem Sommer auf der Südhalbkugel, um Kap Horn zu fahren. Dies würde für uns jetzt jedoch wieder Zeitdruck bedeuten und wir müssten die lange Südamerikanische Küste (die übrigens länger ist als die Atlantikpassage!!) im Eiltempo passieren.
In einigen Gesprächen mit Andrea und Dirk, die ausgemachte Südamerika-Fans sind und hier schon viel mit dem Wohnmobil bereist haben, kam dann die Anregung: bleibt doch den Winter über hier und fahrt im nächsten Jahr nach Brasilien. Dann könnt Ihr die Küste entlangfahren, könnt Brasilien und Argentinien gemütlich mitnehmen und der Druck wäre raus. Das war ja die ganze Zeit unsere Angst, immer nur Vollgas geben, um irgendwelche Ziele zu erreichen: schnell über den Atlantik, die Küste runter um dann rechtzeitig, der Jahreszeit entsprechend, in die anspruchsvolleren Segelregionen anzukommen und dabei nichts von Land und Leute mit zu bekommen. Nachdem wir jetzt durch die zwei Wochen hier auf Teneriffa endlich da angekommen sind, wo wir hinwollten – Zeit lassen, und eben Land und Leute kennenzulernen, genießen – haben wir uns entschlossen: genau so machen wir es. Wir bleiben jetzt erst mal den Winter über hier und tingeln die Inseln ab, so wie wir es ursprünglich mal vorgesehen hatten.
Jetzt müssen wir nur noch schauen, ob es irgendwo auch noch freie Liegeplätze gibt, Ankerplätze gibt es auch nicht wirklich viele. Die paar Tage hier auf La Palma waren eigentlich nur im Vorfeld gebucht worden, um aus der EU auszuklarieren und dann weiter. Aber das hat sich jetzt ja geändert, zwei Tage konnten wir hier jetzt noch dranhängen. Vielleicht sagt ja noch einer eine Reservierung ab, wir hoffen. Wir hoffen auch, daß sich die Situation auf den Kanaren ändert, wenn die ARC mal gestartet ist. Wie schon mal erwähnt: Die ARC ist eine große organisierte „Segelregatta“, an der so an die 300 Boote auf einmal über den Atlantik starten, dann sollte ja der ein oder andere Liegeplatz wieder frei werden.
Rückblickend sind wir aber auch froh, daß wir diese Entscheidung erst auf den Kanaren gefällt haben. Segelbekannte die sich schon an der spanisch / portugiesischen Küste Zeit gelassen haben, hängen da fest, da das Wetter im Nordatlantik seit Wochen tobt und an eine Weiterreise nicht zu denken ist.
Wie wir es bereits immer im Vorfeld gesagt haben – „kann sich alles ändern“. Und wer vor hatte, uns mal zu besuchen, kann das ja jetzt gerne tun, die Wege sind ja jetzt noch „kurz und günstig“.
Nach der letzten zugestandenen Verlängerung unserer Liegeplatzzeit konnten wir nochmals um einige Tage verlängern, da wieder Welle angesagt war, bei der wir nicht rausfahren konnten. Jetzt waren wir insgesamt 14 Tage in Garachico auf Teneriffa gelegen und haben hierbei dann im Hafen auch noch ein zweites deutsches Gastboot begrüßen dürfen. Dirk und Andrea von der Southeast haben direkt gegenüber unseres Bootes festgemacht.
Wir haben dann auch gemeinsam einiges unternommen. So waren wir zusammen in der Höllenschlucht. „Barranco del Infierno“. Eine Schlucht, für die ein satter Eintritt von 11 Euro genommen wird für einen fest gebuchten Starttermin, damit man einen Helm auf den Kopf bekommt und selbst bis zum Ende der Schlucht zum Wasserfall und wieder zurücklaufen darf. Am Wasserfall soll man sich höchstens 10 Minuten aufhalten und wieder umkehren. (wegen Steinschlaggefahr und begrenzter Zeit). Es war trotzdem eine schöne Tour, in der sich die Vegetation in der Schlucht merklich verändert hat. Auf etlichen Schildern wurde über die Tier- und Pflanzenwelt informiert. War es am Anfang noch eher karg und spärlich, wurde es nach hinten hin feuchter und üppiger. Der Wasserfall war eher ein Fällchen aufgrund des fehlenden Wassers und der aktuellen Trockenperiode.
Wenige Tage später kam dann die Anfrage, ob wir mit Wandern gehen würden, Andrea hätte da eine Tour im Teide-Nationalpark ausgesucht von ca. 4,5 Stunden Wanderung bei ca. 600 Höhenmetern. Diese Tour wäre laut Touristinformation schön für den Nachmittag zu laufen.
Also sind wir morgens um 10 Uhr losgefahren und sind erst einmal noch eine schöne Autostrecke auf einem Bergkamm entlang gefahren, bei der es viele schöne Ausblicke gab. So eine Strecke zieht sich hier auf Teneriffa dann auch etwas, denn man rast bei den vielen Serpentinen mit maximal 60 km/h dahin. Aber wunderschön. Es gab als Zwischenstopp dann noch einen guten Kaffee unterwegs und schon wurden die Wanderschuhe geschnürt. Es sollte eine Temperatur von 14 Grad haben, also mal mehrere Schichten und Regenjacke einpacken, wir sind ja schließlich auf 2000 Meter Höhe. Aber na ja, die Kanaren halt. Von kühlen 14 Grad waren wir weit entfernt und so haben wir bei 21 Grad vor uns hin geschwitzt.
Ging es anfänglich noch moderate Wanderwegen entlang, änderte sich das Ganze dann doch in bergauf auf schmalen Pfaden, die aber gut zu gehen waren. Dann denkst Du, jetzt bin ich oben…..nach der nächsten Biegung geht es wieder bergauf. Mit wunderbaren Ausblicken auf die dichte Wolkendecke, die unter uns lag. Einfach traumhaft!
Aber jeder Berg hört mal irgendwo auf und wir waren wirklich auf dem Gipfel des Guajara auf 2718 Metern (der Dritthöchste Gipfel der Insel) mit einem tollen Blick auf den Teide, der da noch mal 1000 Meter höher ist. Es war jeden Schweißtropfen wert.
Abwärts ging es dann durch eine Schlucht, wo man denkt, da geht es doch nicht weiter! Aber wirklich, auch hier ein schmaler Pfad am Fels entlang, vorbei an Kiefern, über große Steinstufen.
Und Punktlandung! Nach genau 4 Stunden 30 Minuten und 29 Sekunden waren wir wieder am Ausgangspunkt. Noch nie hat eine Zeitangabe für eine Wanderung so genau gepasst. (unsere Pausen inclusive). Sind wir es von Deutschland doch gewohnt, daß da immer viel zu viel Zeit steht.
Es war ein schöner, aber auch anstrengender Tag.
auf der Anfahrt…
Start der Wanderung
die Vorhut….
der Lumpensammler
der Teide…
…und wir
zurück
Was haben wir uns noch angeschaut? Wir waren am westlichsten Punkt Teneriffas, am Punta de Teno mit seinem Leuchtturm. Dorthin kann man nicht mit dem Auto fahren. Die entsprechende Straße darf nur von den Bussen, Taxis oder per Fahrrad oder zu Fuß genutzt werden. Also haben wir ab der Straßensperrung den Bus genommen. Dieser fährt im Stundentakt hin und zurück. Hin – eine Stunde schauen – zurück. Das passte bei uns ziemlich genau und wir hatten keine „Durststrecke“. An dieser Busstation gibt es noch einen Wanderweg, der über den Bergkamm führt. Diesem sind wir dann noch eine halbe Stunde nach oben gefolgt, um uns selbst noch etwas zu bewegen. 30 Minuten bergauf – uff. Wieder ordentlich durchgeschwitzt – aber schön. Wir sind dann wieder umgekehrt, nicht daß wir dann im Dunkeln noch irgendwo rumstolpern und Verluste zu verzeichnen hätten.
Punta de Teno:
Wanderweg
Auch haben wir es noch geschafft, in unserem Garachico den Wanderweg PR43 den Berg hoch zu laufen in das darüberliegende Örtchen San Juan del Reparo. Das waren dann auch gleich 480 Höhenmeter auf ca. 4 km hinauf. Also auch ganz ordentlich für mal so zwischenrein. Von diesem Höhenweg hatten wir schöne Ausblicke auf unseren Hafen und den gesamten Ort.
Die letzten 2 Nächte in Garachico waren sehr, sehr kurz. Wir hatten Vollmond, was bedeutet, daß die Tiden stärker ausgeprägt sind. Hat man normalerweise 2 Meter Tidenhub, kommt da dann nochmal was drauf. Und das Wasser kommt dann auch stärker in den Hafen reingedrückt. Dazu die Fallwinde vom Berg herunter, ergab ein sehr starkes Geschaukel im Hafenbecken. Die Fender quitschen, die Festmacherleinen scheuern und rucken stark, wenn sich das Boot hin- und herbewegt. Da wir immer gegen Abend auflaufendes Wasser hatten, fing das Ganze halt immer zur Bett-Geh-Zeit an. Und erst mit Erreichen des Hochwassers, wenn die Tide dann wieder fällt, hörte das Ganze auf und wurde erträglicher. Das war halt immer so ab 2 Uhr in der Nacht. Bis dahin war an Schlaf eigentlich nicht zu denken.
Die größten Sorgen machte ich mir eigentlich über das Auslaufen aus unserem Hafenbecken. Für den Abreisetag nach La Palma war erst mal null Wind mit 2m Welle und später ca. 14 Kn und Welle von 1,7 mtr angesagt. Aber der Skipper hat uns gut rausgeschaukelt, nachdem wir im Hafenbecken Kreise gedreht haben, bis alle Fender und Leinen sicher verstaut waren, damit das nicht draußen auf der Welle geschehen muß. Im Bild oben könnt Ihr vielleicht erkennen, wie schmal die Einfahrt wirklich ist. 2 Booten aneinander vorbei wird nicht funktionieren.
Wir sind dann losmotort in Richtung Westen, die Dünungswelle war schon ganz ordentlich, aber kam in relativ angenehmen Abständen, so daß es gut fahren ging. Nach der kurzen Nacht habe ich mich nochmals hingelegt, bis des Skippers Frage kam „schläfst Du schon?“ Er hatte den Wind gefunden, also nochmals raus und gemeinsam Segel gesetzt. Nachdem ich 2 Stunden geschlafen hatte, legte sich der Skipper nochmals aufs Ohr. Als er dann wieder auf Deck war, ging dann das Vibrieren unseres Großsegels wieder los. Dies passiert anscheinend immer, wenn der Wind ungünstig auf die Vorderkante des Segels auftrifft. Also wieder schauen, wo wir da noch rumzippeln können, daß das besser wird. Bis zu einer gewissen Windstärke kann man das durch die Segelstellung auch etwas ausgleichen, bei starkem Wind ist da nix zu machen.
Der Wind hat sich natürlich nicht an die Vorhersage gehalten. Die Stärke legte permanent zu, so daß wir vor La Palma mit 28 – 32 Knoten Wind und entsprechend ordentlich Welle dahingerauscht sind (mit ordentlichem Krach vom vibrierenden Großsegel). Zum Glück sind wir gleich stark gerefft losgefahren, wobei wir eigentlich noch hätten ins 3. Reff gehen müssen. Da wir aber wußten, wir sind gleich da, hat der Skipper das Ganze ausgesessen und das Ruder geführt.
PS: wir hatten unser Segel ja in Teneriffa nochmals beim Segelmacher, aber wie Ihr gelesen habt, ist keine Besserung eingetreten. Es vibriert immer noch – diese Baustelle ist also auch noch nicht abgeschlossen.
Das Positive daran: wir waren wesentlich schneller da, als geplant.
Vor der Hafeneinfahrt Santa Cruz de La Palma kam dann zum Glück etwas Landabdeckung, so daß wir plötzlich von 28 Knoten Wind auf quasi null Wind und wenig Welle trafen. So konnten wir die Segel ohne großen Stress bergen und in den Hafen einfahren.