So, nun geht es los. Aber der Reihe nach:
Nachdem wir in Mar del Plata angekommen waren, haben wir uns wie üblich erst einmal orientiert, wo wir was bekommen können, um uns noch mit den restlichen frischen Lebensmitteln und sonstigem einzudecken.
Wir hatten ja berichtet, daß wir gleich am Steg von einem einheimischen Segler begrüßt wurden, der uns anbot, uns behilflich zu sein und uns auch mit dem Auto fahren würde, wenn wir etwas benötigen würden. Tja, wir haben Marcelo dann gleich zwei halbe Tage beschäftigt 😊
Zunächst sind wir einige Werkstätten und Läden angefahren, wo wir eventuelle Ersatzteile für das Boot bekommen könnten. Wie z.B. neue Opferanoden für unsere Welle und unseren Rumpf. Die Argentinier haben hier eher große Platten (aus der Fischerei), die sie dann passend zuschneiden für ihre Yacht und irgendwie am Rumpf befestigen. Wir haben ja vorgefertigte Vertiefungen für unsere runden Anoden. Diese haben wir leider nicht bekommen, aber wenigstens für die Welle konnten wir eine (teuer) erstehen. Und noch ein paar andere „Kleinigkeiten“, die der Skipper gerne als Ersatz dabei hat. Denn es soll ja lange nichts mehr kommen, wo wir etwas kaufen könnten. Marcelo hat uns hier sehr geholfen, da er sich als Einheimischer gut durchgefragt hat und uns kreuz und quer durch die Stadt kutschiert hat.
Dann waren wir noch in einem Großmarkt für Gemüse und Obst, da wir ja gerne einige Grundmittel wie Kartoffeln, Zwiebeln, Äpfel und Orangen in größeren Mengen kaufen wollten. Und…. Ja, der Großmarkt war klasse und die Preise auch entsprechend unschlagbar günstig. Marcelo meinte nur, daß es ein paar Touristen braucht, damit er auch einmal in dieses „Wunderland“ geht. Er war hier noch gar nicht.
Nach einigen Tagen traf dann noch die SALTO ein und auch Ulf mit seiner FARVEL tauchte zwei Tage später hier auf. Die Marina war nun fest in deutscher Hand!!!
Viel von Mar del Plata haben wir leider nicht gesehen, da wir so beschäftigt waren mit Wäsche waschen, Einkaufen, Boot vorbereiten, Einkochen uva. Die Zeit vergeht so rasend schnell. Wir haben es dennoch geschafft, einer Eisdiele mehrfach einen Besuch abzustatten – es war ja auch ziemlich warm einige Tage und die Eisdiele fußläufig in 10 Minuten zu erreichen. Nutze den Tag!!!
Und wie es kommen sollte, es tat sich schnell ein Wetterfenster von 2 – 3 Tagen auf, das wir nutzen könnten, um relativ angenehm weiter in den Süden zu kommen. Also stand fest: „wir fahren am Donnerstag“ ab. Die SALTO entschied, daß sie noch nicht abfahren werden, da sie mit den Vorbereitungen noch nicht ganz fertig sind. Wir haben uns jedoch entsprechend eingerichtet und sind bereits am Mittwoch vormittag zur Prefektura marschiert, um uns abzumelden. Dies wollten wir zeitnah erledigt haben, da es hieß, daß in Mar del Plata das Boot inspiziert werden würde, ob denn alle von Argentinien vorgeschriebenen Sicherheitsausrüstungen vorhanden sind. (Hierzu gibt es eine „kleine“ Liste, mit ach so wichtigen Dingen). Zur Inspektion kam natürlich niemand, aber: wir waren wenigstens vorbereitet.
Donnerstag früh, wir wollten gegen 9 Uhr los. Das haben wir natürlich nicht geschafft, irgendwie sind wir nicht fertig geworden. Marcelo wollte uns eigentlich mit seinem Boot ein Stück begleiten, da er jeden Tag zum Segeln rausfährt. Wir waren ihm aber dann doch zu langsam und er fuhr ohne uns los. Wir haben ihn dann später leider nur noch aus der Ferne gesehen.
Beim Ablegen bekamen wir dann Dinghi-Unterstützung von der Marina. Diese haben unser Boot rückwarts aus dem Liegeplatz rausgezogen, da wir einen ordentlichen Seitenwind hatten, der uns auf den Steg gedrückt hatte und wir so aus eigener Kraft sicherlich nicht unseren Liegeplatz ohne Probleme verlassen hätten können. Denn vor uns lag Längsseits die FARVEL und hinter uns ein großes Motorboot. Es ging alles super und wir konnten gegen 11 Uhr aus der Hafenanlage ausfahren.
Es war ja ein Wind von 4 bft mit Böen von 5 bis 6 bft angekündigt und eine Welle von zunächst etwa 1,6 Metern. Also war zu erwarten, daß es etwas wackelig wird – aber so kommen wir wenigstens mit gutem Segelwind vorwärts. Und so war es auch. Wir haben direkt im Hafenbecken unser Großsegel gesetzt, damit wir noch auf ruhigem Wasser am Mast rumturnen (also der Skipper – ich bin da am Ruder). Und kaum aus dem Hafenbecken draußen, ging das Rodeo auch schon los. Prinzipiell ist eine Welle von 1,6 Metern nichts Schlimmes. Wichtig ist dabei immer der Zeitintervall zwischen den Wellen, in welchem Abstand die also ankommen. Und der war halt unangenehm kurz. So war es gleich zu Beginn ein wildes Geschaukel (gut, das Wasser war auch noch sehr flach), so daß wir gleich mal beide eine Tablette gegen Seekrankheit eingeworfen haben. Hatten wir doch schon durch die langen Landaufenthalte wieder Landbeine und müssen uns wieder an das Segeln gewöhnen, sicher ist sicher.
Es lief aber alles gut, der Wind blies beständig mit 4 bis 5 bft, so daß wir gut Fahrt machen konnten und um die 7 kn liefen. Wenn das so bleibt, sind wir nach 2 Tagen da, wo wir hinwollten. Lediglich das Schlafen bei dem Gewackel – ihr wisst, wie gut ich das kann ☹ Aber zwei Tage kriegt man rum.
Wir sind dann auch erst ostwärts Richtung offenes Meer gefahren, um den Untiefen und dem seichten Gewässer direkt an der Küste genug Raum zu lassen. Kurz nachdem wir dann Kurs Richtung Süd eingeschlagen hatten, kam schon der Funkspruch von Ulf von der FARVEL, daß er inzwischen auch losgefahren ist und uns auf Backbord sieht. Wir fahren also im Päckchen!
Irgendwann in der Nacht beim Wachwechsel haben wir dann den Kurs korrigiert, da der Wind (wie angekündigt) gedreht hatte und unsere Windsteueranlage ja nach der Windrichtung fährt. D.h. wären wir so weiter gefahren, wie wir die Windfahne eingestellt hatten, wären wir direkt Kurs Antarktis gefahren. Also Kurs ändern, Segel entsprechend setzen und Windfahne neu justieren. So, das passt jetzt bis zum Ziel.
Ab da haben wir dann die FARVEL aus den Augen verloren, da Ulf wohl später den Kurs korrigiert hatte als wir und daher einige Zeit in eine andere Richtung gefahren ist.
Die erste Nacht war seeehr kalt und so haben wir die meiste Zeit unter Deck verbracht. Die zweite Nacht war dann schon viel angenehmer, da der Wind aus Nord auch entsprechende Temperatur mitgebracht hat. Während der Überfahrt hatten wir wieder einmal Delfine, Pinguine und Möwen ohne Ende. Daher haben wir uns auch gar nicht getraut, unseren Angelhaken auszuwerfen. Nicht bloß wieder Möwen am Haken haben und schon gar nicht einen Pinguin!!! (Abgesehend davon, daß ich bei dieser Welle am Heck auch keinen Fisch einholen und filetieren möchte)
Die zweite Nacht wartete dann mit Überraschungen auf. Ich sah am Himmel vor uns Wolken, die für mich hießen: „ich glaub, da kommt was“. Und so war es auch. Es war zwar nichts gemeldet, aber Jochen durfte dann zwischen zwei Gewitterzellen hindurchfahren. Und wie das so ist: erst hat man Wind mit 20 bis 25 Knoten, der fällt dann komplett weg, um dann wieder richtig aufzudrehen um das versäumte wieder aufzuholen. Das ist typisch Gewitterzelle. Das heißt für uns Segler: erst mal Segeln verkleinern bis wegpacken, kurze Zeit den Motor anwerfen, damit wir steuerfähig bleiben und durchfahren können und dann die Segel wieder auspacken. Nachdem das durch war, blieb es für die Nacht „ruhig“: gewohnter Wind und Welle mit ordentlich Fahrt. Wachwechsel morgens gegen 5.30 Uhr. Der Skipper übernimmt, ich lege mich in die Pantry, da ich in unserem Bett kaum ein Auge zu mache.

Gewitterzelle auf den Instrumenten, links die Windrichtung, rechts die Stärke. Erst fällt der Wind komplett zusammen und dreht sich dabei, bevor er wieder Fahrt aufnimmt und noch nicht so recht weiß, was er machen will. Bis sich wieder alles langsam stabilisiert.
Nach einer Stunde dann wurde ich geweckt: „Wir müssen das Großsegel bergen, da kommt was“. Also raus, Großsegel runterholen und der Skipper steuert sich wieder – diesmal mitten durch – durch die Gewitterzelle. Nach einer halben Stunde bei Windstärke 8 mit 9er Böen, ist auch das alles ausgestanden. Später, nachdem dem der Wind wieder deutlich nachgelassen hat, haben wir dann den Motor angeworfen, um wieder etwas Trinkwasser zu produzieren. Im Anschluss sind wir dann nur noch mit Genua unterwegs da der Wind wieder zugelegt hat und genug Fahrt da war. Passt doch alles. Wenn man die Gefahr rechtzeitig sieht, so wie jetzt, bleibt alles entspannt und das Vertrauen in Schiff und dem eigenen Tun wird dabei auch noch gestärkt.
Es war auch angekündigt, daß zum Ende unserer Fahrt ein Flautenloch kommen sollte. Das hätte uns auch gut gepasst, da wir nach San Blas fahren wollten und hierzu durch ein Flachwasserstück in eine Art Lagune einfahren wollten. Ja denkste! Vor der Einfahrt Wind in Stärke 5 – 6 bft und wilde Welle, weil flaches Wasser. So sind wir dann vor der Einfahrt erst einmal Hin- und hergekreuzt, um uns die Einfahrt „zurechtzulegen“ und um die Motorzeit in der Welle möglichst kurz zu halten. Kurz vorher Segel rein, Motor an und einfahren. Da der Wind genau aus dem Kanal gekommen ist und somit ein Befahren unter Segel so nicht möglich ist. Just in diesem Moment sehen wir unseren ersten Orca, der hier im Flachwasser unterwegs ist. Wir erspähen ein paar Mal die imposante Rückenflosse auftauchen und wie er anschließend noch einige mal mit der Schwanzflosse aufs Wasser schlägt. Das ganze zwar in einiger Entfernung, aber immerhin. Ein Stück eingefahren und der wilde Ritt hört auch sogleich auf, der Wind legt sich etwas und wir konnten den Anker vor der Ortschaft San Blas auf etwa 18 mtr werfen. Etwas tief für unseren Geschmack, aber flacher war leider nicht zu haben, da dort überall Fischerboote an Bojen lagen und die Küste steil aufsteigt, was uns keinen Platz zum schwojen lässt (das rumkreisen am und um den Anker, wenn Wind und Gezeit das Boot bewegen). Wir benötigen da schon einen Radius von 40- 50 Metern.
Kaum den Anker unten, will ich uns bei der Prefektura anmelden. Wir sind da ja ordentlich. Es geht keiner ran!!! Klar, er war mit einem Fischerboot schon bei uns anklopfen gekommen 😉 Kurz hallo gesagt, wie lange wir bleiben, wo wir hinwollen – ja, er kommt in einer Stunde nochmal vorbei wegen der Papiere.
Wir sind fertig mit unserem Ankergetränk (nach dem Anlegen oder Ankern wird zur Feier erst einmal ein Getränk zu sich genommen – bei den Männer meist Bier; bei meinem Skipper natürlich etwas anderes – Preisfrage: wer weiß, welches Getränk ich meine?), da sehe ich auch schon einen Mast auf uns zufahren. Ulf ist da! Kurzer Funkruf und etwas gequatscht.
Tja, ich würde mich ja gerne etwas hinlegen, aber die Prefektura wollte ja noch mal kommen. Da warten wir halt. Natürlich kam er dann, als ich das Kochen anfing. Wieder sehr nett und doch auch aufgeregt. Ich denke, so oft haben sie hier nicht mit Booten zu tun. In der Aufregung hat er seinen Stempel vergessen und nimmt unsere Papiere mit, macht sie im Büro fertig und wir sollen dann vorbeikommen, wenn wir an Land sind. Anschließend noch kurz auf dem Boot die Sicherheitsausrüstung checken, weil das ja in Mar del Plata nicht gemacht wurde. Was hat er denn nun geprüft? Tatsächlich nur, ob der (einer, nicht alle) Feuerlöscher noch aktuell ist und ob wir ausreichen und noch gültige Signalmittel haben wie Leuchtraketen und Rauchtöpfe. Mehr nicht, das war es. Und wir haben im Vorfeld noch extra fehlende Dinge gekauft wie eine Axt, um unsere Innenrichtung kurz und klein zu schlagen oder das Flaggen-ABC, das eh keiner setzt.
So ging dieser Tag schnell zu Ende und wir sind frühzeitig zu Bett gegangen – es war doch einiges an Schlaf nachzuholen.

spektakulärer Abendhimmel vor Anker zur Begrüßung
Nun sind wir hier in San Blas, haben ordentlich Strömung unter dem Boot beim Gezeitenwechsel und warten darauf, daß sich wieder ein Wetterfenster für die Weiterfahrt öffnet.