Wir haben die Caleta Millabu verlassen und wollen nun langsam weiter durch die Kanäle tingeln. Die nächsten beiden Etappen sind nicht so lang, also lassen wir uns Zeit mit dem Anker aufgehen.

Unser nächstes Ziel heißt Caleta Mariuccia auf der kleinen Insel Prieto im ebenso kleinen Kanal Abandonados. Dieser kleine Kanal wurde wohl noch nie richtig vermessen, man sollte daher also wirklich bei Sicht hier durchfahren. Aber er war wirklich schön. Viele kleine Inselchen und Felsen, die aus dem Wasser schauen, Seevögel und Seelöwen, die neugierig beäugen, wer hier durchkommt und auch wieder einige Wasserwirbel und Strömungen, wo sich das Wasser zwischen den Inseln durchzwängt.

Die Caleta war auch wieder sehr nett und wir haben auch hier versucht, ein paar Meter zu laufen. Aber leider war der Bewuchs am Strand wieder so dicht, daß kein Durchkommen war und wir daher nur ein paar Meter am Strand hin- und herlaufen konnten. Daher am nächsten Tag dann gleich wieder Anker auf, neuer Versuch 11 Seemeilen weiter in der Caleta Estero Los Dos Galanos im ebenfalls kleinem und unvermessenem Kanal Alejandro.  Auch die Anfahrt hierher war superschön durch viele Inselchen hindurch.  Hier wieder das übliche Spiel: kein Durchkommen durch den dichten Bewuchs. Also wieder nur mal Dinghirunden gedreht. Dasselbe Spiel in der nächsten Caleta Jacqueline, die wir nach nur 13 sm ansteuern. Alle Caletas hier sind wunderschön und dicht bewachsen, aber halt leider nur zum anschauen und nicht zu erlaufen. Daher halten wir uns hier nicht länger auf, denn nur auf dem Boot sitzen und rausschauen können wir überall.

Seit wir den Golfo de Penas gequert und zurück in die Kanäle eingebogen sind, ist wieder Schiffsverkehr; vorher war das schon ein Highlight, ein anderes Boot zu sehen. Hier plötzlich ist wieder einiges los. Wir sehen Frachter und Versorgungsschiffe, viele Fischer und noch mehr Lachsfarmen. Der Lachs ist hier eigentlich gar nicht heimisch, sondern wurde „eingeführt“, da dies dem ursprünglichen Lebensraum nahekommt mit Süß- und Salzwassergemisch und Temperatur. Leider nimmt das doch extrem Überhand hier, der einheimische Fisch wird hauptsächlich für Fischmehlverarbeitung gefangen, um damit die Lachse zu füttern. Von den Antibiotika etc. zu schweigen, die in das Wasser gekippt werden. Chile ist der zweitgrößte Lachsproduzent nach Norwegen!!! Jetzt verstehen wir auch, warum wir im Kanal Beagle immer die Schilder „No Salmoneras“, also „keine Lachsfarmen“ gelesen haben. Dort ist so etwas noch nicht zu finden.

Unser nächstes „große“ Ziel heißt Chacabuco, ein kleiner Fischerort mit einer guten Verbindung nach Aysèn, wo es einen großen Supermarkt gibt. Dort wollen wir unsere Vorräte etwas auffüllen und wieder Zivilisationsleben spüren.

Hierfür müssen wir jetzt mal längere Schläge fahren, bis sich die nächste Ankermöglichkeit auftut. Daher fahren wir morgens zeitig los, um den Tag zu nutzen, der lt. Wettervorhersage trocken bleiben soll. Und wirklich, es war ein toller sonniger Tag, bei dem wir in unserer Kuchenbude richtig warm gesessen waren, da sich diese mit Sonne schön aufheizt. Und weil das Wetter so gut mitgespielt hat, haben wir unser auserkorenes Ziel rechts liegen lassen und sind gleich nochmals 10 Seemeilen weiter bis zur nächsten Caleta gefahren. Denn: morgen soll Regenwetter kommen und da ist es doch schöner, wenn wir da keine so lange Strecke haben.

So sind wir am Nachmittag in die Caleta Gato eingebogen, einer wirklich netten Caleta. Ein kleiner länglicher Fjord, an deren Eingang eine kleine alte Lachsfarm liegt, einem Fischerhäuschen am Ufer und eine große Boje, an der die Fischer festmachen, um in dieser Caleta zu übernachten. Wir sind bis ganz ans Ende gefahren und haben dort unsere Anker geworfen. Ein wunderschöner, gut geschützter Platz für diese Nacht. Natürlich springen wir nochmals in unseren Fred, das Fischerhäuschen muß ja besichtigt werden. Keine Ahnung, ob dieses noch benutzt wird, es sah jedenfalls unbewohnt, aber nicht total verlassen aus. Auch ein „Steg“ aus aufgeschütteten Steinen hat es uns erlaubt, trockenen Fußes an Land zu kommen. Nachdem wir wieder auf unserem Booten waren, ist auch schon der erste Fischer für die Nacht hereingefahren und hat an der Boje festgemacht. Diese fahren aber auch immer früh morgens wieder weg, so daß wir sie beim Aufstehen schon nicht mehr gesehen haben.

So sind wir auch wieder zeitig aufgestanden, die restliche Etappe nach Chacabucco steht an und am Morgen soll es noch halbwegs trocken sein. Es war keine gemütliche Fahrt: Nebel und Regen verschlechtern die Sicht und für die bisherigen Verhältnisse „viel Verkehr“. Die Anfahrt in die gut geschützte Ankerbucht Ensenada Baja, die nahe an dem kleinen Ort liegt, ist sehr spannend. Die gesamte Bucht hat nur eine Maximaltiefe von etwa 5 Metern bei Niedrigwasser und die Einfahrt ist noch niedriger. In unserer Bibel sind die genauen GPS-Punkte vermerkt (5 Stück), damit man den besten Weg findet. Wir sind dann im Schneckentempo eingelaufen und haben es dennoch geschafft, uns zweimal festzufahren. Hier ist der Grund zum Glück Schlamm, was wir wußten, so daß da nix passiert. Jochen hat uns mit Rückwärtsfahrt wieder rausbugsiert und dann waren wir wieder im „sicheren Tiefwasser“.  Der Anker hält wegen des Schlammgrundes sehr gut, er saugt sich regelrecht in den Matsch ein und so kann kommen was will – der Anker hält. (Dafür stinkt es gewaltig, als wir den Anker hochholen…)

Chacabucco selbst gibt nicht viel her, vor allem da wir außerhalb der Tourisaison da sind. Daher ist das örtliche Cafe schon geschlossen und Restaurants oder Versorgungsmöglichkeiten sind sehr sparsam. Daher beschließen wir, als wir unsere erste Ortsbesichtigung machen, „fahren wir gleich nach Aysen“. Dorthin fährt ungefähr alle 20 Minuten ein Collectivo, ein kleiner 10-Mann-Bus. Für umgerechnet etwa 1 € kann man mitfahren. Der Bus hält direkt vor dem Supermarkt, das ist sowas wie der Shoppingbus der Einheimischen.

Und Aysen ist halt schon wieder eine Stadt. Mit viel Straßenverkehr (Gott, wie lang haben wir keine mehrspurige Straße mehr überquert!), Ampeln, Supermarkt, vielen Restaurants und Shops. Wir haben dann gleich mal ein Cafe angesteuert: juhu, Kaffee und Torte und uns einen Überblick verschafft, was es wo denn so gibt. So sind die Vorräte an Motorenöl wieder günstig aufgefüllt, jeder von uns hat ein paar neue, hoffentlich wasserdichte Gummistiefel und wir haben uns wieder einmal im Restaurant verwöhnen lassen. Lediglich die Suche nach einer neuen Regenhose für Jochen war leider vergeblich. Vor allem haben die Südamerikaner ein Problem mit den Größen der Europäer, sei es Schuhe oder Hosen 😊 Als wir im ersten Baumarkt nach Gummistiefeln Ausschau halten, stehen dort in der Auslage Schuhe in Größe 38. Das ist wohl die durchschnittliche Männergröße hier. Jedes Mal, wenn wir mit Größe 47 ums Eck kommen, werden wir nur groß angeschaut und kopfschüttelnd angelächelt.

Wir haben hier ein mexikanisches Restaurant gefunden. Gott, war das schön, mal wieder eine andere Geschmacksrichtung zu erleben und nicht das typische „Viel Fleisch, sonst nix“. Am Tag vorher hatten wir in einem „irischen“ Restaurant die Grillplatte für 3 Personen bestellt. Als Beilage zu dem Berg Fleisch gab es ganze 3 Kartoffeln, für jeden eine. Das restliche Fleisch haben wir uns einpacken lassen und haben davon nochmals zu Dritt Brotzeit gemacht. Noch Fragen?

Nach 3 Tagen haben wir aber Chacabucco verlassen, um weiter vorwärts zu kommen. 2 Tage Cityleben langt ja auch wieder eine Zeit lang. Unser nächstes Highlight stand dann als Zwischenstop an: eine heiße Quelle. Die Therme in der Ensenada Perez. Diese heiße Quelle ist quasi touristisch erschlossen, da ein Hotelier aus Chacabucco seine Gäste mit einem Katamaran mehrmals in der Woche hierherfährt. Der Besuch ist kostenlos, man solle aber fragen, ob es in Ordnung ist. Das würde wohl immer erlaubt werden. Bei unserer Ankunft ist kein Katamaran da, also legen wir an der großen Boje an und ich rudere mal rüber zu dem „Wärterhaus“ um nachzufragen, ob wir reindürfen. Die Männer haben anscheinend gerade ihren Mittagsschlaf gehalten und ich habe sie geweckt, aber kein Problem. Wir dürfen rein und er checkt noch mal schnell die Wassertemperatur. Also geschwind aufs Boot, in den Bikini reinhüpfen und wieder rüberfahren. Was soll ich sagen???? Soooo schön. 41 Grad Wassertemperatur, außenrum Nieselregen und Natur pur und wir sitzen im Becken und weichen uns mal wieder so richtig schön auf. Wie lange ist das schon her? Der gute Wärter hier hat wirklich auf die Schilder an den Becken noch das Datum und die Wassertemperatur aufgeschrieben – nur für uns 3, das wäre doch nicht nötig gewesen!!!

Nach einer Stunde aufweichen haben wir uns wieder auf die Socken gemacht und sind zur Caleta Santiago für die Nacht gefahren. Hier wirklich nur noch Anker werfen, Abendessen und sich im Inneren verkriechen, das Wetter war schon sehr ungemütlich geworden, seit wir in der Therme waren. Wie vereinbart lichten wir am nächsten Morgen um 10 Uhr den Anker und machen uns auf den Weg nach Puerto Aguirre. Hier werden wir das erste Mal seit Ushuaia wieder in einer „richtigen“ Marina festmachen, der Marina Austral. Eine klitzekleine Marina, wo es wieder Duschen und Waschmaschine gibt.

Und wir werden auch schon erwartet. Jaime, der Manager erwartet uns schon am Steg und nimmt unsere Leinen entgegen. Auch Martin von der Aracanga steht schon mit seiner Tochter parat. Mit ihm hatten wir schon Kontakt aufgenommen und uns auf ein Kennenlernen gefreut. Er hängt hier fest, weil auch er Motorenprobleme hat und auch wir schließen uns ihm an und schicken wieder einmal unsere Injektoren in eine Werkstatt, weil es wieder Problemchen gibt. Und da seine am Montag in die Werkstatt kommen, dürfen unsere auch gleich mit in das Paket. So sind wir auch definitiv eine Woche hier und können mal wieder laufen, gammeln, putzen usw.

Da das Wetter so toll ist, fragen wir gleich mal bei Jaime nach, ob er denn einen Grill hätte für ein Asado. Auch er hatte die Idee, daß heute gegrillt wird und so haben wir gleich an unserem ersten Abend in der Marina mit „allen“ Gästen ein Barbecue. Gut, so viele Gäste sind das nicht 😊 Das sind wir 3 und Martin mit seinem drei Mädels (Frau und 2 Töchter) sowie Jaime, dem Manager und seinem Cousin Enzio, dem die Marina gehört und der gerade zu Besuch ist. Es war ein schöner, spontaner Abend mit netten Menschen.

Die Zeit, die wir hier verbringen vergeht wie im Fluge. Wir sitzen jeden Tag mit den beiden anderen Booten zu Kaffeezeit zusammen und gönnen uns einen gekauften oder selbstgebackenen Kuchen, „erlaufen“ uns etwas die Gegend und bringen die müden Seglerbeine wieder ein bisschen in Schwung. Es gibt eine Aussichtsplattform hoch über dem Städtchen mit einem tollen Rundumblick über die Inselwelt und rüber auf den schneebedeckten Vulkan und die anderen Gipfel. Desweiteren gibt es hier auch die Möglichkeit einiger kleiner, sogar angelegter! Pfade zu laufen und einen Spielplatz. An einem Tag sind wir bis zur Caleta Andrada hinübergelaufen, quasi der „Nachbarort“. Ebenso haben wir natürlich noch die Friedhofsinsel besucht, die im Gegensatz zu Puerto Eden auch noch wirklich genutzt wird. Hier haben wir festgestellt, daß die kleinen Häuschen, die zur Erinnerung an die Verstorbenen erbaut werden, teilweise besser sind als die Häuser, in denen die Menschen hier leben. Auch haben wir viele Totentafeln von sehr jung verstorbenen Menschen, auch vielen Kindern lesen müssen. Es ist halt doch etwas anderes, wenn man so isoliert und abseits lebt.

Hier nun unsere gesammelten Impressionen aus Puerto Aguirre:

Wir haben wieder gutes Wetter und machen daher nochmals ein Asado mit unseren Nachbarbooten. Zufälligerweise ist auch gerade der 30. April und wir sehen bei vielen Deutschen in den Statusbildern das Stellen ihres Maibaumes, so daß auch wir uns entschließen „wir machen unseren eigenen Maibaum“. Zusammen mit den beiden Mädels Kira und Naia binden wir bunte Bänder in eine Topfpflanze, so schnell war leider kein Baumstamm aufzutreiben.

Unsere Injektoren sind wir versprochen wieder mit der Freitagabendfähre angekommen und Jochen baut sie gleich ein, so daß wir dann am Samstag Puerto Aguirre verlassen können. Leider ist jedoch unser Problem damit nicht gelöst und der Motor bedarf dann in Puerto Montt nochmals einer intensiveren Pflege. Dort ist das „Segelmekka“ von Chile, d.h. daß wir dort entsprechende Handwerker und auch Ersatzteile erhalten sollten. Schauen wir mal…..

Am Samstagvormittag machen wir alles klar, besuchen nochmals die Armadastation, um uns abzumelden und dann heißt es auch schon wieder Abschied von liebgewonnenen Menschen nehmen. Martin, Riki, Kira, Naia von der Aracanga helfen uns zusammen mit Jaime, alle Leinen loszuwerfen und ein letzter Gruß vom Skipper ertönt aus unserer Tröte.

Martin mit Kira, hinten Ulf, Riki mit Naia – großer Abschied – Rechts das Familienboot Aracanga
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